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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.07.2004
Aktenzeichen: 3 LB 36/03
Rechtsgebiete: IHKG


Vorschriften:

IHKG § 2
IHKG § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 3 LB 36/03

verkündet am 20.07.2004

In der Verwaltungsrechtssache

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2004 durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts J., den Richter am Oberverwaltungsgericht K., die Richterin am Verwaltungsgericht CW. sowie die ehrenamtliche Richterin BA. und den ehrenamtlichen Richter CN. für Recht erkannt:

Tenor:

Soweit die Klage zurückgenommen ist, wird das Verfahren eingestellt und das angefochtene Urteil für unwirksam erklärt.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 18. April 2002 zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen durch die Beklagte.

Die Klägerin ist in das Handelsregister eingetragen und wird seit dem Jahr 1995 zur Gewerbesteuer veranlagt.

Mit Bescheid vom 17. März 1998 veranlagte die Beklagte die Klägerin für das Jahr 1998 vorläufig zu einem Beitrag in Höhe von 449,47 DM. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 1998 als unbegründet zurück (eine förmliche Zustellung des Widerspruchbescheides ist nicht feststellbar).

Mit Bescheid vom 29. März 1999 veranlagte die Beklagte die Klägerin für das Jahr 1996 zu einem Beitrag in Höhe von 693,05 DM und für das Jahr 1999 vorläufig zu einem Beitrag in Höhe von 376,80 DM. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 1999 als unbegründet zurück (eine förmliche Zustellung des Widerspruchsbescheides ist nicht feststellbar).

Mit Bescheid vom 26. April 2000 veranlagte die Beklagte die Klägerin für das Jahr 1998 (endgültig) zu einem Beitrag in Höhe von 320,40 Euro und für das Jahr 2000 vorläufig zu einem Beitrag in Höhe von 188,77 Euro. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2000 als unbegründet zurück (eine förmliche Zustellung des Widerspruchsbescheides ist nicht feststellbar).

Die Klägerin hat beim Verwaltungsgericht rechtzeitig Klage erhoben und beantragt,

den Beitragsbescheid vom 17. März 1998 und den Widerspruchsbescheid vom 11. November 1998,

den Beitragsbescheid vom 29. März 1999 und den Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 1999,

den Beitragsbescheid vom 26. April 2000 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2000 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. April 2002 im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen: Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig, weil die Klägerin beitragspflichtig sei. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG) würden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt seien, nach Maßgabe des Haushaltsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Die Klägerin sei kammerzugehörig. Nach § 2 Abs. 1 IHKG gehörten zur Industrie- und Handelskammer, sofern sie zur Gewerbesteuerpflicht veranlagt seien, auch juristische Personen des privaten Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhielten. Die Klägerin, welche eine Betriebsstätte im Bezirk der Beklagten unterhalte, werde zur Gewerbesteuer veranlagt. Eine GmbH gehöre allerdings dann nicht zum Kreis der Kammerzugehörigen, wenn sie nach ihrem Unternehmensgegenstand ausschließlich nichtgewerbliche Ziele verfolge. Erlaube hingegen der Unternehmensgegenstand auch eine gewerbliche Betätigung, sei ungeachtet, ob davon tatsächlich Gebrauch gemacht werde oder nicht, die Kammerzugehörigkeit gegeben. Nach ihrem Gesellschaftsvertrag dürfe die Klägerin weitere Steuerberatungsgesellschaften errichten, bestehende erwerben oder sich an solchen beteiligen. Damit könne die Klägerin jedenfalls gewerbliche Tätigkeiten ausüben. Ob sie von dieser Befugnis auch Gebrauch mache oder aus diesem Tätigkeitsbereich gar Gewinne erziele, sei für die Kammerzugehörigkeit unerheblich. Die Ausnahme des § 2 Abs. 2 IHKG greife deshalb auch nicht ein, zumal die Klägerin in das Handelsregister eingetragen sei.

Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten - vom erkennenden Senat zugelassenen - Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Das Verwaltungsgericht sei im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass eine GmbH dann nicht zum Kreis der Kammerzugehörigen gehöre, wenn sie nach ihrem Unternehmensgegenstand ausschließlich nicht gewerbliche Ziele verfolge. Das Verwaltungsgericht habe aus ihrem Gesellschaftsvertrag sodann jedoch zu Unrecht hergeleitet, dass sie, die Klägerin, gewerbliche Tätigkeiten ausüben könne. Vielmehr sei ihr die Ausübung eines Gewerbes sowohl gesetzlich als auch nach ihrem Gesellschaftsvertrag untersagt; tatsächlich übe sie auch keinerlei gewerbliche Tätigkeiten aus. Ergänzend macht die Klägerin geltend, dass die Satzung der Beklagten die Frage der Mitgliedschaft nicht wirksam regele und überhaupt keine Regelung zur Vermeidung einer Doppelmitgliedschaft treffe. Sie, die Klägerin, sei kraft Gesetzes Mitglied in der Steuerberaterkammer. Ihr könne nicht zugemutet werden, Pflichtmitglied in zwei Körperschaften zu sein, die (möglicherweise) konträre Ziele verfolgten. Eine derartige Doppelmitgliedschaft lasse sich sachlich nicht begründen. Schließlich fehle es für Steuerberatungsgesellschaften an einer Regelung, die derjenigen des § 2 Abs. 3 IHKG entspreche, wonach natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen seien, (nur) mit ihrem nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil der Industrie- und Handelskammer angehörten. Das Fehlen einer derartigen Regelung sei sachlich nicht gerechtfertigt und verstoße gegen das Willkürverbot.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 18. April 2002 zu ändern und den Bescheid vom 29. März 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 1999 hinsichtlich der endgültigen Beitragsveranlagung für das Jahr 1996 sowie den Bescheid vom 26. April 2000 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 15. Juni 2000 hinsichtlich der endgültigen Beitragsveranlagung für das Jahr 1998 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil jedenfalls im Ergebnis für richtig.

Die Klägerin hat die Klage im Termin zur mündlichen Verhandlung zurückgenommen, soweit ihr erstinstanzlicher Klageantrag über ihren nunmehr gestellten Antrag hinausgeht.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten - diese haben dem Senat vorgelegen - verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung bleibt erfolglos.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Klägerin ist für die Jahre 1996 und 1998 gegenüber der Beklagten beitragspflichtig. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Zur Industrie- und Handelskammer gehören, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, gemäß § 2 Abs. 1 IHKG natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere nicht rechtsfähige Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer entweder eine gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstelle unterhalten (Kammerzugehörige). Die letztgenannte Regelung gilt nach § 2 Abs. 2 IHKG für natürliche Personen und Gesellschaften, welche ausschließlich einen freien Beruf ausüben oder welche Land- oder Forstwirtschaft oder ein damit verbundenes Nebengewerbe betreiben, nur, soweit sie in das Handelsregister eingetragen sind. Danach unterliegt die Klägerin der Beitragspflicht, weil sie Kammerzugehörige ist. Denn bei ihr handelt es sich um eine in das Handelsregister eingetragene und zur Gewerbesteuer veranlagte juristische Person des privaten Rechts mit einer Betriebsstätte im Bezirk der Beklagten.

Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt kein für sie günstigeres Ergebnis. Entgegen deren Ansicht sowie der Ansicht des Verwaltungsgerichts trifft es nicht zu, dass eine GmbH dann nicht zum Kreis der Kammerzugehörigen zählt, wenn sie nach ihrem Unternehmensgegenstand ausschließlich nicht gewerbliche Ziele verfolgt. Das ergibt sich bereits daraus, dass bei Gewerbesteuerpflicht und Handelsregistereintragung auch eine ausschließlich freiberufliche oder landwirtschaftliche Tätigkeit die Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 2 IHKG begründet (vgl. OVG NW, Urt. v. 24.02.1997 - 25 A 2531/94 -, GewArch 1997, 200 f., und Frentzel/Jäkel/Junge, IHKG, 6. Aufl., § 2 Rdnr. 59; anders: Nds. OVG, Urt. v. 27.11.1996 - 8 L 2549/95 -, GewArch 1997, 153). Bei einer ins Handelsregister eingetragenen juristischen Person des privaten Rechts kommt es somit nicht darauf an, ob sie (teilweise) gewerblich tätig ist. Darüber hinaus geht auch der Hinweis der Klägerin fehl, ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten werde durch deren Satzung nicht wirksam geregelt. Denn die Frage ihrer Mitgliedschaft ist bereits gesetzlich abschließend geregelt. Ferner hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, gegen die Doppelmitgliedschaft der Klägerin bei der Steuerberaterkammer einerseits sowie der Beklagten andererseits beständen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. insoweit auch Frentzel/Jäkel/Junge, aaO, § 2 Rdnr. 10 ff.). Schließlich kann die Klägerin sich wegen der Vorschrift des § 2 Abs. 3 IHKG nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen das Willkürverbot berufen. Auch wenn die "Zehntel-Regelung" des § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG im hier maßgeblichen Zeitraum noch nicht in Kraft getreten war (vgl. IHKGÄndG v. 23.07.1998, BGBl. I S. 1887), ist die von der Klägerin beanstandete Differenzierung mit Blick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (noch) nicht als willkürlich anzusehen, weil das Aufgabenfeld einer Handwerkskammer (§ 91 Abs. 1 Nr. 1 HwO: Förderung der Interessen des Handwerks) demjenigen einer Industrie- und Handelskammer (§ 1 Abs. 1 IHKG: Förderung der gewerblichen Wirtschaft) stärker ähnelt als dasjenige einer Steuerberaterkammer (§ 76 Abs. 1 StBerG: Wahrung der beruflichen Belange der Gesamtheit der Mitglieder).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Ende der Entscheidung

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