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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 15.05.2009
Aktenzeichen: 2 LB 21/08
Rechtsgebiete: FStrPrivFinG, Herrentunnel-Mauthöheverordnung


Vorschriften:

FStrPrivFinG § 3
FStrPrivFinG § 7
FStrPrivFinG § 9
FStrPrivFinG § 10
Herrentunnel-Mauthöheverordnung § 1
1. Eine Vereinbarung, die auf die Befreiung von Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs von der Mautpflicht nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz gerichtet ist, ist nichtig.

2. Zur Frage der (geltungserhaltenden) Auslegung einer solchen Vertragsbestimmung als Ablöse- oder Vorauszahlungsvereinbarung.

3. Erhält der private Betreiber einer mautpflichtigen Straße vorab einen Betrag zur Kostenreduzierung in der Konzessionslaufzeit, ist eine Verteilung gerechtfertigt, die dazu beitragen soll, größere Unterschiede in der Höhe der Mautgebühren in den einzelnen Mautberechnungsperioden zu vermeiden.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 21/08

verkündet am 15.05.2009

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Benutzungsgebührenrecht (Mautgebühren) - Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richterinnen ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 3. Kammer - vom 20. November 2007 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin und der Beigeladenen wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit mehrerer Gebührenbescheide.

Am 16. September 1997 schlossen die Bundesrepublik Deutschland, das Land Schleswig-Holstein und die Beigeladene eine Vereinbarung über den Bau eines Tunnels unter der Trave im Zuge der B 104. In dieser Vereinbarung erklärte sich die Bundesrepublik Deutschland bereit, sich an der Finanzierung des Tunnelprojektes im Rahmen eines Mischfinanzierungsmodells mit einem Betrag von 175 Mio. DM in Höhe der ersparten Aufwendungen für den Bau und Betrieb eines Ersatzbrückenbauwerkes für die abgängige Herrenbrücke zu beteiligen. Die Beigeladene verpflichtete sich, Planung, Bau, Betrieb und Erhaltung des Tunnels nach den Regeln des Gesetzes über den Bau und die Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private (Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz - FStrPrivFinG- ) einem privaten Betreiber zu übertragen. Weiterhin wurde vereinbart:

"6. Der Bund stellt der Hansestadt Lübeck einen Sockelbetrag in Höhe von 163 Mio. DM entsprechend den ermittelten Kosten für den Bau eines Ersatzbauwerkes zahlbar in jährlichen Raten nach Baufortschritt zuzüglich kapitalisierter Betriebskosten in Höhe von 12,0 Mio. DM bei Inbetriebnahme des Tunnels zur Verfügung. Der Betrag von 163 Mio. DM basiert auf dem Kostenstand von 1996 und wird bis zur Konzessionsvergabe mit den bis dahin tatsächlich entstandenen jährlichen Baukostenindices für Brückenbauten fortgeschrieben.

7. Der private Betreiber erhält das Recht, nach § 3 Abs. 1 und 2 FStrPrivFinG seine Kosten, soweit sie nicht durch den gemäß Ziffer 6 zur Verfügung gestellten Sockelbetrag gedeckt sind, durch die Erhebung von Maut-Gebühren zu refinanzieren. In Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften sind in die zu refinanzierenden Kosten alle mit dem Bauwerk im Zusammenhang stehenden notwendigen Untersuchungs-, Planungs-, Bau- und Baunebenkosten sowie die Kosten für Grunderwerb und Grundstücksfreimachung, Altlastenbeseitigung, Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen und die von der Stadt für das Projekt erbrachten finanziellen Vorleistungen einzubeziehen. Der Bund wird nach Feststehen der Projektkostenhöhe und rechtzeitig vor der Inbetriebnahme des Tunnels an den Betreiber die hierfür erforderliche Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG erlassen."

Die Beklagte schloss im März 1999 mit der Beigeladenen einen Baukonzessionsvertrag für den Bau, die Erhaltung, den Betrieb und die Finanzierung des Herrentunnels, der die Trave im Gebiet der Beigeladenen quert. Rechtliche Grundlage der Vereinbarung ist das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz (- FStrPrivFinG -) in der bis zum 7. September 2005 geltenden Fassung. Nach § 2 Abs. 1 FStrPrivFinG a. F. erhält der Private als Gegenleistung für die Übernahme der genannten Pflichten des Straßenbaulastträgers das Recht zur Erhebung von Mautgebühren, deren Erhebung auf der Grundlage einer Rechtsverordnung erfolgt, die das zuständige Bundesministerium erlässt. Dabei richten sich die Mautgebühren gemäß § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG nach den Kosten für Bau, Erhaltung, Betrieb und weiteren Ausbau der jeweiligen Strecke. Berücksichtigungsfähige Kosten sind gemäß § 3 Abs. 3 FStrPrivFinG die bei wirtschaftlicher Betriebsführung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten. Diese setzen sich zusammen aus den Grundkosten und den kalkulatorischen Kosten. Grundkosten sind die Kosten für den Betrieb, die Instandhaltung und die Instandsetzung der Strecke sowie Steuern, Gebühren, Beiträge und Abgaben, mit Ausnahme der Einkommen- und Körperschaftsteuer einschließlich der darauf entfallenden Zuschläge nach den jeweils geltenden gesetzlichen Vorschriften. Zu den Grundkosten gehören insbesondere die Kosten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen, Personalkosten sowie Fremdkapitalzinsen. Zu den kalkulatorischen Kosten zählen Abschreibungen sowie kalkulatorische Wagnisse und Zinsen. Kalkulatorische Zinsen sind Kosten, die für die Bereitstellung des von dem Privaten eingesetzten Eigenkapitals angesetzt werden. Als angemessene kalkulatorische Verzinsung des von dem Privaten eingesetzten Eigenkapitals gilt gemäß § 3 Abs. 4 FStrPrivFinG die durchschnittliche Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen in einem Zeitraum von 20 Jahren, die der jeweiligen Kalkulationsperiode vorausgehen, zuzüglich eines dem jeweiligen unternehmerischen Risiko angemessenen Risikozuschlags. Der Risikozuschlag darf nicht zu einer unverhältnismäßigen Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals führen.

Von der Mautgebühr sind Fahrzeuge der Streitkräfte, des Zivil- und Katastrophenschutzes, der Feuerwehr und anderer Notdienste, der Polizeien des Bundes und der Länder, der Zollverwaltung und des Straßenunterhaltungs- oder Straßenbetriebsdienstes befreit (§ 4 Satz 1 FStrPrivFinG a. F. = § 7 Satz 1 FStrPrivFinG in der ab dem 8. September 2005 gültigen Fassung).

In dem Konzessionsvertrag vereinbarten die Beigeladene und die Beklagte unter anderem die Zahlung eines Sockelbetrages. Der Konzessionsvertrag enthält hierzu u.a. folgende Regelungen:

"Art. 22 - Sockelbetrag

(1) Die Bestellerin stellt der Konzessionärin einen Sockelbetrag in Höhe von insgesamt DM 175 Mio. (...) zur Verfügung. (...). Mit diesem Sockelbetrag werden die Bau-, Erhaltungs- und Betriebskosten des Vorhabens, die Freistellung des öffentlichen Personennahverkehrs (Art. 39 (2)), die Benutzung des konzessionierten Bauvorhabens durch Fußgänger und Radfahrer mittels eines unentgeltlichen BusShuttle-Service (Art. 39 (3)) sowie die der Bestellerin zu erstattenden Aufwendungen (Art. 4 (4) und Art. 6 (4)) anteilig abgegolten. Soweit eine derartige Abgeltung erfolgt, bleiben die entsprechenden Kosten bei der Berechnung der Mautgebühren gemäß Art. 36 unberücksichtigt.

(...)

(7) Sollte die Verteilung und Verwendung des Sockelbetrages in der vorgesehenen Weise - insbesondere in Bezug auf die Freistellung des ÖPNV - nicht möglich bzw. unwirksam sein, verpflichten sich die Parteien - ggf. durch eine Änderung des Konzessionsvertrages - eine sachlich und wirtschaftlich weitestgehend deckungsgleiche Regelung zu treffen, nach der Radfahrer und Fußgänger das konzessionierte Bauvorhaben mittels eines Bus-Shuttle-Service unentgeltlich nutzen können und auch der ÖPNV mautfrei ist, ohne dass die Bestellerin zusätzliche finanzielle Verpflichtungen übernimmt und die Konzessionärin wirtschaftliche Einbußen erleidet. Den Parteien ist bewusst, dass dies zu einer Erhöhung der Mautgebühren führen kann. (...)."

"Art. 39

(...)

(2) Die Konzessionärin wird für eine Benutzung des konzessionierten Bauvorhabens durch Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs gemäß § 1 des ÖPNV-Gesetzes Schleswig-Holstein vom 26. Juni 1995 i.V.m. § 2 des Regionalisierungsgesetzes des Bundes vom 27. Dezember 1993 ( BGBl. I S. 2378) keine Mautgebühren erheben."

In einer Protokollnotiz über eine Besprechung zwischen Vertretern der Beklagten und der Beigeladenen am 17. August 2001 wurde u.a. festgehalten, das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen habe nach Abschluss des Konzessionsvertrages Bedenken gegen das im Konzessionsvertrag vereinbarte Mautberechnungsverfahren geäußert. Eine Berücksichtigung dieser Bedenken im Mautberechnungsverfahren würde zu einer höheren Maut führen. Zur Senkung der Finanzierungskosten und damit auch der Anfangsmaut sollten nach dem Ergebnis der zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, dem Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein, der Bestellerin und der Konzessionärin geführten Abstimmungsgesprächen Auszahlungsmodus und Verwendung des Sockelbetrages modifiziert werden. Die Verwendung des Sockelbetrages erfolge unabhängig von den Modalitäten der Auszahlung auch für die Freistellung des öffentlichen Personennahverkehrs, die Benutzung des konzessionierten Bauvorhabens durch Fußgänger und Radfahrer mittels eines unentgeltlichen Bus-Shuttle-Service sowie für die der Bestellerin zu erstattenden Aufwendungen (vgl. Art. 22 (1) 4 des Konzessionsvertrages). Im Rahmen der Gesamtabrechnung zwischen der Beigeladenen und der Beklagten gelte, dass nur der Teil des Sockelbetrages, der über die damit verbundenen Aufwendungen hinausgehe, auf die Bauleistungen für das konzessionierte Vorhaben entfalle.

Am 15. Oktober 2001 schloss das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein, zugleich das Land Schleswig-Holstein und die Bundesrepublik Deutschland vertretend, mit der Beigeladenen eine Ergänzungsvereinbarung, welche nach ihrer Vorbemerkung dazu diente, die Vereinbarung vom 16. September 1997 hinsichtlich der Auszahlung des Sockelbetrages zu präzisieren und fortzuschreiben. Der Sockelbetrag für den Bau des Tunnels wurde auf 159,8 Mio. DM zuzüglich kapitalisierte Betriebskosten in Höhe von 12,0 Mio. DM, insgesamt also auf 171,8 Mio. DM festgeschrieben. Die Parteien der Vereinbarung erklärten ihr Einverständnis damit, dass der Sockelbetrag und die kapitalisierten Betriebskosten auch für die Freistellung des öffentlichen Personennahverkehrs von der Mautentrichtung verwendet werden.

Aufgrund der Landesverordnung über die Beleihung der Erhebung von Mautgebühren für den Herrentunnel in B-Stadt und zur Übertragung der Ermächtigung zur Beleihung vom 22. August 2003 wurde die Beklagte mit dem Recht zur Erhebung von Mautgebühren nach § 3 FStrPrivFinG für die Benutzung des Herrentunnels beliehen. Dabei bestimmte sich die Höhe der Maut nach der vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen verordneten Verordnung über die Höhe der Maut für die Benutzung des Herrentunnels vom 06. Juli 2005 (Herrentunnel-Mauthöheverordnung).

Die Klägerin betreibt öffentlichen Personennahverkehr, in dessen Rahmen ihre Busse auch den Herrentunnel nutzen. Mit Gebührenbescheid vom 04. Januar 2006 setzte die Beklagte gegen die Klägerin für den Zeitraum vom 07. September 2005 bis zum 31. Dezember 2005 Mautgebühren in Höhe von 126.147,48 Euro fest und forderte die Klägerin zur Zahlung innerhalb von 14 Tagen auf. Unter dem 23. Januar 2006 erging für den Zeitraum vom 07. September 2005 bis 31. Dezember 2005 ein weiterer Gebührenbescheid über Mautgebühren in einer Höhe von 6.178,79 Euro. Für den Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. Januar 2006 wurden Mautgebühren in Höhe von 33.214,20 Euro mit Bescheid vom 01. Februar 2006 festgesetzt.

Die Klägerin hat gegen die genannten Bescheide am 07. Februar 2006 Klage erhoben.

Zur Begründung hat die Klägerin u.a. vorgetragen, die Beklagte verstoße mit der Mauterhebung gegen ihre vertraglichen Pflichten aus dem mit der Beigeladenen abgeschlossenen Konzessionsvertrag. Die Beklagte erhebe Mautgebühren, die durch den Sockelbetrag bereits vorzeitig abgelöst worden seien. Es existierten keine gesetzlichen Bestimmungen, die es der Beigeladenen untersagten, die Mautgebühren mit schuldbefreiender Wirkung zugunsten der Klägerin zu entrichten. Dementsprechend habe die Beklagte die mit diesem Leistungszweck verbundenen Zahlungen des Sockelbetrages auch angenommen. Die Zweckbestimmung einer erfolgten Zahlung könne nicht durch einen Dritten verändert werden, so dass es auf die Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau-und Wohnungswesen, die Beigeladene hätte keine Zahlungen auf die Mautgebühren der Klägerin entrichten dürfen, nicht ankomme. Der Verordnungsgeber könne festlegen, durch wen, für welche Benutzungen und in welcher Höhe Mautgebühren zu entrichten seien. Er könne allerdings nicht verhindern, dass ein Dritter für einen an sich Zahlungspflichtigen die Leistung erbringe. Aus dem eigenen Mautantrag der Beklagten ergebe sich, dass für die im öffentlichen Personennahverkehr eingesetzten Busse keine Mautgebühren erhoben werden sollen. So heiße es in dem Antragsschreiben u.a., die Mautpflicht des ÖPNV werde in der Berechnung zu Lasten des von der Hansestadt Lübeck zweckgebunden gezahlten Sockelbetrages abgegolten. In der Anlage 1) der Antragsbegründung heiße es, mit dem Sockelbetrag solle gemäß Konzessionsvertrag die Freistellung des öffentlichen Personennahverkehrs anteilig abgegolten werden. Aus dem Antrag selbst ergebe sich auch, dass kein unzulässiger Verzicht auf die Gebührenerhebung mit der Beigeladenen vereinbart worden sei und somit auch nicht beabsichtigt sei, die umlagefähigen Gesamtkosten des mautpflichtigen Vorhabens in größerem Umfang als zulässig auf die anderen Nutzer des Herrentunnels umzulegen. Vielmehr verbleibe es dabei, dass sämtliche mautumlagefähigen Kosten auf alle Benutzer des Herrentunnels umgelegt würden. Von diesen umlagefähigen Kosten würden die Zahlungen der Beigeladenen an die Beklagte aus dem Sockelbetrag gebührenmindernd in Abzug gebracht, sobald sie nicht auf eine vorzeitige Entrichtung bzw. Ablösung der Mautgebühren für die ÖPNV-Fahrzeuge entfielen. Die Mautgebühren für ihre Fahrzeuge seien also, wie sich aus dem eigenen Mautantrag der Beklagten ergebe, bereits bezahlt worden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Gebührenbescheide der Beklagten vom 04. Januar 2006, 23. Januar 2006 und 01. Februar 2006 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat die Beklagte u.a. vorgetragen, die Bescheide seien rechtmäßig. Sie seien auf der Grundlage des § 1 Herrentunnel-Mauthöheverordnung ergangen. Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs seien nicht von der Mautpflicht freigestellt, § 7 FStrPrivFinG sehe dies nicht vor. Auch aus Art. 22 des Konzessionsvertrages könne kein anderes Ergebnis folgen. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Gebührenbescheide richte sich ausschließlich danach, ob die Bescheide von einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage gedeckt seien, was hier der Fall sei. Sie erhebe auch keineswegs Mautgebühren, die bereits vorzeitig abgelöst worden seien. Die in Art. 22 Abs. 1 des Konzessionsvertrages vorgesehene anteilige Abgeltung der Freistellung des öffentlichen Personennahverkehrs sei im Mautfestsetzungsverfahren an den rechtlichen Einwänden des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen gescheitert. Das Ministerium habe die Auffassung vertreten, dass die im Konzessionsvertrag vorgesehene Verwendung des Sockelbetrages für die Freistellung des ÖPNV unzulässig sei. Ihr - der Beklagten - sei durch das Ministerium mitgeteilt worden, dass der Sockelbetrag nicht für die Freistellung des ÖPNV verwendet werden könne, sondern stattdessen zur Senkung der mautumlagefähigen Kosten eingesetzt werden müsse. Der Verordnungsgeber habe seine ablehnende Haltung zum einen mit gebührenrechtlichen Bedenken gegen die - gesetzlich nicht vorgesehene - Freistellung des ÖPNV begründet, zum anderen damit, dass der Sockelbetrag der Beigeladenen von der Bundesrepublik Deutschland zweckgebunden zur Deckung der Baukosten und damit gleichzeitig zur Senkung der Höhe der Mautgebühren zur Verfügung gestellt worden sei, nicht jedoch, um damit den ÖPNV zu subventionieren. Das Ministerium sei für die Kalkulation und Festsetzung der Mautgebühren zuständig. Es sei deshalb auch für die Entscheidung zuständig gewesen, ob die Kosten des ÖPNV über den Sockelbetrag gedeckt und die Fahrzeuge des ÖPNV von der Mautpflicht befreit werden dürften. Um die Festsetzungsfähigkeit ihres Mautantrags herzustellen, habe sie sich bereit erklärt, die in der ersten Mautberechnungsperiode zur Umlage auf die Maut beantragte Eigenkapitalverzinsung kalkulatorisch um 273.000,00 Euro zu erhöhen. Durch diese Änderung der dem Mautantrag zugrunde liegenden Kalkulation habe erreicht werden können, dass der Verordnungsgeber die von ihr beantragte Mauthöhe festsetze, obwohl der Verordnungsgeber den Betrag in Höhe von 273.000,00 Euro, der im Antrag in seiner ursprünglichen Fassung der Deckung der Kosten des ÖPNV vorgesehen gewesen sei, den Baukosten zugeschlagen habe. Sie verletze mit dem Erlass der Bescheide auch keine aus dem Konzessionsvertrag folgenden Vertragspflichten. Sie habe den von der Beigeladenen erhaltenen Sockelbetrag vertragskonform verwandt. Art. 22 Abs. 1 des Konzessionsvertrages nenne eine ganze Reihe von Kostenbereichen, für die der Sockelbetrag einzusetzen sei. Keineswegs sei dabei ein bestimmter Anteil des Sockelbetrages der Freistellung des ÖPNV zugeordnet. Sie habe den Sockelbetrag für die in Art. 22 Abs. 1 des Konzessionsvertrages neben den Kosten des ÖPNV genannten Kosten verwandt und zwischenzeitlich ganz überwiegend verbraucht. Dies sei in Abstimmung mit der Beigeladenen erfolgt. Die Auszahlung des Sockelbetrages sei jeweils unter konkreter Benennung der Kosten, für welche die Zahlung eingesetzt werden sollte, bei der Beigeladenen angefordert worden. Über die Verwendung des Sockelbetrages habe sie gemeinsam mit der Beigeladenen konkrete Verwendungsnachweise geführt. Die auf den ÖPNV entfallende Maut sei nicht über den Sockelbetrag gedeckt worden.

Die Beigeladene hat beantragt,

die Gebührenbescheide der Beklagten vom 04. Januar 2006, 23. Januar 2006 und 01. Februar 2006 aufzuheben.

Zur Begründung hat sich die Beigeladene dem Vorbringen der Klägerin angeschlossen.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 20. November 2007 die Gebührenbescheide vom 04. Januar 2006, 23. Januar 2006 und 01. Februar 2006 aufgehoben und in den Entscheidungsgründen u.a. ausgeführt, die Mautgebührenbescheide seien rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten. Dem Erlass der Gebührenbescheide stehe der Konzessionsvertrag vom 11. März 1999 entgegen. Die Beklagte habe sich durch den Konzessionsvertrag dahingehend gebunden, den Sockelbetrag zur Deckung der anfallenden Mautkosten zu verwenden und darüber hinaus keine Gebühren in Bezug auf den öffentlichen Nahverkehr zu erheben. Die Regelung habe nicht den öffentlichen Personennahverkehr vollständig von der Gebührenpflicht befreien sollen, sondern sie habe ausschließlich der Vereinbarung einer frühzeitigen Erfüllung gedient, d.h. die grundsätzliche Gebührenpflicht sei durch die Zahlung des Sockelbetrages abgegolten worden und der Anspruch der Beklagten sei analog § 362 BGB erloschen. Dieser Vertrag sei auch wirksam. Die Vereinbarung einer frühzeitigen Erfüllung - die Entrichtung der Mautgebühr durch den Sockelbetrag - sei weder gebührenrechtlich noch in sonstiger Weise zu beanstanden. Die Beklagte trage auch keinerlei Nichtigkeitsgründe vor. Soweit sie geltend mache, sie sei auf Grund der Herrentunnel-Mauthöheverordnung verpflichtet, eine Gebühr in der von ihr geltend gemachten Höhe zu erheben, stehe dies der Erfüllung des Konzessionsvertrages nicht entgegen. Es stelle sich nämlich nicht die Frage, ob es aus gebührenrechtlicher Sicht zulässig wäre, den öffentlichen Personennahverkehr zu Lasten Dritter von Mautgebühren gänzlich freizustellen, da die entsprechenden Gebühren im Vorwege durch den Sockelbetrag beglichen worden seien. Da auch in dem Antrag auf Erlass der Mautverordnung ausdrücklich von der Beklagten auf diese Verwendung des Sockelbetrages hingewiesen worden sei, sei diese auch in Kenntnis dieser Verwendung erlassen worden. Aber auch für den Fall, dass die in der Mautgebührenverordnung festgelegten Gebühren ohne Berücksichtigung der Vorauszahlung auf die Mautgebühren des öffentlichen Nahverkehrs durch Verwendung des Sockelbetrages festgelegt worden sein sollten, so führe die damit angenommene anderweitige Verwendung des Sockelbetrages dennoch nicht dazu, dass die Beklagte berechtigt wäre, die streitgegenständlichen Gebührenbescheide zu erlassen, da sie in diesem Fall die Mautgebühr zweimal von der Klägerin verlangen würde. Die dem Konzessionsvertrag dann zuwiderlaufende Verwendung des Sockelbetrages könne nicht zu Lasten der Klägerin gehen.

Die Beklagte hat am 21. Dezember 2007 die Zulassung der Berufung beantragt. Der Senat hat durch Beschluss vom 09. Juni 2008 die Berufung zugelassen.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte u.a. vor, sie habe den Sockelbetrag in Einklang mit den Regelungen in Art. 22 Abs. 2 bis 5 des Konzessionsvertrages und in Abstimmung mit der Beigeladenen vollständig für die entstehenden Baukosten verbraucht. Die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Gebührenbescheide beschränkten sich auf die Behauptung, die zu entrichtenden Mautgebühren seien bereits von der Beigeladenen bezahlt worden. Dies sei jedoch nicht der Fall. Es spreche vieles dafür, dass die Regelungen in Art. 22 Abs. 1 und Art. 39 Abs. 2 Konzessionsvertrag als Ablösungsvereinbarung auszulegen seien. Zu einer Ablösung der Mautpflicht der Klägerin sei es im Ergebnis jedoch nicht gekommen. Zum einen sei mit der Auszahlung des Sockelbetrages nicht bewirkt worden, dass die Mautpflichten der Klägerin abgelöst werden, d.h. gar nicht erst entstehen. Denn der zuständige Verordnungsgeber habe mit Erlass der Herrentunnel-Mauthöheverordnung entschieden, dass für die Fahrzeuge der Klägerin eine Mautpflicht bestehe. Zum anderen sei die Ablösung auch daran gescheitert, dass der Verordnungsgeber die Verwendung des Sockelbetrages zur Deckung der auf die Klägerin entfallenden Mautgebühren abgelehnt und den Sockelbetrag stattdessen den Baukosten zugeschlagen habe. Der Sockelbetrag sei tatsächlich nicht für die Mautgebühren, sondern in Abstimmung mit der Beigeladenen vollständig zur Deckung der Baukosten ausgegeben worden. Die Vereinbarung über die Freistellung des ÖPNV könnte auch in eine Vereinbarung über eine Vorauszahlung der von der Klägerin zu entrichtenden Mautgebühren umgedeutet werden. Eine Vorauszahlung wäre aber im Ergebnis gescheitert, da der Verordnungsgeber die Verwendung des Sockelbetrages zur Deckung der Mautgebühren abgelehnt habe. Die Beigeladene habe den Sockelbetrag nach Baufortschritt ausgezahlt. Der Sockelbetrag sei von ihr - der Beklagten - zeitlich vorrangig für die anfallenden Baukosten zu verwenden gewesen. Für diesen Zweck habe sie den Sockelbetrag auch vollständig verbraucht. In einem nächsten Schritt hätte sie einen Teil des Sockelbetrages auf die von der Klägerin zu entrichtenden Mautgebühren umrechnen müssen. Da der Sockelbetrag bereits vollständig für die Baukosten ausgegeben worden sei, hätte es sich bei dieser Umbuchung um einen rein fiktiven, kalkulatorischen Vorgang gehandelt. Diese kalkulatorische Umbuchung hätte jeweils nach Verwirklichung eines Mautgebührentatbestandes durch die Klägerin erfolgen sollen, also erst nach Inkrafttreten der Herrentunnel-Mauthöheverordnung. Zu diesem Zeitpunkt habe sie allerdings eine solche kalkulatorische Umbuchung des Sockelbetrages nicht mehr vornehmen können, da der Verordnungsgeber die Verwendung des Sockelbetrages zur Deckung der auf den ÖPNV entfallenden Mautgebühren abgelehnt habe. Im Übrigen habe der Sockelbetrag zum Zeitpunkt der Entstehung der Mautgebührenschuld der Klägerin für die kalkulatorische Umbuchung auch nicht mehr zur Verfügung gestanden, da der Sockelbetrag mit den Baukosten verrechnet worden sei. Gegen die Auslegung der entsprechenden Vereinbarung im Konzessionsvertrag als Vorauszahlungsvereinbarung spreche zudem, dass in Art. 39 des Konzessionsvertrages ausdrücklich geregelt sei, dass die Konzessionärin für eine Benutzung des Bauvorhabens durch Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehres keine Mautgebühren erheben werde. Eine Vorauszahlung stelle aber immer eine vorherige Leistung auf zu erhebende Abgaben dar. Da der Sockelbetrag von der Beigeladenen zur Deckung der allgemeinen Baukosten des Herrentunnels geleistet worden sei und sie - die Beklagte - den Sockelbetrag auch entsprechend dieser Zweckbestimmung verwendet habe, könne allein in der Weiterleitung des von der Bundesrepublik Deutschland bereitgestellten Sockelbetrages durch die Beigeladene keine Zahlung auf die von der Klägerin zu entrichtenden Mautgebühren gesehen werden. Der Sockelbetrag werde im Rahmen der Mautberechnung nicht linear gleichmäßig auf die gesamte Konzessionslaufzeit verteilt, sondern in kostenintensiveren Mautberechnungsperioden stärker eingesetzt. Hiermit solle erreicht werden, dass die Entwicklung der Mauthöhe über die Konzessionslaufzeit etwas mehr "geglättet" werden könne. Dies stehe im Einklang mit den gebührenrechtlichen Vorgaben aus § 3 Abs. 2 Satz 2 FStrPrivFinG, wonach die Mautgebühren in einem angemessenen Verhältnis zu dem durchschnittlichen Vorteil der Benutzung stehen müssten. Der Vorteil der Benutzung bleibe über die gesamte Konzessionslaufzeit gleich.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts (- 3 A 21/06 -) abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt die Klägerin u.a. vor, Kern des Streits sei die Frage, ob die bereits vor Erlass der Gebührenbescheide erfolgte Zahlung des Sockelbetrages durch die Beigeladene zur Tilgung ihrer Gebührenschuld geführt habe. Die Gebührenbescheide seien materiell rechtswidrig, da ihre Gebührenschuld bereits erloschen gewesen sei, als die Bescheide erlassen worden seien. Der materielle Gebührenanspruch sei mit der jeweiligen Tunnelbenutzung zwar entstanden. Da zu diesem Zeitpunkt aber bereits gezahlt gewesen sei, sei der Gebührenanspruch zugleich erloschen. In der juristischen Sekunde der Gebührenanspruchsentstehung sei Erfüllung eingetreten. Eine derartige Zahlung im Voraus mit der Wirkung eines Anspruchsuntergangs im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung sei bei entsprechender Abrede der Parteien ohne weiteres möglich. Sie - die Klägerin -könne sich auch auf das Erlöschen der Gebührenschuld wegen der Zahlung durch die Beigeladene berufen. Dass die Zahlung des Sockelbetrages zum Erlöschen der Gebührenschuld der Klägerin geführt habe, ergebe sich aus der Zweckbestimmung der Leistenden, der Beigeladenen. Die Zahlung des Sockelbetrages sei keine Leistung der Bundesrepublik Deutschland, sondern der Beigeladenen. Diese habe den Zweck der Zahlung - in Übereinstimmung mit der Bundesrepublik Deutschland - bestimmt. In der Konzessionsvereinbarung sei eine Ablösungsvereinbarung zu sehen. Auf der Grundlage der Ablösungsvereinbarung habe die Beklagte über den künftigen Gebührenanspruch dahingehend eine Verfügung getroffen, dass die bei Verwirklichung des Gebührentatbestandes an sich entstehende Gebührenschuld der Klägerin durch einen entsprechenden Anteil der Sockelbetragszahlung im Voraus getilgt worden sei. Auch die Beklagte sei von einer Ablösungsvereinbarung ausgegangen. In dem Entwurf des Konzessionsvertrages sei ausdrücklich von einer Ablösung die Rede gewesen. Selbst wenn man nicht von einer Ablösungsvereinbarung ausgehen würde, ändere dies nichts an der Tilgungswirkung der bereits erfolgten Zahlung. In diesem Fall wäre die Sockelbetragszahlung eine Vorauszahlung und hätte entsprechende Erfüllungswirkung. Der Konzessionsvertrag hätte dann die Funktion einer Vorauszahlungsvereinbarung. In diesem Fall würde die Tilgung mit dem Abschluss einer Kalkulationsperiode erfolgen. Aus ihrer Sicht spreche nichts dagegen, dass die Beklagte die Abrechnung durch Bescheid vornehme, der die jeweilige Gebührenschuld und deren Erlöschen feststelle. Dies ändere nichts daran, dass die vorliegend angefochtenen Bescheide rechtswidrig seien, da sie einen Zahlungsbefehl an sie enthielten. Die Auslegung des Konzessionsvertrages durch die Beklagte sei unzutreffend. Die Beklagte behaupte letztlich, es sei vereinbart worden, sie - die Klägerin - in der Herrentunnel-Mauthöheverordnung, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht erlassen worden sei, gebührentatbestandlich zu befreien. Tatsächlich sei aber vereinbart worden, dass die Beigeladene zugunsten der Klägerin deren Gebührenschuld durch Zahlung des Sockelbetrages tilge, damit nicht die Klägerin zahlen müsse. So sei es auch geschehen. Die Zahlung eines Dritten führe - ebenso wie eine Zahlung des Gebührenschuldners selbst - zum Erlöschen der Zahlungsverpflichtung. Den Sockelbetrag habe die Beigeladene in vollem Umfang ausgezahlt. Bereits in dem von der Beklagten selbst gestellten Antrag auf Erlass der Herrentunnel-Mauthöheverordnung werde explizit ausgeführt, wie viele Fahrzeuge des ÖPNV in der betreffenden Mautberechnungsperiode den Tunnel nutzen werden und welcher Anteil des Sockelbetrages für die Freistellung des ÖPNV in Ansatz zu bringen sei. Für die Gesamtlaufzeit ergebe sich danach ein Anteil von 10,6 Mio. Euro für die Maut des ÖPNV. Diese Zahl berücksichtige durch entsprechende Abzinsung den finanziellen Vorteil, den die Beklagte dadurch erlangt habe, dass sie den Betrag für die gesamten 30 Jahre vorschüssig erhalte. Damit sei für die hier maßgebliche Mautberechnungsperiode hinreichend klar, in welchem Umfang der Sockelbetrag für Mautgebühren des ÖPNV zu verwenden sei. Die Auffassung der Beklagten, die Zweckbestimmung der Zahlung des Sockelbetrages sei es gewesen, vorrangig alle entstandenen Baukosten zu tilgen, sei nicht zutreffend. Dies widerspreche dem Wortlaut des Art. 22 Abs. 1 Konzessionsvertrag. Es widerspreche zudem dem eigenen Verhalten der Beklagten, insbesondere ihrem Antrag auf Erlass der Verordnung, in dem sie selbst den Sockelbetrag anteilig zunächst vorrangig für eine Verwendung zugunsten des ÖPNV eingesetzt habe. Die von der Beklagten angeführten Regelungen des Art. 22 Abs. 2 bis 5 Konzessionsvertrag regelten den Zahlungsmodus, nicht aber den Zahlungszweck. Zudem sei die der Mauthöheverordnung zugrunde liegende Kalkulation fehlerhaft. Der Konzessionsvertrag gehe von einer Eigenkapital-Zielverzinsung von 12 % p.a. über die gesamte Laufzeit der Konzession aus. Gleichwohl sei von der Beklagten eine Eigenkapitalverzinsung von 12,49 % beantragt und der Mauthöheverordnung auch zugrunde gelegt worden. Die Formulierung des Konzessionsvertrages lasse es zwar zu, dass die Eigenkapitalverzinsung in den einzelnen Mautberechnungsperioden unterschiedlich sei, aus der Begründung zum Erlass der Mauthöheverordnung ergebe sich aber, dass die zugrunde gelegten 12,49 % p.a. der Renditeerwartung der Gesellschafter der Beklagten über den gesamten Projektzeitraum entspreche. Die Beklagte habe den Zuschlag für die ausgeschriebene Baukonzession u.a. deshalb erhalten, weil sie in ihrem Angebot lediglich eine Eigenkapital-Zielrendite von 12 % p.a. über die gesamte Vertragslaufzeit gefordert habe. Dies sei bei der Anwendung und Umsetzung des Konzessionsvertrages zwingend zu berücksichtigen. Zu dieser Anwendung und Umsetzung gehörten auch der Antrag auf Erlass einer Mauthöheverordnung sowie der Erlass der Verordnung. Der Mauthöheverordnung dürfe nur die in dem Konzessionsvertrag vereinbarte maximale Eigenkapital-Zielrendite zugrunde gelegt werden, sofern sich nicht aus Rechtsgründen noch engere Grenzen ergäben. Abweichungen von den Angaben im Angebot, welches im Ausschreibungsverfahren vorgelegt worden sei, seien mit vergaberechtlichen Vorschriften nicht vereinbar.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung schließt sich die Beigeladene den Ausführungen der Klägerin an.

Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, sowie die Verwaltungsvorgänge zum Verfahren 2 LB 22/08 haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden; wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrag der Beteiligten wird auf den Akteninhalt sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Bescheide vom 4. Januar 2006, 23. Januar 2006 und 1. Februar 2006 sind rechtmäßig. Daher ist das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts und der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen folgt die Rechtswidrigkeit der Bescheide nicht aus dem Umstand, dass die Beigeladene den Sockelbetrag an die Beklagte gezahlt hat. Es liegen zudem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Herrentunnel-Mauthöheverordnung vor und es greift zugunsten der Klägerin auch keine gesetzliche Befreiung von der Mautgebühr ein. Die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide folgt auch nicht daraus, dass die Herrentunnel-Mauthöheverordnung aufgrund einer mangelhaften Kalkulation nichtig ist.

Die Zahlung des Sockelbetrages steht dem Erlass der Bescheide nicht entgegen.

Bei dem Sockelbetrag handelte es sich zunächst um Haushaltsmittel der Bundesrepublik Deutschland, welche diese aufgrund der Vereinbarung vom 16. September 1997 an die Beigeladene gezahlt hatte. Aus der oben wiedergegebenen Ziffer 7 der Vereinbarung ergibt sich, dass der von der Bundesrepublik Deutschland geleistete Betrag zur Deckung der Kosten der Beklagten im Sinne des § 3 FStrPrivFinG dienen sollte. Für den nicht gedeckten Teil der Kosten sollte die Beklagte das Recht zur Refinanzierung durch die Erhebung von Maut-Gebühren erhalten. Aus der Vereinbarung vom 16. September 1997 ergibt sich die Zweckbindung der Zahlung der Bundesrepublik Deutschland und die Verpflichtung der Beigeladenen, den erhaltenen Betrag an die Konzessionärin weiterzuleiten. Die Beigeladene zahlte dem entsprechend den erhaltenen Sockelbetrag in mehreren Teilleistungen an die Beklagte.

Nach dem Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen handelt es sich bei dem Konzessionsvertrag entweder um eine Ablösungs- oder um eine Vorauszahlungsvereinbarung. Der Charakter der Vereinbarung kann hier letztlich dahinstehen, da der Konzessionsvertrag nichtig ist, soweit in ihm die Befreiung der Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs von den Mautgebühren vereinbart wurde.

Bei der Mautgebühr handelt es sich um eine Abgabe in Form einer (Benutzungs-) Gebühr auf der gesetzlichen Grundlage des Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetzes (FStrPrivFinG). Öffentliche Abgaben dürfen grundsätzlich nur nach Maßgabe der Gesetze erhoben werden. Diese strikte Bindung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) ist im Abgabenrecht von besonderer und gesteigerter Bedeutung. Dies schließt aus, dass von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen getroffen werden, sofern nicht das Gesetz dies ausnahmsweise gestattet. Der Grundsatz, dass die Abgabenerhebung nur nach Maßgabe der Gesetze und nicht abweichend von den gesetzlichen Regelungen aufgrund von Vereinbarungen zwischen Abgabengläubiger und Abgabenschuldner erfolgen kann, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für einen Rechtsstaat so fundamental und für jeden rechtlich Denkenden so einleuchtend, dass seine Verletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zu betrachten ist, das Nichtigkeit zur Folge hat (BVerwG, Urteil vom 5.6.1959 - VII C 83.57 - BVerwGE 8, 329; Urteil vom 22.8.1975 - IV C 7.73 - BVerwGE 49, 125; Urteil vom 27.1.1982 - 8 C 24/81 - BVerwGE 64, 361).

Die Vertragsparteien des Konzessionsvertrages haben eine Vereinbarung über die Abgabenerhebung getroffen, welche nach diesen Maßstäben nichtig ist. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Beigeladene nicht Abgabenschuldnerin ist. Inhaltlich war die Vereinbarung auf eine Begünstigung einer Abgabenschuldnerin gerichtet, welche mit den gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar ist.

Das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz enthält Vorschriften, welche eine Vereinbarung zur vorzeitigen Entrichtung der Gebühr zulassen. Nach § 9 Abs. 1 FStrPrivFinG (= § 6 Abs. 1 FStrPrivFinG a. F.) hat der Schuldner die Mautgebühr spätestens bei Beginn der mautgebührenpflichtigen Benutzung der Strecke zu entrichten. Der Begriff "spätestens" eröffnet die Möglichkeit zur Zahlung auch schon vor der Benutzung. Dies ergibt sich auch aus der Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 FStrPrivFinG (= § 8 Abs. 1 Satz 2 FStrPrivFinG a. F.). Hat der Schuldner im Voraus die Mautgebühr entrichtet und hierüber Belege erhalten, so hat er diese bei der Benutzung mitzuführen und auf Verlangen den zur Kontrolle befugten Personen zur Prüfung auszuhändigen. Es besteht mithin eine gesetzliche Grundlage, eine Vereinbarung über den Zeitpunkt der Bezahlung der Mautgebühr zu treffen.

Vorliegend haben die Beklagte und die Beigeladene jedoch in dem Konzessionsvertrag eine Vereinbarung getroffen, die inhaltlich nicht auf den Zeitpunkt der Bezahlung der Mautgebühr gerichtet war, sondern darauf, die Fahrzeuge des ÖPNV von der Verpflichtung zur Zahlung einer Mautgebühr zu befreien. So heißt es in Art. 22 Abs. 1 des Konzessionsvertrages u.a., mit dem Sockelbetrag werde die Freistellung des öffentlichen Personennahverkehrs anteilig abgegolten. Soweit eine derartige Abgeltung erfolge, blieben die entsprechenden Kosten bei der Berechnung der Mautgebühren unberücksichtigt. Auch in Art. 22 Abs. 7 des Konzessionsvertrages ist von der Freistellung des ÖPNV die Rede sowie von einer Regelung, nach der der ÖPNV mautfrei sei. In Art. 39 Abs. 2 des Konzessionsvertrages heißt es zudem, die Konzessionärin werde für die Benutzung des konzessionierten Bauvorhabens durch Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs keine Mautgebühren erheben. Auch in Ziffer 5 der von der Beklagten und der Beigeladenen unterzeichneten Protokollnotiz über eine Besprechung vom 17. August 2001 ist von einer Verwendung des Sockelbetrages für die Freistellung des öffentlichen Personennahverkehrs die Rede. Entsprechend spricht auch die Beklagte in der Begründung des Antrages auf Erlass einer Mautverordnung vom 27. Oktober 2004 (unter 1.13.5 auf S. 57) davon, dass gemäß des Konzessionsvertrages der ÖPNV von der Mautentrichtung freizustellen sei. In ihrem Antrag auf Änderung der Mauthöheverordnung vom 9. Mai 2006, welcher die zweite Mautberechnungsperiode betrifft, spricht die Beklagte davon, dass der Hauptantrag auf der Grundlage gestellt werde, dass die Fahrzeuge des ÖPNV keine Maut bezahlten. Hieraus ergibt sich, dass die Vertragsparteien des Konzessionsvertrages keine Regelung zur Begleichung der Mautgebühren anstrebten, insbesondere keine über eine vorzeitige Zahlung auf später entstehende Mautgebühren, sondern eine Verwendung des Sockelbetrages dafür, dass die Fahrzeuge des ÖPNV von der Mautpflicht freigestellt werden. Eine Vereinbarung mit einem derartigen Inhalt ist jedoch durch §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 Satz 2 FStrPrivFinG (= §§ 6 Abs. 1, 8 Abs. 1 Satz 2 FStrPrivFinG a. F.) nicht gedeckt und zudem mit der abschließenden gesetzlichen Regelung der Befreiung von den Mautgebühren in § 7 FStrPrivFinG ( = § 4 FStrPrivFinG a. F.) nicht vereinbar. Der Konzessionsvertrag ist daher aufgrund eines Verstoßes gegen die Gesetzesbindung bei der Abgabenerhebung nichtig, soweit in ihm die Befreiung der Fahrzeuge des ÖPNV von den Mautgebühren vereinbart wurde.

Diese Teilnichtigkeit des Vertrages lässt sich auch nicht durch eine gesetzeskonforme Auslegung vermeiden. Für die Auslegung von öffentlich-rechtlichen Verträgen gelten die Vorschriften der §§ 133, 157 BGB entsprechend. Lässt der Wortlaut einer Vereinbarung in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, ist im Wege einer gesetzeskonformen Auslegung zur Vermeidung der Nichtigkeit des Vertrages diejenige Auslegungsmöglichkeit zu wählen, die nicht zur Nichtigkeit der vertraglichen Regelung führt (vgl. OVG Brandenburg, Beschluss vom 23.10.2003 - 2 B 265/03 - juris; OVG Münster, Urteil vom 12.12.1991 - 11 A 2717/89 - NVwZ 1992, 988; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 59 Rdnr. 10). Der Wortlaut lässt hier eine Auslegung dahingehend, dass die Beteiligten eine Zahlung auf zu einem späteren Zeitpunkt entstehende Gebühren vereinbaren wollten, jedoch nicht zu. Die Zahlung sollte nach dem Inhalt der Vereinbarung gerade nicht auf später entstehende Gebühren erfolgen, sondern dafür, dass die Fahrzeuge des ÖPNV von der Mautgebührenpflicht freigestellt werden.

Der Konzessionsvertrag kann auch nicht als Ablösungsvereinbarung betrachtet werden. Bei einer Ablösungsvereinbarung vereinbaren die Beteiligten eine Zahlung eines Ablösungsbetrages im Voraus zur Tilgung einer anderenfalls entstehenden Abgabenschuld (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 154). Ablösungsvereinbarungen werden im Bereich des Beitragsrechts auch ohne gesetzliche Ermächtigung für zulässig gehalten (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 152; Thiem/Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, § 8 Rdnr. 1152, jeweils m.w.N.). In dem Konzessionsvertrag kann eine Ablösungsvereinbarung nicht gesehen werden, da zwischen dem Vertrag und einer beitragsrechtlichen Ablösungsvereinbarung erhebliche Unterschiede bestehen. So geht es vorliegend nicht um die Tilgung im Voraus einer anderenfalls entstehenden Beitragsschuld, sondern um die Zahlung eines Betrages für die Freistellung von einer Benutzungsgebührenpflicht. Der Betrag steht nicht im Zusammenhang mit einem einmalig anfallenden Beitrag, sondern mit einer wiederkehrenden Benutzungsgebühr. Mit Rücksicht auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und das Gleichbehandlungsgebot bei der Abgabenerhebung kann in Ablösungsverträgen mit einzelnen Beitragspflichtigen nur der Ablösungsbetrag vereinbart werden, den der Vertragspartner bei Anwendung des der Beitragserhebung zugrunde liegenden Rechts zu zahlen hat (vgl. Thiem/Böttcher, a.a.O, § 8 Rdnr. 1153). Zumindest muss vor Abschluss der Ablösungsvereinbarung feststehen, nach welchen Kriterien der Ablösungsbetrag zu bestimmen ist (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 161). Vorliegend enthält der Konzessionsvertrag jedoch überhaupt keinen bezifferten Ablösungsbetrag, zudem auch keine Kriterien, nach denen dieser Betrag zu bestimmen ist.

Hinzu kommt, dass der Betrag, welcher sich als Benutzungsgebühr für die Fahrzeuge des ÖPNV für die Dauer der Konzessionslaufzeit ergibt, auch nicht annähernd festlegbar ist, da er u.a. von der Entwicklung der Mauthöhe und der Häufigkeit der Benutzung abhängig ist. Zwar enthält der Antrag auf Erlass einer Mauthöheverordnung Angaben der Beklagten hinsichtlich der während der ersten Mautberechnungsperiode zu erwartenden Durchfahrten von Fahrzeugen des ÖPNV und der daraus sich ergebenden Maut, diese Angaben haben Eingang jedoch nur in die Begründung des Antrages gefunden, nicht jedoch in den Konzessionsvertrag. Auch dies schließt es aus, den Konzessionsvertrag als Ablösungsvereinbarung zu betrachten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen, in dem Entwurf des Konzessionsvertrages sei ausdrücklich von einer Ablösung die Rede gewesen. Auf die von der endgültigen Fassung des Konzessionsvertrages abweichende Formulierung in dem Entwurf des Art. 22 des Konzessionsvertrages kommt es nicht an, da diese Entwurfsformulierung letztlich von den Vertragsparteien nicht vereinbart wurde.

Die Vereinbarung in dem Konzessionsvertrag kann auch nicht als Vorauszahlungsvereinbarung angesehen werden. Rechtlich zulässig sind Verträge, durch die sich ein Grundstückseigentümer der Gemeinde gegenüber verpflichtet, eine Vorauszahlung auf einen künftigen Beitrag zu zahlen (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 148ff; Thiem/Böttcher, a.a.O., § 8 Rdnr. 1101). Vorliegend geht es jedoch nicht um eine Vorauszahlung auf einen Beitrag. Hinzu kommt, dass die Zulässigkeit von Vorauszahlungsvereinbarungen voraussetzt, dass diese den Vorbehalt einer endgültigen Abrechnung durch einen Bescheid enthalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.5.1983 - 2 S 1709/81 - ZKF 1984, 174; Driehaus, a.a.O., § 1 Rdnr. 64, § 8 Rdnr. 148). In dem Konzessionsvertrag war jedoch gerade mit der Befreiung der Fahrzeuge des ÖPNV von der Mautgebührenpflicht der Ausschluss des Erlasses von Gebührenbescheiden angestrebt. Hinzu kommt, dass sich aus Art. 39 des Konzessionsvertrages ergibt, dass die Vertragsparteien zugrunde legten, dass für Fahrzeuge des ÖPNV keine Mautgebühren erhoben würden. Eine Vorauszahlung wäre jedoch auf eine Zahlung einer zu einem späteren Zeitpunkt entstehenden Abgabenschuld gerichtet, so dass auch vor dem Hintergrund des Art. 39 des Konzessionsvertrages die Annahme einer Vorauszahlungsvereinbarung ausgeschlossen ist.

Soweit - nach dem Vortrag der Klägerin und der Beigeladenen - mit der Zahlung des Sockelbetrages - zumindest auch - die Befreiung der Fahrzeuge des ÖPNV von den Mautgebühren abgegolten werden sollte, was zwischen den Beteiligten streitig ist, erfolgte die Zahlung in Erfüllung eines insoweit nichtigen Vertrages und zur Erreichung eines gesetzeswidrigen Zwecks. Die sich aus dem Konzessionsvertrag ergebende Zweckbestimmung bestand nicht in der vorherigen Begleichung zu einem späteren Zeitpunkt entstehender Mautgebühren, sondern in der Befreiung der Fahrzeuge des ÖPNV von der Pflicht zur Zahlung von Mautgebühren. Dieses Ziel wurde nicht erreicht, da sich aus den der Mautgebührenerhebung zugrunde liegenden Vorschriften keine Befreiung für die Fahrzeuge des ÖPNV ergibt. Mit dieser Zweckbestimmung - unterstellt die Zahlung des Sockelbetrages ist zumindest auch mit dieser Zweckbestimmung erfolgt - ist die entstandene Gebührenschuld nicht getilgt.

Gegen ein Erlöschen der Gebührenschuld der Klägerin durch Zahlung des Sockelbetrages durch die Beigeladene spricht zudem, dass ein Erlöschen der Schuld bei Leistung durch einen Dritten voraussetzt, dass der Dritte mit dem Willen leistet, die Verpflichtung des Schuldners zu tilgen. Dabei kommt es nicht auf seinen inneren Willen an, sondern darauf, wie der Gläubiger sein Verhalten verstehen durfte, der Wille musste demnach zum Ausdruck kommen (vgl. Heinrichs in Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, § 267 Rdnr. 3 m.w.N.). Dass der Wille, eine entstehende Gebührenschuld der Klägerin vorab zu begleichen, bei Zahlung des Sockelbetrages durch die Beigeladene zum Ausdruck gekommen ist, ist nicht nachgewiesen. Aus der den Sockelbetrag betreffenden Vereinbarung des Konzessionsvertrages ergibt sich dieser Wille nicht. Hinzu kommt, dass nach dem Vortrag der Beklagten, dem die Klägerin und die Beigeladene nicht substantiiert entgegen getreten sind, die Verwendung des Sockelbetrages jeweils in Abstimmung mit der Beigeladenen für die Baukosten des Projektes erfolgt ist. Aus den vorliegenden Verwendungsnachweisen (Beiakte D zu 2 LB 22/08) ergeben sich keine Hinweise darauf, dass Teile des Sockelbetrages tatsächlich für die Freistellung der Fahrzeuge des ÖPNV von der Mautpflicht verwendet wurden.

Angesichts dessen kann offen bleiben, ob es hinsichtlich des Erlöschens der Schuld der Klägerin auf eine Zweckbestimmung durch die Beigeladene ankommt, welche den Sockelbetrag weitergeleitet hat, oder auf eine Zweckbestimmung der Bundesrepublik Deutschland, welche den Sockelbetrag aus ihren Haushaltsmitteln geleistet hat. Aus der Vereinbarung vom 16. September 1997 kann geschlossen werden, dass die Zweckbestimmung der Bundesrepublik Deutschland darauf gerichtet war, einen Teil der Kosten der Beklagten im Sinne des § 3 FStrPrivFinG zu decken. Dass darüber hinaus auch der Zweck verfolgt wurde, einen Ausgleich für die Freistellung der Fahrzeuge des ÖPNV von der Mautpflicht zu schaffen, ist angesichts der im Verfahren zum Erlass der Herrentunnel-Mauthöheverordnung deutlich gewordenen Auffassung des zuständigen Ministeriums, dass eine derartige Mittelverwendung nicht rechtmäßig sei, nicht nachgewiesen.

Die Zahlung des Sockelbetrages steht demnach dem mit den im Streit befindlichen Bescheiden geltend gemachten Gebührenanspruch der Beklagten nicht entgegen.

Nach § 1 der Verordnung über die Höhe der Maut für die Benutzung des Herrentunnels (Herrentunnel-Mauthöheverordnung) vom 6. Juli 2005 wird für jede einfache Benutzung des Streckenabschnitts eine Maut nach dem der Verordnung beigefügten Mautverzeichnis erhoben. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm sind bei jeder Benutzung des Tunnels durch ein Fahrzeug der Klägerin erfüllt.

Eine gesetzliche Befreiung von der Mautgebühr für Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs besteht nicht. In § 4 FStrPrivFinG a. F. bzw. § 7 FStrPrivFinG n. F. ist abschließend geregelt, dass von der Mautgebühr nur Fahrzeuge der Streitkräfte, des Zivil- und Katastrophenschutzes, der Feuerwehr und anderer Notdienste, der Polizeien des Bundes und der Länder, der Zollverwaltung und des Straßenunterhalts- oder Straßenbetriebsdienstes befreit sind.

Soweit die Klägerin und die Beigeladene gegen die Herrentunnel-Mauthöheverordnung einwenden, diese sei mit dem Konzessionsvertrag nicht vereinbar, da in dem Konzessionsvertrag eine Eigenkapitalverzinsung von 12 % p.a. vereinbart worden sei, in der der Herrentunnel-Mauthöheverordnung zugrunde liegenden Kalkulation jedoch von einer Eigenkapitalverzinsung von 12,49 % p.a. ausgegangen werde, teilt der Senat die Bedenken nicht.

Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Herrentunnel-Mauthöheverordnung ist, dass diese mit höherrangigem Recht vereinbar ist, insbesondere mit dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz und mit Verfassungsrecht. Der Konzessionsvertrag stellt kein derartiges, den Verordnungsgeber bindendes höherrangiges Recht dar. Es handelt sich um eine Vereinbarung, welche Rechte und Pflichten allein zwischen den Vertragsparteien begründen kann. Verstieße die Beklagte gegen eine aus dem Vertrag folgende Pflicht, indem sie einen Mautantrag mit einem Inhalt einreichte, welcher mit dem Vertrag nicht vereinbar sei, könnte dies nicht die Rechtswidrigkeit der auf den Antrag hin ergangenen Verordnung begründen, sondern allenfalls zu Ansprüchen der Beigeladenen gegen die Beklagte führen, z.B. die Anrufung des Steuerungskomitees gemäß Art. 49 Abs. 2 des Konzessionsvertrages rechtfertigen.

Hinzu kommt, dass der Ausgangspunkt der Klägerin und der Beigeladenen, der Konzessionsvertrag sei inhaltlich nicht vereinbar mit einer Mauthöheverordnung, welche von einer Eigenkapitalverzinsung von mehr als 12 % p.a. ausgehe, unzutreffend ist. In dem Konzessionsvertrag haben die Beigeladene und die Beklagte vereinbart, die Maut sei so zu ermitteln, dass bestimmte "Mautberechnungszielvorgaben" eingehalten werden, zu denen u.a. eine Verzinsung des von der Beklagten für das Projekt eingesetzten Eigenkapitals von insgesamt 12 % p.a. über die gesamte Laufzeit der Konzession ("Eigenkapital-Zielverzinsung") gehört. Diese im Konzessionsvertrag gewählte Formulierung schließt - auch nach Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen - eine Verzinsung nicht aus, die in einzelnen Mautberechnungsperioden weniger, in anderen mehr als 12 % p.a. beträgt. Als "Mautberechnungszielvorgabe" vereinbart wurde von den Vertragsparteien lediglich eine Verzinsung von 12 % p.a. über die gesamte Konzessionslaufzeit. Soweit die Klägerin und die Beigeladene darauf hinweisen, aus der Begründung zum Antrag auf Erlass einer Mauthöheverordnung ergebe sich, dass die Beklagte von einer Renditeerwartung von 12,49 % p.a. über den gesamten Projektzeitraum ausgehe, folgt hieraus nicht, dass die auf diesen Antrag hin erlassene Verordnung mit dem Konzessionsvertrag nicht vereinbar sei. Die Renditeerwartung der Beklagten für den gesamten Projektzeitraum ist insoweit ohne Bedeutung. Die Beklagte hat für eine Mautberechnungsperiode einen Antrag gestellt, nicht für den gesamten Projektzeitraum. Der Konzessionsvertrag schließt jedoch eine Eigenkapitalverzinsung von mehr als 12 % p.a. in einer Mautberechnungsperiode nicht aus.

Selbst wenn man entgegen den obigen Ausführungen die Auffassung vertreten sollte, es sei fehlerhaft, der Herrentunnel-Mauthöheverordnung eine Eigenkapitalverzinsung für die erste Mautberechnungsperiode von mehr als 12 % p.a. zugrunde zu legen, führte dies nicht zur Nichtigkeit der Verordnung, da Folge allenfalls eine Erhöhung der Maut in einem vernachlässigbaren Umfang wäre. Nach der Rechtsprechung des Senats führt im kommunalen Gebührenrecht nicht jede geringfügige Kostenüberdeckung, die aus der Einbeziehung nicht gebührenfähiger Kosten resultiert, zur Nichtigkeit des Gebührensatzes, sondern nur eine erhebliche Überschreitung, die der Senat bei mehr als 5 % des ansatzfähigen Kostenvolumens - und damit einer um 5 % überhöhten Gebühr - als gegeben ansieht. Etwas anderes gilt lediglich bei bewusst fehlerhaften Kalkulationen (Urteil des Senats vom 24.6.1998 - 2 L 22/96 - NordÖR 1998, 351 = NVwZ 2000, 102). Diese Grundsätze sind auch im Bereich des Abgabenrechts des Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetzes anwendbar. Eine Berücksichtigung einer Eigenkapitalverzinsung von 12,49 % p.a. statt 12 % p.a. führt nicht zu einer um 5 % überhöhten Maut. Anhaltspunkte für eine bewusst fehlerhafte Kalkulation durch den Verordnungsgeber, auf den hier maßgeblich abzustellen ist, bestehen nicht.

Die der Herrentunnel-Mauthöheverordnung zugrunde liegende angenommene Eigenkapitalverzinsung ist mit den Vorgaben des § 3 Abs. 4 FStrPrivFinG auch vereinbar. Danach gilt als angemessene kalkulatorische Verzinsung des von dem Privaten eingesetzten Eigenkapitals die durchschnittliche Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen in einem Zeitraum von 20 Jahren, die der jeweiligen Kalkulationsperiode vorausgehen, zuzüglich eines dem jeweiligen unternehmerischen Risiko angemessenen Risikozuschlags (§ 3 Abs. 4 Satz 1 FStrPrivFinG). Der Risikozuschlag darf nicht zu einer unverhältnismäßigen Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals führen (§ 3 Abs. 4 Satz 2 FStrPrivFinG). Das Gesetz schreibt nicht vor, wie dieser Risikozuschlag zu ermitteln ist. Aus Wortlaut und Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich aber, dass dieser Zuschlag einen Ausgleich für das unternehmerische Risiko darstellt. Dies setzt voraus, dass das unternehmerische Risiko bewertet wird.

In der Begründung zum Änderungsantrag vom 11. April 2005 hat die Beklagte ausgeführt, die durchschnittliche Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen im Zeitraum von 20 Jahren vor der Kalkulationsperiode habe 6,12 % p.a. betragen. Der dem unternehmerischen Risiko des Projektes angemessene Risikozuschlag betrage mindestens 12 % p.a.. In die Bewertung des unternehmerischen Risikos hat die Beklagte dabei verschiedene Risiken eingestellt, u.a. das Risiko einer Änderung der Verkehrsmenge in absoluten Zahlen sowie der Zusammensetzung des Verkehrs, das Risiko einer mangelnden Nutzerakzeptanz, sowie verschiedenen Risiken auf der Kostenseite des Projekts. Der in dem Antrag zugrunde gelegte Risikozuschlag in Höhe von 6,37 % p.a. liege deutlich unter dem für die Risikostruktur des Projekts angemessenen Risikozuschlag. Die im Verfahren zum Erlass der Verordnung beauftragten Gutachter haben in ihrem Schlussbericht die Vorgehensweise der Beklagten zur Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung als sachgerecht und die Höhe des von der Beklagten angenommenen Risikozuschlages als nicht unangemessen hoch beurteilt. Zustimmung der Gutachter fand auch die in einer Telefonkonferenz am 1. Juni 2005 zwischen dem für das Verordnungsverfahren zuständigen Bundesministerium und der Beklagten getroffene Vereinbarung, nach welcher die Kosten für die Freistellung des ÖPNV aus dem Sockelbetrag herausgerechnet wurden und der Risikozuschlag um einen Betrag in Höhe von 273.000 Euro erhöht wurde, um eine Mautgebühr in der beantragten Höhe zu rechtfertigen. Da diese Erhöhung nicht zu einer Überschreitung des von den Gutachtern für angemessen bewerteten Risikozuschlags führt, bestehen keine rechtlichen Bedenken an der Höhe der angenommenen Eigenkapitalverzinsung.

Nach dem Vortrag der Beklagten wird der Sockelbetrag im Rahmen der Mautberechnung nicht linear gleichmäßig auf die gesamte Konzessionslaufzeit verteilt, sondern in kostenintensiveren Mautberechnungsperioden stärker eingesetzt. Hiermit solle erreicht werden, dass die Entwicklung der Mauthöhe über die Konzessionslaufzeit etwas "geglättet" werden könne. Diese Verteilung des Sockelbetrages begründet keine rechtlichen Bedenken gegen die Herrentunnel-Mauthöheverordnung.

Nach dem im Kommunalabgabenrecht geltenden Grundsatz der Periodengerechtigkeit dürfen die Gebührenpflichtigen grundsätzlich nur mit denjenigen Kosten belastet werden, die in der betreffenden Kalkulationsperiode entstanden sind (vgl. Senatsurt. v. 24.06.1998, a.a.O.; VGH München, Urteil vom 28.1.2008 - 8 BV 07.2087 - juris; Schulte/Wiesemann in Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnr. 92). Zwar beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Herrentunnel-Mauthöheverordnung nicht nach Kommunalabgabenrecht, sondern nach dem eigenständigen Abgabenrecht des Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetzes, dem Grundsatz der Periodengerechtigkeit kommt jedoch auch in diesem Regelungsbereich Geltung zu. Auch den Regelungen des FStrPrivFinG liegt zugrunde, dass die Mauthöhe sich nicht aufgrund der Gesamtkosten ergibt, die in der gesamten Konzessionslaufzeit anfallen, sondern dass Kalkulationsperioden gebildet werden. Maßgeblich sind demnach auch im Regelungsbereich des FStrPrivFinG die in der jeweiligen Kalkulationsperiode anfallenden Kosten. Hiervon geht auch die Beklagte in der Begründung zum Änderungsantrag vom 11. April 2005 aus (dort S. 34 unter 1.8.1), in welcher sie auf das Prinzip der periodengerechten Zurechnung von Kosten abstellt und ausführt, die Höhe der für die Nutzung des Bauwerks zu entrichtenden Maut errechne sich aus dem Verhältnis der einer Periode zurechenbaren Gesamtkosten zur Anzahl der Nutzer innerhalb der gleichen Periode.

Der Sockelbetrag dient der Reduzierung der Kosten. Wird er nicht linear auf die Kalkulationsperioden verteilt, sondern in Abhängigkeit von den jeweiligen Kosten, wird der Unterschied in der Höhe der jeweils anfallenden Kosten und damit auch der Unterschied in der Höhe der jeweils zu zahlenden Maut nivelliert. Dies führt dazu, dass Nutzern in einer Periode mit geringeren Kosten eine höhere Maut auferlegt wird, als es bei linearer Verteilung der Fall wäre. Aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Verteilung des Sockelbetrages zahlen Nutzer in einer Periode mit geringen Kosten anteilig für die Kosten in einer Periode mit hohen Kosten mit, da durch den nivellierenden Einsatz des Sockelbetrages der Unterschied in dem Anfall der Kosten und damit der Unterschied in der Mauthöhe ausgeglichen wird. Dies ist zwar mit dem Grundsatz der Periodengerechtigkeit nicht vereinbar, findet eine Rechtfertigung aber in § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 FStrPrivFinG richten sich die Mautgebühren nach den Kosten für Bau, Erhaltung, Betrieb und weiteren Ausbau der jeweiligen Strecke. In diesem Rahmen müssen sie zumindest unter Berücksichtigung von Wegstrecke und der Fahrzeugart in einem angemessenen Verhältnis zu dem durchschnittlichen Vorteil der Benutzung stehen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 FStrPrivFinG). Der Vorteil der Benutzung des Herrentunnels steht nicht in Abhängigkeit von der jeweiligen Kalkulationsperiode, in welcher der Tunnel benutzt wird, und den dieser Periode zuzurechnenden Kosten. Er stellt sich im Wesentlichen unverändert über die gesamte Dauer der Konzessionslaufzeit dar. Da die Mautgebühren nach der gesetzlichen Vorgabe des § 3 Abs. 2 Satz 2 FStrPrivFinG in einem angemessenen Verhältnis zu dem durchschnittlichen Vorteil der Benutzung stehen müssen, ist eine Verteilung des Sockelbetrages gerechtfertigt, welche dazu beitragen soll, größere Unterschiede in der Höhe der Mautgebühren in den einzelnen Mautberechnungsperioden zu vermeiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 159 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht bestehen.

Ende der Entscheidung

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