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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.12.2006
Aktenzeichen: 8 U 25/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138 Abs. 1
Ein notarieller Grundstückskaufvertrag kann gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn der Erwerber eine emotionale Zwangslage des Veräußerers ausnutzt, um hieraus in sittenwidriger Weise Vorteile zu ziehen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Erwerber dem emotional abhängigen, nach dem Tod eines nahen Angehörigen psychisch belasteten Veräußerer suggeriert, mit der Übertragung des Grundstücks eine "Karmaschuld" zu begleichen.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

8 U 25/06

Verkündet am: 21.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30.11.2006 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Gaillard, den Richter am Oberlandesgericht Barth sowie die Richterin am Oberlandesgericht Feltes

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 7.12.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 3/05 - wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin (wegen der Kosten) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Klägerin leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückübertragung des Grundstücks in <Ortsbezeichnung>, <Straßenname>, in Anspruch, das sie der Beklagten mit notariellem Kaufvertrag vom 15. Februar 2002 (Anlage K. 5, Bl. 36 ff), geändert durch notariellen Vertrag vom 18. April 2002 (Anlage K. 6, Bl. 44 ff) sowie nochmals geändert durch Vertrag vom 27. November 2003 (Anlage K. 8, Bl. 50 ff) verkauft hatte. Zur Begründung hat sie sich darauf berufen, der Kaufvertrag über das streitgegenständliche Anwesen sei auf Druck der Beklagten zu Stande gekommen, denn diese habe ihr suggeriert, die Übertragung sei zur Begleichung ihrer "Karmaschuld" notwendig; gleichzeitig müsse verhindert werden, dass die Tochter der Klägerin das Grundstück erhalte.

Durch das angefochtene Urteil (Bl. 276 ff), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Rückauflassung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB zur Rückübertragung verpflichtet, denn die zu Grunde liegenden Kaufverträge seien wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme und der Umstände des Vertragsschlusses sei das Gericht davon überzeugt, dass sich die Klägerin bei Abschluss und Änderung des Vertrages in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe und dass die Beklagte dieses erkannt und zum Zwecke des Abschlusses des für sie vorteilhaften Vertrages in rechtlich zu missbilligender Art und Weise ausgenutzt habe.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie macht im Wesentlichen geltend, das Erstgericht sei aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin habe diese Verträge ohne hinreichende Entschließungsfreiheit geschlossen, weil sie von der Beklagten abhängig gewesen sei und sich deren Willen gebeugt habe.

Bei seiner Beweiswürdigung habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass jeder der klägerseits benannten Zeugen ein ganz erhebliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits zu Gunsten der Klägerin habe. Die Zeugen M1 und A. M. führten selbst Prozesse gegen die Beklagte mit der inhaltlich gleichen Argumentation wie vorliegend. Weder sei die Beklagte in der Lage, andere Personen zu manipulieren, noch seien die Klägerin und die Zeugin M. überhaupt manipulierbar. Gegen den Zeugen H., einen ehemaligen Mieter der Beklagten, mache diese noch eine rückständige Forderung geltend, weshalb keine gute "Beziehung" bestehe. Die Zeugin S. habe als Tochter der Klägerin und deren Alleinerbin ein extremes Interesse am Ausgang des Rechtsstreites. Diese habe schon 1998 - unstreitig - versucht, die Klägerin unter Betreuung zu stellen, was ihr allerdings nach Einholung von ärztlichen Stellungnahmen und Anhörung der Klägerin nicht gelungen sei. Das beweise, dass schon die damaligen Annahmen der Zeugin in Bezug auf die Geschäftsfähigkeit der Klägerin unzutreffend gewesen seien. Die damalige Entscheidung des Amtsgerichts belege vielmehr, dass sich die Klägerin keineswegs in eine tiefe seelische - intellektuelle Abhängigkeit zur Beklagten begeben habe. Letztlich seien die Ausführungen des Erstgerichts, der Beklagten sei es in Bezug auf die Klägerin gelungen, diese durch zunächst sicherlich sehr hilfreiche Unterredungen und Ratschläge in zunehmendem Maße an sich zu binden und das hieraus im Laufe der Zeit erwachsende absolute Vertrauensverhältnis in ein Abhängigkeitsverhältnis umzuwandeln, welches Anlass und Ursache für den Abschluss des streitgegenständlichen Grundstückskaufvertrages gewesen sei, spekulativ und durch nichts belegt. Die Zeugenaussagen allein seien auch nicht aussagekräftig, vielmehr sei sachverständige Hilfe bei Beurteilung des Sachverhaltes erforderlich. Mangels ausreichenden Beweises durch die Klägerin komme es auf die beklagtenseits benannten Zeugen nicht an. Diese hätten jedoch alle kein Interesse am Ausgang des Rechtsstreites; ihre Bekundungen seien glaubhaft. Diese hätten bestätigt, dass die Klägerin gewollt habe, dass die Beklagte das streitgegenständliche Haus erhalte, damit ihre Tochter es nicht bekomme. Schließlich habe es das Landgericht auch unterlassen, die von Beklagtenseite benannten Notare als Zeugen zu vernehmen.

Entgegen der Auffassung des Erstgerichts existierten auch keine weiteren Merkwürdigkeiten.

Das Haus sei noch nicht einmal 153.000 € Wert gewesen. Es sei komplett renovierungsbedürftig und reparaturbedürftig. Die Beklagte habe auch die Darlehensraten der letzten acht Jahre getragen. Zumindest müsste die Bewilligung der Rückauflassung Zug um Zug gegen Entlassung der Beklagten aus dem Schuldbeitritt gemäß notariellem Vertrag vom 27.11.2003 (UR. Nr. des Notars M.,) erfolgen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 360, 493),

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 7.12.2005 - 14 O 3/05 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt (Bl. 338, 493),

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vorbringens entgegen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 30.11.2006 (Bl. 493 f) Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückauflassung des streitbefangenen Grundstücks gemäß § 812 BGB gegen die Beklagte zu, da dessen Übereignung ohne Rechtsgrund erfolgt ist. Die notariellen Verträge vom 15.2.2002 (Anlage K. 5, Bl. 36 ff), 18.4.2002 (Anlage K. 6, Bl. 44 ff) und 27.11.2003 (Anlage K. 8, Bl. 50 ff), mit denen die Klägerin ihr Grundstück in <Ortsbezeichnung>, <Straßenname> auf die Beklagte übertragen hat, sind nämlich, wie das Landgericht ohne Rechtsfehler ausgeführt hat, gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig.

Ein solcher kann sich auch daraus ergeben, dass eine Verpflichtung ohne hinreichende Entschließungsfreiheit eingegangen wird. § 138 BGB schützt auch vor der Ausnutzung der emotionalen Zwangslage und der persönlichen Verstrickung sowie vor der Ausnutzung einer Vertrauensstellung, um hieraus in sittenwidriger Weise Vorteile zu ziehen (BGH NJW 1991, 1046 - zitiert nach juris Rn 15; MünchKomm(BGB) - Armbrüster, 5. Aufl. 2006, § 138 Rn 95).

Hiervon ausgehend hat das Landgericht die Sittenwidrigkeit der in Rede stehenden Kaufverträge nach Anhörung der Parteien und Durchführung einer Beweisaufnahme bejaht. Die Beklagte greift mit ihrer Berufung in erster Linie die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Diese Beweiswürdigung ist jedoch in sich schlüssig und überzeugend. Sie gehört zu der dem Erstrichter obliegenden Tatsachenfeststellung und kann gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nur angegriffen werden durch das Aufzeigen konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (BGH BGHReport 2004, 1375, 1376 m. w. N.). Solche konkreten Anhaltspunkte konnte die Beklagte nicht darlegen.

Das Landgericht geht zutreffend von der Aussage der Klägerin bei ihrer Anhörung im Termin vom 26.10.2005 (Bl. 249 ff) aus. Diese hat geschildert, dass sie aufgrund einer schweren persönlichen Lage - ihr Sohn befand sich im Jahr 1989 bereits seit drei Jahren im Koma - mit der Beklagten in Kontakt gekommen sei. Ihre ersten Erlebnisse hätten sich als eindrucksvoll und hilfreich erwiesen. In der Folge habe sich eine vertrauensvolle Bindung entwickelt. So habe sie Sekretärinnenarbeiten für die Beklagte verrichtet und auch öfter gekocht. Die Beklagte habe ihr eingeredet, dass sie und die anderen Zeugen eigentlich ihre Familie seien. Nach dem Tod ihres Sohnes habe sie dies immer mehr so empfunden und sich auch der Beklagten immer weiter anvertraut. Schließlich habe die Beklagte angefangen ihr zu suggerieren, dass sie eine Karmaschuld besäße, was dazu geführt habe, dass sie unter dem Einfluss der Beklagten und auf deren Verlangen immer mehr Geld für neue Sachen, z. B. Möbel oder Bestuhlung für ihre Schulungsräume, ausgegeben habe. Von der Beklagten sei sie immer wieder in eine Schuldfunktion gedrängt worden; die Beklagte habe darauf hingewirkt, dass sie ihre vermeintlichen Pflichten ihr gegenüber weiter erfülle. Dies habe die Beklagte auch damit erreicht, dass sie Äußerungen ihres (der Klägerin) verstorbenen Sohnes S. an sie weitergeleitet habe. Schließlich habe sie sie dazu gedrängt, ihr das Haus zu übertragen. Dabei habe sie ihre (der Klägerin) Tochter, die ein Betreuungsverfahren gegen sie angestrengt hatte, als ihre Feindin dargestellt, die ihr das Haus wegnehmen wolle.

Diese Darstellung wird durch die Aussagen der Zeugen M1 (Bl. 164 ff) und A. M. (Bl. 169 ff) bestätigt. Beide haben - in Übereinstimmung mit der Klägerin und auch den übrigen Zeugen - geschildert, dass sie sich in einer schwierigen Lebenssituation an die Beklagte gewandt hätten, die ihnen in Therapiesitzungen auch geholfen habe.

Die Zeugin M1 M., die die Klägerin bereits 1988 kennen gelernt hatte, hat bestätigt, dass die Beklagte Anfang der neunziger Jahre zunehmend versucht habe, Einfluss auf die Klägerin auszuüben, wobei sie dies durch Redewendungen wie "S. hat gesagt ........" erreicht habe. Sie habe ebenso wie die Klägerin an die Beklagte geglaubt und auch Angst vor den von dieser angedrohten Konsequenzen falschen Verhaltens gehabt. Die Beklagte habe der Klägerin ebenso wie ihr selbst und ihrem Sohn suggeriert, dass sie Karmaschulden gegenüber anderen Personen hätten, von denen sie sich dann freikaufen mussten. Sie hätten auch notarielle Schuldanerkenntnisse abgegeben, obwohl sie zu keinem Zeitpunkt Geld von der Beklagten erhalten hätten. Ihr Haus habe die Klägerin auf Druck der Beklagten an diese überschrieben, wobei die Übertragung zunächst nur pro forma erfolgen sollte, damit die Tochter der Klägerin das Haus nicht bekomme. Für das Haus habe die Beklagte nichts bezahlt.

Gleiches hat der Zeuge A. M. bestätigt. Auch nach seiner Aussage hat die Beklagte ihm ebenso wie der Klägerin suggeriert, Karmaschulden zu haben, die man mit Geld auslösen könne. Wenn kein Geld geflossen sei, seien Anrufe mit Drohungen und Aufforderungen zu bezahlen gekommen. Er habe der Beklagten auch ein Schuldanerkenntnis über 20.000 € übergeben, obwohl er von ihr keinerlei Geld erhalten hatte. Begründet habe sie dies zunächst damit, dass sie dieses als Sicherheit für ihren Hauskauf in Frankreich benötige; dann habe sie aber doch Rückzahlung verlangt mit der Begründung, dass S. das so gesagt habe. Die Beklagte habe der Klägerin dann suggeriert, dass ihre Tochter das Haus in <Ortsbezeichnung> niemals bekommen solle, weshalb es dann auf die Beklagte übertragen worden sei. Geld habe sie dafür nicht bekommen, es sei immer mit Karmaschuld begründet worden.

Diese Aussagen der beiden Zeugen sind in sich schlüssig und bestätigen die Darstellung der Klägerin. Soweit die Beklagte hiergegen einwendet, die Zeugen hätten ein erhebliches eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreites, weil sie ihrerseits einen solchen gegen die Beklagte führten, mag das zwar stimmen. Diesen Umstand hat der Erstrichter jedoch bei seiner Beweiswürdigung gekannt und berücksichtigt. Dass die beiden Zeugen aus dem Verhalten der Beklagten ihnen gegenüber ebenfalls Ansprüche geltend machen, führt noch nicht dazu, dass ihrer Aussage von vornherein unglaubhaft ist. Weitere, in der Aussage der Zeugen selbst begründete Anhaltspunkte hierfür vermochte die Beklagte jedoch nicht aufzuzeigen. Die Angaben werden durch die Aussagen der übrigen Zeugen teilweise bestätigt, jedenfalls aber nicht widerlegt:

Dass die Beklagte immer mehr Einfluss auf ihre Kunden gewonnen habe, hat auch der Zeuge H. bestätigt (Bl. 255 ff). Auch er hat bekundet, dass die Beklagte ihm suggeriert habe, an allem schuld zu sein. Er habe auch mitbekommen, dass andere Personen an die Beklagte Karmaschuld gezahlt hätten. Er selbst habe nichts zahlen müssen. Zu der Übertragung des Hausanwesens sei es gekommen, weil die Beklagte der Klägerin gesagt habe, dass sie ansonsten das Haus an die Tochter verlieren würde.

Auch hieraus ergibt sich, dass die Beklagte versucht hat, die Leute in ihrer Umgebung von sich abhängig zu machen und auf sie Einfluss zu nehmen. Der Zeuge H. hat klar bestätigt, dass ihr dies auch gelungen ist.

Schließlich hat auch die Tochter der Klägerin, die Zeugin S., die Veränderungen im Verhalten ihrer Mutter bestätigt (Bl. 258 ff). Sie hat geschildert, dass ihr bei der Beerdigung ihres Bruders eine Veränderung im Verhalten ihrer Mutter aufgefallen sei. Diese habe sie mit den Worten empfangen: "Du bringst die Dornenkrone für S.". Anschließend habe sie ihr erklärt, dass S. so etwas sei wie Jesus und das entsprechende spiegelbildliche Verhältnis auch bzgl. ihrer Person bestanden habe. Danach habe sie zunächst keinen Kontakt zu ihrer Mutter gehabt. Erst 1995 habe sie sie zu ihrem Geburtstag nochmals besucht. Sie hätten einen sehr schönen Tag zusammen verbracht. Bei einem späteren Telefongespräch habe ihre Mutter dann aber geäußert: "Du dienst den falschen Mächten", womit sie wohl auf ihren guten Kontakt zu ihrem Vater angespielt habe. Sie habe sich deshalb von ihrer Mutter distanziert. Im Jahre 1997 seien ihr dann Protokolle mit Angaben zugespielt worden, die gegenüber dem Sektenbeauftragten in <Ortsbezeichnung>, Pfarrer C., gemacht worden seien. Hieraus sei ihr zum ersten Mal die Tragweite des Ganzen bewusst geworden, denn aus diesen habe sich die Abhängigkeit ihrer Mutter von der Beklagten ergeben. Sie habe deshalb mit einem Anwalt Kontakt aufgenommen, der ihr nach Lektüre der Protokolle dringend empfohlen habe, etwas zu unternehmen. Sie habe daraufhin das Betreuungsverfahren angeregt, dem jedoch nicht entsprochen worden sei. Erneuten Kontakt zu ihrer Mutter habe sie erst jetzt wieder gehabt, nachdem die Zeugin M. sie von der schweren Erkrankung ihrer Mutter in Kenntnis gesetzt habe.

Auch diese Zeugin hat die Abhängigkeit ihrer Mutter von der Beklagten geschildert, wobei sie dies allerdings nur den ihr zugespielten Protokollen entnehmen konnte. Eigene Wahrnehmungen hatte sie hierzu kaum gemacht. Auch hier scheitert der Versuch der Beklagten, die Glaubwürdigkeit der Zeugin in Zweifel zu ziehen. Zwar ist sie die Tochter der Klägerin, das bedeutet aber nicht, dass sie auch deren Erbin sein muss, zumal das Verhältnis zwischen beiden jedenfalls bis zur Erkrankung der Klägerin nicht besonders gut war. Das ergibt sich auch aus dem seit 1999 bestehenden Streit um Pflichtteilsansprüche der Klägerin nach dem Tod ihrer Mutter, die ihre Enkelin, die Zeugin S., zu ihrer Alleinerbin eingesetzt hatte (vgl. Klageschrift vom 25.7.2001 als Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.2.2006, Bl. 444 ff).

Entgegen der Vermutung der Beklagten kann auch nicht festgestellt werden, dass die Klägerin vorliegendes Verfahren auf Veranlassung ihrer Tochter betreibt. Dagegen spricht schon, dass sie die Klage eingereicht hat, bevor es nach ihrer Erkrankung Mitte 2005 wieder zu einem ersten Kontakt zu ihrer Tochter gekommen ist.

Für die Richtigkeit der eine Beeinflussung der Klägerin durch die Beklagte in Bezug auf die Veräußerung des Hauses bestätigenden Zeugenaussagen spricht zudem, dass nicht ersichtlich ist, welchen Vorteil die Klägerin durch die - angeblich auf ihrem Wunsch beruhende - Veräußerung des Hauses an die Beklagte gehabt haben soll. Nach der abschließenden kaufvertraglichen Regelung gemäß der letzten Änderung des Kaufvertrages vom 27.11.2003 wurden gerade keine gegenüber der Beklagten angeblich bestehenden Verbindlichkeiten mehr getilgt. Auch wurde die Klägerin nicht aus den durch Grundschuld gesicherten Darlehensverbindlichkeiten entlassen, sondern die Beklagte hat sich nur verpflichtet, dieser Schuld beizutreten (Bl. 51). Dass die Klägerin selbst nicht in der Lage gewesen wäre, die auf dem Haus lastenden Verbindlichkeiten zu tilgen, was eine solche Veräußerung erklärt hätte, behauptet die Beklagte schon nicht. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Klägerin überhaupt ein Interesse an der Grundstücksübertragung auf die Beklagte gehabt haben sollte. Hätte sie, wie die Beklagte behauptet, verhindern wollen, dass das Grundstück im Wege der Erbfolge an ihre Tochter fällt, hätte sie dies auch durch eine testamentarische Verfügung regeln können.

Aus den weiteren von der Beklagten vorgelegten Klageverfahren der Klägerin gegen Pfarrer G. (Bl. 409 ff), Dr. C. (Bl. 413 ff) und R. M2 (Bl. 435 ff), den geschiedenen Ehemann der Zeugin E. M2, ergibt sich, dass auch diese Personen von einer Beeinflussung der Personen im Umfeld der Beklagten durch diese ausgegangen sind. Dass die Beklagte noch im Besitz dieser bis ins Jahr 1996 zurückreichenden Unterlagen ist, beweist, dass sie selbst sich von den Vorwürfen angegriffen fühlte und die Prozesse der Klägerin durchaus intensiv begleitet hat.

Auch soweit das Landgericht die Aussagen der weiteren vernommenen Zeugen gewürdigt hat, vermochte die Beklagte dem nichts entgegenzusetzen. Allein der Umstand, dass sie die von ihr benannten Zeugen für glaubwürdig erachtet, reicht nicht aus, das eingehend begründete Beweisergebnis des Landgerichts zu erschüttern.

Das Landgericht hat sich eingehend mit den Aussagen dieser Zeugen unter Berücksichtigung des gewonnenen persönlichen Eindrucks auseinandergesetzt und überzeugend dargelegt, warum diese Aussagen nicht geeignet sind, Zweifel an den Aussagen der Zeugen M1 und A. M., H. und S. zu wecken.

Entgegen der Auffassung der Beklagten bedurfte es auch keiner Vernehmung der beurkundenden Notare. Das Landgericht hat unterstellt, dass diese die Angaben der Beklagten, die Klägerin habe den Kaufvertrag freiwillig unterschrieben, bestätigen werden, dem jedoch keine Bedeutung beigemessen, da die Abhängigkeit der Klägerin von der Beklagten diesen nicht auffallen musste. Dies ist nachvollziehbar und zutreffend, da im Gespräch Abhängigkeiten von Dritten oftmals nicht preisgegeben werden oder erkennbar sind, zumal die Gründe für einen Hausverkauf in der Regel nicht Gegenstand der notariellen Beurkundung sind.

Dementsprechend ist es auch nicht aussagekräftig, dass die Anordnung einer Betreuung abgewiesen worden ist. Nach § 1896 Abs. 1 BGB besteht dann eine Betreuungsbedürftigkeit, wenn der Betroffene infolge psychischer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr besorgen kann. Dass eine solche Beeinträchtigung trotz der von den Zeugen bekundeten Abhängigkeit der Klägerin von der Beklagten nicht festgestellt werden konnte, verwundert nicht. Zum einen musste diese bei den ohne Beeinflussung der Beklagten durchgeführten Untersuchungen nicht zu Tage getreten sein, zum anderen führte sie allenfalls dazu, dass die Klägerin aufgrund der Einflussnahme der Beklagten Entscheidungen traf, die sie in diesem Zeitpunkt auch für richtig hielt. Das belegt aber noch keine Geschäftsunfähigkeit der Klägerin und begründet noch keinen Betreuungsbedarf. Auffällig ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die Beklagte im Besitz von die Klägerin persönlich betreffenden Unterlagen aus dem Jahre 1998 ist (Beschluss des AG Saarbrücken vom 6.5.98 in dem Betreuungsverfahren als Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.2.2006, Bl. 380 f), die für sie selbst keinerlei Bedeutung haben. Dies beweist ebenfalls, dass die Beklagte in starkem Maß Anteil am Leben der Klägerin genommen hat und untermauert die Schilderung der Zeugen M1 und A. M., H. und S..

Belegt wird die auf die Beeinflussung der Beklagten zurückgehende Handlungsweise der Klägerin auch durch weitere Umstände.

So ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht ausreichend schlüssig darlegen konnte, woher sie das Geld für die von ihr - nicht nur an die Klägerin hingegebenen Darlehen hatte; Die Beklagte will dem Zeugen M. 20.000.--€ zur Verfügung gestellt haben, dem Zeugen M3 nach dessen eigenen Angaben 35.000.-DM (vgl. Bl. 174), der Zeugin W. nach deren eigenen Angaben 42.000.-- € (vgl. Bl. 172), dem Zeugen B. nach dessen eigenen Angaben 27.000.-DM (vgl. Bl. 184), der Zeugin M2 nach deren eigenen Angaben 50.000.-DM (vgl. Bl. 186). Die erstinstanzlich vorgelegten Kontoauszüge belegen dies nicht ausreichend. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, woher der der Klägerin im Jahre 1998 - angeblich - übergebene Darlehensbetrag in Höhe von 84.000 DM stammen sollte. Soweit sich die Beklagte hier auf eine Lebensversicherung ihres verstorbenen Ehemannes berufen hat, ist dies wenig nachvollziehbar, da dieser bereits 1991 verstorben ist. Die von der Beklagten vorgelegten Kontoauszüge enthalten auch keinen solch großen Guthabensbetrag. Auffallend ist auch, dass die Beklagte in der Lage ist, Kontoauszüge aus den Jahren 1990/91 vorzulegen, dann aber wiederum nicht nachweisen kann, woher die angeblich 1998 übergebenen 84.000 DM stammen. Zudem will die Beklagte der Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag im Termin vom 29.06.2005 (Bl. 131) den Differenzbetrag zwischen dem in der Schuldurkunde vom 7.5.2002 (Bl. 47 ff) als Darlehensbetrag aufgeführten Gesamtbetrag in Höhe von 300.000 DM und den beiden in den Schuldurkunden vom 22.3.1999 (Bl. 25 ff) aufgeführten Beträgen ohne Quittung ausgezahlt haben. Auch hier ist nicht ersichtlich, woher sie einen solch hohen Betrag (169.610 DM) haben sollte. Dies hat die Beklagte weder erklärt noch durch Unterlagen belegt. Nicht nachvollziehbar ist auch, warum sie dieses Geld nicht dazu benutzt hat, die aus dem Kaufvertrag herrührenden Verbindlichkeiten jedenfalls teilweise zu tilgen. Hätte die Beklagte tatsächlich über dieses Guthaben verfügt, hätte sicherlich auch die <Bankbezeichnung> einer Schuldübernahme durch die Beklagte bei gleichzeitiger Schuldhaftentlassung der Klägerin zugestimmt (vgl. Bl. 54). Letztlich begründet dieses Vorgehen ebenfalls Zweifel an der Darstellung der Beklagten.

Auffallend ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin mit einer mehrfachen Änderung der Kaufverträge zu ihren Ungunsten - ursprünglich war ein Kaufpreis von 204.516,75 € vereinbart, während nach der letzten Änderung nur noch ein solcher in Höhe von 153.387,56 € zu erbringen war - einverstanden war, obwohl hierfür kein nachvollziehbarer Grund bestanden hat. Soweit die Beklagte diese Reduzierung mit Mängeln des Anwesens begründet, so ist ein solch gehäuftes Auftreten innerhalb von 2 Monaten, das zu einem Wertverlust von etwas mehr als 50.000 € führt, schon nicht dargelegt. Zudem war die Klägerin nicht zu einer Kaufpreisreduzierung verpflichtet, denn die Parteien hatten in dem ersten Kaufvertrag unter Ziffer 5 (Bl. 40) einen Gewährleistungsausschluss vereinbart. Dass die Klägerin ihr diese Mängel arglistig verschwiegen hätte, hätte die Beklagte nicht beweisen können, da sie selbst das Hausanwesen bereits seit 1996 bewohnt hat, so dass ihr diese Mängel ebenfalls hätten bekannt sein müssen, zumal es sich nach dem vorgelegten Gutachten (Bl. 387 ff) nicht um verborgene Mängel gehandelt hat.

Entgegen ihrer Ankündigung hat die Beklagte auch keine Belege vorgelegt, die beweisen, dass sie in den letzten 6 Jahren die Darlehensverbindlichkeiten bezahlt hat. Die Klägerin hat dies in erster Instanz schon entschieden bestritten; die Beklagte hat in ihrer Berufungsbegründung jedoch eine solche Vorlage für den Fall des Bestreitens nur angekündigt, ohne dass tatsächlich Belege vorgelegt wurden.

Auffallend ist weiter, dass allein die Klägerin Entgegenkommen gegenüber der Beklagten gezeigt hat, indem sie mit einer Änderung der Kaufverträge zu ihren Ungunsten einverstanden war. Dies hat letztlich dazu geführt, dass sie an die Beklagte für die Nutzung von Räumen in ihrem ehemaligen Haus eine monatliche Miete von 455.--€ gezahlt hat (vgl. von der Beklagten nicht bestrittene Angabe der Klägerin im Termin vom 26.10.2005, Bl. 258). Hätte tatsächlich ein solch gutes Verhältnis zwischen den Parteien bestanden und wäre es ihnen nur, wie die Beklagte behauptet, darauf angekommen zu verhindern, dass die Tochter der Klägerin schließlich das Hausanwesen erbt, hätte die Beklagte bei dieser Ausgestaltung der Kaufverträge von der Klägerin keine Miete verlangt. Dass es der Beklagten jedoch nur auf ihren Vorteil angekommen ist, ergibt sich auch daraus, dass der Zeuge H. für ein 13 m² großes Zimmer eine monatliche Miete von 400.--€ zahlen musste und die Beklagte dies damit gerechtfertigt hat, es handele sich schließlich um eine Wohngemeinschaft (vgl. Bl. 258). Normalerweise führt der Zusammenschluss zu einer Wohngemeinschaft zu einer Verringerung der Mietkosten, nicht aber zu solch einer Überhöhung.

Alle diese Umstände zusammengenommen belegen, dass sich die Klägerin nur unter der für sie zwingenden Beeinflussung durch die Beklagte zum Abschluss des für sie jedenfalls in seinen Änderungen ausgesprochen nachteiligen Kaufvertrages bereit gefunden hat, ohne dass hierfür ein nachvollziehbarer Grund bestanden hätte. Der von der Beklagten angeführte Grund, dass sie nicht gewollt habe, dass das Haus an ihre Tochter falle, überzeugt nicht, da sie dies auch ohne den für sie nachteiligen Verkauf - etwa durch Abfassung eines Testaments - hätte verhindern können.

Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit der Klägerin bedurfte es aufgrund der eindeutigen und klaren Zeugenaussagen, die auch durch die weiteren Umstände gestützt werden, nicht mehr.

Die Zeugen M1 und A. M. haben die Beeinflussung durch die Beklagte durch den Verweis auf bestehende Karmaschulden und deren Tilgung durch Geldzahlungen mit Drohanrufen bei Nichtzahlung sowie auf Verhaltensregeln, die von Gott bzw. dem verstorbenen Sohn S. der Klägerin stammen und durch die Beklagte weitergeleitet werden überzeugend geschildert. Ein Beleg für die Richtigkeit der Darstellung ist der handschriftlich verfasste und mit "Liebe D." überschriebene Brief der Beklagten an die Klägerin (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 12.9.2005), den die Beklagte - unwidersprochen - dem Zeugen B. diktiert hat (Bl. 251). Selbst die Zeugin B2 hat eingeräumt, dass die Klägerin Karmaschuld empfunden habe und möglicherweise ihr seitens der Beklagten gegebene Tipps zur Lebensführung als Befehle angesehen habe, was ebenfalls zeigt, dass die Klägerin für die von den Zeugen M. geschilderte Vorgehensweise der Beklagten empfänglich war. Dies belegt eindeutig, dass sich die Klägerin in einer seelischen-intellektuellen Abhängigkeit von der Beklagten befunden hat, die diese gekannt und dazu genutzt hat, um die Klägerin zu dem Verkauf ihres Hauses an sie zu bewegen.

Danach ist der streitgegenständliche Grundstückskaufvertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig mit der Folge, dass die Beklagte das streitgegenständliche Grundstück ohne Rechtsgrund erlangt hat. Sie ist deshalb nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zur Herausgabe des erlangten Grundbesitzes und zu dessen Rückauflassung verpflichtet. Dabei muss die Klägerin, nachdem die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht nicht geltend gemacht hat, ihren Klageanspruch nicht durch das Angebot einer Gegenleistung Zug um Zug - hier Entlassung der Klägerin aus dem Schuldbeitritt - einschränken. Die grundsätzlich bei der Rückabwicklung gegenseitiger Verträge zur Anwendung kommende Saldotheorie ist vorliegend nach § 819 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, da die Beklagte gemäß §§ 818 Abs. 4, 819, 292, 987 ff BGB "nach den allgemeinen Vorschriften" und damit im wesentlichen nicht mehr nach Bereicherungsrecht haftet (BGHZ 146, 298 ff, zitiert nach juris Rn. 27 f). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nämlich fest, dass die Beklagte die Klägerin planmäßig zur Veräußerung ihres Grundstücks gedrängt hat, weshalb sie auch Kenntnis von den Tatsachen hatte, die zur Sittenwidrigkeit und damit zur Rechtsgrundlosigkeit ihres Erwerbs geführt haben.

Danach war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 i. V. m. 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Ziffer 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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