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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 11.02.2002
Aktenzeichen: 11 A 203/00
Rechtsgebiete: BBesG, BGB


Vorschriften:

BBesG § 12 Abs. 2 Satz 1
BGB § 818 Abs. 3
BGB § 819 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 4
BGB § 820
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Besoldung (Rückforderung von Dienstbezügen)

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 11. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2002 durch den Richter am Verwaltungsgericht ...für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Rückforderungsbescheid.

Der im Jahre 1944 geborene Kläger ist... Er war früher beim ... beschäftigt.

Mit Verfügung vom 21.03.1990 leitete das ... ein förmliches Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein. Gegenstand dieses Disziplinarverfahrens waren Straßenverkehrs-, Vermögens- und Urkundsdelikte.

Gleichzeitig wurde der Kläger vorläufig des Dienstes enthoben, und es wurden gemäß § 66 Abs. 1 LDO 10 v.H. seiner jeweiligen Dienstbezüge einbehalten.

Mit Schreiben vom 27.09.1990 an den Beklagten teilte die ... mit, dass beabsichtigt sei, den Kläger wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 54 Abs. 1 LBG in den Ruhestand zu versetzen. Aus diesem Grunde werde gebeten, die das Ruhegehalt übersteigenden Bezüge gemäß § 56 Abs. 4 Satz 1 LBG mit Ablauf des 31.08.1990 einzubehalten und dem Kläger einen entsprechenden Bescheid zu erteilen.

Mit Bescheid vom 13.11.1990 verfügte der Beklagte, dass die das - inzwischen - ermittelte Ruhegehalt des Klägers übersteigenden Bezüge einzubehalten seien. Die in der Zeit vom 01.09. bis 30.11.1990 überzahlten Bezüge wurden gegen die im Monat Dezember 1990 zu zahlende Sonderzuwendung aufgerechnet. In diesem Zusammenhang beachtete der Beklagte nicht, dass die an den Kläger ausgekehrten Dienstbezüge nach der Verfügung des ... vom 21.03.1990 um 10 v.H. hätten gekürzt werden müssen und eine Sonderzuwendung gemäß § 5 Abs. 2 des Sonderzuwendungsgesetzes dem Kläger überhaupt nicht zustand.

Mit Bescheid vom 02.11.1990, dem Kläger zugestellt am 22.11.1990, versetzte die ... den Kläger mit Ablauf des 30.11.1990 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand. Grundlage war eine amtsärztliche Untersuchung des Klägers am 16.01.1990, wonach der Kläger aus nervenärztlicher Sicht dienstunfähig und nicht zu erwarten sei, dass er innerhalb der nächsten sechs Monate wieder voll dienstfähig werde. Gegen die Zurruhesetzungsverfügung legte der Kläger einen Rechtsbehelf nicht ein. Unter dem 17.07.2001 erhob der Kläger jedoch Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Zurruhesetzungsverfügung (11 A 164/01).

Das ... hatte bereits mit Bescheid vom 14.02.1991 angeordnet, dass das förmliche Disziplinarverfahren auch nach der Zurruhesetzung mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehaltes fortgesetzt werde. Diesen Bescheid hat der Kläger ebenfalls angefochten. Dieses Verfahren ist bei der Kammer noch anhängig (17 A 6/01).

Mit Schreiben des ... vom 11.08.1992 wurde der Kläger unter Bezug auf die Einbehaltung von 10 v.H. seines monatlichen Ruhegehaltes angehört, insbesondere wurde er aufgefordert, seine Vermögensverhältnisse und sein seinerzeitiges Familieneinkommen darzulegen. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 27.09.1992 und bat darum, die 10 %ige Kürzung seines Ruhegehaltes ab April 1991 aufzuheben. Nachdem das ... mit Verfügung vom 25.06.1993 dieses Begehren abgelehnt hatte, beantragte der Kläger die Aufhebung der 10 %igen Einbehaltung seines Ruhegehaltes erneut mit Schreiben vom 14.08.1995. Das ... entsprach der Bitte des Klägers nunmehr mit Bescheid vom 28.03.1996.

Mit Urteil vom 30.05.1997 (17 A 16/96) stellte die Kammer fest, dass die Verfügung vom 24.03.1990 eine ausreichende Grundlage auch dafür darstelle, die Ruhensbezüge des Klägers um 10 v.H. zu kürzen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil wurde durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 07.08.1997 abgelehnt (14 L 2/97).

Mit Bescheid vom 29.08.1998 stellte der Beklagte fest, dass der Kläger in der Zeit vom 01.09.1992 bis 31.08.1993 Dienstbezüge in Höhe von 18.736,76 DM zuviel erhalten habe. In diesem Bescheid wurde der Kläger aufgefordert, den überzahlten Betrag zu erstatten. Zur Begründung machte der Beklagte geltend, dass ihm erst im Juni 1993 bekannt geworden sei, dass der Kläger bereits seit dem 01.12.1990 in den Ruhestand versetzt worden sei und ab diesem Zeitpunkt ihm nicht Dienstbezüge, sondern Versorgungsbezüge zu zahlen waren. Die vom 01.12.1992 bis 31.08.1993 nicht zustehenden Dienstbezüge seien mit den für denselben Zeitraum zustehenden Versorgungsbezügen - nach Einbehaltung von 10 v. H. - saldiert worden. Nach Saldierung sei - einschließlich der nicht zustehenden Sonderzuwendungen für 1990, 1991 und 1992 - eine Überzahlung in Höhe von insgesamt 18.736,76 DM festzustellen. Der Kläger könne sich auf Entreicherung nicht berufen, denn er hafte verschärft. Aufgrund seiner Treuepflicht sei er verpflichtet gewesen, die übersandten Berechnungsunterlagen sorgfältig auf offenbare Unrichtigkeiten zu überprüfen. So hätte der Kläger wissen müssen, dass er nach einer vorläufigen Dienstenthebung keinen Anspruch auf eine Sonderzuwendung gehabt habe und die angeordnete Einbehaltung von 10 v. H. seiner Dienstbezüge ab dem 01.09.1990 unterblieben sei. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom 27.06.2000 mit der Maßgabe zurück, dass an den Kläger noch ein Betrag von 61,63 DM wegen zu Unrecht durchgeführter Einbehaltung auszuzahlen sei und im Rahmen der Billigkeit auf die Hälfte der Erstattung der Rückforderungssumme verzichtet werde, der Kläger nunmehr nur noch verpflichtet sei, 9.399,00 DM zurückzuzahlen. Weiterhin wurde ihm im Rahmen der Billigkeit Ratenzahlung in Höhe von monatlichen Raten von 50,00 DM eingeräumt.

Zur Begründung trug der Beklagte vor, dass er durch die Verfügung der ... vom 27.09.1990 angewiesen worden sei, mit Wirkung vom 01.09.1990 an den Kläger nur noch die Dienstbezüge in Höhe des fiktiv zustehenden Ruhegehaltes auszuzahlen. Diese seien in Höhe von 10 v. H. aufgrund der Verfügung des ... vom 21.03.1990 ab dem 01.09.1990 zu kürzen gewesen. Da er erst durch das Anordnungsformular zur Änderung eines Personenkontos vom 30.06.1993 darüber informiert worden sei, dass die Zahlung der Dienstbezüge des Klägers mit Ablauf des 30.11.1990 einzustellen und vom 01.12.1990 an Versorgungsbezüge zu gewähren seien, weil der Kläger mit Ablauf des Monats November 1990 in den Ruhestand versetzt worden sei, habe der Kläger Dienstbezüge für die Zeit vom 01.09.1990 bis 31.07.1993 in Höhe von 8.783,06 DM ohne Rechtsgrund erhalten. Darüber hinaus sei die disziplinarrechtlich verfügte Kürzung um 10 v. H. nicht beachtet worden, so dass die zum 01.12.1990, 01.12.1991 und 01.12.1992 gewährten Sonderzuwendungen in Höhe von insgesamt 10.014,37 DM rechtswidrig geleistet worden seien. Sonderzuwendungen hätten nach § 5 Abs. 2 Sonderzuwendungsgesetz nicht zugestanden, weil die Bezüge für den Monat Dezember aufgrund eines Disziplinarverfahrens teilweise einzubehalten gewesen seien. Der Kläger hafte verschärft, er könne sich auf eine Entreicherung nicht berufen, denn er hätte anhand der ihm übersandten Aufstellung vom 09.11.1990 bei sorgfältiger Überprüfung feststellen müssen, dass seine Dienstbezüge zwar nur noch in Höhe des Ruhegehaltes aber ohne Beachtung einer 10 %igen Kürzung gezahlt worden seien. Ihm sei bekannt gewesen, dass sein Gehalt gekürzt worden sei und diese Kürzung auch hätte beachtet werden müssen. Er habe nämlich seinerzeit gerichtliche Schritte gegen diese Kürzung unternommen. Seine diesbezügliche Klage sei mit - rechtskräftigem - Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 30.05.1997 abgewiesen worden. Hinsichtlich der gezahlten Sonderzuwendungen hafte der Kläger zwar nicht verschärft, er könne sich aber deshalb nicht auf Entreicherung berufen, weil er mit diesen Zahlungen Verbindlichkeiten, d. h. Schulden getilgt habe und er deshalb nach wie vor bereichert bleibe. Sein Einwand, zwischen 1987 bis ca. 1996 fast ständig unzurechnungsfähig gewesen zu sein, greife nicht durch. Er habe vielmehr durch die von ihm eingeleiteten rechtlichen Schritte und durch die Mitteilungen des ... und seine daraufhin erfolgten Antwortschreiben bewiesen, dass er sehr wohl in der Lage gewesen sei, seine Interessen zu verfolgen. Aus Billigkeitsgründen sei auf die Hälfte des Rückforderungsbetrages verzichtet und dem Kläger Ratenzahlung eingeräumt worden.

Der Kläger hat am 27.07.2000 Klage erhoben.

Er trägt im Wesentlichen vor, dass für ihn keine Veranlassung bestanden habe, einen möglichen Fehler des Beklagten zu erkennen. Er davon habe ausgehen können, dass die durch die Versetzung in den Ruhestand erhebliche Verminderung seines Einkommens nicht noch zusätzlich durch einen weiteren 10 %igen Einbehalt auf nunmehr ca. 58 v. H. seines ursprünglichen Gehaltes habe zurückgeführt werden sollen. In dem Zeitraum von 1989 bis 1993 sei er unzurechnungsfähig gewesen. Rechtliche Schritte habe er erst 1996 unternommen. Er habe seinerseits Zusammenhänge aufgrund seines zügellosen Alkoholkonsums nicht erfassen können. Die damaligen Vorgänge seien bei ihm nur noch schemenhaft vorhanden.

Der Kläger beantragt,

den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 27.06.2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist im Wesentlichen auf den Inhalt seines Widerspruchsbescheides vom 27.06.2000.

Die Kammer hat den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter durch Beschluss vom 21.12.2001 zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf die beigezogenen Verfahrensakten 11 A 164/01, 17 A 16/96 und 17 A 6/01 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat zu Recht den - im Widerspruchsbescheid vom 27.06.2000 auf die Hälfte reduzierten - Betrag von 9.339,00 DM zurückgefordert.

Unstreitig liegt im Fall des Klägers in der Zeit vom 01.09.1990 bis 31.07.1993 eine rechtsgrundlose Überzahlung in Höhe von 18.726,76 DM vor, weil ihm statt Versorgungs- Dienstbezüge gezahlt worden sind und eine 10 %ige Kürzung aufgrund der Verfügung des ... vom 21.03.1990 nicht erfolgt ist. Darüber hinaus standen dem Kläger Sonderzuwendungen für die Jahre 1990, 1991 und 1993 gemäß § 5 Abs. 2 Sonderzuwendungsgesetz nicht zu. Auch letzteres wird vom Kläger nicht in Abrede gestellt.

Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG richtet sich die Rückforderung zuviel gezahlter Beträge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit, wie hier, gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Nach § 818 Abs. 3 BGB ist der Empfänger dann nicht mehr zur Herausgabe verpflichtet, wenn er nicht mehr bereichert ist. Bezüglich der überzahlten Bezüge bzw. der Nichtbeachtung der 10 %igen Kürzung der Bezüge kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger nicht mehr bereichert ist, sondern dass er diese Beträge im Rahmen der normalen Lebensführung verbraucht hat.

Die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ist indes ausgeschlossen, wenn der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung beim Empfang der Leistung nachweislich gekannt hat (§ 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4 BGB). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger positive Kenntnis vom Erhalt der Überzahlung gehabt hat, sind nicht gegeben. Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG steht es jedoch der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung im Sinne des § 819 Abs. 1 BGB gleich, wenn dieser Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Hiernach ist die Einrede des Wegfalles der Bereicherung dann nicht möglich, wenn der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung nur deshalb nicht kannte, weil er grob nachlässig war, indem er naheliegende Überlegungen oder sich aufdrängende Nachforschungen nicht angestellt und deshalb den Mangel des rechtlichen Grundes nicht gekannt hat.

So liegt der Fall hier. Der Kläger wurde mit Verfügung des ... vom 21.03.1990 davon in Kenntnis gesetzt, dass 10 v.H. seiner Dienstbezüge einbehalten werden. Dass der Kläger dies in der Folgezeit auch (positiv) wusste bzw. wahrnahm, folgt aus dem mit dem ... geführten Schriftwechsel. Mit Schreiben vom 14.02.1991 teilte das ... mit, dass das eingeleitete förmliche Disziplinarverfahren nicht durch seine - des Klägers - rechtskräftige Versetzung in den Ruhestand beendet sei, sondern weitergeführt werde. Daher hätte es dem Kläger klar sein müssen, dass auch die damit verbundenen Wirkungen, insbesondere die 10 %ige Einbehaltung, weiter wirksam sein würden. Weiterhin wurde der Kläger mit Schreiben vom 11.08.1992 vom Innenministerium angeschrieben und aufgefordert, seine Einkommensverhältnisse darzulegen. Der Kläger antwortete darauf und beantragte ausdrücklich, die 10 %ige Kürzung seines Ruhegehaltes aufzuheben. Dies zeigt, dass der Kläger nicht nur wusste, dass er nur noch Anspruch auf Ruhegehalt hatte, sondern dieses auch um 10 v.H. gekürzt werden sollte. Aufgrund seiner Treuepflicht war es ihm weiter zuzumuten, die ihm ausgehändigten Besoldungsunterlagen auf ihre Richtigkeit zu prüfen und auf Überzahlungen zu achten. Ihm hätte es auffallen müssen, dass er ohne erkennbaren Grund höhere Leistungen erhielt, als ihm zustanden. Er hätte nicht ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit vertrauen dürfen, sondern er war gehalten, sich bei eventuellen Unklarheiten und Zweifeln durch Rückfragen bei der zuständigen Stelle Gewissheit darüber zu verschaffen, ob die Zahlung zu Recht erfolgt war (BVerwG, Urteil vom 28.02.1985 - 2 C 31.82 m. w. N. - JURIS). Dass der Kläger am 17.07.2001 Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Zurruhesetzungsverfügung (11 A 164/01) erhoben hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. An der Rechtskraft der Zurruhesetzungsverfügung und an der Kenntnis des Klägers davon ändert sie nichts.

An der Rückzahlungsverpflichtung des Klägers im Hinblick auf die unterlassene 10 %ige Kürzung auch seines Ruhegehaltes ändert sich auch nichts, wenn man in die Betrachtung einbezieht, dass der Kläger am 05.08.1996 Klage vor der Disziplinarkammer erhoben hat mit dem Antrag, die Einbehaltung des Ruhegehaltes seit dem 01.12.1990 für unrechtmäßig zu erklären. Denn diese Klage ist erst weit außerhalb des hier maßgeblichen Zeitraumes erhoben worden. Im Übrigen ist die Auffassung des..., wonach sich die 10 %ige Kürzung der Dienstbezüge in eine 10 %ige Kürzung der Versorgungsbezüge nach Zurruhesetzung des Klägers umgewandelt hat, von der Kammer in ihrem Urteil vom 30.05.1997 bestätigt worden (17 A 16/96). Selbst wenn der Kläger - was das Gericht angesichts der gewechselten Schriftsätze mit dem ... für kaum nachvollziehbar hält -der Auffassung gewesen sein sollte, dass die 10 %ige Kürzung seiner Ruhensbezüge rechtswidrig war, ergibt sich im Ergebnis keine andere Beurteilung. Denn dann haftet der Kläger verschärft nach der Vorschrift des § 820 Abs. 1 BGB. Danach tritt die verschärfte Haftung auch dann ein, wenn mit der Leistung ein Erfolg bezweckt war, dessen Eintritt nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als ungewiss angesehen wurde. Auch dann ist der Empfänger, falls der Erfolg nicht eintritt, zur Herausgabe verpflichtet. Diese Vorschrift findet auch Anwendung, wenn dem Betroffenen bewusst war, dass die Berechtigung zum Empfang der Bezüge noch ungewiss war und erst später entschieden werden sollte (vgl. Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 52 BeamtVG, Rdnr. 17 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Der Kläger musste - soweit er die Auffassung des ... nicht teilte - damit rechnen, dass diese gerichtlicherseits letztlich - wie tatsächlich auch geschehen - bestätigt werden würde. Auch unter diesem Gesichtspunkt konnte sich ein Vertrauen auf das endgültige Behaltendürfen der Zuvielzahlung nicht entwickeln.

Im Hinblick auf die zuviel erhaltenen, ihm tatsächlich nicht zustehenden, Sonderzuwendungen in den Jahren 1990, 1991 und 1992 haftet der Kläger zwar nicht verschärft, eine Entreicherung kommt gleichwohl nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass der Kläger sich nicht auf die Entreicherungseinrede berufen hat, dauert die Bereicherung fort, wenn der Beamte die Überzahlung zurücklegt oder zu Ausgaben verwendet, die er sonst aus seinem übrigen Vermögen bestritten haben würde, weil er dadurch eigene Mittel erspart hat. Dies hat der Beklagte zutreffend in seinem Widerspruchsbescheid festgestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag war nicht nachzugehen. Dieser Antrag hätte nur dann berücksichtigt werden können, wenn er sich auf substantiierte Tatsachenbehauptungen und nicht auf bloße Bewertungen, die sich erst aufgrund bestimmter Tatsachen treffen lassen, bezogen hätte. Das Begehren des Klägers war jedoch darauf gerichtet, durch Sachverständigengutachten feststellen zu lassen, dass er nicht in der Lage gewesen sei, in den Jahren 1990 bis 1994 aufgrund seines extremen Alkoholkonsums zu erkennen, dass er Dienst- statt Versorgungsbezüge erhielt und zu erkennen, dass eine 10 %ige Kürzung seiner Dienst- bzw. Versorgungsbezüge nicht vollzogen wurde. Zum einen wird in den Mittelpunkt dieses Antrages eine - rechtliche - Wertung gestellt (Unfähigkeit des Erkennenkönnens), die so nicht dem Beweis zugänglich ist. Weitere konkrete Tatsachenbehauptungen, aufgrund derer eine solche Wertung naheliegt, hat der Kläger nicht dargelegt. Solche ergeben sich auch nicht aus dem Akteninhalt. Insofern war das Gericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und gegebenenfalls Beweiserhebung nicht verpflichtet. Zwar ist in der Akte die Rede davon, dass der Kläger aus nervenärztlicher Sicht dienstunfähig gewesen ist und deshalb in den Ruhestand versetzt wurde (vgl. Schreiben des ... vom 22.01. und 11.04.1990 (Beiakte A)). In der Einleitungsverfügung vom 21.03.1990 sind Gegenstand des Disziplinarverfahrens unter anderem auch Delikte, die im Zusammenhang mit übermäßigem Alkoholkonsum gestanden haben. Selbst unter Einbeziehung der - einmal als wahr unterstellten - Behauptung des Klägers, er sei Alkoholiker bzw. alkoholkrank, ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen ist, die Tragweite seiner Handlungen zu erkennen bzw. die einzelnen, in den amtlichen Schreiben maßgeblichen Umstände aufgrund einer Unzurechnungsfähigkeit zu erkennen. Die durch weitere Anhaltspunkte nicht weiter untermauerte, pauschale Behauptung des Klägers, er sei wegen seines zügellosen Alkoholkonsums in den Jahren 1990 bis 1994 unzurechnungsfähig gewesen, reicht jedenfalls nicht aus. Sie ist ersichtlich von dem Bemühen getragen, seiner Rückzahlungsverpflichtung gegenüber dem Beklagten zu entgehen. Ohne weitere, hier nicht feststellbare, greifbare Anhaltspunkte, war das Gericht nicht verpflichtet, den Sachverhalt weiter aufzuklären und ein Sachverständigengutachten über den Gesundheitszustand des Klägers in den Jahren 1990 bis 1994 einzuholen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; sie ist gemäß §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 13 Abs. 2 GKG auf

4.754,95 €

festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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