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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 01.03.2005
Aktenzeichen: 5 W 18/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, GBO


Vorschriften:

ZPO § 567 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 569 Abs. 1
ZPO § 569 Abs. 2
ZPO § 793
ZPO § 875
ZPO § 887 I
ZPO § 887 II
ZPO § 888
ZPO § 894
BGB § 268 Abs. 1
BGB § 275 Abs. 1
BGB § 1150
BGB § 1192 Abs. 1
GBO § 27 Satz 1
Die Vollstreckung einer Verurteilung, auf einem Grundstück lastende Grundschulden "auf Kosten (des Schuldners) zu beseitigen" richtet sich nicht nach § 888 ZPO.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

5 W 18/05

In dem Zwangsvollstreckungsverfahren

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts am 1. März 2005

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners werden die Beschlüsse des Landgerichts Saarbrücken vom 14.12.2004 und 14.1.2005 - 10 O 151/02 - abgeändert. Der Antrag des Gläubigers, gegen den Schuldner ein Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft festzusetzen, wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussbeschwerde des Gläubigers wird der Gläubiger ermächtigt, auf Kosten des Schuldners die auf dem Grundstück T.-B. (eingetragen im Grundbuch B., Amtsgericht Saarbrücken, vormals Amtsgericht St. Wendel, Bl. X Gemarkung XX) lastenden Grundschulden in Höhe von 120.153,59 € zu Gunsten der S.Bank e.G. (lfd. Nr. 1 der III. Abteilung, eingetragen am 23.12.1997) und in Höhe von 58.000 € zu Gunsten der S.Bank e.G. (lfd. Nr. 2 der III. Abteilung, eingetragen am 12.11.2002) durch Zahlung auf die Grundschulden abzulösen.

3. Der Schuldner wird zur Vorauszahlung der Kosten der Ablösung der Grundschulden in Höhe von 187.061,27 € an den Gläubiger verurteilt.

4. Im übrigen werden die sofortige Beschwerde des Schuldners und die Anschlussbeschwerde des Gläubigers zurückgewiesen.

5. Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

6. Der Gegenstandswert wird auf 187.061,27 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 15.1.2004 - 10 O 151/02 -, durch das der Schuldner (unter anderem) dazu verurteilt worden ist,

die auf dem Grundstück T.-B. (Amtsgericht Saarbrücken, vormals Amtsgericht St. Wendel, Grundbuch B., Bl. X Gemarkung XX) lastenden Grundschulden in Höhe von 120.153,59 € zu Gunsten der S.Bank e.G. (lfd. Nr. 1 der III. Abteilung, eingetragen am 23.12.1997) und in Höhe von 58.000 € zu Gunsten der S.Bank e.G. (lfd. Nr. 2 der III. Abteilung, eingetragen am 12.11.2002) auf seine Kosten zu beseitigen.

Auf Antrag des Gläubigers hat das Landgericht Saarbrücken durch Beschluss vom 14.12.2004 "gemäß § 888 ZPO" gegen den Beklagten ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 €, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 100 € einen Tag Zwangshaft, festgesetzt, um ihn dazu anzuhalten, seiner Verpflichtung aus dem Urteil nachzukommen. Gegen diesen ihm am 22.12.2004 zugestellten Beschluss hat sich der Schuldner mit seiner am 3.1.2005 eingegangenen sofortigen Beschwerde gewandt, die er damit begründet, es sei ihm aus finanziellen Gründen "subjektiv unmöglich", die Inhaberin der Grundschulden zu deren Löschung zu bewegen. Das Landgericht Saarbrücken hat dem Rechtsmittel durch Beschluss vom 14.1.2005 nicht abgeholfen. Auf Bedenken des Senats gegen die Statthaftigkeit des durch den Gläubiger eingeschlagenen Verfahrens hat dieser "Hilfsanschlussbeschwerde" erhoben mit dem Antrag, den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 14.12.2004 dahin abzuändern, dass

1. der Gläubiger gemäß § 887 I ZPO ermächtigt wird, die auf dem Grundstück in 66636 Tholey-B. (Amtsgericht Saarbrücken, vormals Amtsgericht St. Wendel, Grundbuch B., Blatt X Gemarkung XX) lastenden Grundschulden in Höhe von 120.153,59 EUR zu Gunsten der S.Bank e.G. (laufende Nr. 1 der III. Abteilung, eingetragen am 23.12.1997) und in Höhe von 58.000,00 EUR zu Gunsten der S.Bank e.G. (laufende Nr. 2 der III. Abteilung, eingetragen am 12.11.2003) auf Kosten des Schuldners abzulösen und löschen zu lassen, und

2. der Schuldner gemäß § 887 II ZPO zur Vorauszahlung der zur Löschung der beiden vorgenannten Grundschulden erforderlichen Kosten in Höhe von 187.061,27 €UR verurteilt wird.

Der Schuldner hat beantragt, die Hilfsanschlussbeschwerde als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht fristgemäß eingelegt worden sei und dem Gläubiger eine Beschwer fehle.

II.

A.

Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist gemäß § 793, § 569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO zulässig. Die "Hilfsanschlussbeschwerde" des Gläubigers ist gemäß § 567 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig. Schon dem Gesetz ist zu entnehmen, dass dem das Verstreichen der Beschwerdefrist nicht entgegensteht. Sie scheitert auch nicht an der fehlenden Beschwer des Gläubigers. Anschlussrechtsbehelfe setzen keine Beschwer voraus. Sinn und Zweck des Verlangens nach einer Beschwer ist es nämlich, Rechtsmittel zu anderen Zwecken als der Überprüfung und Änderung der vorinstanzlichen Entscheidung auszuschließen. Ist eine gerichtliche Entscheidung indessen bereits Gegenstand eines Rechtsmittels, so muss es dem Gegner des Rechtsmittelführers gestattet sein, seinen Antrag auch dann Veränderungen der prozessrechtlichen Lage anzupassen, wenn ihm in der Vorinstanz voll entsprochen worden ist. (BGH ZZP 89 (1976), 199, 201; MünchKomm ZPO/Rimmelspacher, Aktualisierungsband, § 524 Rdn. 15).

B.

Die Beschlüsse des Landgerichts Saarbrücken vom 14.12.2004 und 14.1.2005 sind auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hin abzuändern. Die titulierte Verpflichtung des Schuldners kann nicht nach § 888 ZPO durch Festsetzung von Zwangsmitteln vollstreckt werden. Ihr Gegenstand ist nicht eine Handlung, die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden könnte, sondern ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhinge.

Durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 15.1.2004 - 10 O 151/02 - ist der Schuldner verurteilt worden, zwei Grundschulden, deren Inhaberin die S.Bank e.G. ist, auf seine Kosten zu "beseitigen". Die "Beseitigung" einer Grundschuld setzt nach § 875 BGB voraus, dass der Berechtigte, die S.Bank e.G., die Grundschuld aufgibt und dass die Löschung des Rechts im Grundbuch erfolgt. Das von dem Gläubiger angestrebte Ziel setzt folglich zum einen die Handlung eines Dritten, nämlich der S.Bank e.G., voraus. Ob der Gläubiger erzwingen kann, dass die S.Bank e.G. ihre Grundschulden aufgibt - eine Ablösungsrecht steht nach § 1192 Abs. 1, § 1150, § 268 Abs. 1 BGB einem Dritten zu, der Gefahr läuft, bei einem Verlangen eines Grundschuldgläubigers auf Befriedigung aus dem Grundstück ein Recht an dem Grundstück zu verlieren, der Gläubiger verfügt indessen lediglich über einen titulierten Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück, für den eine entsprechende Anwendung des § 268 Abs. 1 BGB in Betracht zu ziehen wäre - kann dahinstehen. Anhaltspunkte dafür, dass sich die S.Bank e.G. einer Ablösung durch den Gläubiger (§ 267 Abs. 2 BGB) entziehen würde, bestehen nicht. Der Schuldner trägt selbst vor, er stehe in Verhandlungen über eine Beseitigung der Grundschulden gegen einen noch auszuhandelnden Geldbetrag.

Allerdings setzt die "Beseitigung" der Grundschulden auch ihre Löschung im Grundbuch voraus. Die Löschung von Grundpfandrechten darf formell - rechtlich nach § 27 Satz 1 GBO - nur mit Zustimmung des Eigentümers des Grundstücks, also des Schuldners erfolgen. Diese Zustimmungserklärung ist indessen eine Willenserklärung, deren Abgabe - sofern ein dem Gläubiger zustehender Anspruch rechtskräftig tituliert ist - nach § 894 ZPO fingiert wird. Für eine Zwangsvollsteckung nach § 888 ZPO ist insoweit kein Raum (Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 888 Rdn. 2).

Dem allem entspricht folglich, dass die Verpflichtung, ein Grundpfandrecht zu beseitigen, nach der Rechtsprechung durchweg als eine Verpflichtung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung betrachtet wird, deren Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO erfolgt, wenn die zur Ablösung des Grundpfandrechts zu zahlende Summe feststeht und der Gläubiger zur Löschung bereit ist oder dazu gezwungen werden kann (BGH NJW 1986, 1676, 1677; RG SeuffA 58 (1903) Nr. 128; KG, JR 1952, 440; OLG Düsseldorf, MDR 1980, 410)

C.

Demgegenüber hat der Gläubiger mit seinem mit der Anschlussbeschwerde verfolgten Begehren, ihn zu ermächtigen, die Beseitigung der Grundschulden auf Kosten des Schuldners vornehmen zu lassen und den Schuldner zur Vorauszahlung der zu erwartenden Aufwendungen zu verurteilen, überwiegend Erfolg. Das Begehren findet seine Rechtsgrundlage in § 887 Abs. 1, 2 ZPO. Der Schuldner kann sich nicht darauf berufen, dass es ihm "subjektiv unmöglich" sei, die titulierte Verpflichtung zu erfüllen. Mangelndes Zahlungsvermögen eines Schuldners stellt unabhängig von seiner Dauer keine subjektive Unmöglichkeit im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB mit der Folge eines Ausschlusses des Anspruchs auf die Leistung dar.

Soweit der Gläubiger mit der Anschlussbeschwerde verlangt, ihn zu ermächtige, die Grundschulden löschen zu lassen, kann dem nicht entsprochen werden. Die Löschung der Grundschulden setzt eine Löschungsbewilligung durch den Schuldner voraus. Wird sie nicht freiwillig erteilt, bedarf es eines - ausschließlich - nach § 894 ZPO zu "vollstreckenden" Titels.

D.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Der Streitwert des Verfahrens der Zwangsvollstreckung ist mit der Höhe des in jedem Fall die Ablösung der Grundschulden erlaubenden Geldbetrages festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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