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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.02.2004
Aktenzeichen: 2 LB 103/03
Rechtsgebiete: BaföG


Vorschriften:

BaföG § 21 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

Az.: 2 LB 103/03

BESCHLUSS

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Ausbildungsförderung - Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 26. Februar 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 15. Kammer - vom 17. Mai 2003 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen eine Rückforderung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).

Mit Bescheid vom 28. Dezember 1998 bewilligte der Beklagte der Klägerin auf Grund ihres Aktualisierungsantrages, der mit Verlusten des Gewerbebetriebes ihres Vaters begründet wurde, für den Bewilligungszeitraum von September 1998 bis August 1999 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 700,-- DM unter dem Vorbehalt der Rückforderung, weil sich das Einkommen des Vaters im Bewilligungszeitraum noch nicht abschließend feststellen lasse.

Nachdem dem Beklagten der Einkommensteuerbescheid des Vaters der Klägerin vom 27. September 2000 für das Jahr 1998 vorlag, hob der Beklagte mit Bescheid vom 28. November 2000 den Bewilligungsbescheid vom 28. Dezember 1998 auf und lehnte die Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Zeitraum von September 1998 bis August 1999 mit der Begründung ab, dass der Betrag des anzurechnenden Einkommens den Gesamtbedarf der Auszubildenden übersteige. Gleichzeitig wurde die bislang geleistete Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum in Höhe von 8.400,-- DM zurückgefordert.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat die Klägerin Klage erhoben. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 12. September 2001 (15 A 22/01) den Bescheid vom 28. November 2000 und den Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2001 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte habe den in dem Bescheid vom 28. Dezember 1998 enthaltenen Vorbehalt fehlerhaft aufgelöst. Nach § 24 Abs. 3 Satz 4 BAföG werde über den Antrag abschließend entschieden, sobald sich das Einkommen in dem Bewilligungszeitraum endgültig feststellen lasse. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht erfüllt, denn der Bewilligungszeitraum habe sich auf die Monate September bis Dezember 1998 und Januar bis August 1999 bezogen. Das endgültige Einkommen für das Jahr 1999 stehe noch nicht fest. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Berechnung des Einkommens des Vaters der Klägerin rechtlich zweifelhaft erscheine. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten lasse § 21 Abs. 1 Satz 2 BAföG einen Verlustausgleich innerhalb derselben Einkommensart förderungsrechtlich zu.

Nachdem dem Beklagten der Einkommensteuerbescheid der Eltern der Klägerin für das Jahr 1999 (Bescheid vom 18. Juli 2001) vorlag, erging unter dem 29. Oktober 2001 (erneut) ein Bescheid des Beklagten, mit dem Ausbildungsförderung für den Zeitraum September 1998 bis August 1999 abgelehnt und die geleistete Ausbildungsförderung in Höhe von 8.400,-- DM zurückgefordert wurde. Hierbei ging der Beklagte von Einkünften des Vaters der Klägerin im Jahre 1998 in Höhe von 325.766,-- DM aus und berücksichtigte einen Verlustvortrag aus dem Jahre 1997 in Höhe von 306.909,-- DM nicht. Am 08. November 2001 hat die Klägerin Widerspruch eingelegt und zur Begründung auf ihr Vorbringen im bisherigen Widerspruchsverfahren sowie auf das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 12. September 2001 verwiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2001 hat der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen.

Die Klägerin hat am 05. Dezember 2001 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Nach ihrer Auffassung sei der Verlustvortrag aus dem Jahre 1997 zu berücksichtigen. Ihre Eltern hätten auf Grund der steuerlichen Anerkennung des Verlustvortrags im Jahre 1998 keine Steuern gezahlt, so dass es für sie nicht nachvollziehbar sei, dass Ausbildungsförderungsleistungen unter Hinweis auf das Einkommen der Eltern abgelehnt würden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 29. Oktober 2001 und den Widerspruchsbescheid vom 12. November 2001 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat geltend gemacht: Die Klägerin habe einen Antrag auf Aktualisierung des Einkommens ihrer Eltern nach § 24 Abs. 3 BAföG gestellt. Dies bedeute, dass von den Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum auszugehen sei. Dieser umfasse die Zeit von September 1998 bis August 1999. Maßgebend seien allein die tatsächlichen Einkommensverhältnisse in den Jahren 1998 und 1999, die durch die entsprechenden Einkommensteuerbescheide auch nachgewiesen worden seien. Das Einkommen im Jahre 1998, das allein strittig sei, sei an Hand des Einkommensteuerbescheides für 1998 auf 325.766,-- DM festgesetzt worden. Der Verlustvortrag in Höhe von 306.909,-- DM sei nicht zu berücksichtigen, weil er aus dem Jahre 1997 resultiere. Er habe damit keinen unmittelbaren Bezug zu den Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 07. Mai 2003 im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, für die Berücksichtigungsfähigkeit eines Verlustvortrages im Rahmen der gleichen Einkommensart spreche der Wortlaut des § 21 Abs. 1 BAföG. Danach werde lediglich der Verlustausgleich aus "anderen Einkommensarten" für unzulässig erklärt, so dass das Gesetz davon ausgehe, dass innerhalb derselben Einkommensart ein Verlustausgleich zulässig sein solle. Dem entspreche im Übrigen auch der Umstand, dass die Einkommensermittlung an die steuerlichen Grundlagen anknüpfe. Steuerrechtlich sei der Verlustvortrag als Berücksichtigung negativer Einkünfte des Vorjahres im nachfolgenden Veranlagungszeitraum anzusehen; es handele sich um eine Sonderausgabe, die sich auf den Jahresgewinn auswirke (vgl. § 10 d Abs. 2 EStG). An den Gewinn (§ 2 Abs. 2 EStG i.V.m. § 4 EStG) knüpfe der Einkommensteuerbegriff des § 21 BAföG bei der Einkunftsart Gewerbe an. Wenn der Gewinn aus Gewerbe im Jahre 1998 - wegen des zulässigen Verlustvortrages - nur 18.857,-- DM betragen habe, sei dieser Betrag bei der Einkommensermittlung im Zusammenhang mit der vorliegenden Fragestellung ebenfalls maßgebend. Für die Einkommensberechnung im Rahmen eines Aktualisierungsantrages gemäß § 24 Abs. 3 BAföG gelte nichts anderes. Denn auch insoweit sei der Einkommensbegriff des § 21 BAföG maßgebend. Die Summe der Einkünfte der Eltern der Klägerin liege daher deutlich unter den gesetzlichen Freibeträgen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, so dass kein anrechenbares Elterneinkommen verbleibe.

Das Urteil ist dem Beklagten am 23. Mai 2003 zugestellt worden. Der Beklagte hat am 20. Juni 2003 die Zulassung der Berufung beantragt und diesen Antrag am 10. Juli 2003 begründet.

Der Senat hat die Berufung durch Beschluss vom 20. November 2003 zugelassen. Der Beklagte hat die Berufung am 28. November 2003 begründet.

Er führt im Wesentlichen aus: Bei dem Verlustvortrag aus dem Jahre 1997 handele es sich um keinen Verlustausgleich i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 2 BAföG, auch wenn er aus derselben Einkommensart resultiere. Ein Verlustausgleich nach dieser Bestimmung sei nur mit Verlusten im gleichen Veranlagungszeitraum möglich. Verlustvorträge beträfen aber Einkünfte aus Vorjahren, die deshalb auch anders zu bewerten seien. Sonderausgaben nach § 10 ff. EStG könnten nicht von positiven Einkünften abgezogen werden.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die anwaltlich nicht vertretene Klägerin stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der Beratung waren, Bezug genommen.

II.

Der Senat hält die zugelassene Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Über die Berufung kann daher gemäß § 130 a VwGO durch Beschluss entschieden werden. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist zu ändern und die Klage abzuweisen. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 29. Oktober 2001 ist rechtmäßig.

Streitentscheidend ist allein die Frage, ob der Abzug des Verlustes aus dem Jahre 1997 nach § 10 d EStG, der Grund für die Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 1998 auf Null war, förderungsrechtlich nach den Bestimmungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes von Bedeutung ist. Dem ist nicht so.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass sich die Einkommenserrechnung nach § 21 Abs. 1 BAföG richtet und auf Grund des Aktualisierungsantrags der Klägerin gemäß § 24 Abs. 3 BAföG von den Einkommensverhältnissen in dem Bewilligungszeitraum September 1998 bis August 1999 auszugehen ist.

Der Vater der Klägerin hat im Jahr 1998 ausweislich des Einkommensteuerbescheides vom 27. September 2000 positive Einkünfte i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG aus Gewerbebetrieb in Höhe von 325.766,-- DM erzielt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Förderungsrechtlich sind diese Einkünfte um die Abzüge nach § 21 Abs. 1 Satz 3 BAföG zu mindern. Sonstige Sonderausgaben wie der Verlustabzug nach § 10 d EStG fallen darunter nicht (vgl. Rothe/Blanke, Kommentar zum BAföG, 5. Aufl., § 21 Rdnr. 9). Dies lässt sich auch nicht im Umkehrschluss aus § 21 Abs. 1 Satz 2 BAföG herleiten. Danach ist ein Ausgleich von Verlusten mit anderen Einkommensarten unzulässig. Gemeint sind damit Verluste aus anderen Einkommensarten in demselben Veranlagungszeitraum. Ein Zeitraum übergreifender Verlustabzug i.S.d. § 10 d EStG war schon vor der Neufassung des § 21 BAföG durch das 7. Gesetz zur Änderung des BAföG vom 13. Juli 1981 (BGBl. I S. 625) unzulässig, obwohl bis dahin der Gesamtbetrag der Einkünfte durch negative Einkünfte aus anderen Einkommensarten auch förderungsrechtlich zu mindern war (vgl. HessVGH, Urt. v. 07.11.1989 - IX OE 60/82 -). Danach ist die Einkommensberechnung des Beklagten unter außer Achtlassung des Verlustabzuges im angefochtenen Bescheid nicht zu beanstanden, mit der Folge, dass das anzurechnende Einkommen den Ausbildungsbedarf der Klägerin übersteigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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