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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 20.11.2007
Aktenzeichen: 4 U 156/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, InsO


Vorschriften:

BGB § 643 Satz 1
BGB § 645 Abs. 1 Satz 1
BGB § 648a
BGB § 648a Abs. 5
BGB § 648a Abs. 5 Satz 2
BGB § 648a Abs. 7
ZPO § 263
ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 282 Abs. 1
ZPO § 282 Abs. 2
ZPO § 286
ZPO § 286 Abs. 1
ZPO § 296 Abs. 2
ZPO § 529 Abs. 2
ZPO § 533
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
ZPO § 726 Abs. 1
ZPO § 731
InsO § 95 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

4 U 156/07

Verkündet am 20.11.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Göler sowie die Richter am Oberlandesgericht Schmidt und Dr. Dörr auf die mündliche Verhandlung vom 23.10.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 16. Februar 2007 - 7 III O 15/05 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht Saarbrücken zurückverwiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 175.115,01 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger als Insolvenzverwalter der früheren Klägerin (im folgenden: Insolvenzschuldnerin) die Beklagte auf Zahlung restlichen Werklohns für die Erbringung von Generalunternehmerleistungen für die Bauabschnitte I und II, Betriebseinrichtungen am Bauvorhaben M. B. -P.-Haus in der ~straße B. in Anspruch. Gegenstand der Werkleistung war unter anderem die Errichtung eines Parkdecks nebst Auffahrt. Den Leistungen der Insolvenzschuldnerin lagen Vereinbarungen vom 28./31.3.1996, 15.8.1996 und vom 4.7.1997 zu Grunde. Die Insolvenzschuldnerin erteilte unter Berücksichtigung von Nachtrags- und Zusatzleistungen sog. Teilschlussrechnungen sowie weitere Rechnungen von 27. und 28.3.1998. Unter Anrechnung von Teilzahlungen errechnete die Insolvenzschuldnerin einen Restvergütungsanspruch von zunächst 4.845.812,82 DM, welcher Gegenstand des vor dem Landgericht Saarbrücken unter dem Aktenzeichen 7 IV O 69/98 geführten Rechtsstreits war. In diesem Verfahren rügte die Beklagte und anderem Mängel der Werkleistung für die Sanierung von Parkdeck und Auffahrt und bezifferte den Mängelbeseitigungsaufwand auf 950.000 DM.

Das Verfahren 7IV O 69/98 wurde durch Vergleich vom 6.7.1999 beendet. Der Vergleich hatte folgenden Wortlaut:

"I. Die Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin 3 Millionen DM nebst 3,5% Zinsen auf 2,5 Millionen DM seit dem 1.7.1998 zu zahlen, davon 500.000 DM nach Mängelbeseitigung am Parkdeck gemäß Ziffer II. Eine Million DM ist fällig am 30.7.1999 und 1,5 Millionen DM am 30.8.1999.

II. Die Beklagte tritt als Streithelferin dem selbstständigen Beweisverfahren Landgericht Berlin 15 OH 3/99 auf Seiten der Antragsgegnerin bei. Die Beklagte ist berechtigt, weitere Beweisfragen in das Beweisverfahren einzubringen. Die Klägerin wird nach Vorlage des Beweissicherungsgutachtens die Mängel in der vom Sachverständigen aufgezeigten Form beseitigen. Die Mängelbeseitigungsleistung soll durch den Sachverständigen, der im Beweisverfahren tätig ist, im Rahmen einer Abnahme der Parteien des vorliegenden Rechtsstreits abgenommen werden. Die Fälligkeit des Betrags von 500.000 DM tritt 14 Tage nach schriftlicher Bestätigung des Sachverständigen über die Abnahmefähigkeit des Werks ein."

Das zuvor erwähnte Beweissicherungsverfahren wurde von der Firma I. eingeleitet, welche den Parkdeckbelag auf dem Parkdeck als Subunternehmerin der Insolvenzschuldnerin hergestellt hatte. Gegenstand dieses Verfahrens war der Zustand des Parkdeckbelags. Der im selbstständigen Beweisverfahren beauftragte Sachverständige legte am 7.1.2000 das als Anlage K 2 zu den Akten gereichten Gutachten vor, das er am 27.10.2001 schriftlich ergänzte (Anlage K 3).

Mit Schreiben vom 22.10.2001 unterbreitete die Insolvenzschuldnerin der Beklagten unter Vorlage von Angeboten von Baufirmen Sanierungsvorschläge für die Mängelbeseitigung und bot weiterhin an, mit Blick auf die Mängel auf die Vergleichssumme einen Betrag von 200.000 DM nachzulassen. Mit Schreiben vom 24.10.2001 (Anlage K 6) lehnte die Beklagte dieses Angebot ab. Hierauf teilte die Insolvenzschuldnerin der Beklagten mit Schreiben vom 31.10.2001 (Anlage K 7) mit, sie werde am 9.11.2001 mit einer Oberflächensanierung gemäß dem Vorschlag des im selbstständigen Beweisverfahren beauftragten Sachverständigen beginnen. Sie verlangte zugleich, ihr das Parkdeck bis zum 8.11.2001 zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 2.11.2001 (Anlage K 9) lehnte die Beklagte den vorgeschlagenen Termin mit der Begründung ab, der Mieter P. habe keine Ausweichplätze für seine Fahrzeuge parat.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 1.1.2003 ist der Kläger zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin bestellt worden. Mit Schreiben vom 20.3.2003 (GA II Bl. 326 ff.) meldete der Prozessbevollmächtigte der Beklagten eine Hauptforderung in Höhe von 230.087,11 EUR zur Insolvenztabelle an und fügte das Anwaltsschreiben der Beklagten vom 28.1.2003 bei, in welchem eine Frist zur Mängelbeseitigung der im Widerklageantrag vom 4.11.2002 aufgeführten Mängel bis zum 18.2.2003 gesetzte wurde. Zugleich erklärte die Beklagte in diesem Schreiben, dass sie nach fruchtlosem Fristablauf die Mängel durch Drittfirmen beseitigen lasse und mit den daraus resultierenden Schadensersatzforderungen aufrechne.

In der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2004 (GA II Bl. 219) hat der Kläger unter Berufung auf § 648a BGB die Beklagte aufgefordert, bis zum 15.11.2004 eine Sicherheit in Höhe von 255.649,86 EUR zu stellen. Mit Schreiben vom 13.12.2004 (Anlage K 27) hat der Kläger der Beklagten eine Nachfrist zur Sicherheitsleistung nach § 648a BGB auf den 20.12.2004 mit der Erklärung bestimmt, dass er nach Ablauf der Nachfrist die Mängelbeseitigung verweigere. Mit Schreiben vom 31.12.2004 (Anlage K 28) hat der Kläger gegenüber der Beklagten erklärt, dass er nach Ablauf der Nachfrist zum 20.12.2004 zur Stellung der Sicherheit gemäß § 648a BGB die Mängelbeseitigung am Parkdeckbelag ablehne.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei mit der Entgegennahme der Mängelbeseitigung in Annahmeverzug geraten, weil sie mit Schreiben vom 2.11.2001 die Entgegennahme der nach dem Vergleich geschuldeten Leistungen abgelehnt habe. Der Kläger habe Mängelbeseitigung angeboten und damit seine Bereitschaft zur Erfüllung des Vergleichs erklärt. Er sei nach Ablehnung des Angebots als Unternehmer einer Bauleistung berechtigt, Sicherheitsleistung für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen zu verlangen. Nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist sei er von der Pflicht zur Mängelbeseitigung befreit und könne den Werklohn abzüglich der einfachen Mängelbeseitigungskosten zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Fahrbahnbelags unter Berücksichtigung aller im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängelbeseitigungsarbeiten, welche gemäß dem Angebot der Firma F. S. & Co GmbH einen Betrag von 157.504,80 DM ausmachten, verlangen.

Die Überlegungen, die dem Vergleich vorausgegangen seien, hätten sich allein auf die Beanstandungen bezogen, die Gegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens gewesen seien. Dieses habe nur Mängel am Fahrbahnbelag, nicht aber Mängel am Aufbau des Parkdecks zum Gegenstand gehabt. Im Übrigen sei der Aufbau der Fahrbahn nicht mangelhaft. Soweit in der Vergangenheit in einzelnen Bereichen Mängel aufgetreten seien, seien diese fachgerecht sofort beseitigt worden. Das im selbständigen Beweisverfahren erstattete Gutachten belege auch, dass der Beton selbst nicht abgebrochen sei, sondern lediglich eine weitere Schicht als Fahrbahnbelag aufgebracht werden müsse.

Undichtigkeiten des Parkdecks hätten nicht vorgelegen. Die tatsächliche Bauausführung mittels Dichtungsfolie und einer Filzmatte als Unterlage sowie der Wegfall der zunächst vorgesehenen Schweißbahn nebst Voranstrich seien auf Anregung des Herstellers der Dichtungsfolie zwischen den Parteien vereinbart worden. Die Ausführung der Leistung entspreche dem Leistungsverzeichnis der Firma S2 (Anlage K 21). Diese Lösung sei einer Ausführung mit Bitumenvoranstrich und einer Dampfsperre gleichwertig. Der aufgebrachte Beton sei auch tatsächlich wasserundurchlässig und ordnungsgemäß eingebracht.

Die Leistungen der Insolvenzschuldnerin seien am 4.11.1997 abgenommen worden. Das Abnahmeprotokoll benenne als einzige Beanstandung, dass am Parkdeck noch einige Fugen nachzuschneiden seien. Dem Abnahmetermin sei die Besprechung vom 29.10.1997 vorangegangen, in welcher im Hinblick auf die Terminsituation des Geschäftsführers der Beklagten ein Abnahmetermin für den 4.11.1997 vereinbart worden sei (Anlage K 23). In diesem Termin sei auch aufgrund der Begehung die "örtliche gutachterliche Feststellung" (Anlage K 23) erstellt und den Parteien am 7.11.1997 erteilt worden.

Soweit für das Berufungsverfahren von Relevanz hat der Kläger zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 175.166,14 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. 12. 2004.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat zunächst im Wege der Widerklage die Beseitigung umfangreicher Mängel begehrt. Im Termin vom 5.1.2007 haben die Parteien die Widerklage in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Beklagte hat behauptet, dem Vergleich seien nicht nur geltend gemachte Minderkosten, Mängel- und Minderungsposten zu Grunde gelegt worden, vielmehr sei auch der Aufbau des Parkdecks als solcher und der Zustand der Wärmedämmung diskutiert worden. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Fahrbahnbelag nicht allein habe begutachtet werden können. Aus diesem Grunde sei vereinbart worden, einen Teil der Vergütung erst nach Mängelbeseitigung zu zahlen. Der festgesetzte Betrag von 500.000 DM habe in etwa dem Betrag entsprochen, den die Insolvenzschuldnerin bei Eigenleistungen zur Mängelbeseitigung hätte aufbringen müssen. Im Übrigen - so die Rechtsauffassung der Beklagten - schließe der Vergleich die Geltendmachung weiterer Gewährleistungsansprüche nicht aus. Auch habe die Insolvenzschuldnerin eine Mängelbeseitigung hinsichtlich des Fahrbahnbelags nicht ordnungsgemäß angeboten. Denn der Insolvenzschuldnerin sei bekannt gewesen, dass die Firma P. auf dem Parkdeck nicht zugelassene Fahrzeuge untergestellt und aus versicherungstechnischen Gründen einen Vorlauf von acht Wochen benötigt habe. Die Beklagte habe eine Mängelbeseitigung auch nicht abgelehnt.

Weiterhin sei bislang keine Abnahme des Parkdecks durch die Beklagte erfolgt. Aus dem als Anlage K 18 vorgelegten Mängelprotokoll zur Abnahme sei zu ersehen, dass auch Belag und Isolierung des Parkdecks beanstandet worden seien.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie könne die Zahlung der Vergleichssumme bis zur Beseitigung weiterer Mängel zurückhalten, die sie seit August 2000 (Anlage B 1) gerügt habe. Die wesentlichen Mängel seien im Einzelnen: Das Parkdeck sei undicht, da sein Aufbau nicht der Baubeschreibung entspreche, weil die vorgesehenen Aufbauteile, Bitumenvoranstrich, eine Dampfsperre, bestehend aus der Schweißbahn V 60 S 4 und Trennlage fehlten. Dies und/oder Beschädigungen der Abdichtungsfolie führten zu Undichtigkeiten, die ihrerseits zu Wassereintritt in die unter dem Parkdeck liegenden Räume führten. Solche Undichtigkeiten träten zumeist an Dacheinläufen und Fugen auf.

Weiterhin sei der zur Herstellung der Tiefgarage verwendete Beton wasserdurchlässig, so dass sich Wasser durch die Fugen der Bodenplatte und durch die Seitenwände drücke. Alle bisherigen Sanierungsversuche seien erfolglos geblieben.

Wasserschäden an Rohrdurchführungen und Wassereintritte im Bereich des Treppenhauses des Nebeneinganges seien aufgetreten; die Brandklappe im Aufzugsmaschinenraum sei nicht ordnungsgemäß angeschlossen. Weitere Wasserschäden am Nebeneingang in der Nordfassade seien auf eine nicht ausreichende Dachwasserentwässerung an der Fassade zurückzuführen. Schließlich habe sich die Dachabdichtungsfolie des Daches der Ausstellungshalle angehoben.

Mit Schriftsatz vom 22.12.2006 (GA II Bl. 310) hat die Beklagte die Aufrechnung mit einem behaupteten Schadensersatzanspruch gegenüber der Klageforderung erklärt. Sie hat hierzu vorgetragen, der Eigentümerin des Grundstücks seien für die Beseitigung der Mängel gemäß einer Schadensanalyse zur technischen Baubeschreibung Sanierung Parkdeck der D. Wohnen GmbH (Anlage 2; GA II Bl. 314 ff.) Kosten in Höhe von 711.658 EUR entstanden. In Höhe dieses Betrages habe die Eigentümerin gegenüber der noch offenen Schlussforderung der Beklagten die Aufrechnung erklärt. Insoweit stehe der Beklagten ihrerseits ein Schadensersatzanspruch zu, mit dem sie gegen die Klageforderung aufrechne.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe eines Betrages von 175.115,01 EUR stattgegeben. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Beklagte wendet sich zunächst gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts und vertritt die Auffassung, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der Vergleich lediglich auf Mängel am Fahrbahnbelag bezogen habe. So zeige bereits der Wortlaut des Vergleichs, dass sich die Mängelbeseitigung auch auf den Parkdeckaufbau bezogen habe. Insbesondere habe das Landgericht den Aussagen der Zeugen E. G. und R. Ge nicht folgen dürfen, ohne zu berücksichtigen, dass bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Mängel am gesamten Parkdeck, nicht nur hinsichtlich des Fahrbahnbelags, geltend gemacht worden seien. Dies hätten die Zeugen Dr. R. T. und B. hinreichend bestätigt. Der Kläger habe den ihm obliegenden Beweis dafür, dass der Vergleichsbetrag lediglich die Kosten der Mängelbeseitigung am Fahrbahnbelag betreffe, nicht geführt. Damit stehe jedoch zugleich fest, dass von der noch offen stehenden Werklohnforderung in Höhe von 500.000 DM die gesamten zur Beseitigung der Mängel am Parkdeck erforderlichen Sanierungskosten in Abzug hätten gebracht werden müssen.

Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht weiterhin die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 648a Abs. 5 i.V.m. § 643 Satz 1 BGB bejaht. So habe das Landgericht außer Acht gelassen, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Abnahme verweigert habe. Insbesondere habe die Beklagte u. a. mit Schriftsatz vom 13.9.2002 dargelegt, dass eine Abnahme wegen der vorhandenen, im Mängelprotokoll vom 16.12.1997 dargestellten Mängel nicht erfolgt sei. Der Sanierungsaufwand dieser gerügten Mängel habe eine Million DM betragen.

Weiterhin habe das Landgericht das im Schriftsatz vom 22.12.2006 gehaltene Vorbringen der Beklagten rechtsfehlerhaft als verspätet zurückgewiesen. Das Landgericht habe verkannt, dass der Hinweis- und Beweisbeschluss des Landgerichts erst im September 2006 erfolgt sei, so dass die Beklagte keine Veranlassung besessen habe, den Vortrag vor diesem Zeitpunkt in den Prozess einzuführen. Das Landgericht hätte den Vortrag der Beklagten schon deshalb nicht als verspätet zurückweisen dürfen, da offensichtlich gewesen sei, dass auch bei fristgerechtem Eingang des Schriftsatzes ein Beweisbeschluss hätte ergehen müssen und der Rechtsstreit folglich nicht erledigt gewesen wäre. Selbst wenn bereits unmittelbar nach dem Hinweis- und Beweisbeschluss seitens der Beklagten die Höhe der vom Kläger aufgeführten Sanierungskosten bestritten worden wäre, hätte das Gericht dem Beweisantrag der Beklagten folgen müssen und ein Sachverständigengutachten zur Höhe der Mängelbeseitigungskosten einholen müssen. Schließlich sei der Beklagten hinsichtlich der Verspätung keine grobe Nachlässigkeit vorzuwerfen.

Des Weiteren würden selbst die für die Sanierung des Fahrbahnbelags allein tatsächlich entstandenen Kosten den vom Gericht angenommenen Betrag um ein Mehrfaches übersteigen. Selbst wenn die in dem Angebot der Firma B2 S.- und Tiefbau GmbH vom 20.3.2006 enthaltenen Abdichtungsarbeiten unberücksichtigt blieben, ergebe sich immer noch ein Betrag in Höhe von 325.514,26 EUR.

Rechtsfehlerhaft sei das Landgericht schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Aufrechnung der Beklagten mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 711.658 EUR gemäß § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO ausgeschlossen sei.

Mit Beschluss vom 16.7.2007 (GA III Bl. 441) hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage bestünden, nachdem der Kläger in Gestalt des Vergleichs bereits im Besitz eines Vollstreckungstitels und ihm unter Verstoß gegen § 726 Abs. 1 ZPO eine uneingeschränkte vollstreckbare Ausfertigung erteilt worden sei (Anlage K 1, dort Seite3). In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, die vollstreckbare Ausfertigung des Prozessvergleichs des Landgerichts sei nicht mehr vorhanden, sondern im Rahmen einer Aktenvernichtung untergegangen.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen, hilfsweise den Rechtsstreit unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 16.2.2007 - 7III O 15/05 - zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 175.115,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2004 in Erledigung der Zahlungsverpflichtung aus dem Prozessvergleich vom 6.7. 1999 - Kammer für Handelssachen IV des Landgerichts Saarbrücken, Aktenzeichen 7IV O 69/98 - Zug um Zug gegen die Erklärung zu zahlen, dass der Kläger keine weitere vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs vom 6.7.1999 einfordern wird.

Der Kläger verteidigt die Beweiswürdigung des Landgerichts und vertritt die Auffassung, die im Vorprozess getroffene Vergleichsregelung habe sich ausschließlich auf die Beseitigung von Mängeln am Parkdeckbelag und auf nichts anderes bezogen. Nur diese sei auch Gegenstand der seinerzeitigen Mängelrüge der Beklagten gewesen. Unter Bezugnahme auf die Anlage B 7 sei die Beklagte selbst von Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 115.000 DM ausgegangen. Die Parteien hätten sich dann auf die Vergleichssumme von 500.000 DM geeinigt, da dieser Betrag dem dreifachen Betrag der voraussichtlichen Mängelbeseitigung (335.500,20 DM) und einem angemessenen Zuschlag entsprochen habe. Demgegenüber sei die Argumentation der Beklagten widersprüchlich, da man bei voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 950.011,28 DM einen Einbehalt von 3 Millionen DM hätte vereinbaren müssen.

Auch habe das Landgericht den Vortrag aus dem Schriftsatz vom 22.12.2006 zu Recht wegen Verspätung ausgeschlossen. Im übrigen weist der Kläger vorsorglich darauf hin, dass es sich bei dem von der Beklagten herangezogenen Angebot der Firma B2 S.- und Tiefbau GmbH um unrealistische, mit den tatsächlichen Mängeln am Parkdeckbelag nicht in Zusammenhang stehende Maßnahmen handele.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der nunmehr gestellte Antrag stelle eine Änderung der ursprünglichen Klage dar und hat der Klageänderung widersprochen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 13.3.2007 (GA III Bl. 390 ff.), auf die Berufungserwiderung vom 22.5.2007 (GA III Bl. 430 ff.), auf den Schriftsatz der Beklagtenvertreterin vom 18.7.2007 (GA III Bl. 445 ff.) sowie auf die Schriftsätze des Klägervertreters vom 9.8.2007 (GA III Bl. 460 ff.) und vom 15.8.2007 (GA III Bl. 463 ff.) Bezug genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll (GA III Bl. 472 ff.) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, da das Verfahren im ersten Rechtszug an wesentlichen Mängeln leidet und aufgrund dieser Mängel eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

A. Es bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage:

1. Im Termin vor dem Senat hat der Kläger den gestellten Zahlungsantrag mit der im Tatbestand wiedergegebenen Zug-um-Zug-Einschränkung verbunden. Der nunmehr gestellte Antrag stellt keine Klageänderung i.S. des § 263 ZPO dar:

Gemäß § 264 Nr. 2 ZPO ist die Änderung des Klageantrags keine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO, wenn der Klageantrag bei gleichbleibendem Klagegrund in der Hauptforderung beschränkt wird. Hierbei werden vom Regelungsbereich der Vorschrift sowohl quantitative als auch qualitative Änderungen des Antrags erfasst. Unter Beachtung dieser Rechtsgrundsätze besitzt der neue Antrag allein aufgrund der Zug-um-Zug-Einschränkung eine andere Qualität als der ursprüngliche, auf uneingeschränkte Zahlung gerichtete Antrag (vgl. nur Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 264 Rdnr. 3b; Musielak/Foerste, ZPO, 5. Aufl., § 264 Rdnr. 3). Darüber hinaus zeigt sich die neue Qualität des nunmehr gestellten Antrags darin, dass der Antrag eine über den Zug-um-Zug-Einwand hinausgehende, weitergehende vollstreckungsrechtliche Funktion besitzt: Der Antrag will dem berechtigten Interesse der Beklagten Rechnung tragen, nicht einer doppelten Titulierung desselben Anspruchs ausgesetzt zu werden. Diese Erwägungen stehen jedoch der Einschätzung nicht entgegen, dass der eigentliche Klagegrund des Anspruchs nach wie vor in dem gerichtlichen Vergleich zu finden ist. Damit unterliegt die Änderung des Klageantrags nicht den Beschränkungen des § 533 ZPO.

Auch fehlt der Klage in Gestalt des neuen Sachantrags nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn der Kläger hat unbestritten vorgetragen, nicht mehr im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs zu sein. Ist der Verlust der vollstreckbaren Auswertung jedoch unstreitig, so ist dem Kläger der zunächst beschrittene Weg, eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs zu erhalten, versperrt. Es ist nicht davon auszugehen, dass es dem Kläger ein zweites Mal gelingen wird, unter doppeltem Verstoß gegen § 726 Abs. 1 ZPO vom unzuständigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ohne den erforderlichen Nachweis über den Eintritt der Fälligkeitsvoraussetzungen der im Vergleich titulierten Forderung eine weitere vollstreckbare Ausfertigung zu erhalten. Hierbei ist ergänzend anzumerken, dass die Frage, ob die im Vergleich geschaffene aufschiebende Bedingung zugleich die materiellrechtliche Wirksamkeit der titulierten Vergleichsforderung erfassen sollte, für die Anwendung des § 726 Abs. 1 ZPO ohne Relevanz bleibt. Denn der Wortlaut des § 726 Abs. 1 ZPO unterscheidet nicht danach, ob die Wirksamkeit des Titels, des Anspruchs oder lediglich dessen Vollstreckbarkeit vom Eintritt einer Tatsache abhängig ist (OLG Saarbrücken, NJW 2004, 2908; BAG, NJW 2004, 702; OLG München, Rpfleger 1984, 106). Mithin wäre der Kläger - wäre der hier beschrittene Weg versperrt - nunmehr darauf angewiesen, vor dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges das Klauselerteilungsverfahren nach § 731 ZPO zu betreiben. Diese prozessuale Option stellt jedoch keinen einfacheren Weg dar, um das erstrebte Ziel zu erreichen (vgl. BGH, Urt. v. 9.4.1987 - IX ZR 138/86, NJW 1987, 2863).

B. In der Sache stützt der Kläger seine Klage auf den am 6.7.1999 geschlossenen Prozessvergleich. Hierbei wurde die Fälligkeit der noch offen stehenden letztrangigen Werklohnrate in Höhe von 500.000 DM an die schriftliche Bestätigung des Sachverständigen über die Abnahmefähigkeit des Werks geknüpft. Diese Fälligkeitsvoraussetzung liegt nicht vor. Dennoch hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend erkannt, dass der Kläger den um den Mängelbeseitigungsaufwand zu kürzenden Vergleichsbetrag geltend machen kann. Allerdings hat das Landgericht verfahrensfehlerhaft keine Feststellungen über den Mängelbeseitigungsaufwand getroffen und darüber hinaus den Umfang des zu leistenden Mängelbeseitigungsaufwands unter Verstoß gegen § 286 ZPO verfahrensfehlerhaft bestimmt.

1. Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Werklohnanspruch in rechtsanaloger Anwendung des § 648a Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB fällig wurde (vgl. BGHZ 157, 335; 169, 261). Daran bestehen allerdings Zweifel:

a) Denn im vorliegenden Fall kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Insolvenzschuldnerin nach dem Wortlaut des Vergleichs vom 6.7.1999 mit der Mängelbeseitigung in Vorleistung treten sollte. Als Gegenleistung verpflichtete sich die Beklagte dazu, einen nicht unerheblichen Betrag der noch offen stehenden Werklohnforderung sofort zu begleichen. Es liegt daher nahe, dass die Vergleichsparteien das Pflichtenprogramm bis zur beiderseitigen Vertragserfüllung abschließend regeln wollten. Auf der Grundlage dieses Rechtsverständnisses wurde die Vorschrift des § 648a BGB gewissermaßen konkludent abbedungen. Nur dieses Rechtsverständnis steht mit dem Rechtsgrundsatz der interessengerechten Vertragsauslegung (vgl. BGHZ 152, 153, 156; 152, 40, 49; 131, 136, 138; 137, 69, 72; 91, 55, 60; 85, 267, 274; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 133 Rdnr. 18; Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 133 Rdnr. 38 ff.) in Einklang. Denn es erschiene aus Sicht der Beklagten unbillig, dem Vergleich einen Regelungsgehalt beizumessen, der es der Insolvenzschuldnerin ermöglicht hätte, der Beklagten vor der endgültigen mangelfreien Fertigstellung der Werkleistung nicht nur die Vorleistung von 5/6 der Vergleichssumme aufzuerlegen, sondern ihr zugleich die gesetzliche Option zu belassen, nach Erhalt der vorab zu zahlenden Vergleichssumme die Mängelbeseitigung von einer weitergehenden Sicherheitsleistung abhängig zu machen.

b) Dieser Regelungsinhalt hat auch vor dem Hintergrund des § 648a Abs. 7 BGB Bestand. Nach dieser Vorschrift ist eine Vereinbarung unwirksam, die eine von den Vorschriften der Abs. 1 bis 5 abweichende Vereinbarung enthält. Zwar ist es anerkannt, dass der Unternehmer auf seine Rechte nach § 648a BGB auch nach Vertragsschluss nicht rechtswirksam verzichten kann (BGHZ 146, 24, 28). Dennoch greift diese Erwägung bezogen auf die vorliegend zu untersuchende Vereinbarung zu kurz: Denn die Rechtsanwendung darf nicht übersehen, dass die Vergleichsparteien keine am Maßstab des § 648a BGB zu beanstandende Vereinbarung über Sicherheitsleistungen trafen. Vielmehr konnte die Insolvenzschuldnerin im Zuge der Erfüllung des Vergleichs bereits vor der Mängelbeseitigung 5/6 der Vergleichssumme nicht lediglich zur Sicherheit, sondern zum Zwecke der Erfüllung endgültig realisieren. Aus diesem Blickwinkel hat die im Vergleich erzielte Regelung das gem. § 648a BGB geschützte Interesse am Erhalt einer Sicherheitsleistung überkompensiert. Die in der Zusammenschau zu würdigende Regelung des Vergleichs zeigt, dass das Interesse der Insolvenzschuldnerin in hinreichender Weise gewahrt wurde, weshalb das gesetzliche Verbot nicht zur Anwendung gelangt.

2. Selbst wenn man der Rechtsauffassung des Landgerichts folgt, so konnte die Weigerung der Beklagten, die gewünschte Sicherheit zu leisten, nicht die vollständige Fälligkeit des noch offen stehenden Werklohns herbeiführen. Denn dem Unternehmer steht - so die zutreffende Rechtsauffassung des Landgerichts - in sinngemäßer Anwendung des § 645 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB nur eine um den mängelbedingten Minderungsaufwand gekürzte Vergütung und eventuell ein Anspruch auf Erstattung des Vertrauensschadens zu. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist hierbei die Frage, inwieweit die Werkleistung aufgrund vorhandener Mängel zu mindern ist, nicht allein hinsichtlich der im selbstständigen Beweisverfahren gerügten Mängel zu untersuchen. Vielmehr sind auch die weitergehenden Mängel am Parkdeckaufbau in die Betrachtung einzubeziehen:

a) Das Landgericht hat im Ausgangspunkt seiner Auslegung rechtsfehlerhaft dem Willen der Vertragsparteien ein zu großes Gewicht beigemessen. Denn für die Auslegung eines Vergleichs ist nicht in erster Linie der übereinstimmende Wille der Parteien maßgebend. Vielmehr ist darauf abzustellen, wie die mit der Vollstreckung betrauten Organe - wozu im vorliegenden Fall auch der gem. § 726 Abs. 1 ZPO mit der Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung berufene Rechtspfleger gehört - den Inhalt des Titels aus sich heraus verstehen mussten (BGH, Urt. v. 31.3.1993 - XII ZR 234/91, NJW 1993, 1995; vgl. auch Musielak/Lackmann, aaO., § 704 Rdnr. 25, Zöller/Stöber, aaO., § 794 Rdnr. 14a).

b) Vor dem Hintergrund dieser Auslegungsregel halten die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts zum Inhalt des anlässlich des Vergleichsschlusses vorhandenen Willens der den Vergleich schließenden Parteien, wonach die Fälligkeit der Vergleichssumme von Mängeln im Parkdeckbelag, nicht hingegen von Mängeln im Aufbau des Parkdecks abhängig sein soll, den Angriffen der Berufung nicht stand. Das Landgericht hat seiner Überzeugungsbildung unter Verstoß gegen § 286 ZPO ein zu geringes Beweismaß zugrunde gelegt und die bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigenden Umstände nicht widerspruchsfrei gewürdigt; zudem wird die Beweiswürdigung dem erkennbaren Interesse der Parteien nicht gerecht, weshalb der Senat an die Feststellungen des Landgerichts nicht gebunden ist (§ 529 Abs. 2, § 513 ZPO).

aa) Bereits bei der unmittelbaren Würdigung der Zeugenaussagen setzt sich das Landgericht nicht damit auseinander, dass sowohl der Zeuge Ge als auch der Zeuge G. in ihrer ersten Vernehmung vor dem Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2004 ausgesagt haben, die Mängel seien im einzelnen nicht angesprochen worden. So hat der Zeuge Ge bekundet, im Vergleichstermin sei lediglich der Fahrbahnbelag diskutiert worden, wenn auch nicht im Einzelnen sämtliche Probleme hinsichtlich dieser Frage angesprochen worden seien. Noch klarer hat der Zeuge G. formuliert, es treffe zu, dass hinsichtlich des Parkdecks Einzelfragen nicht diskutiert worden seien. Beide Zeugenaussagen belegen, dass zumindest eine explizite Einschränkung des im Vergleichstext enthaltenen Begriffs des Mangels nicht vorgenommen wurde.

bb) Darüber hinaus hat das Landgericht unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO den Umstand nicht hinreichend gewürdigt, dass das Angebot des Unternehmens T., welches Mängel an Belag und Parkdeckaufbau umfasste und den Mängelbeseitigungsaufwand auf insgesamt eine Million DM bezifferte, bereits vor Vergleichsabschluss vorlag. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte vor Abschluss des Vergleichs von diesem Angebot distanziert hätte, sind nicht erkennbar. Sie sind insbesondere nicht von den Zeugen G. und Ge aufgezeigt worden. Mithin musste es unverständlich erscheinen, wenn sich die Beklagte hinsichtlich dieser weitergehenden Mängel jeglicher Zurückbehaltungsrechte begeben hätte. Gerade dies wäre geschehen, wenn die Fälligkeit der Restwerklohnforderung im Sinne des Auslegungsergebnisses des Landgerichts ausschließlich von der Mängelbeseitigung der im Belag vorhandenen Mängel abhängig gemacht worden wäre.

cc) Überdies würdigt das Landgericht die Beweise nicht frei von Widersprüchen: Das Landgericht geht davon aus, dass die Beklagte auf weitergehende Gewährleistungsansprüche nicht verzichtet habe. Dieser Schluss liegt jedoch nahe, wenn sich die Beklagte, die anlässlich des Abschlusses des Vergleichs mit dem Vorhandensein weiterer Mängel rechnen musste, ihre Rechte in keiner Weise vorbehalten hätte. Das Schweigen streitet dafür, dass diese weitergehenden Gewährleistungsansprüche von der Vergleichswirkung erfasst wurden.

dd) Auch hat sich das Landgericht nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, dass die weitergehenden Mängel am Parkdeckaufbau zeitnah zum Vergleichsabschluss tatsächlich in das selbständige Beweisverfahren vor dem Landgericht Berlin eingeführt wurden. Der im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Berlin ergangene Beschluss vom 12.11.1999 (Anlage B 6) belegt, dass die Beklagte ergänzende Beweisfragen stellte, die auf die Undichtigkeit des Parkdecks abzielten. Dies lässt bei lebensnaher Betrachtungsweise nur den Schluss zu, dass die dort gestellten Beweisfragen gerade diejenigen Aspekte betrafen, deren ergänzende Einbeziehung die Vergleichsparteien ausdrücklich vorbehalten wollten.

ee) Schließlich überzeugen die vom Landgericht aufgezeigten Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit der Aussagen der Zeugen Dr. T. und B. nicht: Es ist durchaus nachvollziehbar und nicht unplausibel, dass der Zeuge Dr. T. den im Vergleich vereinbarten Mängeleinbehalt von 500.000 DM als grobe Halbierung des Angebots der Firma T. dargestellt hat. Im Kern deckt sich die Aussage des Zeugen Dr. T. mit der Aussage des Zeugen Ge: Beide Zeugen haben - wenn auch mit unterschiedlicher Akzentuierung - ausgesagt, dass die Vergleichsbemühungen vor allem von dem Bestreben getragen wurden, der Insolvenzschuldnerin Liquidität zu verschaffen. "Eher nebensächlich" seien - so der Zeuge Ge - die Sanierungsaufwendungen für den oberen Belag des Parkdecks gewesen, die zwischen 100.000 und 150.000 DM angesetzt worden seien (GA II Bl. 268). Kann der Kläger demnach den ihm obliegenden Beweis für eine einschränkende Auslegung des Vergleichswortlauts nicht führen, so steht es der Beklagten frei, auch die weitergehenden Mängel in die Berechnung des mängelbedingten Minderwerts einzubeziehen.

3. Zum selben Ergebnis führt der Weg, wenn die Fälligkeit der Vergleichssumme nicht aus der fehlenden Sicherheitsleistung hergeleitet werden kann. Denn zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht stand zwischen den Parteien außer Streit, dass die gerügten Mängel der Werkleistung durch die Eigentümerin der Immobilie beseitigt wurden, die ihrerseits zum Zweck der Mängelbeseitigung die Firma G. B2 GmbH beauftragt hatte. War jedoch die Erfüllung der im Vergleich genannten Fälligkeitsvoraussetzung - die Beseitigung der Mängel - nicht mehr möglich, so ist die Werklohnforderung als solche fällig geworden. Die Werkleistung war unstreitig zumindest im Umfang des vom gerichtlichen Sachverständigen vorgeschlagenen Sanierungsaufwands mangelbehaftet. Demnach war auch der unmittelbar aus dem Vergleich herzuleitende Werklohnanspruch um den mängelbedingten Minderwert zu kürzen, der auf der Grundlage des vom Senat vertretenen Rechtsverständnisses nicht nur die festgestellten Mängel am Belag selber, sondern auch einen - so die Behauptung der Beklagten - mangelhaften Aufbau des Parkdecks mitumfasst.

4. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die angefochtene Entscheidung auch insoweit unter einem Verfahrensfehler leidet, als das Landgericht den Sachvortrag der Beklagten im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 22.12.2006 zurückgewiesen hat: Das Landgericht hat der Beklagten im Hinweisbeschluss vom 23.9.2006 (dort 4) zur Ergänzung des Vortrags keine Frist gesetzt, sondern lediglich in pauschaler, inhaltlich nicht näher begründeter Weise darauf hingewiesen, dass die Beklagte dem Vortrag, der zur Beseitigung der Mängel erforderliche Aufwand belaufe sich auf 157.504,80 DM, nicht substantiiert entgegengetreten sei. Damit konnte eine Zurückweisung des im Schriftsatz vom 22.12.2006 gehaltenen Vortrags nur dann erfolgen, wenn der Sachvortrag entgegen § 282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig mitgeteilt wurde, die Zulassung des Vortrags die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hätte und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruhte (§ 296 Abs. 2 ZPO).

a) Hierbei verkennt das Landgericht bereits, dass der unmittelbare Regelungsbereich des § 282 Abs. 1 ZPO in der gegebenen prozessualen Situation nicht betroffen war. Denn die Vorschrift des § 282 Abs. 1 ZPO betrifft die Prozessförderungspflicht in der mündlichen Verhandlung selbst. Eine Verspätung mündlichen Vorbringens im Sinne des § 282 Abs. 1 ZPO kommt daher dann in Betracht, wenn in einer über mehrere Termine sich erstreckenden Verhandlung ein bestimmtes Angriffs- oder Verteidigungsvorbringen nicht im ersten, sondern in einem Folgetermin vorgetragen wird (Zöller/Greger, aaO., § 282 Rdnr. 1). Demgegenüber wollte das Landgericht sanktionieren, dass die Beklagte den im Schriftsatz vom 22.12.2006 gehaltenen Sachvortrag zu spät vorgetragen hat.

b) Mithin war zu prüfen, ob die Beklagte im Sinne des § 282 Abs. 2 ZPO ihren neuen Sachvortrag so spät mitgeteilt hat, dass für den Kläger als Prozessgegner keine Möglichkeit bestanden hat, die erforderlichen Erkundigungen zur sachgerechten Erwiderung einzuziehen. Dieser Fragestellung hat sich das Landgericht nicht gewidmet. In der Sache liegen die Voraussetzungen nicht vor: Die Beklagte hat kein neues Verteidigungsmittel in den Prozess eingeführt, sondern ihrerseits durch ergänzenden Sachvortrag auf einen korrespondierenden, bereits in den Prozess eingeführten Klägervortrag repliziert. Der entsprechende Sachvortrag des Klägers musste nicht geschaffen werden, sondern war bereits Gegenstand des Rechtsstreits: Nach Auffassung des Landgerichts hat der Kläger bereits mit der Klageschrift substantiiert vorgetragen, dass sich der Mängelbeseitigungsaufwand entgegen den Feststellungen des im selbstständigen Beweisverfahrens eingeholten Sachverständigengutachtens unter Bezugnahme auf ein Angebot der Firma S. und Co. GmbH auf 157.504,80 DM belaufe. Hierauf hat sich die Beklagte in Erfüllung des gerichtlichen Hinweises mit Schriftsatz vom 22.12.2002 eingelassen. Mithin war auf der Grundlage des Verständnisses des Landgerichts, wonach die Beklagte die Höhe des Mängelbeseitigungsaufwands jedenfalls im Schriftsatz vom 22.12.2006 substantiiert bestritten habe, über die Höhe des Mängelbeseitigungsaufwands Beweis zu erheben. Einer vorherigen Einlassung des Klägers hätte es zum Einstieg in die Beweisaufnahme nicht mehr bedurft.

c) Weiterhin hätte die Zulassung des Vorbringens zur Höhe des Mängelbeseitigungsaufwands die Erledigung des Rechtsstreits im Sinne des § 296 Abs. 2 ZPO nicht verzögert. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf die Präklusion verspäteten Vorbringens nicht zur Überbeschleunigung des Rechtsstreits führen. Sie ist ausgeschlossen, wenn sich ohne weitere Erwägungen aufdrängt, dass das Verfahren früher beendet wird, als dies bei einem ungestörten Verlauf des Verfahrens zu erwarten gewesen wäre (BVerfGE 75, 302; Zöller/Greger, aaO., § 296 Rdnr. 22; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 296 Rdnr. 22; MünchKomm(ZPO)/Prütting, 2. Aufl., § 296 Rdnr. 77 ff.). Dieser Schluss ist hier erlaubt: Es erscheint schlechterdings ausgeschlossen, dass die bei Zulassung des präkludierten Vortrags gebotene sachverständige Beantwortung der Beweisfrage zur Angemessenheit des Mängelbeseitigungsaufwands bis zur mündlichen Verhandlung vom 5.1.2007 eine Erledigung gefunden hätte.

d) Schließlich vermag der Senat der Rechtsauffassung des Landgerichts nicht zu folgen, dass der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hinsichtlich des verspäteten Vorbringens grobe Nachlässigkeit anzulasten ist. Der Vorwurf grober Nachlässigkeit liegt bereits deshalb fern, weil es dem Prozessgericht selbst erst mehr als vier Jahre nach Einreichung der Klageerwiderung gelungen ist, das Substantiierungsdefizit aufzuzeigen. Überdies hat die Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Termin vom 5.1.2007 unwiderlegt vorgetragen, sie habe erst Anfang Dezember 2006 die Sachbearbeitung übernommen. In Anbetracht der Komplexität der Sach- und Rechtslage ist nicht erkennbar, dass der Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine eigene Nachlässigkeit vorgeworfen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass der bisherige Sachbearbeiter Dr. T. in der Erledigung des Hinweisbeschlusses bis zu seinem Ausscheiden aus der Sachbearbeitung grob nachlässig gehandelt hätte, sind nicht ersichtlich.

C. Nach alledem hat die angefochtene Entscheidung keinen Bestand. Die Sache war auf Antrag der Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Im wiedereröffneten Rechtszug ist das Landgericht nunmehr gehalten, die bislang nicht getroffenen Feststellungen zum Umfang des mängelbedingten Minderwerts der Werkleistung nachzuholen. Vorsorglich ist anzumerken, dass die im Schriftsatz der Beklagten vom 22.12. 2006 erklärte Aufrechnung keine prozessuale Relevanz besitzt, solange die mängelbedingte Minderung den noch offen stehenden Restwerklohn übersteigt. Auch die Erwägungen des Landgerichts zum insolvenzrechtlichen Ausschluss der Aufrechnung vermögen auf der Grundlage des zutreffenden Verständnisses vom Umfang der im Vergleich versprochenen Mängelbeseitigung nicht zu überzeugen.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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