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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 30.07.1999
Aktenzeichen: 6 UF 22/99
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG, SGB VI, GKG


Vorschriften:

BGB § 1587 b Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 2
BGB § 1587 b Abs. 6
VAHRG § 3 b
VAHRG § 1 Abs. 3
VAHRG § 2
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 629 a
ZPO § 621 e
ZPO § 516
ZPO § 519
ZPO § 93 a Abs. 1
SGB VI § 256 d
SGB VI § 307 d
SGB VI § 18
GKG § 17 a Nr. 1
Leitsätze:

Die nicht in § 1587 b Abs. 1 und 2 BGB genannten Anrechte sind aus Gründen der gleichmäßigen Belastung der Versorgungsträger unter Anwendung der der sogenannten "Quotierungsmethode" auszugleichen.

Dies gilt auch dann auch dann. wenn Anwartschaften für den Ausgleich heranzuziehen sind, für welche der schuldrechtliche Ausgleich bzw. der erweiterte Ausgleich nach § 3 b VAHRG in Betracht kommt.


6 UF 22/99 9 F 286/97 AG Homburg

SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT

BESCHLUSS

In der Familiensache

hat der 6. Zivilsenat - Senat für Familiensachen 1 des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jochum, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Kockler und die Richterin am Amtsgericht Cronberger

am 30. Juli 1999

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - in Homburg vom 11. Februar 1999 - 9 F 286197 - in Ziffer 2 der Urteilsformel abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Zu Lasten der Versorgung der Antragstellerin bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (Versicherungsnummer: ) werden auf dem Versicherungskonto Nr. des Antragsgegners bei der Bundesknappschaft Rentenanwartschaften von monatlich 108,31 DM, bezogen auf den 31. Oktober 1997, begründet. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Zum Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung der Antragstellerin bei der GmbH, Werk , werden vom Versicherungskonto Nr. der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf das Versicherungskonto Nr. des Antragsgegners bei der Bundesknappschaft Rentenanwartschaften von monatlich 8,35 DM, bezogen auf den 31. Oktober 1997, übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

II. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

III. Beschwerdewert: 1.000 DM.

Gründe:

I.

Die am 23. März 1932 geborene Ehefrau (Antragstellerin) und der am 13. Januar 1929 geborene Ehemann (Antragsgegner) haben am 27. August 1952 die Ehe geschlossen. Der Scheidungsantrag der Ehefrau wurde dem Ehemann am 26. November 1997 zugestellt.

Während der Ehezeit (vom 1. August 1952 bis 31. Oktober 1997, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erlangt. Die Antragstellerin - sie befindet sich ebenso wie der Antragsgegner im Rentenstand - hat darüber hinaus dynamische Anwartschaften gegenüber der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (nachfolgend VBL) erworben, ferner eine statische Betriebsrente, welche ihr früherer Arbeitgeber ( GmbH, Werk ) mit einem ehezeitbezogenen Jahresbetrag von 1.324,80 DM angegeben hat.

Das Familiengericht hat den addierten Anwartschaften der Antragstellerin in Höhe von insgesamt 2.095,51 DM (gesetzliche Rentenversicherung: 1.372,29 DM [bei Entscheidung bis zum 30. Juni 1999] + VBL-Anwartschaften: 671,43 DM + betriebliche Altersversorgung [dynamisiert] 51,79 DM) die Rentenanwartschaften des Antragsgegners aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.864,56 DM gegenübergestellt.

In Höhe der hälftigen Differenz von 230,95 DM, d.h. 115,48 DM, hat es zu Lasten der Versorgungsanwartschaften der Antragstellerin bei der VBL Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung auf dem Rentenversicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesknappschaft begründet.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der VBL, die eine quotierliche Heranziehung der Versorgungsträger erstrebt. Soweit die VBL ursprünglich auch beanstandet hatte, in den Wertvergleich sei auf Seiten der Antragstellerin mit 1.372,29 DM eine höhere Rentenanwartschaft eingestellt worden, als sie ihrer Auskunft vom 13. Mai 1998 zugrunde gelegt habe (1.367,56 DM), hat sie - nachdem ihr im Beschwerdeverfahren die der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Rentenauskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend BfA) vom 7. Januar 1999 zugeleitet worden war - mitgeteilt, dass die Erhöhungen des Rentenanrechts ab 1. Juli 1998 aufgrund der Besserbewertung der Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung den mitgeteilten Wert der VBL-Anwartschaften nach Maßgabe von § 97 e Abs. 2 d ihrer Satzung nicht beeinflussen.

II.

Die VBL ist durch die von ihr als Unterlassen gerügte Quotierung in ihren Rechten betroffen und daher beschwerdebefugt (vgl. BGH, FamRZ 1996, 482). Ihre gemäß §§ 629 a, 621 e, 516, 519 ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Abänderung der den Versorgungsausgleich betreffenden Entscheidung.

Die vom Familiengericht in den Wertvergleich eingestellten Anwartschaften sind nicht zu beanstanden, namentlich begegnet die Dynamisierung der betrieblichen Altersversorgung keinen Bedenken. Dem Entscheidungsdatum des Senats Rechnung tragend waren jedoch auf Seiten der Antragstellerin die in der Auskunft der BfA vom 7. Januar 1999 nach Maßgabe von § 256 d bzw. § 307 d SGB VI mitgeteilten ehezeitbezogenen Anwartschaften in Höhe von monatlich 1.374,66 DM zu berücksichtigen.

Es stehen sich hiernach einander gegenüber: Anwartschaften der Antragstellerin in einer Gesamthöhe von 2.097,88 DM (1.374,66 DM + 671,43 DM + 51,79 DM) und Anwartschaften des Antragsgegners in Höhe von 1.864,56 DM. Als Inhaberin der um 233,32 DM (2.097,88 DM./. 1.864,56 DM) werthöheren Anwartschaften ist die Antragstellerin ausgleichspflichtig. Dem ausgleichsberechtigten Antragsgegner steht als Ausgleich die Hälfte des Wertunterschieds, d.h. 116,66 DM zu (§ 1587 a Abs. 1 BGB).

Da die Anwartschaften der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung geringer sind als diejenigen des Antragsgegners, findet ein Rentensplitting gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB nicht statt. Als Anrechte, die für den Ausgleich zur Verfügung stehen, kommen bei der gegebenen Situation somit lediglich die VBL-Anwartschaften der Antragstellerin sowie ihre dynamisierten Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung in Betracht.

Die Frage, wie die nicht in § 1587 b Abs. 1 und 2 BGB genannten Anrechte zum Ausgleich heranzuziehen sind, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten.

Während das Familiengericht ersichtlich dem Rangfolgenprinzip gefolgt ist, welches davon ausgeht, dass Anrechte des Ausgleichspflichtigen entsprechend der im VAHRG enthaltenen Reihenfolge zum Ausgleich heranzuziehen sind (Realteilung vor analoge Quasisplitting, analoges Quasisplitting vor erweitertem Ausgleich nach § 3 b VAHRG), folgt der Senat - orientiert an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 1994, 90) - der sogenannten "Quotierungsmethode" (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 7. Mai 1999 - 6 UF 3/99 mw.N.). Hiernach ist der Ausgleichsbetrag nach dem Wertverhältnis der während der Ehezeit erworbenen auszugleichenden Versorgungsanwartschaften zu verteilen. Der für die Quotierung entscheidende Gesichtspunkt der gleichmäßigen Belastung der Versorgungsträger gilt in diesem Zusammenhang nicht nur dann, wenn für den Ausgleich lediglich Anwartschaften in Betracht kommen, die - wie hier die VBL-Anwartschaften - dem analogen Quasisplitting gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG unterliegen. Die Quotierugnsmethode kommt vielmehr auch dann zu Anwendung, wenn - wie vorliegend Anwartschaften für den Ausgleich heranzuziehen sind, für die der schuldrechtliche Ausgleich bzw. der erweiterte Ausgleich nach § 3 b VAHRG in Betracht kommt, wie hier für die in den Wertvergleich eingestellten dynamisierten Anwartschaften der Antragstellerin aus der betrieblichen Altersversorgung.

Zur Vermeidung willkürlich den einen oder anderen Versorgungsträger in größerem Umfang belastender Maßnahmen ist daher auch die Verrechnung mit schuldrechtlich auszugleichenden Anwartschaften des Berechtigten nach dem Wertverhältnis, d.h. quotenmäßig, vorzunehmen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 2 UF 81/98, DRsp-ROM Nr. 1999/3902; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 3. Aufl., § 3 b VAHRG, Rz. 9; Staudinger/Rehme (1998), § 1 VAHRG, Rz. 45, 46). Gesichtspunkte, die es rechtfertigen könnten, von der Quotierungslösung abzuweichen (vgl. BGH, FamRZ 1994, 90, 92), sind nicht ersichtlich.

Die Summe der in die Quotierung einzubeziehenden ausgleichsfähigen Anrechte beträgt vorliegend 723,22 DM (671,43 DM + 51,79 DM).

Durch analoges Quasisplitting gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG sind in anteiliger Höhe von 108,31 DM (116,66 DM x 671,43 DM : 723,22 DM) die Anwartschaften gegenüber der VBL auszugleichen.

Wegen des noch verbleibenden Rests von 8,35 DM fände an sich der schuldrechtliche Versorgungsausgleich nach § 2 VAHRG statt. Stattdessen können gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG bis zu einer Höhe von 2 % der allgemeinen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV auch andere in oder vor der Ehe erworbene Versorgungen, welche durch Übertragung oder Begründung von Anwartschaften ausgeglichen werden können, herangezogen werden. Der Höchstwert beträgt vorliegend 85,40 DM. Zum Ausgleich der Anwartschaften der Antragstellerin auf eine betriebliche Altersversorgung waren daher im Wege des erweiterten Splittings die Rentenanwartschaften der Antragstellerin in der hier in Rede stehenden Höhe von 8,35 DM in Anspruch zu nehmen.

Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte beruht jeweils auf § 1587 b Abs. 6 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 93 a Abs. 1 ZPO, 17 a Nr. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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