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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 06.06.2002
Aktenzeichen: 6 UF 80/01
Rechtsgebiete: VAHRG, ZPO, BGB, FGG, KostO


Vorschriften:

VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 296 Abs. 2
ZPO § 621 e
BGB § 1587 f Nr. 1
BGB § 1587 g Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 Satz 2
FGG § 13 a
KostO § 99 Abs. 3 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Saarländisches Oberlandesgericht Beschluss

6 UF 80/01

Verkündet am 6.6.2002

In der Familiensache

wegen schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs

hat der 6. Zivilsenat - Senat für Familiensachen I - des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2002 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Jochum, die Richterin am Oberlandesgericht Cronberger und den Richter am Oberlandesgericht Neuerburg

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarbrücken vom 3. Mai 2001 - 39 F 358/99 VA - für den Zeitraum bis 31. Mai 2001 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin eine bis zum 3. des Monats im Voraus fällige monatliche Ausgleichsrente wie folgt zu zahlen:

Für die Zeit von 8. Juli 1999 bis 31. Dezember 1999 171,91 EUR,

für die Zeit von 1. Januar 2000 bis 30. Juni 2000 159,48 EUR,

für die Zeit von 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2000 159,21 EUR und

für die Zeit ab 1. Januar 2001 160,68 EUR, abzüglich im 1. Quartal 2001

gezahlter (314 DM oder) 160,55 EUR.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet. Hinsichtlich der Kosten der ersten Rechtszuges bleibt es bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

Beschwerdewert: (bis 4.000 DM oder) 2.045,17 EUR.

Gründe:

I.

Die Ehefrau (Antragstellerin) nimmt den Ehemann (Antragsgegner) auf Zahlung einer Ausgleichsrente im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs in Anspruch.

Der am 19. September 1926 geborene Ehemann und die am 21. November 1933 geborene Ehefrau haben am 24. November 1967 die Ehe geschlossen.

Die Ehefrau hat mit ihrem am 18. Juni 1998 zugestellten Antrag auf Scheidung der Ehe angetragen.

Das Amtsgericht - Familiengericht - in Saarbrücken hat durch Urteil vom 8. April 1999 - 39 F 103/98 - die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es - jeweils bezogen auf den 31. Mai 1998 - vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 530,14 DM und zusätzlich durch erweitertes Splitting nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG - zwecks Ausgleichs der vom Ehemann erworbenen dynamischen Anrechte auf betriebliche Altersversorgung aus seiner Tätigkeit bei der Gesellschaft für AG - in Höhe von monatlich 86,80 DM auf dasjenige der Ehefrau bei der LVA übertragen hat. Im Übrigen - also hinsichtlich eines insoweit nicht ausgeglichenen Betrages von (Ehezeitanteil der betrieblichen Altersversorgung: 877,86 DM / 2 = 438,93 DM ./. 86,80 DM =) 352,13 DM und einer französischen Zusatzrente des Ehemannes - hat es den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Das Urteil ist seit 8. Juli 1999 rechtskräftig.

Die Ehefrau hat mit Eingang am 14. Juni 1999 auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung bei der AG und der französischen Zusatzrente angetragen. Hinsichtlich der Letztgenannten - die auf einer Beschäftigung des Ehemannes im Jahre 1952 beruht - hat sie den Antrag später nicht mehr weiter verfolgt. Der Ehemann hat erstinstanzlich um Zurückweisung des Antrages gebeten.

Durch Beschluss vom 16. Februar 2000 hat das Familiengericht den Ehemann unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages der Ehefrau im Wege der vorläufigen Anordnung verpflichtet, an die Ehefrau ab 9. Dezember 1999 eine monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 338,60 DM zu zahlen.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat es den Ehemann verpflichtet, an die Ehefrau eine monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 338,60 DM für die Zeit von 25. Juni bis 31. Dezember 1999 und von 314,26 DM ab 1. Januar 2000 zu zahlen.

Hiergegen wendet sich der Ehemann mit seiner Beschwerde, soweit er zur Zahlung einer Ausgleichsrente für die Zeit vom 25. Juni bis 31. Dezember 1999 und vom 1. Januar 2000 bis 31. Mai 2001 verpflichtet worden ist.

Die Ehefrau bittet um Zurückweisung der Beschwerde.

Nach einer vom Senat eingeholten Auskunft der AG haben die Zusatzversorgungseinkünfte des Ehemannes im Jahre 2001 12.251,75 DM betragen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist auch im Übrigen zulässig (§§ 621 e Abs. 1 und 3, 621 Nr. 6, 516, 519 ZPO).

Die vorgenommene Rechtsmittelbeschränkung auf die Zeit bis 31. Mai 2001 ist wirksam und für den Senat bindend. Zwar ist das Rechtsmittelgericht im Versorgungsausgleichsverfahren - auch beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich (BGH, FamRZ 1990, 605) - regelmäßig weder an förmliche Sachanträge noch an anderweit zum Ausdruck gebrachte Beschwerdeziele gebunden, sondern hat die dem Gesetz entsprechende Entscheidung zu treffen, sofern nicht eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels oder das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers entgegenstehen (BGH, FamRZ 1992, 165; FamRZ 1984, 991). Denn § 621 e ZPO verweist nicht auf diejenigen ZPO - Vorschriften, die einen bestimmten Berufungsantrag verlangen. Da aber der - im Antragsverfahren geltend zu machende (Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 3. Aufl., § 1587 f BGB, Rz. 19) - schuldrechtliche Versorgungsausgleich dem Unterhalt ähnelt und im Wesentlichen private Interessen der Beteiligten betrifft, besteht richtigerweise eine Bindung jedenfalls an - wie hier - bewusste Antragsbeschränkungen (MünchKommZPO/Finger, 2. Aufl., § 621 e, Rz. 42; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 621 e, Rz. 63). Namentlich die zeitliche Begrenzung eines Rechtsmittels unterliegt keinen prozessualen Bedenken, zumal der nicht angegriffene Teil des Verfahrensgegenstandes in diesem Fall nicht untrennbar mit dem angegriffenen zusammenhängt.

Das Rechtsmittel des Ehemannes ist teilweise begründet.

Die Voraussetzungen für die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleiches nach §§ 1587 f Nr. 1, 1587 g Abs. 1 BGB hinsichtlich des vom öffentlich-rechtlich Versorgungsausgleich ausgenommenen Teils der betrieblichen Altersversorgung des Ehemannes hat das Familiengericht zu Recht und unangegriffen bejaht.

Die Beschwerdeangriffe können dem Rechtsmittel nur in geringem Umfang zum Erfolg verhelfen.

Weitgehend ohne Erfolg beruft der Ehemann sich im verfahrensrelevanten Zeitraum - mit Ausnahme einer einzigen von der Ehefrau zugestandenen Barzahlung in Höhe von 314 DM im 1. Quartal 2001 - auf Erfüllung (§ 362 BGB). Denn die Zahlung der verfahrensgegenständlichen Ausgleichsrenten - welche die Ehefrau nach Maßgabe ihres Sachvortrages mit der oben genannten Ausnahme bestreitet - ist nicht nachgewiesen.

Erst für die Zeit ab August 2001 hat die Ehefrau regelmäßige Zahlungen des Ehemannes per Dauerauftrag eingeräumt. Die Quittung aus September 2000, deren Echtheit die Ehefrau anzweifelt, enthält schon keine eindeutige Tilgungsbestimmung, zumal sie den Vermerk "Unterhalt" trägt und der quittierte Betrag nicht mit dem geschuldeten übereinstimmt. Die Echtheit der Unterschrift bedarf daher keiner Beweiserhebung. Weitere Quittungen kann der Ehemann nicht vorlegen, weil er den Quittungsblock nach eigenem Vorbringen entsorgt hat. Andere Beweismittel für etwaige Zahlungen sind nicht benannt.

Die Erklärung im Schriftsatz der Ehefrau vom 29. August 2001 rechtfertigt keine andere Sicht. Denn die Ehefrau hat nachträglich klargestellt, dass diese Erklärung nicht in dem Sinne zu verstehen ist, dass damit regelmäßige und vollständige Zahlungen im gesamten verfahrensrelevanten Zeitraum zugestanden werden sollten. Entgegen der Annahme des Ehemannes ist auch eine verfahrensrechtliche Bindung der Ehefrau hieran nicht eingetreten. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist das Gericht nämlich weder an das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten und ihre Beweisanträge gebunden, noch überhaupt darauf angewiesen. Auch unstreitige Tatsachen oder - wie hier - tatsächliche Zugeständnisse sind auf ihre Richtigkeit zu prüfen (BayObLG, NJW-RR 1992, 1225; NJW-RR 1997, 971; OLG Düsseldorf, FamRZ 1982, 431. 432; OLG Köln, FamRZ 1991, 117, 118; Keidel/Kayser, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl., § 12, Rz. 25). Selbst das gerichtliche Geständnis hat nicht wie im Zivilprozess (§ 288 ZPO) Beweiskraft; das gilt auch in der Beschwerdeinstanz (Keidel/Kayser, a.a.O., Rz. 30). Für eine Anwendung des § 296 Abs. 2 ZPO ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Übrigen kein Raum.

Die verbleibenden Zweifel gehen insoweit zu Lasten des Ehemannes, der die Feststellungslast für diejenigen Tatsachen trägt, die das beanspruchte Recht hindern, vernichten oder hemmen (Bassenge/Herbst, FGG, 9. Aufl., § 12, Rz. 2, m.w.N.).

Die vom Ehemann im Hinblick auf die Schenkung eines Gebrauchtwagens erklärte Aufrechnung greift nicht, weil es mangels Gleichartigkeit des zur Aufrechnung gestellten Gegenanspruches an einer Aufrechnungslage fehlt (§ 387 BGB). Offenbleiben kann, ob hier eine Zweckschenkung vorliegt - dabei wird nach Inhalt oder Geschäftsgrundlage des Rechtsgeschäfts ein über die Zuwendung an den Beschenkten hinausgehender Zweck verfolgt, auf dessen Vollziehung kein Anspruch besteht, dessen Nichterreichen aber Ansprüche nach § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB auslösen kann (BGH, NJW 1984, 233; Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 525, Rz. 11) - wie der Ehemann geltend macht. Unter den gegebenen Umständen könnte er nämlich in erster Linie nur die Herausgabe des Erlangten (§ 818 Abs. 1 BGB) - also Rückübertragung des Fahrzeuges - verlangen, zumal eine Unmöglichkeit der Herausgabe mit der Folge eines Wertersatzanspruches (§ 818 Abs. 2 BGB) jedenfalls derzeit nicht ersichtlich ist.

Aus den dargelegten Gründen geht auch die Berufung des Ehemannes auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) fehl.

Der angefochtene Beschluss bedarf aber - von Amts wegen - insoweit der Korrektur, als der Anspruch auf Zahlung der Ausgleichsrente nicht vor Rechtskraft der Scheidung - hier dem 8. Juli 1999 - entsteht und der Ehezeitanteil der betrieblichen Altersversorgung nach vollen Monaten zu berechnen ist.

Zudem ist entgegen der Handhabung des Familiengerichts der anzurechnende Betrag aus der im Wege des öffentlich-rechtlichen Teilausgleichs übertragenen Anwartschaft zu aktualisieren (BGH, FamRZ 2000, 89, 92). Dies kann wegen der Volldynamik der betrieblichen Altersversorgung des Ehemannes hier durch Anrechnung des mit Hilfe des aktuellen Rentenwerts aktualisierten öffentlich-rechtlichen Teilausgleichs auf den vollen Ausgleichsbetrag erfolgen (OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 235, 237; Kemnade, FamRZ 2000, 827, 828; Gutdeutsch, FamRZ 2000, 1201, 1202).

Danach ist hier wie folgt zu rechnen:

8. Juli bis 31. Dezember 1999:

BruttoAV M 1999 (wie FamG) 12.501,87 DM Monatlich (:12) 1.041,82 DM Ehezeitanteil (238/292) 849,16 DM Anteil F (:2) 424,58 DM ./. Teilausgleich (86,80 DM : <Rw 5/98> 47,44 * <Rw 7/99> 48,29 =) 88,36 DM 336,22 DM 171,91 EUR

Tituliert sind dagegen (338,60 DM oder) 173,12 EUR.

1. Januar bis 30. Juni 2000:

BruttoAV M 2000 (wie FamG) 11.786,36 DM Monatlich (:12) 982,20 DM Ehezeitanteil (238/292) 800,56 DM Anteil F (:2) 400,28 DM ./. Teilausgleich (86,80 DM : <Rw 5/98> 47,44 * <Rw 7/99> 48,29 =) 88,36 DM 311,92 DM 159,48 EUR

Tituliert sind (314,26 DM oder) 160,68 EUR.

1. Juli bis 31. Dezember 2000:

BruttoAV M 2000 (wie FamG) 11.786,36 DM Monatlich (:12) 982,20 DM Ehezeitanteil (238/292) 800,56 DM Anteil F (:2) 400,28 DM ./. Teilausgleich (86,80 DM : <Rw 5/98> 47,44 * <Rw 7/00> 48,58 =) 88,89 DM 311,39 DM 159,21 EUR

Tituliert sind (314,26 DM oder) 160,68 EUR.

1. Januar bis 31. Mai 2001:

BruttoAV M 2001 (laut Auskunft vom 6. März 2002) 12.251,75 DM Monatlich (:12) 1.020,98 DM Ehezeitanteil (238/292) 832,17 DM Anteil F (:2) 416,08 DM ./. Teilausgleich (86,80 DM : <Rw 5/98> 47,44 * <Rw 7/00> 48,58 =) 88,89 DM 327,19 DM 167,29 EUR

Wegen des - auch im Versorgungsausgleichsverfahren anzuwendenden (BGH, FamRZ 1983, 44, 47; FamRZ 1989, 290, 291; FamRZ 1996, 97, 98, Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, a.a.O., § 621 e ZPO, Rz. 20) - Verbots der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers (reformatio in peius) ist für diesen Zeitraum eine Abänderung zu Gunsten der Ehefrau über den vom Familiengericht titulierten Betrag von (314,26 DM oder) 160,68 EUR hinaus nicht vorzunehmen.

In diesem Umfang hat die Beschwerde des Ehemannes Erfolg. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a FGG.

Die Wertfestsetzung folgt aus § 99 Abs. 3 Nr. 2 KostO (a.F.).

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§§ 621 Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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