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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.03.2006
Aktenzeichen: 5 U 269/05
Rechtsgebiete: VVG, BGB, ZPO, BB-BUZ


Vorschriften:

VVG § 12 Abs. 3
VVG § 12 Abs. 3 S. 1
VVG § 16
VVG § 16 Abs. 2
VVG § 17
VVG § 22
VVG § 30
BGB § 123
ZPO § 167
ZPO § 529
BB-BUZ § 2
BB-BUZ § 2 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 27.04.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 12 O 167/03 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der am 05.03.2002 geschlossene Risikolebensversicherungsvertrag mit eingeschlossener Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, Versicherungsscheinnummer ...1, weder durch den Rücktritt der Beklagten vom 27.11.2002 noch durch den Rücktritt der Beklagten vom 14.01.2003 noch durch die Anfechtung der Beklagten vom 06.10.2003 beendet worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Beklagten gegen das am 27.04.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 12 O 167/03 - wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 2/3, die Beklagte zu 1/3.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 56.688,15 EUR festgesetzt.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

I.

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten aus einer abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Leistungen beanspruchen kann und das eine Risikolebensversicherung einschließende Vertragsverhältnis fortbesteht, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 27.11.2004 (Bl. 24-27 d.A.) den Rücktritt vom Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrag, mit Schreiben vom 14.01.2003 (Bl. 29-31 d.A.) den Rücktritt vom Risikolebensversicherungsvertrag und vom Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrag erklärt und den Versicherungsvertrag zudem unter dem 06.10.2003 (Bl. 86-88 d.A.) wegen arglistiger Täuschung angefochten hat.

Der Kläger ist ausgebildeter Agrotechniker und war zuletzt tätig als Gesellschaftergeschäftsführer der von ihm seit 1997 geführten W-GmbH, einem Gas-Wasser-Sanitär-Unternehmen, tätig. Das Unternehmen beschäftigte zuletzt vier Mitarbeiter und setzte bei Bedarf Subunternehmer ein. Der Kläger selbst begann seinen Arbeitstag mit einer Mitarbeiterbesprechung von 45 bis 60 Minuten, erledigte dann "Büroarbeiten", bei denen ihm für die Vorbereitung der steuerlichen Beratung eine Hilfskraft zur Verfügung stand, für die Dauer von zwei Stunden, transportierte danach Kleinmaterialien zu den Baustellen, die er zugleich besichtigte ohne selbst Hand anzulegen, und erledigte danach ab dem frühen Nachmittag für zwei bis drei Stunden erneut "Büroarbeiten" (Bearbeitung der Post, Telefonate, Bestellungen, Bearbeitung von "Problemen, die sich so ergeben haben").

Der Kläger beantragte am 10.01.2002/ 5.2.2001 bei der Beklagten eine Risikolebens- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Bl. 49/50). In dem Antragsformular bejahte er - auf Rückfrage der Beklagten wegen zunächst bestätigter ärztlicher Behandlungen in den letzten 10 Jahren (Wann? Weshalb? Wie behandelt? Folgen?) - in der Rubrik "Gesundheitserklärung der zu versichernden Person" die Frage 1 "Litten Sie in den letzten 10 Jahren, oder leiden Sie zur Zeit an Krankheiten, Störungen oder Beschwerden (z.B. Herz oder Kreislauf, Atmungs-, Verdauungs-, Harn- oder Geschlechtsorgane, Wirbelsäule, Nerven, Psyche, Blut, Zucker, Fettstoffwechsel, Geschwülste oder sonstige Krankheiten) ? Wann, woran, wie lange, Folgen?" und führte als Erläuterung aus "Bluthochdruck in Behandlung; Bandscheibenvorfall". Die Frage 3 "Sind Sie in den letzten 10 Jahren untersucht, beraten, behandelt oder operiert worden? Wann und weshalb, beanspruchte Ärzte?" ist ebenfalls mit "Ja" beantwortet und hierzu erläuternd angegeben: "Dr. med. H.W.

Die Beklagte policierte den Vertrag am 05.03.2002 unter Ausschluss einer schmerzhaft bedingten Minderbelastbarkeit und aller Bewegungsstörungen der gesamten Wirbelsäule und der beteiligten Wirbelsäulenmuskulatur sowie wirbelsäulenbedingter neurologischer Symptome (Bl. 17 d.A.). Sie legte dem Vertrag die Allgemeinen Bedingungen für die Risikoversicherung (Bl. 21-23) und die Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Bl. 19, 20 d.A.) zugrunde (Versicherungsschein Nr. 11111, Bl. 15-18 d.A.). Für den Fall der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit wurde neben der Freistellung von der Pflicht zur Beitragszahlung eine monatliche Rentenzahlung von 500,-- EUR bis zum 01.12.2021 vereinbart.

Am 14.03.2002 beantragte der Kläger, dessen Unternehmen schon in den beiden Jahren zuvor Verluste "im Rahmen des Branchenüblichen" gemacht hatte, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der W-GmbH.

Am 15.03.2002 konsultierte er einen Neurologen und Psychiater, der ihn arbeitsunfähig krank schrieb. Mit Schreiben vom 16.09.2002 (Bl. 46 d.A.) zeigte er der Beklagten an, dass er seit mehr als 6 Monaten infolge Krankheit ununterbrochen arbeitsunfähig sei. Gleichzeitig bat er um sofortige Befreiung von der Beitragspflicht und um die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente. Daraufhin übermittelte die Beklagte dem Kläger ihren Fragebogen "Selbstauskunft zur Berufsunfähigkeit bei Selbstständigen". Auf die Frage 1 "Wegen welcher Erkrankung/en oder Verletzung/en stellen sie diesen Antrag? Seit wann bestehen diese?" gab er die Antwort "15.03.2002 (psych.) Angstneurose". Die Frage 2 "Welche Beschwerden werden durch diese Erkrankung/en oder Verletzung/en hervorgerufen?" beantwortete er mit "Angstzustände, Schlafstörungen, Magen- Darmbeschwerden, Nervosität, Konzentrationsschwierigkeiten". Auf die Frage "Inwiefern wird die Ausübung Ihrer beruflichen Tätigkeit durch diese Erkrankung/en oder Verletzung/en beeinträchtigt?" gab er die Antwort "z.Z. außerstande einer Tätigkeit nachzukommen".

Im Rahmen der Leistungsprüfung holte die Beklagte eine Auskunft des behandelnden Arztes Dr. D. ein. In dessen ärztlichem Bericht (Bl. 48 d.A.) heißt es unter anderem:

"Psychische/körperliche/vegetative Symptomatik begann (nach Erinnerung des Patienten) im Gefolge des Ehe-Scheiterns und des sich anschließenden "Rosenkriegs" (!?); Sympt. verstärkte sich prozesshaft bzw. es traten weitere Dysfunktionen hinzu - insbes. geistiges Leistungsvermögen betreffend und damit auch berufliche Schwierigkeiten nach sich ziehend.

Erste Untersuchung hier am 15.03.2002; Vorbehandler des gleichen Fachs sind uns nicht bekannt.

...

Diagnosenennung von hier am 2.5.02 (erste Rechnung)."

Mit Schreiben vom 27.11.2002 (Bl. 24-27 d.A.) erklärte die Beklagte den Rücktritt von der im Versicherungsvertrag eingeschlossenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nach §§ 16, 17 VVG wegen Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger bei der Antragstellung verschwiegen habe, dass er an psychischen, körperlichen und vegetativen Beschwerden leide.

Unter dem 23.12.2002 erhielt die Beklagte einen Bericht der urologischen Gemeinschaftspraxis Dr. K./Z. (Bl. 51. d.A.), der Befunde aus dem Jahr 1998 zum Gegenstand hat. Hierin heißt es unter anderem:

"Anamnese:

Die Vorstellung erfolgte zur Abklärung einer Mikrohämaturie, Vd. Leberverfettung.

Sonographiebefund: HSRE

Leber diskret homogen verfettet

Labor:

BZSP 37.0 mg/dl 76.0 - 120

GPT 49,2 U/l 5.00 - 22.0

GGT 34,9 U/l 5.00 - 28.0

HSRE 7,79 mg/dl bis 7.00

Die Befundauswertung erfolgte am 02.09.1998 telefonisch, bzgl. der Fettstoffwechselstörung wurde der Patient wieder an die Hausärztin verwiesen."

Ferner erhielt die Beklagte unter dem 23.12.2002 einen Bericht der Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie Dr. S.M. vom 14.12.1999 (Bl. 52 d.A.). Hier heißt es unter anderem:

Anamnese:

Kardiale Risiken: erhöhter psychosozialer Stress, Alkohol (2l Bier/die)."

Wegen Verschweigens dieser Umstände erklärte die Beklagte unter dem 14.01.2003 (Bl. 29-31 d.A.) einen weiteren Rücktritt von der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gemäß § 16 Abs. 2 i.V.m. § 30 VVG. Darüber hinaus erklärte sie den Rücktritt von der Risiko-Lebensversicherung.

Mit Schreiben vom 06.10.2003 erklärte die Beklagte zudem die Anfechtung des Versicherungsvertrags Nr. ...1 wegen arglistiger Täuschung nach § 22 VVG i.V.m. § 123 BGB (Bl. 86-88 d.A.). Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe vorsätzlich gegen seine Anzeigeobliegenheit verstoßen und sie durch die unterlassenen Angaben wissentlich und willentlich getäuscht. Am Ende des Schreibens wies sie den Kläger darauf hin, dass die beantragte Versicherungsleistung innerhalb von 6 Monaten gerichtlich geltend gemacht werden könne und sie allein wegen des Fristablaufs von jeglicher Verpflichtung zur Leistung frei werde.

Der Kläger hat behauptet, er leide an einer Depression mit Angstzuständen, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden, Nervosität und Konzentrationsstörungen. Infolge dieser Erkrankung sei er dauerhaft zu 100% außer Stande, seinen bisherigen Beruf - das heiße keine der von ihm bislang ausgeübten Tätigkeiten - fortzuführen, das sei "einfach nicht mehr drin". Begonnen habe diese Erkrankung erst im April 2003. Den Krankheitswert seiner Symptome habe er vorher nicht erkannt und auch nicht erkennen können. Seine vor Zugang des Versicherungsscheins erlittenen Beschwerden stünden in keinem Zusammenhang mit seiner jetzigen Berufsunfähigkeit.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem 01.10.2002 aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Lebensversicherung Nr. 1 Leistungen in Höhe von 500,--EUR längstens bis zum Vertragsende 01.12.2021 zu gewähren, zahlbar monatlich im voraus bis zum dritten Werktag eines Monats;

2. festzustellen, dass der am 05.03.2002 geschlossene Risikolebensversicherungsvertrag mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, Versicherungsschein-Nr. ...1, nicht durch den Rücktritt der Beklagten beendet worden ist;

3. festzustellen, dass die beklagte Versicherung verpflichtet ist, den Kläger von der Beitragszahlungspflicht für die Lebensversicherung und für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab dem 01.10.2002 freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die psychischen Beschwerden des Klägers hätten bereits im Zusammenhang mit dem Scheitern seiner Ehe begonnen. Sie hätten sich prozesshaft verstärkt und es seien weitere Dysfunktionen hinzugekommen. Mithin habe der Kläger schon vor Zugang des Versicherungsscheins an einer psychischen Erkrankung gelitten.

Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Einholung schriftlicher Zeugenaussagen (Bl. 102, 109, 219 f), der Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens (Bl. 141-173 d.A.) und mündlicher Erläuterung des Gutachtens (Bl. 213-215 d.A.) die Leistungsverlangen des Klägers abgewiesen und seinem Feststellungsbegehren stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, Rücktritt und Anfechtung hätten nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages geführt. Nach Anhörung des Klägers und Einholung der Zeugenaussagen stehe nämlich fest, dass sich dem Kläger die Beschwerden Fettstoffwechselstörung, Fettleber, Hyperurikämie und psychosozialer Stress als unerheblich darstellen durften. Aus diesen Gründen könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Beklagte über seinen gesundheitlichen Zustand habe täuschen wollen. Ein Anspruch auf Leistung der Berufsunfähigkeitsrente bestehe dennoch nicht. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe allenfalls ein Grad der Berufsunfähigkeit von 30% fest. Gemäß der im Versicherungsschein festgehaltenen Bedingungen setze ein Leistungsanspruch aber eine mindestens 50%ige Berufsunfähigkeit voraus.

Gegen dieses Urteil wenden sich der Kläger mit der Berufung und die Beklagte mit der Anschlussberufung.

Der Kläger meint, das Landgericht habe auf der Grundlage des eingeholten Gutachtens eine ordnungsgemäße Beurteilung seiner Berufsunfähigkeit in quantitativer und qualitativer Hinsicht nicht vornehmen können. Denn der Sachverständige habe sich in seinem Gutachten weder mit seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer eines Gas-Wasser-Sanitär-Handwerksbetriebs noch damit auseinandergesetzt, welche beruflichen Teilfähigkeiten von ihm noch und gegebenenfalls in welchem Umfang ausgeübt werden können. Ferner habe der Sachverständige nicht verdeutlicht, dass er seiner pauschalen Bewertung der Berufsunfähigkeit mit 30% sein konkretes Tätigkeitsbild zu Grunde gelegt habe. Auch habe es der Sachverständige unterlassen, die von ihm erhobenen Befunde in Beziehung zum konkreten Tätigkeitsfeld zu setzen. Dies aber sei zur Klärung der Frage, ob und in welchem Ausmaß Berufsunfähigkeit vorliege, erforderlich gewesen. Denn über 60% seiner Geschäftsführertätigkeiten seien geistiger Art gewesen, bei denen ein uneingeschränktes psychisches Leistungsvermögen Voraussetzung sei. Der Sachverständige habe daher bei ordnungsgemäßer Bearbeitung des Beweisbeschlusses zu dem Ergebnis kommen müssen, dass er seine Geschäftsführertätigkeiten krankheitsbedingt zu mindestens 50% nicht mehr ausüben könne.

Der Kläger beantragt (Bl. 264, 296),

unter - teilweiser - Abänderung des am 27.04.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken - 12 O 167/03 -,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem 01.10.2002 aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Lebensversicherung Nr. ...1 Leistungen in Höhe von 500,--EUR längstens bis zum Vertragsende 01.12.2021 zu gewähren, zahlbar monatlich im voraus bis zum dritten Werktag eines jeden Monats;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von der Beitragszahlungspflicht für die Lebensversicherung und für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Versicherungsnummer ...1 ab dem 01.10.2002 freizustellen;

3. festzustellen, dass der am 05.03.2002 geschlossene Risikolebensversicherungsvertrag mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, Versicherungsscheinnummer ...1, nicht durch Rücktritt oder Anfechtung der Beklagten beendet worden ist, und die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 274, 309 d.A.),

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Mit ihrer Anschlussberufung beantragt sie (Bl. 274 d.A.), unter Abänderung des am 27.04.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken - 12 O 167/03 - die Klage vollständig abzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Entscheidung des Landgerichts. Ergänzend trägt sie vor, dass Ansprüche des Klägers bereits deshalb nicht bestünden, weil sie gemäß § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei sei. Denn gegen die unter dem 06.10.2003 erklärte Anfechtung des Versicherungsvertrags habe sich der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 12.09.2005 gewendet.

Die Anschlussberufung sei begründet, weil dem gegnerischen Klageantrag zu 2. das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Denn auf Grund der nicht rechtzeitig mit einer Klage angegriffenen Anfechtungserklärung sei der gesamte Versicherungsvertrag rückwirkend von Anfang an unwirksam geworden. Zudem sei die Annahme des Landgerichts, dass der Rücktritt nach § 16 Abs. 3 VVG ausgeschlossen sei, rechtsfehlerhaft. Insbesondere habe das Landgericht seine Entscheidung nicht auf die Stellungnahme des Dr. D. vom 06.04.2005 stützen dürfen, da sie dessen Stellungnahme vom 10.10.2002 widerspreche. Auch habe der Kläger widersprüchliche Angaben zum Beginn seiner Beschwerden abgegeben.

Entscheidungsgründe:

II.

A.

Berufung und Anschlussberufung sind zulässig. Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren beantragt festzustellen, dass der von den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag nicht durch die Anfechtung der Beklagten beendet worden ist, mag es sich zwar um eine nachträgliche objektive Klagehäufung handeln. Eine solche Klageänderung ist jedoch zulässig , da sie sachdienlich ist und auf Tatsachen gestützt wird, die der Senat ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat (§ 533 ZPO).

B.

Die Berufung hat in geringem Umfang, die Anschlussberufung hat keinen Erfolg.

1. Ansprüche des Klägers sind nicht nach § 12 Abs.3 VVG verwirkt. Nach § 12 Abs. 3 S. 1 VVG ist der Versicherer seiner Verpflichtung frei, wenn er einen von dem Versicherungsnehmer erhobenen Anspruch schriftlich abgelehnt hat und der Versicherungsnehmer ihn trotz ordnungsgemäßer Belehrung über die Rechtsfolge der Verwirkung nicht innerhalb von 6 Monaten gerichtlich geltend gemacht hat.

Der Kläger hat seinen vermeintlichen Rentenanspruch mit Schreiben vom 16.09.2002 erhoben. Die Beklagte hat mit einem Schreiben vom 27.11.2002, dessen Zugangszeitpunkt sie nicht näher dargelegt hat, zu leisten abgelehnt. Selbst wenn die Sechsmonatsfrist Ende Mai 2003 abgelaufen sein sollte und die Klage laut der sich in den Akten befindenden Zustellungsurkunde (Bl. 36 d.A.) erst am 23.06.2003 erhoben wurde, folgt daraus keine Verwirkung. Denn die Frist wurde durch die bereits unter dem 19.05.2003 erfolgte Klageeinreichung gewahrt. Dies folgt aus § 167 ZPO. Nach dieser Bestimmung, die auf die Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG entsprechend anwendbar ist (vgl.: Zöller/Stöber/Greger, ZPO, 25. Auflage, § 167 Rdnr. 3; VersR-Hdb./Schlegelmilch, § 21 Rdnr. 167), wird die Frist durch Klageeinreichung gewahrt, wenn die Zustellung der Klage demnächst erfolgt. Hiervon auszugehen, wenn die Verzögerung der Zustellung nicht auf einem dem Zustellungsbetreiber vorwerfbaren Verhalten beruht (Zöller/Stöber/Greger, ZPO, a.a.O., Rdnr. 10-12). Dies ist hier der Fall. Ursache der verzögerten Zustellung war die Tatsache, dass der Kläger keinen Gerichtskostenvorschuss eingezahlt hatte. Hierzu war er aber auch nicht verpflichtet. Vielmehr ist anerkannt, dass der Kläger die Anforderung durch das Gericht abwarten darf (Zöller/Stöber/Greger, ZPO, a.a.O., Rdnr. 15). Nur wenn er nicht unverzüglich, in aller Regel binnen 2 Wochen, nach der Anforderung seiner Verpflichtung nachkommt, ist ihm die verzögerte Zustellung zur Last zu legen. Das ist nicht der Fall. Denn die Höhe des zu zahlenden Vorschusses wurde seinem Prozessbevollmächtigten frühestens mit der Übersendung des gerichtlichen Streitwertbeschlusses bekannt gegeben. Dies ist nicht vor dem 26.05.2003 geschehen. Laut der Zahlungsanzeige der Gerichtskasse ging der Vorschuss aber am 04.06.2003 bei Gericht ein.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie unter dem 06.10.2003 die Anfechtung des Versicherungsvertrags erklärt und eine neue Klagefrist gesetzt hat. Die Rechtsprechung hat schon bislang darauf aufmerksam gemacht, dass ein Versicherer nicht mehrere unterschiedlich begründete Ablehnungen eines erhobenen Anspruchs mit unterschiedlichen Fristsetzungen versehen darf (BGH, Urt.v. 26.1.1983 - IVa ZR 108/81 - VersR 1983, 360). Geschieht dies dennoch, so gilt zwar grundsätzlich die zuletzt gesetzte Frist. Das ist jedoch nur dann von Bedeutung, wenn der Versicherungsnehmer nur diese, nicht aber eine zuvor ablaufende Frist wahrt. Hat er seinen Anspruch indessen bereits im Verlauf der mit der ersten Anspruchsablehnung gesetzten Frist gerichtlich erhoben, so kann von ihm nicht erwartet werden, auf die spätere weitere Ablehnung erneut zu reagieren. Schon nach dem Wortlaut des § 12 Abs.3 VVG hat der Versicherungsnehmer in einem solchen Fall alles getan, um der Verwirkung seines Anspruchs zu entgehen; aber auch dem Zweck der Vorschrift, dem Versicherer alsbald Klarheit über das Bestehen von Ansprüchen zu verschaffen, ist Genüge getan, wenn sich - wie hier - der Versicherungsnehmer gegen die Leistungsverweigerung des Versicherers gerichtlich zur Wehr setzt.

2. Der Antrag des Klägers festzustellen, dass der von den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag nicht durch die Anfechtung der Beklagten wirksam beendet worden ist, ist begründet. Denn eine wirksame Anfechtung des Versicherungsvertrags gemäß §§ 22 VVG, 123 Abs.1 BGB wegen arglistiger Täuschung liegt nicht vor.

Voraussetzung für das Vorliegen einer arglistigen Täuschung ist, dass der Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherer wissentlich falsche Angaben macht oder gefahrerhebliche Umstände verschweigt, um den Versicherer zum Abschluss des Vertrages mit dem gewünschten Inhalt zu bewegen und sich bewusst ist, dass der Versicherer seinen Antrag möglicherweise nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen wird, wenn er wahrheitsgemäße Angaben macht (BGH, Urt. v. 14.07.2004 - IV ZR 161/03 - VersR 2004, 1297, 1298 a.E.; Senat, Urt. v. 08.10.2004 - 5 U 736/03 -, OLGR 2004, S. 391-393). Dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früheren Behandlungen immer oder nur in der Absicht gemacht zu werden pflegt, auf den Willen des Versicherers Einfluss zu nehmen. Denn häufig werden unrichtige Angaben über den Gesundheitszustand auch aus falsch verstandener Scham, aus Gleichgültigkeit, aus Trägheit oder einfach in der Annahme gemacht, dass die erlittenen Krankheiten bedeutungslos seien. Deshalb muss der Versicherer entsprechend den allgemeinen Beweislastregeln nachweisen, dass der Versicherungsnehmer mit Hilfe der Abgabe einer falschen Erklärung auf den Willen des Versicherers einwirken wollte, sich also bewusst war, der Versicherer werde seinen Antrag nicht oder möglicherweise nur unter erschwerten Bedingungen annehmen, wenn der Versicherungsnehmer die Fragen wahrheitsgemäß beantworten würde. Da es sich bei dem Bewusstsein des Versicherungsnehmers um eine innere Tatsache handelt, kann der Beweis in der Praxis meist nur durch einen Indizienbeweis geführt werden. Dies bedeutet, dass in der Regel, wenn schwere Erkrankungen oder erkennbar chronische Erkrankungen oder Krankenhausaufenthalte verschwiegen worden sind, ein solches Bewusstsein anzunehmen ist, dagegen beim Verschweigen leichterer Erkrankungen oder solcher, die vom Versicherungsnehmer als solche angesehen werden, der Beweis als nicht geführt angesehen werden muss (Senat, Urt. v. 30.06.2004 - 5 U 656/03 - OLGR 2004, 592-595; OLG Koblenz, OLGR 2003, 335). Liegen objektive Falschangaben vor, ist es Sache des Versicherungsnehmers, substantiiert plausibel zu machen, warum und wie es zu diesen objektiven falschen Angaben gekommen ist (Senat, Urt. v. 30.06.2004 - 5 U 656/03 - a.a.O.; Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 6).

Davon, dass der Kläger nach Maßgabe dieser Grundsätze arglistig gehandelt hat, kann nicht ausgegangen werden. Allerdings hat der Kläger die Gesundheitsfragen des Versicherungsantrags objektiv unrichtig beantwortet in dem er die im September 1998 durch Dr. K. diagnostizierte Fettstoffwechselstörung und eine gleichfalls diagnostizierte Fettleber sowie eine Mikrohämaturie (= geringe Erhöhung der roten Blutkörperchen) nicht angegeben hat. Dass dies arglistig geschehen wäre, steht nicht fest. Denn es kann schon nicht festgestellt werden, dass sich der Kläger dieser Gesundheitsstörungen bei Antragstellung überhaupt bewusst war und es sich ihm daher aufdrängen musste, diese der Beklagten anzuzeigen. Der Kläger hat sich dahin eingelassen, er habe sich an die Fettleber, die Fettstoffwechselstörung und die Mikrohämaturie nicht erinnert. Dies ist ihm nicht zu widerlegen. Unstreitig wurden die Diagnosen 4 Jahre vor der Antragstellung gestellt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass diese Gesundheitsstörungen überhaupt spürbare Symptome oder Beschwerden bei dem Kläger ausgelöst haben. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass sich der Kläger insoweit in ärztliche Behandlung begeben hat. Auch der Umstand, dass aus dem Verschweigen einer gravierenden Vorerkrankung regelmäßig auf die Täuschungsabsicht des Versicherungsnehmers geschlossen werden kann, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Denn eine in diesem Sinne gravierende Vorerkrankung liegt nicht vor. In Bezug auf die diagnostizierte Fettleber folgt dies aus dem Sonographiebefund des Dr. K., in dem es "lediglich" heißt, dass die Leber "diskret homogen verfettet" ist, sowie aus dem eigenen Vorbringen der Beklagten. Auch nach dem von der Beklagten selbst vorgelegten Ausdruck aus dem "DOM-Einschätzungshandbuch" (Bl. 62 d.A.) führt die einfache Fettleber nicht zu einer Risiko- und Beitragserhöhung. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass es sich bei der Fettstoffwechselstörung um eine erhebliche Vorerkrankung handelt. Das folgt schon aus der Diagnosebezeichnung "Mikrohämaturie", die die Beeinträchtigung nicht als schwerwiegend qualifiziert; auch aus den Laborwerten ergibt sich nur eine geringe Überschreitung der Normwerte.

Für eine arglistige Täuschung spricht schließlich nicht, dass der Kläger in dem Versicherungsantrag andere Krankheiten, nämlich die Hypertonie und den Bandscheibenvorfall, angegeben hat. Zwar kann die Angabe ersichtlich wenig relevanter (Alltags-) Beschwerden bei gleichzeitigem Verschweigen gravierender Erkrankungen durchaus ein Indiz für Arglist sein. Hiervon ist aber bereits deshalb nicht auszugehen, da es sich bei der Hypertonie um eine schwerwiegende und nicht um eine "Allerwelts"- Erkrankung handelt. Gleiches gilt für den Bandscheibenvorfall.

Allerdings hat der Kläger auch nicht alle behandelnden Ärzte angegeben und so auch die Antragsfrage 3 objektiv falsch beantwortet. Jedoch liegen auch insoweit keine hinreichenden Indizien dafür vor, dass der Kläger diese Untersuchungen bewusst verschwiegen hat, um den Vertragsabschluss nicht zu gefährden. In Bezug auf die Untersuchung durch die Kardiologin Dr. M. folgt dies bereits daraus, dass er die Gesundheitsstörung, die von der Ärztin diagnostiziert wurde (Hypertonie), unter der Antragsfrage 1 angegeben hat. In Bezug auf die Untersuchung durch Dr. K. ist ihm nicht zu widerlegen, dass er diese infolge des Zeitablaufs sowie fehlender tatsächlicher ärztlicher Behandlung schlicht vergessen hat.

Eine arglistige Täuschung kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Verschweigens einer psychischen Erkrankung bzw. psychischer Beschwerden festgestellt werden. Eine Täuschung setzt immer eine wissentliche falsche Angabe voraus (vgl.: Prölss/Martin/Prölss, VVG, 27. Auflage, § 22 Rdnr. 4). Eine wissentlich falsche Angabe des Klägers gegenüber der Beklagten lässt sich aber nicht feststellen. Der Kläger hat sich dahin eingelassen, dass er die Symptome einer psychischen Erkrankung erstmals am 11.03.2002 wahrgenommen habe. Dieser Sachvortrag steht im Einklang mit den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen I., den schriftlichen Aussagen der behandelnden Ärzte sowie den tatsächlichen Umständen. So hat der Sachverständige I. ausgeführt, dass die leichte depressive Reaktion des Klägers durch die Insolvenz seiner Firma im März 2002 und dadurch bedingter Zukunftsängste verursacht wurde und aus der Krankengeschichte des Klägers keine Schlüsse hinsichtlich der Wahrnehmung einer depressiven Reaktion vor diesem Zeitpunkt getroffen werden könnten. Dies steht im Einklang mit der Tatsache, dass sich der Kläger erstmals am 15.03.2002 in psychiatrische Behandlung begeben hat. Auch die Hausärztin des Klägers, Frau Dr. W., hat erklärt, dass der Kläger bis zum Frühjahr 2002 "lediglich" beruflichen und privaten Stressfaktoren ausgesetzt gewesen sei, die über das normale Maß eines selbstständig Tätigen nicht hinausgegangen seien und denen der Kläger selbst auch keine besondere Bedeutung beigemessen habe. Ferner bestanden nach der Aussage des Psychiaters Dr. D. vor seinem Behandlungsbeginn keine über die üblichen und weit verbreiteten Belastungsreaktionen hinausgehenden körperlichen oder psychischen Auffälligkeiten. Den - teilweise - gegenteiligen Ausführungen in seinem Bericht vom 10.10.2002 (Bl. 48 d.A.) kann auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen I. nicht gefolgt werden. So führt der Sachverständige aus, dass auf der Grundlage der ausführlichen Exploration keine Anhaltspunkte für ein prozesshaftes Geschehen vorlägen.

3. Die Beklagte ist auch nicht wirksam vom Versicherungsvertrag zurückgetreten (§§ 16, 17 VVG). Ob es sich bei den vom Kläger verschwiegenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen - der Fettstoffwechselstörung, der diskreten Fettleber und der Mikrohämaturie - angesichts der Geringfügigkeit der Überschreitung von Normwerten überhaupt um anzeigepflichtige, belangvolle Störungen des gesundheitlichen Befindens gehandelt hat, kann dahinstehen. Denn die Beklagte hat nicht, wie es ihr obliegt, nachgewiesen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (noch) Kenntnis von ihnen hatte. Der Kläger hat sich dahin eingelassen, ihm seien diese Umstände entfallen gewesen. Dies ist im Hinblick auf den Zeitablauf von immerhin vier Jahren, fehlender Beschwerden, fehlender ärztlicher Behandlung und der Geringfügigkeit der "Erkrankungen" auch nicht auszuschließen, zumal er erheblichere und für den Abschluss der beantragten Versicherungsverträge wesentlich bedeutsamere Umstände offenbart hat.

Soweit der Kläger in dem Versicherungsantrag psychische Beeinträchtigungen nicht angegeben hat, kann sich die Beklagte nicht auf eine Anzeigepflichtverletzung berufen. Denn entsprechend den vorherigen Ausführungen ist nicht nachgewiesen, dass ihm vor dem Vertragsschluss die Psyche betreffende Beschwerden, soweit sie bestanden haben sollten, überhaupt bewusst waren.

4. Keinen Erfolg hat die Berufung hinsichtlich der auf Leistung der vertraglich vereinbarten monatlichen Rente und Beitragsbefreiung gerichteten Klageanträge. Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Berufsunfähigkeitsrente zusteht.

a. Der Kläger hat - trotz eines Hinweises des Senats - schon nicht hinreichend dargelegt, welche gesundheitlichen Hindernisse der Fortführung der von ihm zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit entgegenstehen. Weil der Versicherungsfall in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung voraussetzt, dass der Versicherungsnehmer "infolge Krankheit voraussichtlich dauernd außer Stande ist" beruflich in dem bedingungsgemäßem Maße tätig zu werden, muss er nicht nur die zuletzt von ihm konkret ausgeübte Tätigkeit sondern auch vortragen, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihn in welcher konkreten Weise hindern, bestimmte qualitative oder quantitative Anforderungen seines Berufs zu erfüllen. Dem wird ein Versicherungsnehmer zwar regelmäßig allein durch die Angabe seiner gesundheitlichen Leiden und die Behauptung einer daraus folgenden Berufsunfähigkeit genügen; von Tiefe und Breite der Darlegung darf von ihm als medizinischen Laien insoweit grundsätzlich nicht zu viel verlangt werden. Gerade dort aber, wo es um vornehmlich psychische Befindlichkeitsstörungen unklarer Wirkung geht - Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Nervosität, nicht näher bezeichnete "Angstzustände", wie sie der Kläger behauptet, können einen Berufstätigen mehr oder weniger, in vielen Fällen auch gar nicht nennenswert bei der Fortführung seiner Tätigkeit belasten - genügt es nicht, wenn ein Versicherungsnehmer sich darauf beschränkt zu behaupten, "alle" seine Tätigkeiten seien "nicht mehr drin". Das gilt auch dann, wenn er ein von einem Arzt ausgestelltes - unter Umständen wohlfeiles - nicht näher begründetes Attest über eine angebliche "Arbeitsunfähigkeit" - die vor allem gar nicht von Dauer sein muss - vorlegt. Sähe man dies anders, würde einem gerichtlichen Sachverständigen aufgegeben auszuforschen, ob es für die Behauptung, nicht näher konkretisierte "gesundheitliche" Belastungen oder gar nur Stimmungsschwankungen schlössen auf Dauer eine Berufstätigkeit aus, gesundheitliche und versicherungsvertraglich quantitativ oder qualitativ relevante Gründe gibt. Das ist nicht zulässig. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Vermutung geäußert hat, dass die seitens des Sachverständigen diagnostizierte leichte Antriebsschwäche sich dahin ausgewirkt haben könne, dass eine hinreichende Akquise nicht mehr möglich gewesen sei, ist dies unerheblich. Vermutungen begründen keinen konkreten Sachvortrag.

b. Der Kläger hat weiter - trotz eines Hinweises des Senats - nicht wie ihm obliegt vorgetragen, dass er - aufgrund seiner angeblichen Störungen - nicht mehr in bedingungsgemäßem Maße in der Lage (gewesen) ist, seine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter seines Unternehmens fortzuführen. Zu seiner Vortragslast gehört insoweit auch die Darlegung, aus welchen Gründen er nicht in der Lage (gewesen) ist, seine Tätigkeit als "mitarbeitender Inhaber des Betriebes" so zu organisieren, dass ihm ein gesundheitlich zu bewältigendes zumutbares und bedingungsmäßige Berufsunfähigkeit ausschließendes Tätigkeitsfeld verblieben wäre. Allerdings hat der Kläger nahezu zeitgleich mit dem von ihm behaupteten Eintritt der Berufsunfähigkeit einen Insolvenzantrag gestellt. Das ist indessen - unabhängig von dem fehlenden Vortrag dazu, was ihm trotz dieses Insolvenzantrages an unternehmerischer Tätigkeit verblieben ist oder sein kann - versicherungsvertraglich unerheblich. Führen wirtschaftliche Gründe zeitgleich mit behaupteten medizinischen Gründen dazu, dass ein Versicherungsnehmer seine berufliche Tätigkeit einstellt, so ist der Versicherungsfall nur eingetreten, wenn feststeht, dass der Versicherungsnehmer auch ohne die ökonomische Entwicklung - die Auflösung seines Arbeitsverhältnisses oder die Insolvenz seines Unternehmens - gesundheitlich nicht mehr in der Lage gewesen ist seinen Beruf fortzuführen. Ein mitarbeitender Inhaber eines Betriebes muss also weiterhin darlegen, dass er gesundheitlich weder seine bisherige Tätigkeit hätte fortsetzen noch eine ihm bei Hinwegdenken der Krise seines Unternehmens mögliche organisatorische Umgestaltung seines Einsatzes hätte vornehmen können.

Dazu hat der Kläger nichts dargelegt.

c. Selbst wenn man von einer hinreichenden Darlegung ausgehen würde, bestünde kein Anspruch auf die vereinbarten Versicherungsleistungen. Denn der Kläger hätte bei einer solchen Annahme das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BB-BUZ nicht bewiesen. Der Sachverständige I. ist zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger einzig eine leicht depressive Reaktion in Form einer leichten Antriebsminderung vorliegt. Eine Einschränkung der Erlebnisfähigkeit oder der sozialen Anpassungsfähigkeit ist hingegen nicht gegeben. Anzeichen einer erheblichen psychischen Beeinträchtigung hat er nicht gefunden.

Diese Feststellungen des Sachverständigen beruhen auf der Durchführung zahlreicher Tests, die gewisse Anzeichen von Aggravation ergeben haben, und einer eingehenden Anamnese. Sie sind überzeugend dargelegt und in jeder Hinsicht nachvollziehbar; sie stimmen mit den vagen Angaben des Klägers selbst, denen keine nennenswerte gesundheitliche Beeinträchtigung entnommen werden kann, überein. Der Einwand des Klägers, der Sachverständige habe sich nicht mit der von ihm konkret ausgeübten Tätigkeit auseinandergesetzt, greift nicht durch. Denn der Sachverständige hat sich insbesondere bei seiner mündlichen Anhörung durch das Landgericht mit den einzelnen - von dem Kläger dargelegten Tätigkeiten - befasst. So hat er die Beeinträchtigung für die Tätigkeiten "PKW-Fahrten zu Kunden und sonstige Besprechungen, Fahrten von Verhandlungen mit Kunden im Büro und vor Ort beim Kunden, Buchhaltung und Baumaterialbeschaffung" mit einer Beeinträchtigung von jeweils 0% angesetzt. Das leuchtet mit Evidenz ein. Für die Tätigkeiten "Abfassen von Geschäftsbriefen sowie Führen von Telefonaten" hat er eine jeweilige Beeinträchtigung von 20 - 30 % angesetzt. Das erscheint eher großzügig bemessen, weil eine etwaige Antriebsminderung, zu deren willentlicher Beherrschbarkeit der Sachverständige nicht einmal Feststellungen getroffen hat, allenfalls zu einer gewissen Verzögerung aktiver Einflussnahme auf die geschäftliche Tätigkeit geführt hätte, nicht aber zu deren quantitativ erheblichem Erliegen; aus welchen Gründen die Bearbeitung eingegangener Post oder die Entgegennahme von Telefonaten überhaupt durch die von dem Kläger genannten "Leiden" behindert gewesen sein soll, ist nicht erfindlich. Für die Tätigkeit "Auswahl und Ausbildung von Mitarbeitern" hat der Sachverständige eine Beeinträchtigung von weniger als 20% angesetzt. Auch das ist mehr als großzügig bemessen, da der Kläger selbst gar keine Ausbildung in dem von seinem Unternehmen betriebenen Gewerk besaß. Ferner kann dem Sachverständigen nicht vorgeworfen werden, dass er von sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben der Bewertung ausgegangen wäre. Denn er hat bei seiner Anhörung klar und deutlich erklärt, dass ihm die unterschiedlichen Begriffe sehr wohl bekannt seien und er seine Bewertung auch nicht auf der Grundlage der Begriffe des sozialen Entschädigungsrechts oder des Schwerbehindertenrechts vorgenommen habe. Dies ergibt sich auch eindeutig aus den Ausführungen auf den Seiten 30 und 31 des Gutachtens. Daraus folgt nämlich, dass er die Beurteilungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht und dem Schwerbehindertenrecht lediglich als Anhaltspunkte verwertet hat, um seine Beurteilung nachvollziehbar zu gestalten. So führt der Sachverständige aus, dass die Berufsunfähigkeit natürlich auf den Verlust oder die Einschränkung der Fähigkeit zur Erbringung spezifischer beruflichen Leistungen abstellen müsse, während es bei den angeführten Beispielen (soziales Entschädigungsrecht/ Schwerbehindertenrecht) um die Minderung der Erwerbsfähigkeit gehe; insoweit könne jedoch eine Richtung abgelesen werden, als richtigerweise die Begriffe Erlebnis-, Gestaltungs- und soziale Anpassungsfähigkeit zum Umreißen der den Krankheitswert ausmachenden Einschränkungen gebraucht würden.

Schließlich wendet sich der Kläger vergeblich dagegen, dass das Landgericht verkannt habe, dass über 60% der Geschäftsführertätigkeit mit Entscheidungen verbunden seien und diese Tätigkeiten so prägend seien, dass der Kläger sinnvolle Arbeitsergebnisse nicht mehr hätte erzielen können, so dass insgesamt von Berufsunfähigkeit auszugehen sei. Denn insoweit verkennt der Kläger bereits, dass es ihm nach den Feststellungen des Sachverständigen infolge seiner Antriebsschwäche keineswegs unmöglich ist, Entscheidungen zu treffen. Vielmehr legt der Sachverständige dar, dass lediglich eine leichte Antriebsschwäche vorliegt, die zu Verzögerungen im Entscheidungsprozess führen kann. Ob es sich dabei überhaupt um eine Krankheit im Sinne von § 2 BB-BUZ handelt kann dahinstehen: Sie beeinträchtigt den Kläger jedenfalls nicht in einem vertraglich relevanten Maße.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 2 S. 1 - analog - ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 3, 9 ZPO. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt insgesamt 56.688,15 EUR (Berufung: 42.457,75 EUR; Anschlussberufung: 14.222,40 EUR). Dieser Betrag schlüsselt sich wie folgt auf:

Für den Berufungsantrag zu 1) ist ein Betrag von 25.500,--EUR festzusetzen. Maßgebend hierfür sind die rückständigen Renten bis zur Klageerhebung (500,--EUR/Monat x 9 Monate = 4.500,--EUR) zuzüglich des 3 1/2 fachen Jahresbetrags der geltend gemachten Rente ab Klageerhebung (3,5 x 6.000,--EUR = 21.000,--EUR).

Für den Berufungsantrag zu 2) ist ein Betrag von 2.735,35 EUR festzusetzen. Maßgebend ist insoweit die Beitragsrückforderung bis zur Klageerhebung (64,21 EUR/Monat x 9 Monate = 577,89 EUR) zuzüglich des - wegen des auf Feststellung gerichteten Antrags - um 20% reduzierten 3 1/2 fachen Jahresbetrags der Beiträge (0,8 x 770,52 EUR x 3,3 = 2157,46 EUR. Für den Berufungsantrag zu 3) ist ein Betrag von 14.222,40 EUR festzusetzen. Anzusetzen waren hierbei für den Feststellungsantrag auf Fortbestehen der Risikolebensversicherung 20% der Versicherungssumme (0,2 x 50.112,--EUR = 10.022,40 EUR) und für den Feststellungsantrag auf Fortbestehen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung 20% der 3,5-fachen Jahresleistung der Berufsunfähigkeitsrente (0,2 x 3,5 x 6000,-- = 4.200,--EUR) (BGH NJW-RR 2005, 259; Senat, B.v. 24.11.2005 5 W 328/05). Denn im Hinblick auf die wirtschaftliche Identität mit dem Berufungsantrag zu 1) hat der Kläger allenfalls noch ein Interesse an der Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsvertrages, soweit es um den Eintritt eines von dem behaupteten Versicherungsfall unabhängigen anderen Versicherungsfalles geht. Da es sich hierbei um ein ungewisses Ereignis handelt, ist dessen Interesse mit dem Leistungsinteresse abzüglich 80 % zu bemessen (vgl. Senat, Urteil vom 01.02.2006 - 5 U 207/05-17 -, n.v.).

Für die Anschlussberufung ist gleichfalls ein Betrag von 14.222,40 EUR zu veranschlagen. Maßgebend ist insoweit der um 80 % reduzierte 3,5 fache Jahresbetrag der Rente (0,2 x 3,5 x 6.000,--EUR = 4200,00 EUR) zuzüglich 20 % der vereinbarten Lebensversicherungsleistung.

Die Revision war mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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