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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 18.01.2006
Aktenzeichen: 5 U 197/05
Rechtsgebiete: VGB 88, BGB, ZPO


Vorschriften:

VGB 88 § 16 Nr. 1
VGB 88 § 16 Nr. 2
VGB 88 § 16 Nr. 3
VGB 88 § 16 Nr. 3 b
VGB 88 § 16 Nr. 4
VGB 88 § 16 Ziffer 3 lit. a)
VGB 88 § 16 Ziffer 3 lit. c)
BGB § 241 Abs. 2
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 311 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 141
ZPO § 296a
ZPO § 531 Abs. 2
Ein Beratungsbedürfnis des Versicherungsnehmers in Bezug auf den Versicherungswert besteht nicht, wenn ihn ein Architekturbüro im Auftrag des Versicherungsnehmers dem Versicherer mitteilt.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 13.04.2005 - 12 O 219/04 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.516,88 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistungen aus einem Verbundenen Wohngebäudeversicherungsvertrag bzw. auf Schadenersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Beratungs- und Aufklärungspflichten in Anspruch.

Der Kläger ist Eigentümer eines in ... K.-S. gelegenen, im Jahr 2003 fertiggestellten Einfamilienwohnhauses. Erstellt wurde dieses Anwesen im Rahmen eines Großbauprojekts, das die Errichtung von über 20 Anwesen als Renditeobjekten zum Gegenstand hatte. Die Bausumme für das klägerische Anwesen betrug circa 180.000,-- EUR.

Ausweislich des Versicherungsscheins vom 23.07.2002 (Versicherungsscheinnummer: 0000; Bl. 11-13 d.A.) versicherte der Kläger das Wohnhaus bei der S. S. Versicherungs AG unter anderem gegen Feuer. Weiter heißt es in dem Versicherungsschein:

"Ausfertigungsgrund: Neuantrag

Beginn des Vertrages: 05.07.2002 12.00 Uhr

Die Versicherungssumme beträgt 17.460 Mark 1914 zum Gleitenden Neuwert.

Die Versicherungssumme Mark 1914 wurde nach einer von § 16 Nr. 3 VGB 88 abweichenden Methode ermittelt.

Vertragsbestandteil sind die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 88) - Fassung Januar 1995 - ."

Am 06.03.2003 wurde das klägerische Hausanwesen durch einen im ersten Obergeschoss ausgebrochenen Brand beschädigt.

Unter dem 27.03.2003 wurde ein Nachtrag zu dem Verbundenen-Wohngebäudeversicherungsvertrag gefertigt (Versicherung-Nr. ...; Bl. 8-10 d.A.). Hierin heißt es unter anderem:

"Ausfertigungsgrund: Vertragsänderung

Vertragsstand ab: 06.02.2003 12.00 Uhr. "

Die Versicherungssumme wurde nicht verändert. Der Passus "Die Versicherungssumme Mark 1914 wurde nach einer von § 16 Nr. 3 VGB 88 abweichenden Methode ermittelt" verblieb ebenfalls.

Auf Grund des Brandereignisses entstand dem Kläger ein materieller Schaden in Höhe von 93.861,62 EUR. Die Beklagte, die im Wege der Rechtsnachfolge in das Versicherungsvertragsverhältnis eingetreten war (Bl. 26, 27 d.A.), zahlte eine Entschädigung von 71.294,09 EUR. Weitergehende Zahlungen lehnte sie mit der Begründung, das Gebäude sei unterversichert gewesen, ab. Den Differenzbetrag von 22.567,53 EUR beansprucht der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit.

Der Kläger hat behauptet, die Unterversicherung sei allein von der Beklagten zu verantworten, weswegen diese auf jeden Fall zur Leistung verpflichtet sei. Der Vertragsabschluss habe auf der Tätigkeit eines Versicherungsagenten der Beklagten, des Zeugen F.W., basiert. Dieser sei zu diesem Zweck an den Architekten des Gesamtprojekts, Herrn Sch, herangetreten. Er selbst habe - was zwischen den Parteien unstreitig ist - nie persönlichen Kontakt zu dem Versicherungsagenten gehabt. Dieser habe lediglich schriftlich von ihm die Bausumme erfragt, um ein Angebot erstellen zu können. Er hat die Ansicht vertreten, die Zeugen F. und K.W. hätten bei der Festlegung der Versicherungssumme auch berücksichtigen müssen, dass die Bausumme Nebenkosten für Abriss und Entsorgung nicht enthalte und die Wiederherstellung eines einzelnen Gebäudes deutlich höherer Kosten verursache, als die (anteilige) Errichtung einer ganzen Häuserzeile.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22.567,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, der Bauherr des Gesamtprojekts, Herr Be, sei Anfang des Jahres 2002 an den Zeugen F.W. herangetreten und habe diesen um die Erstellung eines Angebots für eine Gebäudeversicherung für die einzelnen Gebäude des Gesamtprojekts gebeten. Hierfür habe der Bauherr Be dem Zeugen F.W. eine Liste der einzelnen Hauseigentümer übergeben. Bei jedem Hauseigentümer sei die Versicherungssumme des betreffenden Gebäudes vermerkt gewesen. Nach Angaben des Herrn Be seien diese durch den Architekten des Gesamtprojekts Sch errechnet worden. Auf der Grundlage der vorgelegten Zahlen habe der Versicherungsagent F.W. sodann das erwünschte Angebot erstellt. Nach Prüfung des Angebots durch Herrn Be habe dieser vorgeschlagen, die einzelnen Anträge auszufüllen und den Eigentümern mit der Bitte zur Unterzeichnung zukommen zu lassen.

Am 28.01.2003 habe ein weiteres persönliches Gespräch zwischen dem Zeugen F.W. und Herrn Be stattgefunden, bei dem auch der frühere Leiter der Versicherungsagentur, K.W., anwesend gewesen sei. Wiederum habe Herr Be die von dem Architekten berechneten Versicherungssummen vorgelegt, auf deren Basis die Anträge ausgefüllt werden sollten. In diesem Zusammenhang habe K.W. Herrn Be darauf hingewiesen, dass in der Regel zur Ermittlung der Versicherungssumme Baunebenkosten in Höhe von ca. 20% auf die regulären Baukosten zu addieren seien. Daraufhin habe Herr Be im Beisein der Zeugen telefonische Rücksprache mit dem Architekten Sch gehalten. Dieser habe mitgeteilt, dass keine Zuschläge auf die regulären, von ihm angesetzten Baukosten im Hinblick auf die Versicherungssumme notwendig seien. Diese sei zutreffend berechnet.

Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei wegen Unterversicherung berechtigt gewesen, einen Abzug von der Versicherungsleistung vorzunehmen. Eine Beratungspflicht bezüglich des korrekten Versicherungswerts habe nicht bestanden, da der Kläger durch den Bauherrn Be und den Architekten Sch fachkundig beraten gewesen sei. Die Fachkunde dieser Personen müsse sich der Kläger auch zurechnen lassen, da Herr Be von den Hauseigentümern zur Verhandlungsführung bevollmächtigt worden sei. Zumindest griffen die Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht ein. Insoweit habe der Kläger einen zurechenbaren Rechtsschein gesetzt, indem er von der Verhandlungsführung des Herrn Be gewusst, diese geduldet und schließlich das auf Grundlage der Angaben des Herrn Be gefertigte Angebot unterschrieben habe.

Das Landgericht hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen F. und K.W. zum überwiegenden Teil stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der klägerische Anspruch ergebe sich aus der Verletzung vorvertraglicher Beratungspflichten durch die Beklagte gemäß §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB. Denn die Beklagte sei ihrer Verpflichtung, den Kläger darüber aufzuklären, welche Werte für die Versicherung maßgebend sind und auf Grund welcher zeitlichen Wertbasis diese Werte zu Grunde gelegt werden müssen, nicht nachgekommen. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass eine Aufklärung und Beratung nicht erforderlich gewesen sei, da der Kläger ohnehin sachverständig beraten gewesen sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe nämlich fest, dass den Agenten der Beklagten, den Zeugen W., bewusst war, dass es sich bei Herrn Be nicht um eine in Fragen des Versicherungsrechts sachverständige Person gehandelt habe. Auch sei den Zeugen bekannt gewesen, dass der Kläger nicht durch den Architekten des Bauvorhabens beraten wurde. Zumindest aber hätten sie von dem Architekten nicht lediglich die Bausumme, sondern vielmehr die Versicherungssumme erfragen lassen müssen. Diese sei nämlich gerade in den Fällen, in denen eine größere Anzahl von Häusern gleichzeitig errichtet werde, auf Grund erheblicher Einsparungen durch Synergieeffekte, welche bei der Wiederherstellung eines Einzelhauses nicht erreicht werden könnten, nicht identisch mit der Bausumme. Darüber hinaus hätten es die Zeugen W. letztlich übernommen, die zutreffende Versicherungssumme zu errechnen, da sie sich selbst an den Architekten gewandt hätten. Unter Zugrundelegung des Rechtsgedankens von § 16 Ziffer 3 lit. a) und c) VGB 88 treffe die alleinige Verantwortung für die Korrektheit der Versicherungssumme mithin die Beklagte. Ein Mitverschulden müsse sich der Kläger ebenfalls nicht anrechnen lassen. Denn der Inhalt des Versicherungsscheins habe keine Zweifel des Klägers bezüglich einer ausreichenden Versicherung seines Anwesens erwecken müssen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie ist der Ansicht, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass der Bauherr Be nach den Grundsätzen der Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht bevollmächtigt gewesen sei, die Vertragsverhandlungen zu führen. Dadurch, dass sich dieser hinsichtlich der Bausumme an den Architekten Sch gewandt habe, habe er sich dessen Ermittlungen zu Eigen gemacht. Insoweit sei er fachkundig beraten gewesen. Für den Versicherungsagenten W. habe über die erfolgte Nachfrage bezüglich der Baunebenkosten auch keine Veranlassung bestanden, weitere Aufklärung zum Versicherungswert zu betreiben. Die grundsätzliche Erkenntnis, dass ein günstiger Preis für die Errichtung eines Gebäudes vorliege, gebe gerade wegen der erfolgten Nachfrage keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen.

Zumindest sei dem Kläger ein Mitverschulden vorzuwerfen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 13.04.2005 (Az.: 12 O 219/04) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Bei seiner persönlichen Anhörung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2005 hat er zudem - unbestritten - erklärt (Bl. 287, 288 d.A.):

Das gesamte Bauprojekt sei von dem Architekturbüro XY -D. (La und Sch) geplant und vermarktet worden. Bauträger sei diese Firma nicht gewesen. Vielmehr habe jeder Bauherr einen Bauplatz erworben und eigene Verträge mit den Bauunternehmern abgeschlossen. Allerdings seien diese Verträge für alle geplanten Häuser ausgehandelt worden, um Mengenrabatte zu erzielen. Herr Be sei ein anderer Käufer, mit dem er selbst nichts zu tun habe. Das Architekturbüro XY -D. habe ihn irgendwann darüber informiert, dass es üblich sei, dass man eine Gebäudeversicherung schon in der Rohbauphase abschließe. Ferner sei ihm mitgeteilt worden, dass man früher mit der S. zusammengearbeitet habe und gefragt, ob man bei dieser eine entsprechende Anfrage stellen könne. Dies habe er bejaht. Die Firma XY habe ihm gegenüber auch gesagt, dass sie verschiedene Angebote eingeholt habe und die S. die günstigste Versicherung sei. Erhalten habe er ein bereits ausgefülltes Antragsformular. Dies habe er durchgeschaut, schlicht unterschrieben und zurückgesandt. Daraufhin habe er den Versicherungsschein erhalten. Nach dem Brand sei es dann zu dem Nachtrag gekommen. Bereits bei Vertragsschluss sei ihm die Bausumme von 180.000,-- EUR bekannt gewesen. Der Architekt habe auch eingeräumt diese Bausumme genannt zu haben.

In einem bei Gericht am 04.01.2006 eingegangenen nicht nachgelassenem Schriftsatz (Bl. 298 - 300 d.A.) hat der Kläger weiteren - zum Teil die Erklärungen vom 07.12.05 ergänzenden, zum Teil aber auch hiervon erheblich abweichenden - Vortrag gehalten.

Entscheidungsgründe:

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 13.04.2005, Az.: 12 O 219/04, ist begründet. Denn dem Kläger steht auf der Grundlage der eigenen Erklärungen über den Ablauf des Geschehens, so weit sie berücksichtigt werden dürfen, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein weiterer Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu. Ob der Kläger in Höhe seines ihm durch die Unterversicherung entstandenen Schadens Ansprüche gegen seinen Architekten hat, ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

1. Ein weiterer Leistungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte resultiert nicht unmittelbar aus dem zwischen den Parteien bestehenden Gebäudeversicherungsvertrag. Denn zwischen den Parteien steht außer Streit, dass das Gebäude unterversichert war und die Beklagte vorprozessual den dem Kläger durch den Brand entstandenen materiellen Schaden im Verhältnis der Versicherungssumme zum Versicherungswert ersetzt hat. Weitergehende Ansprüche aus dem Vertrag stehen dem Kläger daher nach § 16 Nr. 1 und Nr. 2 VGB 88 nicht zu.

Die Beklagte hat auf den Einwand der Unterversicherung auch nicht verzichtet. Die Voraussetzungen des § 16 Nr. 4 VGB 88 (Unterversicherungsverzicht) liegen nicht vor. Die Versicherungssumme 1914 ist ausdrücklich nicht auf Grund einer der in § 16 Nr. 3 VGB 88 genannten Methoden ermittelt worden, wie sich aus dem Versicherungsvertrag ergibt. Zudem würden die Voraussetzungen des - hier allein in Betracht kommenden - § 16 Nr. 3 b VGB 88 nicht vorliegen. Danach gilt die Versicherungssumme als richtig ermittelt, wenn der Versicherungsnehmer im Antrag den Neuwert in Preisen eines anderen Jahres zutreffend angibt und der Versicherer diesen Betrag auf seine Verantwortung umrechnet. Die Verantwortung für die zutreffende Bewertung der zu versichernden Sache verbleibt somit bei dem Versicherungsnehmer. Der Versicherer trägt lediglich das Risiko einer zutreffenden Umrechnung auf den Wert 1914. Nach dem gesamten Sach- und Streitstand ist jedoch davon auszugehen, dass der Beklagten - sei es von dem Kläger persönlich oder dem Architekten Sch oder Herrn Be - ein unzutreffender Neuwert angegeben wurde. Der Neuwert eines Gebäudes (auch Neubauwert genannt) ist der Geldbetrag, der aufzuwenden ist, um das versicherte Gebäude auf dem Versicherungsgrundstück zu errichten, unabhängig davon, wie hoch die tatsächlichen Aufwendungen des Versicherungsnehmers beim Bau des Gebäudes tatsächlich gewesen sind (vgl.: van Bühren/Tietgens, Handbuch Versicherungsrecht, 2. Auflage, § 4 Rdn 146, § 5 Rdn 186 - 188). Diesem Betrag entspricht der angegebene Betrag von 180.000,--EUR nicht. Denn dem Kläger ist dadurch, dass mehrere Objekte gleichzeitig errichtet wurden, ein erheblicher Preisvorteil entstanden. Dies hat er zugestanden (vgl. Schriftsatz vom 22.12.2004, Seite 3 letzter Absatz = Bl. 205 d.A.; Verhandlungsprotokoll vom 07.12.2005, Seite 3 Absatz 3 = Bl. 287 d.A.).

Auch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist es der Beklagten nicht verwehrt, sich auf die Unterversicherung zu berufen. Zwar hat sie in Kenntnis des Brandereignisses und nach Beauftragung eines Sachverständigen mit der Erstellung eines Brandgutachtens einen Nachtrag zum streitgegenständlichen Wohngebäudeversicherungsvertrag mit identischer Versicherungssumme gefertigt. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte konkret Kenntnis davon hatte, dass die tatsächliche Bausumme erheblich unter dem Neubauwert lag, sind jedoch nicht vorgetragen und dem gesamten Sach- und Streitstand auch nicht zu entnehmen.

2. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts ist die Beklagte aber auch nicht verpflichtet, dem Kläger wegen schuldhafter Verletzung einer im Verlauf der Vertragsverhandlungen bestehenden Beratungspflicht gemäß §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz zu leisten.

Grundsätzlich ist es Sache des Versicherungsnehmers, die zutreffende Versicherungssumme zu ermitteln und zum Gegenstand des Versicherungsvertrags zu machen (vgl. u.a. OLG Celle, r+s 04, 20 - 23; van Bühren/Tietgens, a.a.O., § 4 Rdn 148). Der Versicherungsnehmer, der in der Regel besser über die zu versichernden Sachen informiert ist als der Versicherer, hat daher selbst gegenüber dem Versicherer anzugeben, mit welcher Versicherungssumme er ein bestimmtes Risiko abzudecken wünscht. Das Risiko der Ermittlung einer falschen Versicherungssumme und einer daraus resultierenden Unterversicherung trägt der Versicherungsnehmer regelmäßig allein. Dieser Grundsatz der Eigenverantwortung des Versicherungsnehmers gilt indes nicht uneingeschränkt. Vielmehr können den Versicherer nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) besondere Aufklärungs- und Beratungspflichten treffen (BGH, Urt. v. 07.12.88, - IVa ZR 193/87 - VersR 89, 472, 473). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bestimmung des Versicherungswertes mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, was bei der Ermittlung des Versicherungswertes 1914 regelmäßig der Fall ist (BGH, a.a.O.; Senat, Urt. v. 05.12.2001 - 5 U 903/00 - VersR 03, 195-198). Überlässt der Versicherer dem Versicherungsnehmer diese problematische Bestimmung des Versicherungswerts, dann ist er verpflichtet den Versicherungsnehmer über die Gefahren einer falschen Festsetzung der Versicherungssumme aufzuklären, ihm die Beiziehung eines Sachverständigen zu empfehlen oder eigene fachkundige Beratung anzubieten (BGH, a.a.O.; Senat, a.a.O. Berliner Kommentar zum VVG/Schauer, § 50, Rdn 11). Aufzuklären hat der Versicherer den Versicherungsnehmer ferner darüber, welche Werte für die Versicherung maßgebend sind (Neuwert / gleitender Neuwert / Zeitwert / gemeiner Wert) und auf Grund welcher zeitlichen Wertbasis diese Werte zu Grunde gelegt werden müssen (OLG Celle, a.a.O.; OLG Frankfurt, NVersZ 2002, 90, 91; 2002, 272 - 274; van Bühren/ Tietgens, a.a.O., § 5 Rdn 36). Allerdings treffen den Versicherer nur dann derartige Aufklärungs- und Beratungspflichten, wenn ein entsprechendes Aufklärungs- und Beratungsbedürfnis des Versicherungsnehmers besteht (Berliner Kommentar zum VVG/ Schauer, § 50 Rdn 12; Römer / Langheid/Römer, VVG, 2. Auflage, § 50 Rdn 6; OLG Oldenburg, r+s 93, 310, 311; OLG Hamm, VersR 92, 49, 50). Dies ist nicht der Fall, wenn der Versicherungsnehmer selbst sachkundig ist oder von einem fachkundigen Dritten beraten wird (Berliner Kommentar zum VVG/Schauer, § 50 Rdn 12; Römer/Langheid/Römer, VVG, a.a.O., § 50 Rdn 6; OLG Oldenburg, r+s 93, 310, 311; OLG Hamm, VersR 92, 49, 50).

Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die Verletzung einer Aufklärungs- oder Beratungspflicht hier zu verneinen. Denn der Kläger hat sich im Rahmen der mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geführten Vertragsverhandlungen des Architekturbüros XY D. als seiner Erfüllungsgehilfin (§ 278 BGB) bedient. Damit war er aber fachlich ausreichend beraten. Denn Architekten besitzen bereits auf Grund ihres Berufsbilds zumindest insoweit die notwendige Sachkunde zur Bestimmung des Versicherungswerts, als es um die Einschätzung geht, zu welchen Preisen das von ihnen betreute Bauvorhaben errichtet worden ist oder nach einem Versicherungsfall wieder errichtet werden kann. Gerade der Umstand, dass sich der Neuwert eines Wohnhauses, das als Renditeobjekt Teil eines zahlreiche Anwesen umfassenden Bauvorhabens preisgünstig errichtet worden ist, nicht nach diesen Baukosten richtet, sondern - unter Umständen erheblich - höher list, ist (zumindest) einem Architekten bekannt. Da es nicht einmal um die aus den Schwierigkeiten der Ermittlung des Versicherungswertes 1914 resultierende Problematik der Bestimmung der "richtigen" Versicherungssumme sondern um die einfache und jedem Baukundigen offensichtliche Berücksichtigung von "Mengenrabatten" ging, war das Architekturbüro XY-D. hinreichend sachkundig. Anlass zur Beratung des Klägers bestand nicht.

Dass sich der Kläger des Architekturbüros als seiner Erfüllungsgehilfin bedient hat, ergibt sich aus seinem eigenen Vorbringen im Rahmen seiner gemäß § 141 ZPO durch den Senat erfolgten Anhörung. Hier hat er nämlich erklärt, dass das Architekturbüro XY D. für ihn bei der S. ein Angebot für den Abschluss eines Gebäudeversicherungsvertrags (Rohbauversicherung) einholen sollte. Dieser neue Tatsachenvortrag ist der Entscheidung des Senats auch zu Grunde zu legen. Denn § 531 Abs. 2 ZPO steht der Berücksichtigungsfähigkeit dieses neuen Vorbringens nicht entgegen. Mangels Bestreitens der Beklagten ist der Vortrag nämlich gemäß § 138 Abs. 3 ZPO unstreitig. Unstreitiger Tatsachenvortrag unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des § 531 Abs. 2 ZPO (BGH, NJW 05, 291-293).

Das dem entgegenstehende Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 03.01.2006 ist gemäß § 296a ZPO nicht berücksichtigungsfähig. Der Kläger hat klar und eindeutig erklärt, dass nicht der von seinen Prozessbevollmächtigten genannte andere Erwerber für ihn tätig geworden ist.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Denn die Rechtssache besitzt weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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