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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 22.07.2008
Aktenzeichen: 4 U 627/07
Rechtsgebiete: VOB/B, StVO


Vorschriften:

VOB/B § 2 Nr. 5
StVO § 45 Abs. 2
Die Anordnung des Landesamtes für Straßenwesen zur Regelung des Verkehrs in einem Baustellenbereich hat nicht den Charakter einer einseitigen Anordnung nach § 2 Nr. 5 VOB/B, da sie nicht im Rahmen und auf der Grundlage des erteilten Auftrags erfolgt, sondern ausschließlich im Rahmen der Zuständigkeit als Straßenbaubehörde auf der Rechtsgrundlage des § 45 Abs. 2 StVO.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

4 U 627/07

Verkündet am 22.07.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Göler, den Richter am Oberlandesgericht Schmidt und den Richter am Amtsgericht Eckel

auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 06.11.2007 verkündete Schlussurteil des Landgerichts Saarbrücken - AZ.: 2 O 156/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 16.005,32 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um restliche Werklohnforderungen der Klägerin aus einem Auftrag vom 22.08.2001 betreffend Straßenbauarbeiten auf der L 118 im Bereich der Ortsdurchfahrt J. .

Das beklagte Land, das die Arbeiten für das Bauvorhaben Deckensanierung im Zuge der L 118/Ortsdurchfahrt J. öffentlich ausgeschrieben hatte, erteilte der Klägerin auf der Basis des Angebots vom 25.07.2001 mit Schreiben vom 22.08.2001 den Zuschlag (Anlage K 1 zur Klageschrift, GA 6 ff.). Der Gegenstand des Vertrags, dem die VOB zugrunde liegt, ergibt sich aus der Leistungsbeschreibung (GA 133 ff.). Hiernach sollten zunächst die Arbeiten am Straßenbelag und danach die Arbeiten an den Rinnenplatten ausgeführt werden (Titel 0, GA 134). Die Baumaßnahme sollte unter Aufrechterhaltung des Verkehrs bei halbseitiger Sperrung durchgeführt werden (GA 142). Die Bauzeit für die gesamte Maßnahme wurde auf 37 Werktage festgesetzt (GA 142).

Die Klägerin begann mit der Ausführung der Arbeiten am 06.11.2001 und beendete diese am 25.04.2002.

Der Verkehrsplan zur Verkehrssicherung wurde auf entsprechenden Antrag der Klägerin hin geändert. Die Anordnung des Landesamts für Straßenwesen vom 14.09.2001 (GA 79 ff.) sieht die Regelung des Verkehrs gemäß dem Verkehrszeichenplan B I/4 (verengte Fahrbahn mit Verschwenkung ohne Ampelregelung) vor, während das Leistungsverzeichnis des beklagten Landes von dem Verkehrszeichenplan B I/6 (halbseitige Fahrbahnsperrung mit Ampelregelung) ausging.

Aufgrund einer Änderung des Arbeitsablaufs erfolgten zunächst der Austausch der Rinnenplatten und erst danach die Bearbeitung des Fahrbahnbelags, womit ein Mehraufwand der Bauleistungen verbunden war. Bei der ursprünglich geplanten Bauausführung wären die Rinnenplatten zur Herausnahme so weit freigelegt worden, dass es nicht notwendig gewesen wäre, einen zusätzlichen Arbeitsraum zu schaffen, um sie aufnehmen zu können, ohne die Decke durch Ausfransen zu beschädigen.

Am 04.06.2002 unterbreitete die Klägerin dem beklagten Land ein Nachtragsangebot (GA 24 ff.), das dieses mit Schreiben vom 23.03.2006 (GA 22 ff.) beantwortete.

Am 27.06.2002 erfolgte die Abnahme der Baumaßnahme (GA 8 ff.). Am 23.10.2002 erstellte die Klägerin ihre Schlussrechnung über 147.033,55 € (GA 13 ff.). Einen Teilbetrag von 128.285,62 € billigte das beklagte Land (GA 65) und zahlte hierauf vorprozessual 111.841,00 €.

Mit ihrer am 08.12.2006 zugestellten Klage hat die Klägerin den Differenzbetrag zu ihrer Schlussrechnung in Höhe von 35.192,95 € geltend gemacht. Nachdem das beklagte Land die Forderung der Klägerin in Höhe eines Teilbetrags von 16.444,62 € anerkannt hat, erging am 01.02.2007 Teilanerkenntnisurteil über diesen Betrag (GA 68).

Mit Schriftsatz vom 26.02.2007 (GA 75 ff.) hat die Klägerin aufgrund von Kürzungen, die das beklagte Land in der erst mit Schriftsatz vom 30.01.2007 vorgelegten geprüften Schlussrechnung vom 22.10.2002 (GA 57 ff.) vorgenommen hatte, die Hauptsache in Höhe eines Teilbetrags von 2.743,01 € unter Verwahrung gegen die Kostenlast für erledigt erklärt. Das beklagte Land hat "gegen die Klagerücknahme keine Einwendungen erhoben" und ebenfalls Kostenantrag gestellt (GA 91).

Im Streit steht die verbleibende Teilforderung in Höhe von 16.005,32 € wegen Nachträgen, die die Klägerin unter den Positionen 2 01 01 bis 2 01 03 der Schlussrechnung mit insgesamt 26.985,94 DM zuzüglich Mehrwertsteuer geltend gemacht hat. Die streitgegenständlichen Unterpositionen 01 bis 03 betreffen hierbei zusätzliche Kosten aus der Herstellung und Wiederverfüllung eines Arbeitsraums vor den zu verlegenden Rinnenplatten über eine Länge von 793,53 m, die die Beklagte komplett gestrichen hat (GA 63).

Die Klägerin hat sich ausdrücklich auf § 2 Nr. 5 VOB/B berufen und behauptet, der Arbeitsablauf sei wegen jahreszeitlich bedingter Verzögerungen der Baumaßnahme auf Grund einer Anordnung des beklagten Landes geändert worden. Durch die Änderung des Arbeitsablaufs habe vermieden werden sollen, dass eine Fahrspur über den ganzen Winter aufgefräst liegen bleibt und der Verkehr bei halbseitiger Sperrung der Fahrbahn mit Ampelregelung langfristig behindert wird. Die Änderungen, die als Nachtragsarbeiten in Rechnung gestellt worden seien ("Bit. Befestigung trennen 12 cm, Bit. Befestigung im Arbeitsraum vor den Rinnen aufnehmen, 12,20 cm und Bit. Tragschicht im Arbeitsraum von Hand einbauen und verdichten") hätten auf einer Anordnung des für das beklagte Land handelnden Landesbetriebs beruht, der einen geänderten Arbeitsablauf angeordnet habe. Die Rinnenplatten hätten auch während des laufenden Verkehrs so ausgewechselt werden können, dass nach Regelplan B I/4 anstatt nach Regelplan B I/6 verfahren worden wäre.

Dem beklagten Land seien die Kosten auch hinsichtlich des für erledigt erklärten Teilbetrags aufzuerlegen, da der Klägerin aufgrund der verzögerten Vorlage der geprüften Schlussrechnung mit Schriftsatz vom 30.01.2007 erst ab diesem Zeitpunkt eine Korrektur möglich gewesen sei.

Die Klägerin hat beantragt, das beklagte Land über den durch Teilanerkenntnisurteil vom 01.02.2007 zuerkannten Betrag hinaus und soweit die Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 16.005,32 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.03.2004 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat behauptet, die Klägerin habe eine Änderung des Arbeitsablaufs aus eigenbetriebsbedingten Gründen gewünscht, da ihr eine große Fräsmaschine gefehlt habe. Dies habe die Beklagte lediglich unter der Bedingung, dass ihr hierdurch keine Mehrkosten entstünden, gestattet. Auf einer Anordnung beruhten die Änderungen des Arbeitsablaufs daher nicht. Die Anordnung der Straßenmeisterei vom 14.09.2001 sei ausschließlich eine verkehrsrechtliche Maßnahme mit dem alleinigen Zweck, der Klägerin die Befugnis zur Aufstellung allgemein verbindlicher Verkehrszeichen zu übertragen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 17.07.2007 (GA 266 f.) durch Vernehmung der Zeugen M., C., S., H., F., D. und St. (GA 265 ff., 286 ff.).

Mit Schlussurteil vom 06.11.2007 (GA 295 ff.), auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ergänzend verwiesen wird, hat das Landgericht die über das Teilanerkenntnisurteil vom 01.02.2007 hinausgehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin sei es nicht gelungen, den Nachweis von Tatsachen, die einen Anspruch auf eine Preisgrundlagenänderung nach § 2 Nr. 5 VOB/B begründen könnten, zu erbringen. Hiernach werde vorausgesetzt, dass eine Leistungsänderung auf einem dem Auftraggeber zurechenbaren Verhalten beruhe, was die Beweisaufnahme und die Verhandlung nicht ergeben habe.

Vielmehr habe die Klägerin nach den Aussagen der beklagtenseits benannten Zeugen C., F., H. und S. vor Beginn der Arbeiten den Wunsch geäußert, den Bauablauf zu ändern, da ihr keine Fräse zur Verfügung gestanden habe. Dem hätten die vor Ort anwesenden technischen Mitarbeiter des beklagten Landes sowie der Bauwart zugestimmt. Aber bereits bei der zuvor begonnenen gleichgelagerten Baumaßnahme auf der B 423, bei der die Klägerin ebenfalls dieselbe Änderung des Bauablaufs gewünscht habe, sei ihr - unter Zugrundelegung der genannten Zeugenaussagen - gesagt worden, dass die Änderung kostenneutral sein müsse. Auch die klägerseits benannten Zeugen M. und D. hätten nicht bestätigt, dass die Änderung des Bauablaufs beklagtenseits gefordert worden sei. Ebenso wenig stehe fest, dass die geltend gemachten Mehrleistungen auf einer von dem beklagten Land veranlassten Veränderung der Verkehrsführung beruhten. Insoweit stünden sich die gleichermaßen glaubhaften Aussagen der beiderseits benannten Zeugen gegenüber, so dass die beweisbelastete Klägerin mit ihrem Anspruch nicht durchdringen könne.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie rügt, das Landgericht habe die Voraussetzungen des § 2 Nr. 5 VOB/B fehlerhaft verneint. Mit der formellen verkehrsrechtlichen Anordnung vom 14.09.2001 und der darin enthaltenen Umstellung der Verkehrsführung nach Regelplan B I/6 auf den Regelplan B I/4 sei die Möglichkeit entfallen, nach dem ursprünglichen Bauablauf zu verfahren, weil nun die gesamte Straßenfläche bis zum Abschluss der Pflasterarbeiten dem Verkehr zur Verfügung stehen musste. Die Behauptung des beklagten Landes, die Klägerin habe die Abänderung erbeten, weil ihr zu Beginn der Arbeiten an der B 423 keine geeignete Fräse zur Verfügung gestanden habe, sei nicht bewiesen, abgesehen davon, dass Streitgegenstand vorliegend die Arbeiten an der L 118 seien. Die Regelung des § 2 Nr. 5 VOB/B sehe vor, dass Mehrkosten aufgrund von Änderungen des Bauentwurfs oder Anordnungen des Auftraggebers grundsätzlich eine Vergütungspflicht des Auftraggebers auslösten. Wer Abweichungen davon behaupte, sei dafür voll beweispflichtig. Diesen Beweis habe das beklagte Land vorliegend nicht geführt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken - 2 O 156/06 - vom 06.11.2007 das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin € 16.005,32 nebst 8 % Zinsen über Basiszinssatz ab 17.03.2004 zu zahlen.

hilfsweise,

das Urteil samt des zugrunde liegenden Verfahrens an das Gericht erster Instanz zurückzuweisen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land verteidigt das ihm günstige erstinstanzliche Urteil. Die Klägerin habe aus eigenem Antrieb eine Änderung der vereinbarten Werkleistung gewünscht. Das beklagte Land habe gegen den geänderten Ablauf der Arbeiten keine Einwendungen erhoben, jedoch klar und deutlich erklärt, dass dieser nicht zu Mehrkosten führen dürfe. Der vorliegende Sachverhalt beurteile sich nicht nach § 2 Nr. 5 VOB/B, sondern vielmehr nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B. Aber auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift habe die Klägerin nicht beweisen können.

Hinsichtlich des Sachverhaltes und des Parteivortrags im Einzelnen sowie des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 17.07.2007 (GA 265 ff.) und 25.09.2007 (GA 286 ff.) sowie das Sitzungsprotokoll des Senats vom 24.06.2008 (GA 353 ff.) verwiesen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß begründet worden und gemäß §§ 511,513,517,519 und 520 ZPO zulässig.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch erfolglos. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach §§ 529, 531 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Das Landgericht hat nach durchgeführter Beweisaufnahme zu Recht dahin entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf die streitige Vergütung für Mehraufwand nicht zusteht, da sie den Nachweis einer Vergütungsvereinbarung für Mehrkosten bzw. deren Voraussetzungen nach § 2 Nr. 5 VOB/B nicht erbringen konnte.

a.

Die Kosten, deren Erstattung die Klägerin von dem beklagten Land begehrt, sind durch die geänderte Bauausführung entstanden, wonach die Klägerin entgegen der Leistungsbeschreibung (GA 134) zunächst die Rinnenplatten neu verlegte und erst danach den Fahrbahnbelag erneuerte. Entgegen der Auffassung der Berufung ist diese Änderung der Bauausführung nicht durch eine "Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers" im Sinne des § 2 Nr. 5 VOB/B veranlasst worden.

§ 2 Nr. 5 VOB/B setzt eine Leistungsänderung voraus, die dazu führt, dass die der Preisberechnung zu Grunde gelegten Umstände verändert werden. Die Preisgrundlagenänderung muss durch ein dem Auftraggeber zurechenbares Verhalten herbeigeführt worden sein (Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, Teile A und B, 16. Auflage, § 2 Nr. 5 VOB/B, Rd. 5/11). Erforderlich ist eine "Anordnung" des Auftraggebers. Hierunter versteht man eine die eindeutige Befolgung durch den Auftragnehmer heischende Aufforderung des Auftraggebers, eine Baumaßnahme in bestimmter Weise auszuführen (OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 730; Ingenstau/Korbion/Keldungs, a.a.O., Rd. 26). Dem Auftragnehmer gegenüber muss eindeutig zum Ausdruck kommen, dass es sich um eine verpflichtende Vertragserklärung handelt (BGH NJW-RR 1992, 146; Ingenstau/Korbion/Keldungs, a.a.O., Rd. 26). Es muss sich um klar und deutlich verständliche Weisungen handeln und nicht nur um Wünsche des Auftraggebers, deren Befolgung durch den Auftragnehmer nicht zwingend erwartet wird oder die diesen lediglich zu einer Überprüfung seiner Verfahrensweise veranlassen sollen (BGH, a.a.O.; Ingenstau/KOrbion/Keldungs, a.a.O.).

Legt man dies hier zugrunde, liegt nach Würdigung des Parteivortrags und der erstinstanzlichen Beweisaufnahme, an die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Ermangelung konkreter Zweifel an ihrer Richtigkeit oder Vollständigkeit gebunden ist, eine "Anordnung" der Beklagtenseite i. S. v. § 2 Nr. 5 VOB/B nicht vor. Vielmehr haben sich die Parteien vor Ort aus Zweckmäßigkeitserwägungen und ohne abschließende Erörterung der Kostenfrage auf eine geänderte Verkehrsführung und eine geänderte Reihenfolge der Bauausführung einvernehmlich geeinigt.

Ausgangspunkt der Änderungspläne war die Verkehrsführung, die von beiden Seiten wegen der damit einhergehenden geringeren Belastung des fließenden Verkehrs vereinbart wurde.

Wie der Bauleiter der Klägerin, der Zeuge M., bekundete, wurde anlässlich des Einweisungstermins vor Ort am 07.09.2001 festgestellt, dass die Fahrbahnbreite mit 8 m hinreichend breit war, um die Arbeiten am Rinnenband durch Verschwenken der Fahrspur ohne Ampelanlage ausführen zu können, so dass zwei Fahrspuren mit einer Breite von jeweils ca. 2, 75 m vorhanden gewesen seien (GA 267/268). Übereinstimmend bekundete der Zeuge D., Bautechniker der Klägerin, der Ursprung der Änderung habe in dem Entschluss gelegen, die Verkehrsführung zu ändern; die Änderung in der Bauausführung sei damit Hand in Hand gegangen (GA 273).

Die Auffassung der Berufung, die Änderung der Bauausführung habe auf der Anordnung der geänderten Verkehrsführung seitens des Landesamts für Straßenwesen beruht, geht fehl und bedarf einer Klarstellung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht.

In tatsächlicher Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass die Anordnung des Landesamts für Straßenwesen vom 14.09.2001 erst auf einen entsprechenden Antrag der Klägerin vom 12.09.2001 hin ergangen ist, also gerade dem Wunsch der Klägerin entsprach, um mit den Baustellenarbeiten beginnen zu können. Wie bereits dargelegt, war die Klägerin mit dem beklagten Land übereingekommen, die Verkehrsführung an der Baustelle anders als ursprünglich in der Leistungsbeschreibung zu gestalten, nämlich unter Beibehaltung eines zweispurigen Verkehrs ohne Ampel, wohingegen die Leistungsbeschreibung eine halbseitige Fahrbahnsperrung mit Ampelregelung nach Verkehrsplan B I/6 vorsah (GA 142 i. V. m. GA 83). Eine einseitige Anordnung des Auftraggebers, wie § 2 Nr. 5 VOB/B sie voraussetzt, ist hierin nicht zu sehen. Denn die Anordnung des Landesamts für Straßenwesen erfolgte nicht im Rahmen und auf der Grundlage des erteilten Auftrags, sondern ausschließlich im Rahmen seiner Zuständigkeit als Straßenbaubehörde (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 SaarlStrG) auf der Rechtsgrundlage des § 45 Abs. 2 StVO, worauf die von der Klägerin beantragte Anordnung vom 14.09.2001 sich ausdrücklich stützte (GA 79-81). Hiernach kann die Straßenbaubehörde zur Durchführung von Straßenbauarbeiten Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Allein zu diesem Zweck wurde die Straßenbaubehörde tätig, die - auch für die Klägerin erkennbar - nicht in das Vertragsgefüge eingreifen, sondern auf Antrag der Klägerin und im Einvernehmen der Parteien durch Anordnung einer bestimmten Verkehrsregelung Klarheit für den durchfließenden Verkehr während der Dauer der Baustellenarbeiten schaffen wollte.

Die geänderte Verkehrsführung hatte für die Klägerin den Vorteil, auch die Bauausführung abweichend gestalten zu können, nämlich zunächst die Arbeiten an den Rinnenplatten auszuführen und danach den Bodenbelag zu erneuern. Diese Reihenfolge hatte die Klägerin bereits zuvor im Einverständnis mit der Beklagten bei den unmittelbar vorausgegangenen Arbeiten an der direkt angrenzenden B 423 gewählt. Die Zeugin C., Bauingenieurin bei dem beklagten Land, hat glaubhaft bestätigt, dass die dort geänderte Bauausführung auf dem Wunsch der Klägerin basiert habe (GA 269). Bei den Arbeiten an der B 423 - so die Zeugin - habe als Motiv der Klägerin im Vordergrund gestanden, dass sie über keine Fräse verfügt habe und daher ihre Arbeiten zunächst mit den Arbeiten an den Rinnenplatten beginnen wollte, was auch der Zeuge F. so bekundete (GA 289). Nach Abschluss der Arbeiten an der B 423 und vor Beginn der Arbeiten an der L 118 habe die Klägerin gefragt, ob der Bauablauf an der L 118 analog zu dem auf der B 423 erfolgen könne. Dem habe das beklagte Land zugestimmt, und zwar zu denselben Bedingungen wie bei der B 423 (Zeugin C. GA 287).

Die weitere Behauptung der Klägerin, das beklagte Land habe die geänderte Verkehrsführung wegen jahreszeitlich bedingter Verzögerung der Arbeiten angeordnet, damit nicht während des Winters eine Fahrbahn komplett gesperrt sei, vermochte sie ebenfalls nicht zu beweisen. Zwar bekundete der Zeuge M., die geänderte Bauausführung sei darauf zurückzuführen, dass der Baubeginn an der L 118 sich bis zum Winterbeginn verzögert habe, da das beklagte Land angeordnet habe, zunächst die Arbeiten an der B 423 fertigzustellen (GA 267/268). Dem steht die nicht minder glaubhafte Aussage der Zeugin C. entgegen. Aus dieser geht hervor, dass die Klägerin nach Abschluss der Arbeiten an der B 423 und vor Beginn der Arbeiten an der L 118 nachgefragt hat, ob der Bauablauf analog zu dem auf der B 423 erfolgen könne. Eine Begründung, etwa winterliche Witterung, sei hierbei nicht angeführt worden (GA 270/287). Da gegen die Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen sprechende Anhaltspunkte nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich sind, ist zu diesem Punkt zulasten der Klägerseite von einer Non- liquet-Situation auszugehen.

Nach alledem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass das beklagte Land eine Anordnung nach § 2 Nr. 5 VOB/B erteilt hätte, die eine eindeutige Aufforderung des Auftraggebers voraussetzt, die Baumaßnahme in einer bestimmten Weise auszuführen. Vielmehr hatten die Parteien sich bei der Ortsbegehung am 07.09.2001 einvernehmlich und ohne Erörterung der Kostenfrage auf eine geänderte Verkehrsführung geeinigt und die Klägerin hat später, nämlich unmittelbar vor Beginn der Arbeiten an der L 118, nachgefragt, ob sie dort - wie zuvor bei der B 423 - die Ausführungsreihenfolge ändern dürfe. Dies haben die Beklagtenvertreter nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor Ort bejaht, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, dass dies für sie unter denselben Bedingungen wie bei der B 423 - also kostenneutral - erfolgen müsse.

b.

Der Berufung kann auch nicht dahin gefolgt werden, das beklagte Land sei dafür beweispflichtig, dass es für die der Klägerin entstandenen Mehrkosten nicht aufkommen müsse. Diese Beweisfrage setzt voraus, dass § 2 Nr. 5 VOB/B überhaupt eingreift, was vorliegend nicht der Fall ist.

c.

Die Voraussetzungen der beklagtenseits in Erwägung gezogenen Anspruchsgrundlage des § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B liegen bereits deshalb nicht vor, weil die geänderte Bauausführung in Absprache mit dem beklagten Land, mithin nicht "ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag" (§ 2 Nr. 8. Abs. 1 Satz 1 VOB/B) erfolgt ist.

Die Berufung der Klägerin erweist sich nach alldem als nicht begründet. Sie war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs.1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr.10, 713 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 43 Abs.1, 47 Abs.1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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