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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 27.07.2008
Aktenzeichen: 5 W 154/08
Rechtsgebiete: GVG, BGB


Vorschriften:

GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 b
BGB § 242
BGB § 249 Abs. 1 Satz 2
BGB § 249 Satz 2
BGB § 254 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

5 W 154/08

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken

am 24.7.2008

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 30.1.2008, 5 C 345/07, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller beabsichtigt, die Antragsgegner als Gesamtschuldner auf Zahlung restlichen Schadensersatzes aus einem Verkehrsunfall vom 26.1.2007, bei dem sein Pkw, ein ca. 18 Jahre alter PKW VW Passat Kombi mit einer Laufleistung von mehr als 255.000 km, beschädigt wurde, in Anspruch zu nehmen. Die volle Haftung des Unfallgegners steht dem Grunde nach außer Streit. Der Pkw war nicht mehr fahrbereit. Das Sachverständigenbüro H. schätzte die Reparaturkosten (incl. Mehrwertsteuer) auf 4.165,00 € und den Wiederbeschaffungswert auf 800,00 €. Die Wiederbeschaffungsdauer gab es mit 14 Tagen an (Bl. 13 ff d.A.).

Den zu ersetzenden Schaden bezifferte der Antragsteller unter Berücksichtigung des Wiederbeschaffungsaufwandes in Höhe von 750,00 € (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert in Höhe von 50,00 €), der Sachverständigenkosten in Höhe von 341,65 €, der Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 € sowie Mietwagenkosten für die Dauer von 14 Tagen nach dem Standardtarif in Höhe von 1.605,13 € unter Einschluss außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 172,37 € auf 2.721,78 €. Er trägt vor, das Fahrzeug in Eigenregie repariert zu haben, was unter Berücksichtigung seiner beschränkten Fähigkeiten auf diesem Gebiet 14 Tage gedauert habe.

Der Versicherer erstattete daraufhin den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes in Höhe von 750,00 € sowie die Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 €.

Dem beabsichtigten Klagebegehren im Übrigen sind die Antragsgegner unter Hinweis darauf, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Erstattung von Mietwagenkosten und insbesondere die objektiv notwendige Reparaturdauer sowie die Notwendigkeit der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zu einem über dem Normaltarif liegenden Unfallersatztarif nicht dargelegt habe, entgegen getreten.

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird (Bl. 55 ff d.A.), Prozesskostenhilfe bewilligt für die gerichtliche Verfolgung der Sachverständigenkosten in Höhe von 341,65 € und von aus einem Streitwert in Höhe von 1116,65 € (775,00 €, 341,65 €) abgeleiteten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 131,50 €. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die im Gutachten ausgewiesene Wiederbeschaffungsdauer von 14 Tagen nicht zugrunde gelegt werden könne, da der Antragsteller eine Wiederbeschaffung nicht durchgeführt habe. Der Antragsteller habe die Reparaturdauer, die nach oben durch die Wiederbeschaffungsdauer, aber auch die Reparaturdauer in einer Fachwerkstatt begrenzt sei, nicht konkret dargelegt.

Gegen den ihm gemäß Verfügung vom 30.1.2008 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit am 5.2.2008 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das Amtsgericht zu Unrecht die Erfolgsaussichten betreffend die Mietwagenkosten verneint habe. Er habe vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass er das Fahrzeug selbst repariert und die Reparatur unter Berücksichtigung seiner beschränkten Fähigkeiten 14 Tage gedauert habe. Zu berücksichtigen sei auch, dass ihm bis zum Eingang des Gutachtens und auch danach eine Prüfungs- und Überlegungsfrist zustehe, so dass er über die im Gutachten ausgewiesenen 14 Tage hinaus einen Anspruch auf Inanspruchnahme eines Mietwagens gehabt habe.

Das Amtsgericht hat, nachdem es zur Höhe der Mietwagenkosten einen Hinweis erteilt hatte (Bl. 59 d.A.), mit Beschluss vom 3.3.2008 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 66 d.A.).

Dieses hat sich mit Beschluss vom 25.6.2008 für funktionell unzuständig erklärt und die Sache gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG an das Saarländische Oberlandesgericht abgegeben (Bl. 72 ff d.A.).

II.

1.

Das Saarländische Oberlandesgericht ist gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG für die Entscheidung über das Rechtsmittel zuständig.

Nach dieser Bestimmung ist das Oberlandesgericht zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel in Streitigkeiten über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Partei erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes hatte.

Damit ist die Rechtsmittelzuständigkeit des Oberlandesgerichts für alle Verfahren mit Auslandsberührung eröffnet.

Soweit nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung entscheidend ist, ob es sich um eine Streitigkeit über Ansprüche von einer oder gegen eine Person handelt, die im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit erster Instanz ihren allgemeinen Gerichtsstand außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes hatte, genügt es bei Streitgenossenschaft, wenn einer der Streitgenossen keinen allgemeinen Gerichtsstand in Deutschland hatte (BGH, Urt. v. 13.5.2003, VI ZR 430/02, NJW 2003, 2686; Zöller- Gummer, ZPO, 26. Aufl., GVG § 119, Rdnr. 14, m.w.N.).

Da der Antragsgegner zu 2. seinen Wohnsitz in Frankreich hat, ist die funktionelle Zuständigkeit des Oberlandesgerichts begründet.

Die funktionelle Zuständigkeit des Oberlandesgerichts wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass es sich um ein Rechtsmittel in einem Prozesskostenhilfeverfahren handelt. § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I, 1887 ff.) weist den Oberlandesgerichten die Zuständigkeit für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Berufung und der Beschwerde gegen amtsgerichtliche Entscheidungen in Sachen mit Auslandsberührung zu (vgl. BGH, aaO). Hiervon erfasst sind zweifellos Rechtsmittelentscheidungen in den einem Klageverfahren vorgelagerten Prozesskostenhilfeverfahren.

2.

a.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 127 Abs. 2, 569 ZPO).

b.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht Prozesskostenhilfe verweigert, soweit der Antragsteller beabsichtigt, die Antragsgegner auf Zahlung von Mietwagenkosten in Höhe von 1.605,13 € und auf Erstattung in Höhe der auf diese Schadensposition entfallenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch zu nehmen.

(1)

Grundsätzlich kann der Geschädigte, der wegen des schädigenden Ereignisses die Sache nicht nutzen kann, vom Schädiger die Kosten für die Anmietung einer gleichwertigen Sache verlangen. Die Mietwagenkosten gehören regelmäßig zu den Kosten der Schadensbehebung im Sinne von § 249 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Ersatzfähigkeit von Mietwagenkosten wird anerkanntermaßen begrenzt durch die anzuwendende Abrechnungsart für den Kfz- Schaden selbst. Bei der Abrechnung nach dem Wiederbeschaffungswert kann der Geschädigte die Mietwagenkosten nur bis zu dem Zeitpunkt verlangen, zu dem die Beschaffung eines angemessenen Gebrauchtwagens möglich war. Bei Abrechnung auf Basis fiktiver Reparaturkosten begrenzt die fiktive Reparaturdauer zugleich die Zeit der erstattungsfähigen Kfz- Miete. Diese kann sich weiter verkürzen, wenn das Fahrzeug vor Ablauf der sachverständig geschätzten Reparaturdauer repariert oder nutzbar ist oder wegen zwischenzeitlichen Erwerbs eines Ersatzfahrzeugs nicht mehr genutzt wird (Staudinger- Schiemann, BGB, 13. Bearb., § 251, Rdnr. 57; BGH, Urt. v. 23.3.1976, IV ZR 41/74, BGHZ 66, 239, für die Nutzungsentschädigung).

Hat der Geschädigte, der wegen wirtschaftlichen Totalschadens nur den Wiederbeschaffungswert erstattet verlangen kann, das beschädigte Fahrzeug selbst repariert, kann er Mietwagenkosten nur für die Zeit der tatsächlichen Dauer der Reparatur, die durch die fiktive Reparaturdauer begrenzt ist, abrechnen. Ferner kann er Mietwagenkosten nur für den Zeitraum geltend machen, den die Reparatur in einer Fachwerkstatt erfordert hätte (BGH, Urt. v. 17.3.1992, VI ZR 226/91, VersR 1992, 1618, zur Nutzungsausfallentschädigung; siehe auch BGH, Urt. v. 15.7.2003, VI ZR 361/02, VersR 2004, 1575). Einen Ersatz für unfallbedingte entgangene Gebrauchsvorteile eines Fahrzeuges erhält der Geschädigte nämlich nur, wenn er für die Zeit des unfallbedingten Nutzungswegfalls das Fahrzeug tatsächlich entbehrt hat, also nur im Falle der tatsächlichen Gebrauchsvereitelung. Dabei ist die Entschädigungsdauer auf die notwendige Ausfallzeit beschränkt, so dass Verzögerungen, die durch eine Reparatur in Eigenregie entstehen, zu Lasten des Geschädigten gehen (BGH, aaO ; OLG Düsseldorf, DAR 2006, 269).

Die zeitliche Dauer der von ihm in Eigenregie durchgeführten Reparatur hat der Kläger nicht konkret dargelegt. Er hat weder zu der Beschaffungsdauer der notwendigen Ersatzteile, zu eventuellen von ihm nicht zu verantwortenden zeitlichen Verzögerungen bei der Ersatzteilbeschaffung, zu dem zeitlichen Umfang der konkret durchgeführten Reparaturarbeiten noch dazu vorgetragen, wie lange die Reparatur in einer Fachwerkstatt gedauert hätte. Dies wäre aber erforderlich gewesen, da ihm ein Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten für eine fiktive, an der Wiederbeschaffungsdauer ausgerichteten Reparaturdauer nicht zusteht. Dessen ungeachtet muss der Geschädigte auch bei der -hier in dem Gutachten des Sachverständigenbüros H. nicht vorgenommenen - Ermittlung einer fiktiven Reparaturdauer die tatsächliche Reparaturdauer konkret, also nach Maßgabe der vorgenannten Kriterien darlegen.

Soweit der Kläger unter Beweisantritt pauschal behauptet hat, er habe das Fahrzeug in Eigenregie repariert (Beweis: Zeugen, Bl. 46 d.A.) und die Reparatur habe unter Berücksichtigung seiner beschränkten Fähigkeiten 14 Tage gedauert bzw. dieser Zeitraum wäre auch objektiv notwendig gewesen (Beweis: Sachverständigengutachten, Bl. 46, 58 d.A.), genügt dies, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, folglich nicht.

(2)

Das Klagebegehren hat auch nicht aus sonstigen Gründen hinreichende Erfolgsaussicht. Zwar ist zu berücksichtigen, dass es für die Bemessung der Entschädigung nicht allein auf die in einem Schadensgutachten angegebene Instandsetzungsdauer ankommt. Insoweit ist u.a. auch der Schadensermittlungszeitraum zu berücksichtigen, der bis zur Erstellung des Sachverständigengutachtens vergeht (OLG Düsseldorf, aaO, m.w.N.; Brandenburgisches OLG, VRR 2008, 2; Hillmann, zfs 2001, 341, 344). Der Unfall ereignete sich am 26.1.2007, das Gutachten wurde unter dem 30.1.2007 erstellt.

Der Geschädigte kann nach § 249 Satz 2 BGB indes nur den Betrag ersetzt verlangen, der zur Herstellung objektiv erforderlich ist oder war. Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit ist auch der letztlich auf § 242 BGB zurückgehende Rechtsgedanke des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB anzuwenden: Wenn der Geschädigte die Höhe der Kosten für die Schadensbeseitigung beeinflussen kann, ist er unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen. Die Verpflichtung des Geschädigten, den Schaden möglichst gering zu halten, bildet gleichsam eine immanente Schranke für die Höhe der zur Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten (BGH, Urt. v. 2.7.1985, VI ZR 177/84, VersR 1985, 1092, m.w.N.).

Von daher war Kläger unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht verpflichtet, nicht auf das erstbeste Angebot einzugehen, sondern sich zunächst nach einem günstigeren Angebot umzuhören. Der Geschädigte braucht zwar vor der Anmietung eines Fahrzeugs nicht erst eine Art Marktforschung zu betreiben, um das preisgünstigste Mietwagenunternehmen ausfindig zu machen. Eine gewisse Erkundigungspflicht ist ihm aber zuzumuten. So ist von dem Geschädigten zu verlangen, dass er sich durch ein oder zwei Konkurrenzangebote vergewissert, ob das ihm zunächst gemachte Angebot nicht deutlich aus dem Rahmen fällt. Dazu sind ein oder zwei Telefongespräche erforderlich. Diese kleine Mühewaltung ist von dem Geschädigten umso mehr zu fordern, wenn - wie vorliegend - im Verhältnis zum Wert des Fahrzeugs nicht unerhebliche oder diesen gar erheblich übersteigende Beträge auf dem Spiel stehen (BGH, aaO; siehe auch BGH, Urt. v. 12.6.2007, VI ZR 161/06, VersR 2007, 1144, m.w.N.).

Dazu, dass er sich dieser oder irgend einer Mühewaltung unterzogen hätte, hat der Kläger nichts vorgetragen.

Diese war auch nicht entbehrlich. Soweit der Geschädigte noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung verstößt, weil er - ohne Einholung von Vergleichsangeboten - ein Kraftfahrzeug zum Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem "Normaltarif" teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.ä.) einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (BGH, aaO, m.z.w.N.), stellt sich dieses Problem vorliegend nicht. Der Kläger macht nämlich unter Bezugnahme der von ihm vorgelegten Rechnung der Fa. H2 vom 9.2.2007 ausdrücklich geltend, ein Fahrzeug zum Standardtarif und nicht zum Unfallersatztarif angemietet zu haben.

(3)

Von daher hat das Amtsgericht, ohne dass dies mit der Beschwerde angegriffen worden wäre, Prozesskostenhilfe auch in Höhe der auf diese Schadensposition entfallenden vorprozessualen Rechtsanwaltsgebühren zu Recht verweigert.

3.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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