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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 29.09.2004
Aktenzeichen: 2 LB 101/03
Rechtsgebiete: BSHG


Vorschriften:

BSHG § 97 Abs. 1
BSHG § 97 Abs. 2
Zur Abgrenzung von stationärer und ambulanter Betreuung.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 101/03

verkündet am 29.09.2004

In der Verwaltungsrechtssache

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., die Richterin am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herr ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 13. Kammer - vom 14. August 2003 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rückerstattung einer geleisteten Erstattung für die Hilfe zum Lebensunterhalt, die der Beklagte dem Hilfeempfänger ... in der Zeit vom 01. Oktober 1996 bis zum 31. Dezember 1997 geleistet hatte.

Der am 01. September 1968 geborene ... ist seelisch und geistig behindert, er leidet an leichter Debilität und an Verhaltensauffälligkeiten mit Verwahrlosungstendenzen. Er war vom Juni 1987 bis zum September 1994 in den ... Wohnstätten in ... vollstationär betreut worden, zuletzt im sogenannten "Trainingswohnen" auf dem .... Zum 01. Oktober 1994 bezog ... eine zum 01. August 1994 angemietete Eineinhalb-Zimmer-Wohnung in .., .... Der Mietvertrag war mit der ... GmbH mit Sitz in ... abgeschlossen, deren alleinige Gesellschafterin die Stiftung ... ist.

Ab dem 01. Oktober 1994 wurde der Hilfeempfänger in diesem Wohnraum pädagogisch betreut und besuchte parallel dazu die Beschäftigungswerkstatt. Die Klägerin gewährte weiterhin die Kosten der Eingliederungshilfemaßnahmen. Sie bewilligte die Kosten für das pädagogisch betreute Wohnen im eigenen Wohnraum zunächst für 18 Betreuungseinheiten wöchentlich, ab dem 01. Februar 1995 für wöchentlich 14 Betreuungseinheiten. Darüber hinaus übernahm die Klägerin die Kosten für den Besuch der Beschäftigungswerkstatt.

Die Stadt ... leistete seit dem 01. August 1994 Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese geleistete Hilfe wurde für die Zeit ab 01. August 1994 bis zum 31. Dezember 1997 durch die Klägerin erstattet. Die Erstattung für das Jahr 1996 erfolgte mit der Auszahlungsanordnung am 27. Februar 1997, die Kostenerstattung für das Jahr 1997 mit Auszahlungsanordnung vom 13. März 1998.

Der Beklagte sah auf Grund der Änderung des Bundessozialhilfegesetzes durch das FKPG vom 23. Juni 1993 in mehreren Hilfefällen, in denen ein Wechsel von der stationären in die ambulante Betreuung in eigenem Wohnraum erfolgt war, als Sozialhilfeträger des tatsächlichen Aufenthaltsortes eine hohe Kostenlast auf sich zukommen. Es kam zu einem umfangreichen Schriftwechsel, in den auch das Sozialministerium einbezogen wurde.

Am 05. Januar 1994 gab die Klägerin gegenüber den ... Wohnstätten eine Erklärung des Inhalts ab, dass die Kosten für die "pädagogische Betreuung im eigenen Wohnraum" für die aus ... stammenden Behinderten auch in Zukunft nach Änderung des BSHG von der Klägerin übernommen würden, da sich die Zuständigkeit nach § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG richte. ... bleibe als Sozialhilfeträger für die Hilfegewährung zuständig, da danach der Sozialhilfeträger für die außerhalb seines Bereichs eingeleitete Hilfe zuständig bleibe, solange diese Hilfe weiter zu gewähren sei.

In zwei weiteren Vermerken vom 23. Oktober 1995 und vom 20. März 1996, die sich auf zwei gleichgelagerte Hilfefälle beziehen, stellte das Rechtsamt der Klägerin fest, dass es sich um eine weitergehende Betreuung außerhalb einer betreuenden Einrichtung handele und nicht um bloße Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt, so dass § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG Anwendung finde und die Klägerin weiterhin zuständig für die "nicht mehr anstaltsmäßige Hilfe im auswärtigen Bereich" sei, so dass "eine weitergehende direkte Kostenzusicherung erfolgen könne".

In der Folgezeit übernahm die Klägerin nicht nur die entstehenden Kosten der Eingliederungshilfe, sondern erstattete der Stadt die geleistete Hilfe zum Lebensunterhalt für den Zeitraum vom 01. August 1994 bis zum 31. Dezember 1997, wobei auf den streitigen Zeitraum 8.497,13 Euro (= 16.618,95 DM) entfallen.

Nach einer erneuten Überprüfung der Rechtslage im Jahre 1999 gelangte die Klägerin nunmehr zu der Auffassung, dass § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG keine Anwendung finde und forderte erstmals mit Schreiben vom 12. Juli 1999 den Hilfeempfänger auf, die Kosten der pädagogischen Betreuung im eigenen Wohnraum ab sofort bei dem Sozialamt des tatsächlichen Aufenthaltsorts in ... zu beantragen. Mit gleichem Datum forderte sie die für den Beklagten handelnde Stadt ... auf, die dortige Zuständigkeit für die ambulanten Maßnahmen nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG anzuerkennen und die Hilfegewährung insgesamt in eigener Zuständigkeit zu übernehmen und meldete zugleich (Rückerstattungs-)Erstattungsansprüche an. Der Beklagte verweigerte mit Schreiben vom 16. August 1999 die Übernahme des Falles in eigener Zuständigkeit sowie die begehrte Kosten- (Rück-)Erstattung und machte deutlich, dass er in allen Altfällen weiterhin von der Zuständigkeit der Klägerin ausgehe.

Die Klägerin verweigerte die Erstattung in Bezug auf die Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit ab dem 01. Januar 1998, so dass die für den Beklagten handelnde Stadt ... seit dem 01. Januar 1998 dem Hilfeempfänger Hilfe zum Lebensunterhalt ohne Kostenerstattung durch die Klägerin leistete.

Die Klägerin hat am 01. Dezember 2000 Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben und als Beklagte die "Stadt ..., Der Bürgermeister, Sozialamt" benannt. Das Verwaltungsgericht änderte das Passivrubrum um und stellte die Klage dem Kreis ... als Beklagten zu.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Kosten der Hilfe zum Lebensunterhalt seien von ihr über den 2-Jahreszeitraum des § 103 Abs. 3 Satz 3 BSHG hinaus irrtümlich erstattet worden. Sie habe sich nach § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG zur Tragung dieser Kosten verpflichtet gehalten. Tatsächlich sei aber die für den Beklagten handelnde Stadt nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG als Sozialamt des tatsächlichen Aufenthaltsortes für die Hilfe zuständig, so dass sich ein Rückerstattungsanspruch aus § 112 SGB X ergebe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die für den Hilfeempfänger ... erstatteten Aufwendungen für die Zeit vom 01. Oktober 1996 bis zum 31. Dezember 1997 in Höhe von 8.497,13 Euro (16.618,95 DM) zuzüglich 4% Zinsen seit dem 01. Dezember 2000 zurückzuerstatten.

Der Beklagte hat keinen Sachantrag gestellt.

Er hat die Auffassung vertreten, im Verhältnis zu ihm fehle es an einer Klageschrift, die den Voraussetzungen des § 82 VwGO entspreche. Mit ihm, dem Beklagten, sei ein Prozessrechtsverhältnis nicht entstanden. Werde eine Klageschrift nicht dem in der Klageschrift bezeichneten Beklagten zugestellt, so entstehe weder zu dem in der Klageschrift bezeichneten noch zu demjenigen ein Prozessrechtsverhältnis, dem die Klageschrift zugestellt worden sei.

In der Sache halte er die Klägerin für die Hilfegewährung nach § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG fortlaufend für zuständig. Die Klägerin habe nicht irrtümlich geleistet, sondern sei gewillt gewesen, in den Altfällen die neue Regelung des § 103 Abs. 3 BSHG, die die Erstattungspflicht auf zwei Jahre begrenze, nicht anzuwenden. Erstmalig im Jahre 1999 habe die Klägerin die Fälle erneut aufgegriffen und Kostenrückerstattung begehrt. Zuvor sei eine Kostenerstattung nicht "in Verkennung der Rechtslage", sondern auf Grund einer bewussten Entscheidung und Verständigung mit dem jetzigen Beklagten in den sogenannten "Altfällen" erfolgt. Auf Grund der langen Zeitspanne, die vergangen sei, ohne dass die Klägerin auch nur ansatzweise zu erkennen gegeben habe, dass sie noch Ansprüche auf Kosten der Erstattung geltend machen wolle, seien etwaige Ansprüche verwirkt.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 14. August 2003 stattgegeben. Die Klage sei zulässig, obwohl im Passivrubrum der Klagschrift zunächst die Stadt ... angegeben worden sei. Örtlicher Träger der Sozialhilfe sei gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 BSHG der Beklagte. Die Stadt ... sei gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 BSHG i.V.m. § 4 AG-BSHG lediglich zur Durchführung von Aufgaben herangezogen worden und handele dabei in Namen des Kreises, also des Beklagten. In den Fällen, in denen die Klagschrift zunächst gegen den ausführenden Verwaltungsträger gerichtet sei, ändere das Gericht das Passivrubrum von Amts wegen. Hierbei handele es sich um eine bloße Berichtigung des Rubrums, da die Stadt ... als kreisangehörige Stadt lediglich ihr durch Kreissatzung übertragene Aufgaben im Namen des Kreises wahrnehme.

Die Klage sei auch begründet. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Kostenrückerstattungsanspruch gemäß § 112 SGB X zu. Der Beklagte sei nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG in der hier maßgeblichen Fassung nach Inkrafttreten des FKPG für die Hilfegewährung zuständig.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil am 18. September 2003 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 13. November 2003 stattgegeben hat.

Der Beklagte rügt weiterhin, dass das Urteil nicht gegen ihn hätte ergehen dürfen, weil zwischen ihm und der Klägerin kein wirksames Prozessrechtsverhältnis zustande gekommen sei.

Darüber hinaus trägt der Beklagte vor, dass das angefochtene Urteil zu Unrecht von einer ambulanten Betreuung des ... in der streitgegenständlichen Zeit ausgegangen sei. Es sei vielmehr weiterhin von einer vollstationären Betreuung auszugehen. .... sei in der Rechts- und Organisationssphäre der Einrichtung verblieben. Er sei in eine dem Konzern "... Wohnstätten Stiftung" gehörende Wohnung eingezogen. Er sei auch in der Organisationssphäre der Stiftung Uhlebüll als Einrichtungsträger verblieben, denn diese habe die Verantwortung für die Gesamtbetreuung übernommen. Mit der Intensität der Betreuung seien die Grenzen zur ambulanten Betreuung überschritten worden. Die Stiftung ... habe mit 18 Betreuungseinheiten und zusätzlich in der Beschäftigungswerkstatt die Verantwortung für einen nicht unerheblichen Teil des Tages des Betreuten übernommen. Auch für die Zusammenstellung dieses Betreuungs- und Behandlungsprogramms habe der Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung übernommen. Damit habe eine stationäre Betreuung vorgelegen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 14. August 2003 zu ändern und das Verfahren einzustellen,

hilfsweise, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht sich die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils zur Zulässigkeit der Klage vollen Umfangs zu Eigen und tritt im Übrigen dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

Die Verwaltungsvorgänge der Klägerin haben dem Gericht zum Verfahren 2 LB 100/03 vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden; wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit dem angefochtenen Urteil zu Recht stattgegeben.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein wirksames Prozessrechtsverhältnis entstanden. Zwar benannte die am 01. Dezember 2000 beim Verwaltungsgericht eingegangene Klagschrift als Beklagte noch die Stadt .... Die Vorsitzende der Kammer hat diesen Mangel jedoch bereits mit der Zustellungsverfügung vom gleichen Tage "korrigiert" und die Klagschrift im "vermuteten Einverständnis" dem Beklagten zugestellt. Die Klägerin hat diesem Vorgehen nicht widersprochen, somit durch ihr Schweigen bestätigt und in ihren folgenden Schriftsätzen im Passivrubrum den Beklagten aufgeführt. Das Auswechseln des Beklagten ist wie eine Klageänderung (§ 91 VwGO) zu behandeln (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.06.1967 - 2 B 17.67 -, Buchholz 310 § 91 VwGO Nr. 4). Diese Klageänderung ist zulässig; das Verwaltungsgericht hat sie zu Recht als sachdienlich angesehen (§ 91 Abs. 1 VwGO).

Der Beklagte ist auch nicht nach Verstreichen der Verjährungsfrist in das Verfahren einbezogen worden. Der Parteiwechsel wurde vielmehr im Dezember 2000 und damit vor dem Ablauf des 31. Dezember 2000 vollzogen.

Auch in der Sache hält das angefochtene Urteil einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Rückerstattung der geleisteten Erstattung wird zu Recht auf § 112 SBG X und darauf gestützt, dass seit der Entlassung des ... aus den ... Wohnstätten in ... bzw. aus der Trainingswohnung auf dem ... und dem Bezug einer Wohnung am 01. Oktober 1994 auf der Grundlage der Änderung des Bundessozialhilfegesetzes durch das FKPG vom 23. Juni 1993 nicht mehr die Klägerin, sondern der Beklagte als Sozialhilfeträger des tatsächlichen Aufenthaltsortes zuständig ist.

Im Hinblick auf die hier allein streitige örtliche Zuständigkeit hat der Senat in mehreren Urteilen (v. 30.05.2001 - u.a. 2 L 43/01 -, SchlHA 2002, 121 = ZFSH/SGB 2001, 479; ebenso Beschl. v. 22.04.2003 - 2 LB 166/01 -, FEVS 55, 44) die Auffassung vertreten, dass mit der Beendigung der stationären Hilfemaßnahme nach § 97 Abs. 2 BSHG die Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers ende, in dessen Bereich der Hilfeempfänger zum Zeitpunkt der Aufnahme der Maßnahme bzw. 2 Monate zuvor seinen gesetzlichen Aufenthalt hatte. Zuständig für eine nunmehr zu gewährende offene, ambulante Hilfe werde nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG der Sozialhilfeträger, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger tatsächlich aufhalte. Es komme nicht auf die Hilfeart an, sondern allein auf die Beendigung der stationären Maßnahme. Das Bundesverwaltungsgericht hat die zugelassenen Revisionen mit Urteilen vom 27. Juni 2002 zurückgewiesen (u.a. - 5 C 30.01 -, FEVS 53, 505). In den Entscheidungen wird ausgeführt, § 97 Abs. 1 BSHG regele die örtliche Zuständigkeit für die Hilfe außerhalb einer Anstalt, eines Heimes oder einer gleichartigen Einrichtung und stelle dafür grundsätzlich auf den tatsächlichen Aufenthalt ab, nicht dagegen auf eine Zuständigkeit, die für eine stationäre Hilfe zu der Zeit bestand, als sich der Bedarf für eine künftig ambulante Hilfe zeigte.

Dies gilt gleichermaßen bereits dann, wenn nach Verlassen einer (stationären) Einrichtung Hilfe in einer teilstationären Einrichtung zu leisten ist. Die Zuständigkeit nach § 97 Abs. 2 BSHG setzt die Hilfegewährung "in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung" voraus. Einrichtungen in diesem Sinne können nur sogenannte Vollheime sein, d.h. Einrichtungen, in denen der Hilfeempfänger sich bei Tag und Nacht aufhält. Halb offene Einrichtungen - wie etwa betreutes Wohnen - fallen nicht darunter (Schellhorn, BSHG, 16. Aufl., § 97 Rdnr. 95 f. m.w.N.; Mergler/Zink, BSHG, § 97 Rdnr. 37 a; Schoch in: LPK-BSHG, 5. Aufl., § 97 Rdnr. 60).

Der Hilfeempfänger ... wurde und wird seit dem 01. Oktober 1994 nicht in einer Einrichtung vollstationär betreut, sondern erhielt und erhält eine teilstationäre Hilfe in der Form der Beschäftigung in der Werkstatt, wohnt in einer Wohnung, die er von der .. GmbH, einer vom Einrichtungsträger wirtschaftlich und personell verbundenen, rechtlich aber unabhängigen juristischen Person angemietet hat und erfährt dort weder voll- noch teilstationäre und somit ambulante Einrichtungshilfe.

Zwischen der vom Hilfeempfängers ... angemieteten Wohnung und den Einrichtungen der übrigen Hilfegewährung besteht keine Verbindung, aus der heraus auf das Vorliegen einer (Gesamt-)Einrichtung i.S.v. § 97 Abs. 4 BSHG geschlossen werden könnte. Der Beklagte nimmt allerdings zu Recht an, dass eine "Einrichtung" im Sinne des § 97 Abs. 2 BSHG auch dann gegeben sein kann, wenn der räumliche Zusammenhang der einzelnen Einrichtungsteile gelockert ist. Der Einrichtungsbegriff ist funktional zu verstehen. "Einrichtung" bedeutet in diesem Sinne einen für Hilfen nach dieser Vorschrift in einer besonderen Organisationsform unter verantwortlicher Leitung zusammengefassten Bestand an persönlichen und sachlichen Mitteln, der auf eine gewisse Dauer angelegt und für einen größeren, wechselnden Personenkreis bestimmt ist.

Ein solcher funktionaler Zusammenhang in der Hand eines Einrichtungsträgers liegt im gegebenen Sachverhalt jedoch nicht vor. Die könnte nur dann angenommen werden, wenn sich die angemietete Wohnung gleichsam als "Außenstelle" des Trägers der Stammeinrichtung darstellte.

Die vom Hilfeempfänger ... angemietete Wohnung ist der Organisationseinheit der .. Wohnstätten in zweifacher Hinsicht entzogen. Zum einen zählt die Wohnung zum Bestand der ... GmbH, zum anderen hat sie der Hilfeempfänger in eigenem Namen für den ausschließlich eigenen Wohngebrauch angemietet.

Hinzu tritt, dass der Einrichtungsträger während der gesamten Dauer der Hilfegewährung nach Maßgabe des Therapiekonzepts die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Hilfeempfängers übernehmen müsste. Davon kann angesichts der konkreten Gegebenheiten des Falles nicht gesprochen werden. Auch die Gewährung von 18 bzw. 14 Betreuungseinheiten wöchentlich sichert keine "Betreuung rund um die Uhr", sondern kann nur zu einem Training der praktischen Fertigkeiten führen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe hierfür i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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