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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 23.04.2008
Aktenzeichen: 2 LB 37/07
Rechtsgebiete: BGB, HGB, LVerwG SH, VwGO


Vorschriften:

BGB § 891
HGB § 124
HGB § 17
LVerwG SH § 112
VwGO § 42
VwGO § 43
VwGO § 61
1. Ein Leistungsbescheid, der an eine nicht mehr existente OHG gerichtet ist, begründet kein Rechtsverhältnis gegen den früheren Gesellschafter, der das Handelsgeschäft als Einzelkaufmann fortführt.

2. Für eine Anfechtungsklage fehlt es dem Einzelkaufmann an der Klagebefugnis; Rechtsschutz kann er durch eine Feststellungsklage erlangen.

3. Es bleibt offen, ob ein Schadensersatzanspruch aus einem öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis (Abwassereinrichtung) überhaupt per Leistungsbescheid durchgesetzt werden könnte.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Az.: 2 LB 37/07 4 A 33/06

verkündet am 23.04.2008

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Anschluss- und Benutzungszwang (Wasser und Abwasser) - Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht den Richter am Oberverwaltungsgericht die Richterin am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Frau ... und Frau ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 4. Kammer - vom 14. März 2007 geändert.

Hinsichtlich des Anfechtungsantrages und des Nichtigkeitsfeststellungsantrages wird die Klage abgewiesen.

Auf den Hilfsantrag zu 2) wird festgestellt, dass der Bescheid vom 15. Juni 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 kein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien begründet, aufgrund dessen die Klägerin verpflichtet ist, 27.251,19 Euro an die Beklagte zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu den Kosten für eine von der Beklagten veranlasste Reinigung des städtischen Kanalnetzes von Ölrückständen.

Am 07. Mai 2003 wurde bei Kontrolluntersuchungen in einem Kontrollschacht des Kanalisationssystems der Straße "..." Öl vorgefunden. Der hinzugezogene Umweltschutztrupp des Polizeibezirksreviers . stellte fest, dass sich im Kontrollschacht auf dem Parkplatz der Firma . eine größere Menge mit der typischen Rotfärbung versehenes Heizöl befand. Er untersuchte daraufhin die Regenwasserkontrollschächte in der Straße "." in Richtung Konsul-Rühmann-Straße. Dabei wurde festgestellt, dass die Belastung abnahm. Aus verschiedenen Kontrollschächten wurden Sediment- und Wasserproben entnommen, um die Herkunft der Verschmutzung zu ermitteln. Bis zum Schacht Nr. 202 vor dem Grundstück "...", dem Betriebsgrundstück der Klägerin, konnte ein Ölfilm und Ölgeruch wahrgenommen werden. Im Regenwasserkontrollschacht der Klägerin waren kleine Öl-mengen ersichtlich, woraufhin weitere Schächte auf dem Grundstück untersucht wurden. In diesen Schächten fand man ebenfalls ölige Flüssigkeiten. Auch bei der Kontrolle des Schlammfanges und des Ölabscheiders war eine rot gefärbte Flüssigkeit erkennbar, die auf Heizöl hindeutete. Die Kurzbeurteilung eines beauftragten Analytiklabors kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Verunreinigung vom Firmengelände der Klägerin ausging.

Das Polizeirevier übersandte dem Landrat des Kreises Steinburg, Abteilung Wasserwirtschaft, einen Vermerk über den Vorfall. Der Landrat wandte sich deswegen mit Schreiben vom 22. Mai 2003 an die Stadtentwässerung der Beklagten und bat, hinsichtlich der Verunreinigungen im Regenwasserkanal und einer evtl. mangelhaften Leerung der Abscheider in eigener Zuständigkeit entsprechend der Abwassersatzung und Anschlussgenehmigung tätig zu werden. Er, der Landrat, werde die ... als Wasserbehörde entsprechend der VAwS aufsuchen und ggf. tätig werden. Schon vorher hatte die Beklagte die Firma ... mit der Reinigung des städtischen Regenwasserkanals über einen mobilen Leichtflüssigkeitsabscheider beauftragt.

Am 06. November 2003 erließ die Beklagte gegenüber der "Firma ..." einen Leistungsbescheid, mit dem sie die Kosten einer Ersatzvornahme geltend machte. Die Klägerin legte hiergegen am 8. Dezember 2003 Widerspruch ein, wobei sie den Briefkopf "..." verwandte. Der Widerspruch war mit "..." unterzeichnet. Diesen Bescheid hob die Beklagte wegen missverständlicher Formulierungen bezüglich des Adressaten auf.

Am 15. Juni 2004 erließ die Beklagte erneut einen Bescheid an die "..." und forderte die Erstattung der Kosten einer angeordneten Ersatzvornahme in Höhe von 28.583,19 Euro. Auch gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 20. Juli 2004 Widerspruch ein. Es sei vom Arbeitsablauf her unmöglich, dass das Heizöl in die ACO-Rinne gelaufen sei. Die Verbundpflasterfläche hätte ansonsten großflächige Ölverschmutzungen aufgewiesen haben müssen, was nicht der Fall gewesen sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 12. Oktober 2004 - der erneut an die ... adressiert war - zurück. Die im Wege des sofortigen Vollzuges durchgeführte Ersatzvornahme sei zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr gerechtfertigt gewesen, da die Verunreinigung im Regenwasserkanal eine Gefahr für Gewässer (in die die städtische Regenwasserkanalisation letztlich einleite), für die Mitarbeiter der Stadtentwässerung (aufgrund des Öls hätten sich in der Kanalisation gefährliche Gase bilden können) und für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Abwasseranlage bestanden hätten. Die Gefahren hätten so schnell wie möglich beseitigt werden müssen. Aufgrund der Untersuchungen habe sich ergeben, dass das Öl vom Grundstück der Klägerin in den Regenwasserkanal gelangt sei.

Die Klägerin hat am 10. November 2004 Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben.

Sie hat vorgetragen, die Bescheide seien schon formell rechtswidrig. Sie seien an die Firma ... gerichtet gewesen, die jedoch im Jahr 1997 aufgelöst worden sei. Eine Auslegung zur Ermittlung des Adressaten sei nicht möglich, da die Beklagte den Adressaten ausdrücklich als OHG bezeichnet habe und deshalb nicht von einem Versehen ausgegangen werden könne, da der Erlass ausdrücklich an die nicht mehr existente Gesellschaft gerichtet gewesen sei. Als Rechtsfolge der mangelnden Bestimmtheit des Adressaten komme die Rechtswidrigkeit oder die Nichtigkeit des Verwaltungsaktes in Betracht.

Zudem seien die Bescheide materiell rechtswidrig. Es sei nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt worden, dass sie, die Klägerin, Zustands- oder Handlungsstörerin gewesen sei. Auch habe es an der erforderlichen Eilbedürftigkeit der Maßnahme gefehlt. Das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr sei nicht hinreichend dargelegt, zudem sei nicht ersichtlich, dass die Gefahr nicht auch auf andere Weise habe abgewendet werden können. Auch einzelne Kosten des Kostenbescheides sowie die Höhe der Rechnung der Firma ... seien nicht nachvollziehbar.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Bescheid des Beklagten vom 15. Juni 2004 sowie den Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2004 aufzuheben;

2. hilfsweise, die Nichtigkeit des Bescheides der Beklagten vom 15. Juni 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 festzustellen;

3. höchst hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2004 kein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien begründet, aufgrund dessen die Klägerin verpflichtet ist, 28.583,19 Euro an die Beklagte zu zahlen, weil der Bescheid wegen fehlender Bekanntgabe nicht wirksam geworden ist, vielmehr einen Nichtakt darstellt.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, das Grundbuch habe als Eigentümerin des Grundstücks die Firma ... ausgewiesen. Deshalb sei sie davon ausgegangen, dass es sich dabei um die Firma gehandelt habe, die auf dem Grundstück einen Heizölhandel betreibe. Auch im Telefonbuch und dem Internet finde sich nur eine .... In der Korrespondenz habe die Klägerin nie darauf hingewiesen, dass die OHG nicht mehr existiere.

Auf Grund der vor Ort getroffenen Feststellungen und der entnommenen Proben stehe fest, dass die Verunreinigung vom Grundstück der Klägerin stamme. Dies habe auch der Sachverständige überzeugend dargelegt. Daher sei die Klägerin zu Recht in Anspruch genommen worden. Zudem sei der sofortige Vollzug aufgrund der gegenwärtigen Gefahr erforderlich gewesen. Man habe so schnell wie möglich handeln müssen. Schließlich seien auch die Einwände gegen die Höhe der Kosten nicht berechtigt.

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 12. April 2007 die Bescheide vom 15. Juni 2004 und vom 12. Oktober 2004 insoweit aufgehoben, wie mit ihnen ein Betrag von mehr als 27.251,19 Euro gefordert wurde. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

Die Klägerin sei dem Grunde nach verpflichtet, die von der Beklagten geltend gemachten Kosten für die Reinigung des Regenwasserkanals zu tragen.

Die Bescheide seien formell rechtmäßig, die Einwände der Klägerin hiergegen seien unbegründet. Für die Frage, wer Adressat eines Bescheides sei, komme es auf den objektiven Erklärungsgehalt des Bescheides an. Es habe sich mit hinreichender Sicherheit bestimmen lassen, dass der Bescheid an die Klägerin adressiert sei. Nicht nur für den Inhaber der Firma sondern auch für einen Außenstehenden sei klar gewesen, dass die Firma ... mit ihrem Betriebsgrundstück auf dem Grundstück "... " Adressatin der streitigen Bescheide sei.

Die Voraussetzungen für die Festsetzung der Kosten der Ersatzvornahme gemäß §§ 230, 238 LVwG seien gegeben. Bei der Ölverschmutzung im Regenwasserkanal der Beklagten habe es sich um eine Störung der öffentlichen Sicherheit gehandelt. Zum Zeitpunkt der Maßnahme habe die Verschmutzung eine gegenwärtige Gefahr dargestellt, die ein sofortiges Eingreifen erforderlich gemacht habe, da ein Ausbreiten des Öls den Schaden für die gemeindliche Einrichtung erheblich vergrößert hätte. Das Gericht sei davon überzeugt, dass das Öl in der Regenwasserleitung von dem Grundstück der Klägerin gestammt habe. Der Bescheid sei auch hinsichtlich der Höhe der Entsorgungskosten überwiegend rechtmäßig. Da die Einwendungen gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Bescheide unbegründet seien, hätten auch die Hilfsanträge keinen Erfolg.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 03. Mai 2007 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 14. August 2007 entsprochen hat.

Die Klägerin hält an ihrer Auffassung fest, dass sämtliche Bescheide der Beklagten fehlerhaft seien, weil sie an eine nicht existente "Firma ... " adressiert gewesen seien. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könnten zur Feststellung, wer Adressat des Bescheides sei, nicht die Gespräche zwischen Mitarbeitern der Beklagten und solchen der Klägerin, eine anderweitige Korrespondenz oder die Grundstücksbezeichnung herangezogen werden. Die Beklagte habe den Verwaltungsakt an eine nicht existente Person richten wollen.

Darüber hinaus sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung der Kosten der Ersatzvornahme gegeben gewesen

seien. Ferner sei nicht nachgewiesen, von welchem Grundstück die Ölverschmutzung ausgegangen sei. Das Verwaltungsgericht sei zudem den Ausführungen des Sachverständigen zur Höhe der Inanspruchnahme gefolgt, ohne sich mit den Widersprüchen der Sachverständigenausführungen und den Einwendungen der Klägerin auseinander zu setzen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts zu ändern und

1. den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2004 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2004 vollständig auch insoweit aufzuheben, soweit der festgesetzte Betrag 27.251,19 Euro nicht übersteigt;

2. hilfsweise die Nichtigkeit des Bescheides vom 15. Juni 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 festzustellen;

3. höchst hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid vom 15. Juni 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2004 kein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien begründet, aufgrund dessen die Klägerin verpflichtet ist, 27.251,19 Euro an die Beklagte zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie meint, ihre Bescheide seien sowohl in formeller als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtmäßig.

Mit richterlicher Verfügung vom 22. Januar 2008 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass es fraglich sei, ob die Beklage sich bei der Kostenfestsetzung auf die §§ 230, 238 LVwG i.V.m. § 249 LVwG, §§ 3, 17 VVKO habe berufen können. Ein Einrichtungsträger sei wohl nicht befugt, Schadensersatzansprüche aus dem Benutzungsverhältnis durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Die Beklagte führt hierzu aus, dass der hoheitliche Träger einer Einrichtung im Falle einer Gefahr oder Störung für die öffentliche Sicherheit eine Ordnungsverfügung erlassen, bei Gefahr im Verzuge aber eine Ersatzvornahme durchführen und die dadurch angefallenen Kosten durch Bescheid geltend machen könne.

Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben dem Senat bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden; wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Parteien im Übrigen wird auf den wechselseitigen Schriftwechsel nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Zwar ist die Klage hinsichtlich des Hauptantrages (Antrag zu 1) und des ersten Hilfsantrages (Antrag zu 2) unzulässig. Sie ist jedoch hinsichtlich des zweiten Hilfsantrages (Antrag zu 3) zulässig und begründet. Dementsprechend ist das angefochtene Urteil zu ändern und die beantragte Feststellung zu treffen.

Sowohl der Anfechtungs- wie auch der Nichtigkeitsfeststellungsantrag sind unzulässig, weil es der Klägerin für beide Anträge an der erforderlichen Klagebefugnis gem. § 42 Abs. 2 VwGO fehlt. Eine Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten durch die angefochtenen Bescheide kommt nicht in Betracht.

Der Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 soll eine Zahlungspflicht gegenüber der Beklagten begründen. Nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens könnte er als Leistungsbescheid Grundlage einer Vollstreckung nach §§ 262 ff. LVwG sein. Das Vermögen der Klägerin wäre davon aber nicht betroffen.

Sowohl der Ausgangsbescheid wie auch der Widerspruchsbescheid sind so zu verstehen, dass die Bekanntgabeadressatin auch als Schuldnerin der Geldforderung in Anspruch genommen werden, also auch Inhaltsadressatin sein soll. Ihr gegenüber soll der Leistungsbescheid gemäß § 112 LVwG wirksam werden. Adressatin der beiden Bescheide ist aber nicht die Klägerin, die "Fa. sondern vielmehr eine "Firma ... OHG", die mit der Klägerin nicht identisch ist. Die Firma ist der Name, unter dem der Kaufmann sein Handelsgeschäft betreibt, also der Geschäftsname des Kaufmanns. Die Firma ist nach HGB nicht Name des Unternehmens "an sich", sondern Name seines Inhabers (sein Name schlechthin oder der Name, unter dem er das Unternehmen betreibt). Diese Definition unterstellt als Normalfall, dass der Kaufmann noch einen anderen Namen hat; so der Einzelkaufmann, der - wie der Inhaber der Klägerin - außer dem Handelsnamen einen bürgerlichen führt. Handelsgesellschaften haben keinen anderen als den Handelsnamen, die Firma ist ihr Name schlechthin (Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl., Rdnr. 4 zu § 17).

Eine Offene Handelsgesellschaft - OHG - ist nicht nur im Handelsverkehr weitgehend einer juristischen Person gleichgestellt. Sie ist eine Gesamthand mit der Fähigkeit der selbstständigen Rechtsträgerschaft (Baumbach/Hopt, a.a.O., Rdnr 1 zu § 124). Auch im öffentlichen Recht ist die OHG, soweit nicht die einzelnen Rechtsnormen entgegenstehen, als Rechtssubjekt anerkannt (vgl. Schlegelberger/Karsten Schmidt, Rdnr. 6 zu § 124 HGB; Habersack in Großkomm. HGB, § 124 Rdnr. 21). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist sie beteiligungsfähig, wobei allein streitig ist, ob dies auf § 61 Nr. 1 VwGO (so Kopp/Schenke, Anm. 6 zu § 61 VwGO) oder auf § 61 Nr. 2 VwGO zu stützen ist (so Eyermann, Anm. 6 zu § 61 VwGO). Dies gilt auch für das Verwaltungsverfahren. Sie kann -wie hier versucht - ordnungsrechtlich als Störerin oder als Schadensersatzpflichtige in Anspruch genommen werden.

Der Senat teilt nicht die vom Verwaltungsgericht und von der Beklagten vertretene Auffassung, es handele sich lediglich um eine rechtlich unschädliche Falschbezeichnung ("falsa demonstratio non nocet"). Zwar ergibt sich aus der Begründung des Bescheides vom 15. Juni 2004, dass die Zahlungsverpflichtung an das Eigentum am Grundstück anknüpfen sollte. Es wird darauf verwiesen, dass nach den Bestimmungen der städtischen Abwassersatzung der Grundstückseigentümer dafür verantwortlich sei, dass sämtliche Grundstücksentwässerungsanlagen jederzeit ordnungsgemäß betrieben werden, sich sämtliche Entwässerungseinrichtungen auf dem Grundstück in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden. Dann heißt es jedoch weiter: "Grundstückseigentümer ist nach unseren Unterlagen die Firma ... OHG. Aus diesem Grund ist der Leistungsbescheid an Sie zu richten." Die Beklagte wollte danach die angefochtenen Bescheide - wenn hierzu auch durch Grundbuch - und Telefonbucheintragungen etc provoziert - an eine "Firma ... OHG" richten, nicht an die jetzige Klägerin als Firma eines Einzelkaufmanns.

Dass die OHG nach dem Ausscheiden einer Gesellschafterin erloschen und das Gesellschaftsvermögen auf den einzigen verbliebenen Gesellschafter, den Inhaber der Klägerin, im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen ist (vgl. dazu Baumbach/Hopt, a.a.O., Rdnr. 35 zu § 131 HGB), ändert nichts am Inhaltsadressaten. Diese Rechtsnachfolge fand schon 1997 statt, also lange vor dem in Betracht kommenden Schaden verursachenden Ereignis. Zwar besteht gemäß § 891 BGB die gesetzliche Vermutung, dass die im Grundbuch eingetragene OHG Eigentümerin des Grundstücks ist, nicht vermutet wird jedoch das Vorhandensein bestimmter rechtlicher Eigenschaften des Eingetragenen (Wacke in: Münchener Komm. zum BGB, 4. Aufl., Rdnr. 12 zu § 891), also auch nicht die Existenz des Eingetragenen. Im Übrigen ist die Vermutung widerlegbar und steht fest, dass das Grundbuch mit Erlöschen der Gesellschaft unrichtig geworden ist.

Aus dem Umstand, dass der Inhaber der Klägerin, der offenbar Alleineigentümer des Betriebsgrundstücks geworden ist, das Grundbuch nicht hat berichtigen lassen, lässt sich nichts für die Beantwortung der Frage herleiten, wer durch den Leistungsbescheid in Anspruch genommen wird, in wessen Vermögen daraus ggf. vollstreckt werden könnte. Ob das Unterlassen eine Schadensersatzpflicht wegen Irreführung des Rechtsverkehrs begründen könnte, ist in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen. Das gilt gleichermaßen dafür, dass die Klägerin bis zur Begründung der Klage nicht auf die - ihr bekannte - Unrichtigkeit des Grundbuchs hingewiesen hat. Zwar könnte angesichts ihres Vorbringens in Erwägung gezogen werden, dass sie sich allein aus sachlichen Gründen gegen ihre Inanspruchnahme wenden wollte, es ihr also auf die Firmenbezeichnung nicht ankam, doch bleibt das ohne Einfluss auf den Regelungsinhalt des Bescheides.

Fehlt die in § 42 Abs. 2 VwGO angesprochene Klagebefugnis, so ist die Klage nicht nur mit ihrem Anfechtungsantrag, sondern auch mit dem Nichtigkeitsfeststellungsantrag unzulässig.

Zwar ist das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse des Feststellungsklägers an der erstrebten Feststellung nicht gleichbedeutend mit einem rechtlichen Interesse, sondern schließt über ein solches Interesse hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein. Daraus folgt aber nicht, dass jeder in diesem Sinne Interessierte auch ohne eigene Rechtsbetroffenheit Feststellungsklage erheben kann. Vielmehr ist - wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung annimmt - (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 29.06.1995 - 2 C 32.94 -, E 99, 64 = Buchholz 237.6, § 74 NdsLBG Nr 1 = DVBl 1995, 1250 = NJW 1996, 139; Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 -, E 74, 1 = Buchholz 424.01, § 41 Nr. 5 Satz 15; Beschl. v. 30. Juli 1990 - 7 B 71.90 -, Buchholz 310, § 43 Nr. 109 m.w.N.) auf die Feststellungsklage nach § 43 VwGO zur Vermeidung der dem Verwaltungsprozess fremden Popularklage die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO über die Klagebefugnis entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet, dass auch die auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichteten Klagen gemäß § 43 Abs. 1 VwGO nur zulässig sind, wenn es dem Kläger dabei um die Verwirklichung seiner Rechte geht, sei es, dass er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist, sei es, dass von dem Rechtsverhältnis immerhin eigene Rechte des Klägers abhängen. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Der als zweiter Hilfsantrag gestellte Feststellungsantrag ist indes sowohl zulässig wie auch begründet. Da sich die Beklagte dessen berühmt, dass ihr Bescheid vom 15. Juni 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 die Verpflichtung der Klägerin begründet, an sie, die Beklagte, jedenfalls noch 27.251,19 Euro zahlen, ist der Klägerin das erforderliche (negative) Feststellungsinteresse gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zuzusprechen. Die Feststellungsklage ist auch begründet. Nach dem oben Dargelegten ist die Klägerin weder Adressatin der Bescheide, noch können diese dahingehend ausgelegt werden, dass sie eine Zahlungspflicht der Klägerin begründen.

Bei diesem Ergebnis braucht nicht entschieden zu werden, ob überhaupt die Voraussetzungen einer Ersatzvornahme vorlagen oder es nicht vielmehr um einen Schadensersatzanspruch aus dem Benutzungsverhältnis geht, den die Beklagte als Trägerin der Entwässerungseinrichtung nach wohl h. M. nicht per Leistungsbescheid (vgl. VGH BW, Beschl. v. 29.12.1989 - 10 S 2252/89 -, NVwZ 1990, 388), sondern allein durch Leistungsklage durchsetzen könnte (BVerwG, Urt. v. 01.03.1995 - 8 C 36.92 -, NJW 1995, 2303; OVG NRW, Urt. v. 14.01.2003 - 15 A 4115/01 -; VG Schleswig, Urt. v. 23.08.2007 - 4 A 35/06 -).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 5 VwGO. Die Beklagte hat sich dessen berühmt, dass die Klägerin Adressatin der streitbefangenen Bescheide sei, und damit den Anlass auch zur Erhebung von Anfechtungs- und Nichtigkeitsfeststellungsklage gesetzt. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO i.V.m. § 167 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht, Brockdorff-Rantzau-Straße 13, 24837 Schleswig, durch Beschwerde schriftlich angefochten werden. Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht einzureichen. In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Im Beschwerdeverfahren muss sich der Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt oder Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 27.251,19 Euro festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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