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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 08.02.2002
Aktenzeichen: 21 A 373/02
Rechtsgebiete: ArchIngKG


Vorschriften:

ArchIngKG § 8
Zu den Voraussetzungen einer Löschung der Eintragung in die Liste der Architekten- und Ingenieurkammer
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 21 A 373/02

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Löschung der Eintragung

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 21. Kammer - ohne mündliche Verhandlung am 08. Februar 2002 durch den Richter am Oberverwaltungsgericht als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Löschung aus der Liste der Beklagten. Er ist dort seit 1995 als angestellter Architekt eingetragen.

Durch Urteil der VI. Großen Strafkammer des Landgerichts wurde der Kläger wegen Bestechlichkeit in 38 Fällen, Steuerhinterziehung in 4 Fällen, Betruges in 11 Fällen und wegen Beihilfe zu wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Das Urteil ist am 08.12.1998 rechtskräftig geworden. Der Kläger wurde nach Verbüßung der Halbstrafe aus der Strafhaft entlassen und der Strafrest wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Die Beklagte leitete am 16.04.1999 gegen den Kläger das Löschungsverfahren ein. Eine Stellungnahme des Klägers dazu erfolgte nicht; am 18.08.1999 kündigte die Beklagte dem Kläger die Löschung an.

Der Kläger wandte daraufhin ein, aus der strafrechtlichen Verurteilung ergebe sich nicht, dass er zur Erfüllung der Berufsaufgaben des Architekten der Fachrichtung Hochbau nicht geeignet sei. Strafrechtlich sei lediglich das Fehlverhalten als Angestellter im öffentlichen Dienst geahndet worden. Künftig komme nur noch eine privatwirtschaftliche Tätigkeit in Betracht, so dass keine Gefahr der Wiederholung von Straftaten der Art, die der Verurteilung zugrunde lägen, bestehe. Die Strafkammer habe dementsprechend auch von einem Berufsverbot abgesehen. Eine Streichung sei daher unverhältnismäßig.

Mit Bescheid vom 08.09.2000 - zugestellt am 09.09.2000 - wurde die Eintragung des Klägers in der Liste der Beklagten als angestellter Architekt gelöscht. In der Gründen wird ausgeführt, die über mehrere Jahre ausgeführten Straftaten des Klägers hätten in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Berufsausübung als angestellter Architekt gestanden. Es sei nicht zu erwarten, dass der Kläger die besondere Vertrauensstellung als Architekt und Sachwalter der Bauherrn erfüllen könne. Zwar habe die Löschung erhebliche Auswirkungen auf die Berufsausübung, doch stelle sie die Existenzgrundlage nicht völlig in Frage, sondern verwehre nur die Führung der Berufsbezeichnung und die Ausübung von Tätigkeiten, die rechtlich Architekten vorbehalten seien. Mit einem existenzvernichtenden Berufsverbot sei die Löschung nicht gleichzusetzen.

Am 09.10.2000 hat der Kläger Klage erhoben. Er wiederholt i. W. sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 08. September 2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Bezüge der im Strafurteil behandelten Straftaten zur beruflichen Tätigkeit des Klägers als angestellter Architekt seien nicht wegzudiskutieren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze (nebst Anlagen) sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.

Der Rechtsstreit ist durch Beschluss vom 06. Februar 2002 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden. Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 23.11.2001 (KIägerin) und 15.10.2001 (Beklagter) auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Über die Klage konnte im Verfahren nach §§ 6 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO durch den Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

Die Klage ist zulässig. Eines Vorverfahrens bedarf es gem. 22 Abs. 3 ArchIngKG SH i. V. m. § 68 Abs. 1 S. 2 VwGO nicht.

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 08.09.2000 ist rechtmäßig. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Löschung des Klägers aus der Liste der Beklagten sind im angefochtenen Bescheid ohne Rechtsfehler festgestellt worden.

Das Gericht nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Bescheides Bezug (§ 117 Abs. 5 VwGO). Anmerkungen sind nur in zweierlei Hinsicht angezeigt:

Die im Verwaltungs- und Klageverfahren vorgetragene Ansicht des Klägers, derzufolge die der strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden - gravierenden und über mehrere Jahre hinweg begangenen - Verfehlungen nicht seine Eignung als Architekt beeinträchtigten, ist dazu angetan, seine fehlende Eignung i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 ArchIngKG zusätzlich zu begründen; sie kann darauf hinweisen, dass der Kläger noch immer keine mit der Rechtslage und den objektiven Berufspflichten eines Architekten in Einklang stehende Vorstellung über die Anforderungen an diesen verantwortungsvollen Beruf und die damit verbundene Vertrauensstellung entwickelt hat. Der Versuch einer Differenzierung zwischen den Eignungsanforderungen für einen im öffentlichen Dienst und einen in der Privatwirtschaft angestellten Architekten erscheint schon im Ansatz als verfehlt; unabhängig davon hat der Kläger durch seine Straftaten Rechtsgüter verletzt, die in beiden Bereichen gleichermaßen zu beachten sind.

Soweit der Kläger den Gedanken der Resozialisierung anspricht, mag seinem Vorbringen auch im - vorliegenden - berufsrechtlichen Zusammenhang etwas abzugewinnen sein: Generell wird die Möglichkeit zu berücksichtigen sein, dass der Kläger die durch die strafrechtliche Verurteilung dokumentierte - und in gewisser Weise durch seine Argumentation im vorliegenden Verfahren bestätigte - fehlende Berufseignung zukünftig wieder erlangen kann. Im gegenwärtigen Zeitpunkt kann davon indes noch nicht ausgegangen werden; abgesehen davon ist es nicht nur im Hinblick auf den für die Beurteilung des Gerichts maßgeblichen Zeitpunkt - letzte Verwaltungsentscheidung (vgl. BVerwG NVwZ-RR 1994, 388 [Widerruf einer Approbation], BVerwG NVwZ 1991, 372 [Gewerbeuntersagung]) - , sondern auch wegen der vorrangig der Beklagten zugewiesenen Aufgabe, über das Vorliegen und Fortbestehen der Eintragungsvoraussetzungen zu entscheiden, nicht Sache des Gerichts, der Frage einer Rekonvaleszenz des Klägers weiter nachzugehen.

Die Löschung ist zwingende Folge des Vorliegens der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 ArchIngK; ein Ermessen der Beklagten besteht gem. § 9 Abs. 1 ArchIngKG nicht. Dies übersieht der Kläger, wenn er die Entscheidung der Beklagten als unverhältnismäßig beanstandet, was sie im Übrigen nicht ist.

Daraus, dass die Große Strafkammer kein Berufsverbot ausgesprochen hat, kann der Kläger im vorliegenden Zusammenhang nichts herleiten. Ein strafrechtliches Berufsverbot erfordert, dass die Gefahr künftiger erheblicher rechtswidriger Taten besteht (§ 70 Abs. 1 S. 1 StGB); für die Löschungsentscheidung der Beklagten gelten vergleichbare Voraussetzungen nicht. Die strafgerichtliche Entscheidung über die Rechtsfolgen der Straftaten folgt zudem anderen Überlegungen, als es für eine der Einhaltung und Beachtung von Berufspflichten verpflichtete Kammer im Zusammenhang mit der Beurteilung der Berufseignung der Fall ist. Die Beklagte ist bei der Beurteilung der Berufseignung des Klägers nicht an das Strafurteil gebunden, zumal dann nicht, wenn das Strafgericht eine bestimmte Entscheidung nicht getroffen hat.

Die Klage ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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