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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.11.2002
Aktenzeichen: 7 U 59/02
Rechtsgebiete: AGBG, ZPO, ZVG


Vorschriften:

AGBG § 1 Abs. 1
AGBG § 3
AGBG § 4
AGBG § 5
AGBG § 9
AGBG § 11
AGBG § 11 Nr. 15
ZPO § 511
ZPO § 511 a
ZPO § 516 a.F.
ZPO § 518 a.F.
ZPO § 519 a.F.
ZPO § 767
ZVG § 91
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

7 U 59/02

Verkündet am 19.11.2002

In dem Rechtsstreit

wegen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung

hat der 7. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 2002 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Holschuh, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Kuhn-Krüger und der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Madert-Fries

für Recht erkannt Tenor:

I.

Auf die Berufung der Kläger wird das am 19.12.2001 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - Az.: 12 O 174/00 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1)

Die Zwangsvollstreckung aus den folgenden Urkunden des Notars in:

UR-Nr. vom 10.7.1980 über 80.000 DM

UR-Nr. vom 2.6.1981 über 80.000 DM

UR-Nr vom 3.5.1983 über 100.000 DM

wird für unzulässig erklärt.

2)

Die Beklagte wird verurteilt, die vollstreckbaren Ausfertigungen der unter 1) genannten Urkunden an die Kläger herauszugeben.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Kläger in entsprechender Höhe Sicherheit leisten.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

V.

Der Geschäftswert für das Berufungsverfahren wird auf 129.341,10 € (252.969,20 DM) festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger zu 1) unterhielt bei der Beklagten für seinen damaligen Geschäftsbetrieb Girokonten mit den Nummern (später:) und (später:).

Die Kläger unterzeichneten folgende Darlehensverträge:

1)

Darlehensvertrag vom 23.6.1980 über 80.000 DM (Bl. 13 ff. d.A.)

2)

Darlehensvertrag vom 3.10.1980 über 80.000 DM (Bl. 21 ff. d.A.)

3)

Darlehensvertrag vom 21.5.1981 über 80.000 DM (Bl. 25 ff. d.A.)

4)

Darlehensvertrag vom 25.4.1983 über 60.000 DM (Bl. 33 ff. d.A.).

Die Darlehensverträge Ziffer 1), 3) und 4) wurden jeweils nur von einem Mitarbeiter der Beklagten unterzeichnet. Der Darlehensvertrag Ziffer 4) enthält den Vermerk, dass die Darlehensraten vom Konto Nr. eines abgebucht werden sollten.

In den Darlehensverträgen Ziffer 3) und 4) ist als Sicherungsobjekt das Anwesen vermerkt. Der Darlehensvertrag Ziffer 4) enthält den maschinenschriftlichen Eintrag:

"Das Darlehen wird zur Abdeckung der Überziehung auf Konto Nr. zur Verfügung gestellt." Die Darlehen Ziffer 1) und 2) sollten über das Konto Nr. zurückgeführt werden. Die Vertragsformulare enthalten unter Ziffer 9 jeweils folgende gleichlautende Bestimmung:

"Zur Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der gegen den Darlehensnehmer (ist der Darlehensnehmer eine Personenmehrheit, auch Forderungen gegen jede Einzelperson) an Hauptsumme, Zinsen und Kosten aus diesem Darlehensvertrag oder aus der sonstigen Geschäftsverbindung (insbesondere aus lfd. Rechnung, Krediten und Darlehen jeder Art und Wechseln sowie aus Wechseln, die von Dritten hereingegeben wurden, Bürgschaften, Abtretungen oder gesetzlichem Forderungsübergang) werden der in besonderen Urkunden folgende Sicherheiten bestellt:"

Im Anschluss daran ist in den einzelnen Verträgen Folgendes jeweils maschinenschriftlich eingesetzt:

Darlehen Ziffer 1): "Briefgrundschuld an 4. Rangstelle auf dem Neubau, in Höhe von DM 80.000", Darlehen Ziffer 2): "Briefgrundschulden in Höhe von insgesamt DM 160.000 auf dem Anwesen Darlehen Ziffer 3): "Briefgrundschulden über DM 240.000 auf dem Neubau", Darlehen Ziffer 4): "Grundschulden auf dem Anwesen, über insgesamt DM 340.000".

Die Kläger bestellten der Beklagten an ihrem Grundstück in, das nicht identisch ist mit den in Ziffer 9 der Darlehensverträge bezeichneten Grundstücken, folgende Grundschulden:

- Grundschuldbestellung vom 10.7.1980 über 80.000 DM - UR-Nr. (Bl. 60 ff. d.A.)

- Grundschuldbestellung vom 6.10.1980 über 80.000 DM - UR-Nr. (Bl. 52 ff. d.A.)

- Grundschuldbestellung vom 2.6.1981 über 80.000 DM - UR-Nr. (Bl. 42 ff. d.A.)

- Grundschuldbestellung vom 3.5.1983 über 100.000 DM - UR-Nr. (Bl. 66 ff. d.A.).

Ziffer 5 der Bestellungsurkunden hat jeweils folgenden Inhalt:

"Für die Zahlung des Grundschuldbetrages ... übernehmen die Eheleute ... ... die persönliche Haftung, aus der sie ohne vorherige Zwangsvollstreckung in das belastete Grundeigentum in Anspruch genommen werden können. Sie unterwerfen sich wegen dieser persönlichen Haftung der Gläubigerin gegenüber der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in das gesamte Vermögen."

Das Darlehen Ziffer 4) wurde nicht ausbezahlt.

Die Beklagte stellte mit Schreiben vom 6.10.1980 das Darlehen Ziffer 2) mit 95.999,78 DM fällig. Aufgrund der Versteigerung des Hausanwesens der Kläger im März 1986 wurde das Darlehen Ziffer 2) getilgt und die Grundschuld vom 6.10.1980 abgelöst.

Die Beklagte betreibt nach erfolgter Zwangsversteigerung des Sicherungsobjektes die Zwangsvollstreckung gegen die Kläger aus verschiedenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen, und zwar auf der Grundlage von Ziffer 5 der vorerwähnten Grundschuldbestellungsurkunden.

Die Kläger halten die Zwangsvollstreckung für unzulässig.

Die Kläger haben behauptet, die Darlehensverträge seien im Entwurfsstadium steckengeblieben; die Darlehenssummen seien nicht ausbezahlt worden. Die Verträge seien derart fehlerhaft gewesen, dass sie aus banktechnischen Gründen nicht valutierungsfähig gewesen seien. Sie haben die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Kläger haben zunächst Klage erhoben mit den Anträgen,

1)

die Zwangsvollstreckung aus folgenden Urkunden des Notars in

UR-Nr. vom 10.7.1980 über 80.000 DM

UR-Nr. vom 6.10.1980 über 80.000 DM

UR-Nr. vom 2.6.1981 über 80.000 DM

UR-Nr. vom 3.5.1983 über 100.000 DM

für unzulässig zu erklären und

2)

die Beklagte zu verurteilen, die vollstreckbaren Ausfertigungen der genannten Urkunden an die Kläger herauszugeben.

Nachdem die Beklagte im Verlauf des Rechtsstreits die Urkunde Nr. an die Kläger herausgegeben hat, haben die Parteien insoweit den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Kläger haben sodann beantragt,

1)

die Zwangsvollstreckung aus den folgenden Urkunden des Notars in

UR-Nr. vom 10.7.1980 über 80.000 DM

UR-Nr. vom 2.6.1981 über 80.000 DM

UR-Nr. vom 3.5.1983 über 100.000 DM

für unzulässig zu erklären;

2)

die Beklagte zu verurteilen, die vollstreckbaren Ausfertigungen der genannten Urkunden an die Kläger herauszugeben.

Die Beklagte hat insoweit beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, ihre Einzelforderungen gegen die Kläger hätten sich per 30.12.1987 auf 570.456,14 DM belaufen. Die Klägerin zu 2) sei im Zusammenhang mit den von ihr unterzeichneten Darlehensverträgen wiederholt auf Kontoüberziehungen des Klägers zu 1) hingewiesen worden. Soweit falsche Bezeichnungen oder sonstige Fehler vorlagen, seien dies belanglose Versehen der Mitarbeiter.

Nach durchgeführter Beweisaufnahme hat das Landgericht durch Urteil vom 19.12.2001, auf das verwiesen wird, die Klage überwiegend abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Den Klägern stünden wegen der gesicherten Verbindlichkeiten keine Einwendungen gegen die in den Urkunden UR-Nr. und titulierten Forderungen zu. Die offenen Forderungen der Beklagten gegen die Kläger hätten per April 2000 mindestens rund 268.000 DM betragen. Die in den Darlehensverträgen enthaltenen Sicherungsabreden seien dahingehend auszulegen, dass nicht nur die Grundschulden als Sicherheiten dienen sollten, sondern auch die in den Grundschuldurkunden vorgesehenen persönlichen Haftungsübernahmen. Die formularmäßige Erstreckung der Sicherung auf die persönliche Haftung sei nicht überraschend. Die von den Klägern beanstandeten Fehleintragungen hätten keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Darlehensverträge; Anhaltspunkte für Manipulationen seien nicht vorhanden.

Einwendungen ergäben sich lediglich gegen die in der Urkunde UR-Nr. titulierte Forderung; denn insoweit sei wegen der zur Einziehung überwiesenen gepfändeten Beträge teilweise Befriedigung eingetreten

Da der Sicherungszweck bezüglich der streitgegenständlichen Urkunden bisher nicht bzw. nicht vollständig weggefallen sei, bestehe auch kein Anspruch auf Herausgabe der Urkunden.

Gegen dieses ihnen am 27.12.2001 zugestellte Urteil haben die Kläger am 25.1.2002 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 2.4.2002 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie tragen vor:

Zu Unrecht sei das Landgericht von der Wirksamkeit der Sicherungsvereinbarungen ausgegangen. Die in den Grundschuldurkunden vorgesehene Übernahme der persönlichen Haftung verstoße gegen den in § 4 AGBG vorgesehenen Vorrang der Individualabrede. Auch im Hinblick auf § 5 AGBG sei die Ansicht des Landgerichts nicht haltbar. Hinzu komme, dass die Grundschulden jeweils erst nach Abschluss der Darlehensverträge bestellt wurden und es deshalb zum Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge nicht klar gewesen sei, ob die Grundschulden mit einer persönlichen Haftungsübernahme und einer Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung bestellt würden.

Es bestünden auch weiterhin Bedenken gegen die Wirksamkeit der Darlehensverträge. Die Beklagte habe auch fehlerhaft bzw. unvollständig verbucht; die Valutierung der Kredite habe die Beklagte nicht dargelegt. Die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde UR-Nr. sei bereits deshalb unzulässig, weil es zu der Darlehensgewährung, zu deren Sicherung die Grundschuld bestellt worden war, unstreitig nicht gekommen ist. Sowohl die Darlehens- wie die Grundschuldzinsen seien bis einschließlich 1997 verjährt.

Sie beantragen,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 19.12.2001

1)

die Zwangsvollstreckung aus den folgenden Urkunden des Notars in

UR-Nr. vom 10.7.1980 über 80.000 DM

UR-Nr. vom 2.6.1981 über 80.000 DM

UR-Nr. vom 3.5.1983 über 100.000 DM

für unzulässig zu erklären;

2)

die Beklagte zu verurteilen, die vollstreckbaren Ausfertigungen der genannten Urkunden an die Kläger herauszugeben,

hilfsweise,

festzustellen, dass die von der Beklagten behaupteten, von den persönlichen Haftungsübernahmen gesicherten persönlichen Forderungen nicht, hilfsweise nicht in der von der Beklagten behaupteten Höhe, (unverjährt) bestehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor:

Die in den Darlehensverträgen enthaltene Sicherungsabrede sei banküblich. Die Übernahme der persönlichen Haftung stelle eine zusätzliche Sicherung neben der Grundschuld dar.

Wegen des Berufungsvorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akten 4 O 449/86 und 9 O 125/98 des Landgerichts Saarbrücken waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Kläger ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig gemäß §§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO (a.F.).

B.

Die Berufung der Kläger ist auch begründet; denn die von ihnen erhobene Vollstreckungsgegenklage ist zulässig und begründet.

I.

Die von den Klägern erhobene Vollstreckungsgegenklage (§§ 767,794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) ist zulässig; insbesondere ist - wovon auch das Landgericht zu Recht ausgegangen ist - das für eine Klage aus § 767 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse gegeben. Dieses liegt vor, sobald eine Zwangsvollstreckung ernstlich droht und ist erst dann zu verneinen, wenn eine Zwangsvollstreckung unzweifelhaft nicht beabsichtigt ist oder endgültig nicht mehr in Betracht kommt (vgl. dazu Zöller-Herget, ZPO, 23. Aufl., § 767 Rdnr. 8 m.w.N.). Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte im Besitz der drei Grundschuldbestellungsurkunden Nr. vom 10.7.1980, Nr. vom 2.6.1981 und Nr. vom 3.5.1983 ist und aus hierauf gestützten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen gegen die Kläger vorgeht, begegnet die Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses für die vorliegende Klage keinen Bedenken.

II.

Die Vollstreckungsgegenklage ist auch begründet; denn die von der Beklagten gegen die Kläger betriebene Zwangsvollstreckung ist unzulässig.

Die Beklagte betreibt die Zwangsvollstreckung gegen die Kläger jeweils nur noch aufgrund der in den Grundschuldbestellungsurkunden unter Ziffer 5 enthaltenen Klausel, wonach die Kläger für die Zahlung des Grundschuldbetrages die persönliche Haftung übernehmen und sich insoweit der Beklagten gegenüber der sofortigen Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen unterwerfen.

Hierzu ist die Beklagte nicht berechtigt.

1)

Fraglich erscheint bereits, ob die Kläger gemäß Ziffer 5 der Grundschuldbestellungsurkunden wirksam die persönliche Haftung übernommen haben.

Zwar ist die Übernahme der persönlichen Haftung in Höhe des Grundschuldbetrages neben der Bestellung einer Grundschuld grundsätzlich rechtlich möglich. Es handelt sich dabei um ein abstraktes Schuldversprechen (§ 780 BGB), das den Sicherungszweck der Grundschuld teilt und mit dessen Erledigung bzw. im Umfang der Befriedigung aus der Grundschuld erlischt (vgl. dazu BGH NJW 1987, 319; 1988, 707; NJW-RR 1987, 1350. ZIP 218; 1999, 1591); soweit die Grundschuld in der Zwangsversteigerung ausfällt, besteht die Haftung weiter (vgl. BGH NJW 1991, 286).

Hiernach wäre die Beklagte zu einer Inanspruchnahme der Kläger aus der persönlichen Haftungsübernahme weiterhin berechtigt unbeschadet des Umstandes, dass die Grundschulden gemäß § 91 ZVG erloschen sind durch die Versteigerung des Sicherungsobjektes (des Hausanwesens der Kläger), wodurch der Beklagten 141.239,10 DM zugeflossen sind, die auf das Darlehen vom 3.10.1980 und die - nicht mehr streitgegenständliche - Grundschuld vom 6.10.1980 verrechnet wurden. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, dass es zu einer wirksamen Haftungsübernahme gekommen ist, die die Beklagte zur Vollstreckung gegen die Kläger berechtigt. Hiervon ist letztlich nicht auszugehen.

Bereits die Wirksamkeit der Übernahme der persönlichen Haftung begegnet rechtlichen Bedenken.

Die Frage der Wirksamkeit der in Ziffer 5 der Grundschuldbestellungsurkunden enthaltenen Regelung richtet sich vorliegend nach den Bestimmungen des AGB-Gesetzes. Bei den verwendeten Klauselwerken handelt es sich fraglos um vorformulierte Vertragsbedingungen im Sinne des § 1 Abs. 1 AGBG, wobei es unerheblich ist, dass die Schriftstücke notariell beurkundet wurden (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 1 AGBG, Rdnr. 8, m.w.N.). a) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine formularvertragliche Regelung über die Übernahme der persönlichen Haftung im Hinblick auf die Vorschriften des AGB-Gesetzes als wirksam anzusehen ist bzw. ob sie speziell mit den §§ 3, 9 und 11 AGBG in Einklang steht, war Gegenstand zahlreicher Entscheidungen und Stellungnahmen in der Kommentarliteratur.

Nach BGHZ 99, 274, 282 ist eine derartige in einem notariell beurkundeten Vertrag enthaltene Haftungsklausel dann nicht überraschend im Sinne des § 3 AGBG, und deshalb wirksam, wenn sie durch eine fettgedruckte Überschrift hervorgehoben wird, so dass sie dem Leser auffallen muss; vor allem aber steht nach Auffassung des BGH in solchem Fall der Umstand, dass der beurkundende Notar über Inhalt und rechtliche Bedenken zu belehren hat (§ 17 Abs. 1 BeurkG), einer Überraschung entgegen (vgl. BGHZ a.a.O., vgl. dazu auch BGH WM 1990, 304; OLG Hamm WM 1987, 1064).

Ein Verstoß gegen § 9 AGBG wird in einem solchen Fall von Rechtsprechung und herrschender Lehre - jedenfalls sofern Schuldner und Sicherungsgeber identisch sind - überwiegend verneint (vgl. BGH NJW-RR 1990, 246; BGHZ 99, 274; 114, 9; OLG Stuttgart NJW 1979, 222; Erman/Wenzel, BGB, 10. Aufl., § 1191, Rdnr. 15; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 1191 Rdnr. 51 ff.; Staudinger-Wolf-Steiner, BGB, 12. Aufl., Rdnr. 105 vor §§ 1191 ff. m.w.N.). Ein Verstoß gegen § 11 Nr. 15 AGBG wird ebenfalls nicht angenommen, da die mit Stellung der abstrakten Sicherheit eintretende Beweislastumkehr nicht vereinbart, sondern gesetzlichen Ursprungs ist (vgl. BGHZ 114, 9; 12).

Hiernach erscheint die Wirksamkeit der Übernahme der persönlichen Haftung durch die Kläger in den streitgegenständlichen Grundschuldbestellungsurkunden zumindest im Hinblick auf die bezüglich § 3 AGBG dargestellten Grundsätze problematisch. Entgegen der Sachlage, die der Entscheidung BGHZ 99, 274 ff. zugrunde lag, ist die fragliche Klausel in den hier verwendeten Formularen nämlich gerade nicht durch eine fettgedruckte Überschrift hervorgehoben; die Klausel enthält überhaupt keine eigene Überschrift. Die einzelnen Bestimmungen, die durch laufende Ziffern gekennzeichnet sind, stehen vielmehr sämtlich unter der - allgemeinen - Überschrift: "Grundschuldbestellung." Die Formulierungen "persönliche Haftung", "sofortigen Zwangsvollstreckung" und "gesamte Vermögen" sind zwar in etwas fetteren Buchstaben gedruckt als der übrige Text. Da sie sich jedoch im Kontext der übrigen - kleingedruckten - Klauseln befinden, erscheint äußerst fraglich, ob diese Gestaltung geeignet ist, einem Überraschungseffekt entgegen zu wirken, oder ob nicht der Inhalt der genannten Klausel durch den Aufbau des Formulars - Überschrift: Grundschuldbestellung - und die Aufnahme der Sicherungsmittel "Grundschuld" und "persönliche Haftungsübernahme" ohne hinreichend deutliche Kennzeichnung in dem kleingedruckten Text im Widerspruch zu einem durch diese konkreten Individualumstände - die Überschrift bezeichnet im Gegensatz zum Text nur ein Sicherungsmittel - geprägten konträren Erwartungsbild steht (so Wolf-Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 3, Rdnr. 48).

b)

Bedenken gegen die Wirksamkeit der in Ziffer 5 der Grundschuldbestellungsurkunden formulierten Haftungsübernahmen ergeben sich des Weiteren aus § 4 AGBG, wonach individuelle Vertragsabreden Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben.

Vorliegend haben die Parteien in Ziffer 9 der Darlehensverträge jeweils vereinbart, dass als Sicherungsmittel nur Grundschulden bestellt werden. Diese als individualvertraglich zu wertenden Vereinbarungen (BGH NJW 1987, 2011) dürften gegenüber den sich aus den formularvertraglichen Regelungen in Ziffer 5 der Grundschuldbestellungsurkunden ergebenden zusätzlichen Haftungsübernahmen vorrangig im Sinne des § 4 AGBG sein mit der Folge, dass Letztere unwirksam sind.

2)

Dies bedarf jedoch vorliegend letztlich keiner Entscheidung; denn auch wenn der Regelung in Ziffer 5 der Grundschuldbestellungsurkunden die vorgenannten Vorschriften des AGB-Gesetzes nicht entgegenstehen sollten, ist es der Beklagten verwehrt, aus den Grundschuldurkunden im Hinblick auf die dort vorgesehene Übernahme der persönlichen Haftung gegen die Kläger zu vollstrecken. Falls diese Haftungsübernahme überhaupt wirksam sein sollte, steht einer Vollstreckung durch die Beklagte die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung entgegen (§ 821 BGB); die Beklagte hat diese Sicherungsmittel nämlich jedenfalls rechtsgrundlos erlangt.

a)

Rechtsgrund für das Erlangen dieses Sicherungsmittels hätte nur jeweils eine entsprechende Zweckvereinbarung der Parteien sein können. Eine solche Zweckvereinbarung ist jedoch nicht zustande gekommen.

Die Sicherung der einzelnen Darlehensverträge bemisst sich jeweils nach der Regelung in Ziffer 9 der Darlehensverträge. In keinem der hier streitigen Verträge ist dort indes die Übernahme der persönlichen Haftung mit Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung als Sicherungsmittel genannt.

Die streitgegenständlichen Verträge enthalten folgende Regelungen:

- Vertrag vom 23.6.1980 (Bl. 13 ff. d.A.):

"Briefgrundschuld an 4. Rangstelle auf dem Neubau, in Höhe von 80.000 DM"

- Vertrag vom 21.5.1981 (Bl. 25 ff. d.A.):

"Briefgrundschulden über 240.000 DM auf dem Neubau

- Vertrag vom 25.4.1983 (Bl. 33 ff. d.A.):

"Grundschulden auf dem Anwesen, über insgesamt 340.000 DM".

Hiernach sind in den entsprechenden Klauseln als Sicherungsmittel lediglich Grundschulden genannt; ein irgendwie gearteter Hinweis auf die Übernahme persönlicher Haftung verbunden mit der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung fehlt, so dass eine s ausdrückliche Zweckvereinbarung bezüglich der Übernahme der persönlichen Haftung aus den Darlehensverträgen gerade nicht hervor geht.

b)

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass durch die genannten Klauseln in Ziffer 9 der Darlehensverträge konkludent der gesamte Inhalt der jeweils erst später verfassten Grundschuldbestellungsurkunden einbezogen worden wäre mit der Folge, dass auf diese Weise die persönliche Haftungsübernahme Bestandteil der einzelnen Sicherungsvereinbarungen geworden wäre. Derartiges folgt aus dem Text der einzelnen Klauseln nicht, und zwar abgesehen von dem Umstand, dass die Eintragungen in Ziffer 9 der Darlehensverträge als Sicherungsobjekt das Anwesen der Eltern des Klägers zu 1) bezeichnen, während die Grundschulden an Anwesen der Kläger bestellt wurden. Dies spielt letztlich keine entscheidende Rolle; denn der Auslegung der Klauseln dahingehend, hierdurch werde der gesamte Inhalt der Grundschuldbestellungsurkunden in die Darlehensverträge einbezogen, steht ohnehin der - übrige - Wortlaut der Klauseln in Ziffer 9 entgegen. Dort fehlt nämlich ein hinreichend konkreter Bezug auf die einzelnen Grundschuldurkunden; die Rede ist lediglich von "besonderen Urkunden", anschließend von "Briefgrundschuld(en)" bzw. "Grundschulden".

Damit aber sind in den betreffenden Klauseln konkret nur die zu stellenden und nach ihrer Art bezeichneten Sicherungsmittel (Grundschulden) aufgeführt; dass damit auch sonstige Erklärungen, die im Zusammenhang mit der erst später erfolgten Bestellung dieser Sicherheiten abgegeben werden würden, Vertragsinhalt werden sollten, folgt hieraus nicht.

c)

Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, die Kläger hafteten aufgrund der Regelung in Ziffer 5 der Grundschuldbestellungsurkunden auch deshalb, weil persönliche Haftung gemäß banküblicher Praxis regelmäßig im Zusammenhang mit einer Grundschuldbestellung als Sicherungsmittel verlangt werde. Dem kann nicht gefolgt werden.

Wird eine Grundschuld als Sicherungsmittel zur Verfügung gestellt, folgt daraus noch nicht, dass hiermit quasi "automatisch" auch die Übernahme der persönlichen Haftung verbunden mit der Unterwerfungserklärung einhergeht. Bei der Übernahme der persönlichen Haftung handelt es sich nämlich keineswegs um eine Art "Annex" zur Grundschuldbestellung; die Übernahme der persönlichen Haftung stellt vielmehr ein eigenständiges zusätzliches Sicherungsmittel dar (vgl. BGH NJW 1980, 392; NJW 1991, 286, 287; Soergel-Konzen, BGB, 12. Aufl., §§ 1191, 1192, Rdnr. 8), das, da es regelmäßig mit der Vollstreckungsunterwerfung verbunden ist, in seinen rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen weit über die Folgen einer Grundschuldbestellung hinausgeht. Im Fall der Grundschuldbestellung haftet dem Gläubiger nämlich nur ein einziger Gegenstand, das Grundstück, während die Übernahme der persönlichen Haftung verbunden mit der Unterwerfungserklärung dem Gläubiger die sofortige Vollstreckung in das gesamte Vermögen des Schuldners eröffnet. Dass Kreditinstitute ein nachvollziehbares, unter Umständen auch berechtigtes Interesse an diesem zusätzlichen Sicherungsmittel haben, kann angenommen werden. Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass die wirksame Erlangung dieses Sicherungsmittels einer entsprechenden Vereinbarung bedarf.

Gegen die Annahme, mit der Stellung einer Grundschuld als Sicherungsmittel sei wegen der entsprechenden bankmäßigen Gepflogenheiten automatisch die Übernahme der persönlichen Haftung vereinbart, sprechen zudem die vorstehend zu § 3 AGBG angeführten Erwägungen: Würden diese beiden Sicherungsmittel tatsächlich üblicherweise eine Einheit darstellen, wären nämlich die von der Rechtsprechung zur Vermeidung eines Überraschungseffekts geforderten Vorkehrungen (hervorgehobener Druck, Belehrung durch den Notar) überflüssig.

Hiernach umfassen die jeweiligen Sicherheitsabreden nicht die Übernahme der persönlichen Haftung durch die Kläger; da die Beklagte folglich auf dieses Sicherungsmittel keinen Anspruch hatte, ist sie insoweit rechtsgrundlos bereichert.

Diesen Einwand der ungerechtfertigten Bereichung können die Kläger der Beklagten auf der Grundlage des § 767 ZPO erfolgreich entgegenhalten.

Hiernach war die Zwangsvollstreckung insgesamt für unzulässig zu erklären. Entsprechend Ziffer 2) des Klageantrages ist die Beklagte zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigungen verpflichtet, da nunmehr der Sicherungszweck insgesamt weggefallen ist (vgl. dazu Zöller-Herget, ZPO, a.a.O., § 767, Rdnr. 21).

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 91 a ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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