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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.11.2003
Aktenzeichen: 3 LB 74/03
Rechtsgebiete: LBG SH, Übergangsvorschriften zum Gesetz zur Änderung des LBG SH und des LRiG SH, GG, BRRG, Landesverfassung SH


Vorschriften:

LBG SH § 88 a Abs 3
Übergangsvorschriften zum Gesetz zur Änderung des LBG SH und des LRiG SH Art 3 Abs 3 (Fassung: 21.09.1999)
GG Art 33 Abs 5
GG Art 20 Abs 3
GG Art 100 Abs 1 S 1
GG Art 100 Abs 1 S 2
BRRG § 44 a
Landesverfassung SH Art 26 Abs 1
Landesverfassung SH Art 29 Abs 2
1. Es bestehen erhebliche Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 88a Abs. 3 Satz 4 LBG (Fortführung der Senatsrechtsprechung vom 16. Mai 2003, 3 LB 106/02 u.a.).

2. Zum Entgegenstehen dringender dienstlicher Belange i.S.d. §88a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 LBG bei Realschullehrern (gleiche Argumentation wie bei Gymnasiallehrern)


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 3 LB 74/03

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Gewährung von Altersteilzeit

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2003 durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter Herr ... und Frau ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 25. April 2003 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Altersteilzeit im sogenannten Blockmodell gemäß § 88a Abs. 3 Landesbeamtengesetz - LBG -.

Die am 9. September 1943 geborene Klägerin steht als Realschullehrerin im Dienst des Landes Schleswig-Holstein an der ...Schule, einer Realschule in Neumünster.

Am 15. Juni 2001 beantragte sie die Gewährung von Altersteilzeit im sogenannten Blockmodell mit der Arbeitsphase vom 1. Februar 2002 bis 31. Juli 2005 und der Freistellungsphase vom 1. August 2005 bis 31. Januar 2009. Dies lehnte der Beklagte nach Beteiligung des Hauptpersonalrates mit Bescheid vom 6. Juni 2002 ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass einer positiven Entscheidung der am 19. Dezember 2001 in Kraft getretene Erlass vom 3. Dezember 2001 (NBl. NBWFK-Schl.H., S. 821) entgegen stehe, wonach unter Beachtung des § 88a Abs. 3 Satz 4 LBG nur noch schwerbehinderten Lehrkräften im Beamtenverhältnis, die einen Grad der Behinderung von mindestens 50 aufwiesen, Altersteilzeit gewährt werden könne. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Überdies habe die Landesregierung mit ihrem Kabinettsbeschluss vom 5./6. Juni 2001 für den Beklagten ermessensbindend bestimmt, die Altersteilzeit für Beamtinnen und Beamte in der Landesverwaltung mit Wirkung vom 6. Juni 2001 auszusetzen. Da der Antrag auf Gewährung von Altersteilzeit danach eingegangen sei, stehe einer Bewilligung der Beschluss der Landesregierung entgegen. Zur Gewährleistung der Unterrichtsversorgung sei das Nachbesetzen freiwerdender Stellen erforderlich, so dass bei Gewährung von Altersteilzeit in der Freistellungsphase eine Ersatzkraft zusätzlich besoldet werden müsse. Das sei wegen der gebotenen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung nicht finanzierbar.

Hiergegen erhob die Klägerin am 4. Juli 2002 Widerspruch, den sie mit Vertrauensschutzgesichtspunkten begründete. Desweiteren vertrat sie die Auffassung, dass durch einen Kabinettsbeschluss auch nicht über § 88a Abs. 3 Satz 1 LBG die Altersteilzeit für die gesamte unmittelbare Landesverwaltung ausgesetzt werden könne; hierzu sei nur der parlamentarische Gesetzgeber befugt. Schließlich sei der gesamte Geschäftsbereich des Beklagten kein "Verwaltungsbereich" i.S.d. § 88a Abs. 3 Satz 4 LBG.

Mit Bescheid vom 31. Oktober 2002 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Vertrauensschutzgesichtspunkte griffen nicht, da eine Verwaltungspraxis aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert werden könne und die Klägerin zudem ihren Antrag erst nach dem genannten Kabinettsbeschluss gestellt habe. Da § 88a Abs. 3 LBG weiterhin für Schwerbehinderte gelte sowie in Bereichen, in denen Behörden aufgelöst würden, sei nicht die gesamte Landesverwaltung von der Gewährung der Altersteilzeit ausgeschlossen. Auch stelle sein gesamter Geschäftsbereich nach dem Willen des Gesetzgebers einen Verwaltungsbereich i.S.d. § 88a Abs. 3 Satz 4 LBG dar. Aber auch unabhängig von der ermessensbindenden Entscheidung der Landesregierung könne aus haushaltsrechtlichen Gründen Altersteilzeit nicht gewährt werden, da die finanziellen Mittel für die zusätzliche Besoldung einer Ersatzkraft in der Freistellungsphase, die zur Gewährleistung der Unterrichtsversorgung erforderlich sei, nicht zur Verfügung stünden.

Hiergegen hat die Klägerin am 2. Dezember 2002 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt und vertieft hat: Sie habe ihren Antrag vor dem Erlass vom 3. Dezember 2001 gestellt; auf den Zeitpunkt der Kabinettsentscheidung komme es nicht an. Es stelle eine Verletzung des Grundsatzes der Gewaltenteilung dar, die den Antrag ablehnenden Entscheidungen auf den Erlass vom 3. Dezember 2001, der sich seinerseits auf den Kabinettsbeschluss vom 5./6.Juni 2001 gründe, zu stützen. Hierdurch könne die in § 88a LBG nach wie vor enthaltene gesetzliche Regelung nicht - wie hier geschehen - faktisch ganz außer Kraft gesetzt werden. Dazu hätte es vielmehr einer Entscheidung durch den Gesetzgeber selbst bedurft, an der es fehle. Soweit die Landesregierung Schwerbehinderten und solchen Beamtinnen und Beamten, deren Dienststellen aufgelöst würden, noch Altersteilzeit ermögliche, lege sie keine zulässigen Differenzierungskriterien zugrunde. Der vom Beklagten angeführte Gesichtspunkt der fehlenden Unterrichtsversorgung überzeuge nicht, da während der Arbeitsphase eine größere Arbeitsleistung bei geringerer Besoldung erbracht werde, so dass zunächst sogar ein Einspareffekt erfolge. Über die Haushaltslage in der Freistellungsphase könne noch keine Prognose abgegeben werden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 6. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr die beantragte Altersteilzeit zu bewilligen,

hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 25. April 2003 hat das Verwaltungsgericht, 11. Kammer, die Klage abgewiesen. Die Klage sei als Verpflichtungsklage bereits unzulässig, mit ihrem Hilfsantrag (als Bescheidungsklage) zwar zulässig, jedoch unbegründet.

Nach § 88a Abs. 3 Satz 1, 3 iVm § 88 Abs. 5 Satz 1 LBG habe die Klägerin (nur) einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung, wenn - wie hier - die weiteren in Satz 1 geregelten tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Das den zuständigen Behörden grundsätzlich zustehende Ermessen sei durch den Beschluss der Landesregierung vom 5./6. Juni 2001 und die am 16. Juli 2001 beschlossenen Maßgaben zur Präzisierung und Umsetzung dieses Beschlusses, welche durch Erlass des Innenministeriums vom 27. Juli 2001 den zuständigen Behörden zugeleitet und zur Kenntnis gebracht worden seien, in zulässiger Weise gebunden worden. Die Beschlüsse der Landesregierung und der sie umsetzende Erlass des Innenministeriums stellten ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften (Ermessensrichtlinien) dar, die vor dem Hintergrund der äußerst angespannten Finanzlage des Landes, die eine Finanzierung der Altersteilzeit, insbesondere in der sogenannten "Freistellungsphase", nicht mehr ermögliche, eine einheitliche und gleichmäßige Ermessensausübung sicherstellen sollten. Es sei grundsätzlich rechtlich unbedenklich, wenn - wie hierdurch geschehen - die Ermessensausübung dahingehend bestimmt worden sei, dass grundsätzlich in der Landesverwaltung Anträgen auf Bewilligung von Altersteilzeit nach dem 5. Juni 2001 nicht mehr zu entsprechen sei. Die dafür angeführten finanziellen Gründe stellten einen sachlichen Grund dar, der von den zuständigen Behörden zur Rechtfertigung der Ablehnung von Altersteilzeit vorgebracht werden könne. Zwar verlange eine Ermessensentscheidung in der Regel eine Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. Das schließe aber generelle Vorgaben nicht aus, da diese der Transparenz und der einheitlichen Anwendung der gesetzlichen Regelung dienten.

Nach Art. 3 Abs. 3 der Übergangsvorschriften zum Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes und des Landesrichtergesetzes vom 21. September 1999 (GVBl. 1999, S. 264) könne im Bereich der Landesverwaltung von der Altersteilzeit nach § 88a Abs. 3 LBG erst Gebrauch gemacht werden, nachdem die zuständige oberste Dienstbehörde dazu nähere Bestimmungen getroffen habe. Hierdurch habe der Landesgesetzgeber der obersten Dienstbehörde eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dafür geschaffen, in abstrakter und genereller Weise in einzelnen Verwaltungsbereichen die Möglichkeiten der Altersteilzeit zu beschränken, wie dies durch den hier maßgeblichen Erlass vom 3. Dezember 2001 geschehen sei. Dass damit die gesetzliche Regelung aus § 88a LBG weitgehend leerlaufe, begegne keinen rechtlichen Bedenken. Denn dem verfassungsrechtlichen Erfordernis des Gesetzesvorbehaltes sei bei der Einführung von Altersteilzeit Rechnung getragen worden. Zudem sei die in § 88a Abs. 3 Satz 4 LBG gesetzlich normierte Ermächtigung der obersten Dienstbehörden Ausdruck verfassungsrechtlich legitimierter und normierter Organisationsgewalt der Landesregierung bzw. der einzelnen Ministerien für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich. Die dem Gericht insoweit eröffnete rechtliche Überprüfung einer aufgrund der Organisationsgewalt beschlossenen Maßnahme beschränke sich darauf, ob sich ein Missbrauch des Organisationsermessens aufdränge oder ob der Maßnahme die objektive Zwecktauglichkeit abgesprochen werden könne. Das sei nicht der Fall. Es sei gerichtsbekannt, dass im Bereich des Beklagten, gestützt auf die alte Erlasslage, in ca. 1.000 Fällen Altersteilzeitbeschäftigung bewilligt worden sei und die allein dadurch entstandenen Personalmehrkosten zu einer Unterdeckung von rund 3 Mio. Euro im Jahr 2003, von etwa 9,6 Mio. Euro im Jahr 2004 und zu einer Unterdeckung von etwa 11 Mio. Euro im Jahr 2005 führten. Hinzu komme, dass die ermessenslenkende Richtlinie und der darauf fußende Erlass auch erfolgt seien, um die im vorrangigen Interesse der Allgemeinheit liegende Funktionsfähigkeit der Schulen nicht (noch mehr) zu gefährden, was anderenfalls mit Blick auf die Personalsituation zu besorgen gewesen wäre.

Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen. Sowohl eine durch Verwaltungsvorschrift vorgenommene Ermessensbindung als auch eine rein tatsächliche Verwaltungsübung könnten selbst dann für die Zukunft geändert werden, wenn sich hierdurch für die Betroffenen gegenüber der bisherigen Praxis Nachteile ergeben sollten. Es habe auch keiner Übergangsregelung bedurft, da der Klägerin weder eine gefestigte Rechtsposition noch jedenfalls eine Anwartschaft zugestanden habe. Zudem würde in Anbetracht der angespannten personalwirtschaftlichen, aber auch haushalterischen Situation der mit der Änderung beabsichtigte Zweck (Sicherstellung der Versorgung mit Lehrkräften und Vermeidung des Anstiegs weiterer Unterdeckungen im Haushalt) unterlaufen, wenn die Änderung nicht umgehend zum Tragen käme.

Es müsse jedoch die Möglichkeit bestehen, in atypischen Fällen von den ermessensausfüllenden Verwaltungsvorschriften abzuweichen. Hierfür habe die Klägerin allerdings nichts dargetan.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 5. Juni 2003 zugestellte Urteil am 25. Juni 2003 Berufung eingelegt, die sie am 24. Juli 2003 begründet hat.

Sie macht geltend, dass durch die Umsetzung des Beschlusses der Landesregierung und die Anwendung des Erlasses vom Dezember 2001 die Altersteilzeit faktisch ins Leere laufe. Hierfür sei jedoch ein legislativer Akt erforderlich, an dem es fehle. Verwaltungsvorschriften allein genügten nicht, wobei hier hinzu komme, dass der Beklagte den Beschluss der Landesregierung vom Juni 2001 zur Grundlage für seine ablehnende Entscheidung genommen habe, der aber noch nicht einmal eine solche Verwaltungsvorschrift darstelle. Wenn das Land aus finanziellen Erwägungen Anträge auf Altersteilzeit ablehnen dürfe und die angespannte Haushaltslage und die Auswirkungen der Altersteilzeit hierauf ein sachlicher Grund seien, schließe dies eine Prüfung im Einzelfall nicht aus. Aufgrund der Geburtenentwicklung sei bereits heute kalkulierbar, dass die Zahl der Schüler künftig abnehmen werde und demnach auch die Zahl der benötigten Lehrkräfte. Durch den Pflichtstundenerlass sei vorgesehen, dass eine sogenannte - halbe - Vorgriffsstunde zu leisten sei, die später wieder abgebaut werden solle. Dies sei eine mit der Altersteilzeit in ihren personellen bzw. zeitlichen Auswirkungen vergleichbare, aber in einigen Schulbereichen viel teurere Arbeitszeitvariante. Wenn der Beklagte 1999 bereits habe planen können, dass er ab dem Jahre 2004 im Grund- und Hauptschulbereich nicht mehr alle vorhandenen Lehrkräfte beschäftigen könne und deswegen die Vorgriffsstunde im verdoppelten Umfang zurückgegeben werden könne, sei nicht nachvollziehbar, warum im Rahmen der Altersteilzeit im Grund- und Hauptschulbereich eine verstärkte finanzielle Belastung durch "Ersatzlehrkräfte" entstehen solle, die den Unterricht während der Freistellungsphase erteilten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 25. April 2003 abzuändern, den angegriffenen Bescheid des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, neu über den Antrag auf Bewilligung von Altersteilzeit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte nimmt auf sein bisheriges Vorbringen und die Urteilsgründe des Verwaltungsgerichts Bezug. Ergänzend führt er aus, dass, wäre § 88a Abs. 3 LBG verfassungswidrig, hiervon die gesamte Vorschrift erfasst würde, so dass die Berufung der Klägerin auch dann keinen Erfolg hätte. Er halte die Vorschrift jedoch für verfassungsgemäß. Der Gewährung von Altersteilzeit stünden dringende dienstliche Belange entgegen, da zur Gewährleistung der Unterrichtsversorgung das Nachbesetzen freiwerdender Stellen erforderlich sei und die zusätzliche Besoldung einer Ersatzkraft, die wegen der gebotenen Maßnahmen zur Haushaltskonsilidierung nicht mehr finanziert werden könnten. Zudem gebe es erhebliche Schwierigkeiten, die durch die Klägerin frei werdende Stelle wieder zu besetzen. Er sei sogar gehalten gewesen, in seinem Pflichtstundenerlass vom 9. März 1999 (NBl. MBWFK.- Schl.H. S. 120) in den §§ 6 ff. die sogenannte Vorgriffsstunde einzuführen, die dazu diene, dem Lehrermangel bei steigenden Schülerzahlen entgegenzuwirken. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergebe sich insoweit aus § 7 Abs. 1 des Erlasses, dass Lehrkräfte an Grund- und Hauptschulen erst ab dem Schuljahr 2009/10 den festgelegten zeitlichen Ausgleich erhielten. Erst ab dann sei damit zu rechnen, dass aufgrund abnehmender Schülerzahlen ausreichend Lehrkräfte vorhanden sein würden. Nach seiner Bedarfsberechnung seien allein für das Schuljahr 2004/05 175 und für das Schuljahr 2005/06 148 Einstellungen erforderlich, um den Bedarf an den Realschulen zu decken. Zwar sei die Bewerberlage für Realschulen noch relativ gut, gleichwohl bestünden auch dort der derzeitigen Bewerberlage bereits jetzt Engpässe in unterschiedlicher Ausprägung je nach Region und Fächerkombination. Es sei zweifelhaft, ob es ihm möglich sein werde, die Stelle der Klägerin wieder zu besetzen und zwar auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die beantragte Freistellungsphase erst am 1. August 2005 beginne. Es sei nicht davon auszugehen, dass sich bis dahin die Bewerberlage entspanne. Zudem unterrichte die Klägerin mit Lehramtsbefähigung für Französisch ein ausgesprochenes Mangelfach. Insgesamt müssten in den kommenden Jahren bis einschließlich 2009/10 an den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen jährlich zwischen 900 und 1200 Lehrkräfte neu eingestellt werden, erst ab 2010/11 falle aufgrund rückläufiger Schülerzahlen die Zahl der notwendigen Einstellungen auf jährlich 500 bis 600 zurück und damit unter die Zahl der jährlichen Abgänge. Die Situation in der Schule der Klägerin sei unbeachtlich, da die Versorgung der einzelnen Schulen aufgrund eines Planstellenbemessungsverfahrens erfolge.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien sowie des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten - diese haben dem Senat vorgelegen - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht begründet worden (§ 124a Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 VwGO).

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 6. Juni 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese hat keinen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Altersteilzeit ist § 88a Abs. 3 Satz 1 LBG. Danach kann Beamtinnen und Beamten mit Dienstbezügen auf Antrag, der sich auf die Zeit bis zum Beginn des Ruhestandes erstrecken muss, Teilzeitbeschäftigung mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit bewilligt werden, wenn die Beamtin oder der Beamte das 55. Lebensjahr vollendet hat (Nr. 1), sie oder er in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Teilzeitbeschäftigung insgesamt mindestens drei Jahre vollzeitbeschäftigt war (Nr. 2), die Teilzeitbeschäftigung vor dem 1. August 2004 beginnt (Nr. 3) und dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen (Nr. 4). Die ermäßigte Arbeitszeit kann auch nach § 88 Abs. 5 Satz 1 LBG (sogenanntes Blockmodell) abgeleistet werden; der Bewilligungszeitraum darf dabei zehn Jahre nicht überschreiten (§ 88a Abs. 3 Satz 3 LBG). Nach § 88a Abs. 3 Satz 4 LBG kann die oberste Dienstbehörde Verwaltungsbereiche und Beamtengruppen von der Altersteilzeit ausnehmen, abweichend von Satz 1 Nr. 1 eine höhere Altersgrenze festlegen und bestimmen, dass die ermäßigte Arbeitszeit nur nach Satz 3 (Blockmodell) abgeleistet werden darf. Diese Entscheidungen unterliegen der Mitbestimmung nach dem Schleswig-Holsteinischen Gesetz über die Mitbestimmung der Personalräte (§ 88a Abs. 3 Satz 5 LBG).

Nach Auffassung des Senats bestehen erhebliche Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 88a Abs. 3 LBG bzw. seiner Vereinbarkeit mit Bundesrecht. Zu dieser Problematik hat der Senat bereits in seinen, den Parteien bekannten Urteilen vom 16. Mai 2003 in 3 LB 106/02 (rechtskräftig), 3 LB 107/02 (NordÖR 2003, 315 ff.) und 3 LB 108/02 näher ausgeführt, dass erhebliche Bedenken an der Vereinbarkeit des § 88a Abs. 3 Satz 4 1. Alternative LBG mit Art. 33 Abs. 5 GG, dem aus dem Grundsatz des Rechtsstaats und der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Prinzip des Gesetzesvorbehalts sowie mit der bundesgesetzlichen Regelung des § 44a BRRG bestehen. Er hat weiter ausgeführt, dass viel dafür spricht, dass die mögliche Nichtigkeit des § 88a Abs. 3 Satz 4, 1. Alternative LBG die Regelung des § 88a Abs. 3 LBG über die Altersteilzeit insgesamt erfasst. Hieran hält der Senat weiterhin fest und verweist wegen der weiteren Einzelheiten auf die genannten Senatsurteile vom 16. Mai 2003.

Einer abschließenden Klärung der Verfassungsmäßigkeit bzw. der Vereinbarkeit mit § 44a BRRG und gegebenenfalls einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 GG an das Bundesverfassungsgericht bedarf es wie in den genannten Senatsentscheidungen vom 16. Mai 2003 auch in diesem Verfahren nicht, weil es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Gültigkeit des § 88a Abs. 3 LBG ebenfalls nicht ankommt. Ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Altersteilzeit bzw. auf eine entsprechende Neubescheidung besteht in keinem Fall.

Die Unvereinbarkeit einer Norm mit Bundesrecht oder mit der Verfassung führt dann nicht nach Art. 100 Abs. 1 GG zur Vorlagepflicht an das Bundesverfassungsgericht, wenn diese nicht entscheidungserheblich ist. Entscheidungserheblich ist nach der hierzu maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Norm nur dann, wenn das Gericht bei deren Ungültigkeit anders entscheiden müsste als bei deren Gültigkeit (BVerfGE 7, 171 <174>; 8, 28 <32 ff.>; 9, 250 <255>; 14, 308 <311>; seitdem std. Rspr.).

Dies führt vorliegend in Bezug auf die beiden Annahmen des Senats, dass § 88a Abs. 3 Satz 4 LBG verfassungswidrig ist bzw. gegen ein Bundesgesetz verstößt und diese Verfassungswidrigkeit sogar die gesamte Regelung zur Altersteilzeit (§ 88a Abs. 3 LBG) erfasst haben könnte, zu folgenden weiteren Prüfungsschritten:

- Ist § 88a Abs. 3 LBG insgesamt verfassungswidrig, so hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Altersteilzeit.

- Ist nur § 88 a Abs. 3 Satz 4 LBG verfassungswidrig, so hat die Klägerin keinen im Ermessen des Beklagten stehenden Anspruch, da sie nicht dargelegt hat, dass dringende dienstliche Belange der Gewährung von Altersteilzeit nicht entgegenstehen (§ 88a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 LBG).

- Ist die Norm verfassungsgemäß, durfte die Verwaltung durch Erlass ganze Verwaltungsbereiche von der Anwendung der Altersteilzeit ausnehmen. Dann hat die Klägerin ebenfalls keinen Anspruch auf Gewährung von Altersteilzeit nach dem hier maßgeblichen Erlass des Beklagten vom 3. Dezember 2001, zumal auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und nicht auf den der Antragstellung abzustellen ist. Hierzu wird gem. § 130b Satz 2 VwGO auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen. Danach stehen insbesondere auch Vertrauensschutzgesichtspunkte der Anwendung des Erlasses nicht entgegen.

Selbst wenn aber entsprechend der Auffassung der Klägerin der Erlass nicht in diesem Umfang hätte ergehen dürfen, weil insbesondere die Herausnahme von Schwerbehinderten kein zulässiges Differenzierungskriterium wäre, oder weil § 88a Abs. 3 Satz 4 1. Alt. LBG im Wege der verfassungskonformen Auslegung dahingehend (einschränkend) zu verstehen wäre, dass im Erlasswege eine Ausnahme von der Anwendung der Altersteilzeit nur in (eng) bestimmten Verwaltungsbereichen bzw. innerhalb eines Verwaltungszweiges in Betracht kommen sollte, hat die Klägerin ebenfalls keinen Anspruch auf eine Ermessensausübung, weil sie nicht dargelegt hat, dass dringende dienstliche Belange der Gewährung von Altersteilzeit nicht entgegenstehen (§ 88a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 LBG).

Nach § 88 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 LBG kann Altersteilzeit nur gewährt werden, wenn dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Im Falle der Klägerin - der insoweit für dieses, ihren Anspruch begründende, negative Tatbestandsmerkmal die Darlegungs- und Beweislast obliegt - stehen indes dringende dienstliche Belange der Gewährung von Altersteilzeit entgegen. Insoweit hat der Senat in seinen bereits mehrfach genannten Entscheidungen vom 16. Mai 2003 (3 LB 106/02, 3 LB 107/02 <NordÖR 2003, 315, 317 f.> und 3 LB 108/02) ausgeführt, dass es sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der grundsätzlich der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ohne dass dem Beklagten insoweit ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist. Allerdings kann das dienstliche Bedürfnis maßgeblich geprägt werden durch verwaltungspolitische Entscheidungen des Dienstherrn, die nur beschränkter gerichtlicher Überprüfung unterliegen. Dienstliche Belange im Sinne dieser Regelung bezeichnen das jeweilige dienstliche Interesse an der sachgemäßen und reibungslosen Aufgabenerfüllung der Verwaltung. Als entgegenstehende dienstliche Belange kommen mit der Einräumung der Altersteilzeit notwendig einhergehende Erschwernisse (Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Umorganisation etc.) nicht in Betracht. Dringende dienstliche Belange stehen allerdings der Gewährung von Altersteilzeit entgegen, wenn freiwerdende Stellen nicht wiederbesetzt werden können, weil es sich z.B. um spezialisierte Arbeitskräfte handelt, für die auf dem Arbeitsmarkt kein Ersatz beschafft werden kann (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 14/2096, S. 11) oder wenn die erforderlichen finanziellen Mittel für eine Wiederbesetzung fehlen und gleichzeitig die Wiederbesetzung auf Grund verwaltungspolitischer Grundsatzentscheidungen, die sich als beurteilungsfehlerfrei erweisen, notwendig ist (vgl. wegen der weiteren Einzelheiten die genannten Senatsentscheidungen vom 16. Mai 2003 a.a.O., je m.w.N.).

Dass entsprechende verwaltungspolitische Grundsatzentscheidungen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfbarkeit unterliegen, folgt aus der Organisationsgewalt der Landesregierung bzw. der Landesministerien (vgl. Art. 26 Abs. 1, 29 Abs. 2 Schleswig-Holsteinische Landesverfassung). Die Festlegung der Ziele und Mittel der öffentlichen Verwaltung gehört zum verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der Exekutive. Insoweit besteht innerhalb des verfassungs- und einfachrechtlich gesteckten Rahmens ein organisationsrechtliches und personalwirtschaftliches Gestaltungsermessen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, DÖV 2002, 169 und die genannten Senatsurteile vom 16. Mai 2003 a.a.O). Dieses erstreckt sich auch auf die Entscheidung, wie groß die Verwaltungsbereiche sind, die im Hinblick auf das Erfordernis der Neubesetzung in den Blick genommen werden. Im Hinblick auf die vom Beamtenrecht zur Verfügung gestellten personalwirtschaftlichen Mittel der Abordnung bzw. der Versetzung wird es sich zwar - sofern es sich nicht um Spezialisten handelt - in der Regel verbieten, alleine den jeweiligen konkreten Dienstposten zu betrachten. Ansonsten hat die zuständige oberste Dienstbehörde aber einen weitgehenden Spielraum, der es ihr auch erlaubt, größere Verwaltungsbereiche zum Maßstab zu nehmen, sofern dem sachgerechte Erwägungen zugrunde liegen (vgl. die genannten Senatsurteile vom 16. Mai 2003 a.a.O). Ob dies bedeutet, dass im Bereich der Verwaltung des Beklagten dieser den gesamten Bereich der allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in den Blick nehmen darf - wie er dies mit seinem Erlass vom 3. Dezember 2001 getan hat - oder aber nur den Schulbereich, für den der Betroffene ausgebildet ist, hier also den der Realschulen, kann dahinstehen, denn auch im letztgenannten Fall ist seine Entscheidung nicht zu beanstanden. Im Falle der Klägerin, die mit Französisch ein Mangelfach unterrichtet, steht der vom Beklagten beurteilungsfehlerfrei für notwendig gehaltenen Neubesetzung ihrer Stelle das Fehlen entsprechend ausgebildeter Lehramtsbewerberinnen oder -bewerber aber auch das Fehlen finanzieller Mittel im Landeshaushalt entgegen.

Die Notwendigkeit der Neubesetzung freiwerdender Stellen im Bereich der Schulen allgemein und speziell im Bereich der Realschulen ergibt sich aus der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 12. November 2003 vorgelegten angepassten Bedarfsberechnung für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen an die Schülerprognose 2002 (Anlage 1 zu dem genannten Schriftsatz) und dem Bericht der Landesregierung zur Unterrichtssituation im Schuljahr 2002/2003 (LT-Drs 15/2717). Die Lehrerbedarfsprognose ergibt danach für alle allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen aufgrund zunehmender Schülerzahlen einen weiteren Anstieg um rund 1.100 Stellen auf insgesamt 23.100 Stellen vom Schuljahr 2002/03 bis zum Schuljahr 2009/10. Erst danach ist ein kontinuierlicher Rückgang des Bedarfs an Lehrkräften um jährlich 250 bis 300 Stellen zu verzeichnen, bis er im Jahre 2013/14 wieder dem des Jahres 2002/03 entsprechen wird. Dies macht jährlich bis 2009/10 zwischen 1000 und 1200 Neueinstellungen erforderlich (LT-Drs 15/2717 S. 12, 13). Der Lehrerbedarf ergibt sich dabei nicht allein aus den prognostizierten Schülerzahlen, sondern auch aus der Altersstruktur des Lehrkörpers und den Folgen der mit dem Pflichtstundenerlass vom 9. März 1999 eingeführten Vorgriffsstunde. Diese ist ab dem Schuljahr 2007/08 an den Realschulen nicht mehr zu leisten und dort ab dem Schuljahr 2009/10 auszugleichen. Dementsprechend beabsichtigt die Landesregierung bis zum Schuljahr 2005/06 1000 neue Stellen zu schaffen und hat bereits jetzt in den Schuljahren 2001/02 und 2002/03 jeweils die ersten 200 (also insgesamt 400) Stellen bereitgestellt (vgl. LT-Drs. 15/2717 S. 15). Zudem sind zum 1. August 2002 80 neue Stellen für den Vorbereitungsdienst geschaffen worden (vgl. LT-Drs. 15/2717 S. 16). Bezogen auf die Realschulen ergibt sich aus der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 12. November 2003 in der Anlage 1 vorgelegten Bedarfsberechnung die Notwendigkeit von 175 Neueinstellungen für das Schuljahr 2004/05 und von 148 für das Schuljahr 2005/06 - dies ist der Beginn der Freistellungsphase der Klägerin - sowie für das Schuljahr 2006/07 von 136 und im folgenden Schuljahr von 200 schließlich im letzten Jahr (2008/09) der Freistellungsphase von 136 Neueinstellungen.

Ausweislich ihres Berichts über die Gewinnung von Lehrkräften (LT-Drs 15/1728) hat die Landesregierung verschiedene Maßnahmen eingeleitet, um dem erhöhten Bedarf an Lehrkräften bei steigenden Pensionierungszahlen und gleichzeitig steigenden Schülerzahlen Rechnung zu tragen. Hierzu gehört - so der Bericht - die Aussetzung der Altersteilzeit seit dem 6. Juni 2001, die bewirken soll, dass möglicherweise auftretende Schwierigkeiten bei der Neubesetzung der Stellen während der Freistellungsphase wegen fehlendem fachgerechten und regional bedingt unterschiedlich vorhandenem qualifizierten Nachwuchs vermieden werden und gleichzeitig mittel- und langfristig eine Entlastung von den zusätzlichen Kosten in der Freistellungsphase entsteht (a.a.O. S. 3 f.). Als weitere Maßnahmen werden genannt: Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung in einigen Schularten/-bereichen, Abbau von Ausgleichsstunden, Neuordnung des Lehreraustauschverfahrens, Welcome-back-aktion (ca 70 Lehrkräfte im Frühjahr 2001), Übernahme von Lehrkräften aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern (greift ab 2003/04) sowie die Werbung und Anstellung von QuereinsteigerInnen (mit dazugehörigen Folgemaßnahmen). Auch in dem Bericht der Landesregierung zur Unterrichtssituation im Schuljahr 2002/03 (LT-Drs. 15/2717) wird zur Einstellungssituation (auf S. 15 bis 16 und in den Tabellen 6.1 und 6.2) zum Teil auf diese Maßnahmen hingewiesen, wobei sich insbesondere aus den in dem Schriftsatz des Beklagten vom 12. November 2003 beigefügten Anlage 2 enthaltenen Schätzungen im Hinblick auf die Bewerberlage für die Schuljahre 2004/05 und 2005/06 im Bereich der Realschulen ergibt, dass der Bedarf wird gedeckt werden können, wobei hierin allerdings keine Aussage über die Situation in dem von der Klägerin unterrichteten Mangelfach enthalten ist.

Diese Personalsituation in den Schulen des Landes allgemein, aber auch in den Realschulen speziell ist vor dem Hintergrund der allgemeinen finanzpolitischen Situation des Landes Schleswig-Holstein zu sehen. Nimmt man den Lehrkräftebedarf im gesamten Schulbereich des Landes in Zusammenschau mit der prekären Haushaltssituation des Landes in Blick, so wird das Entgegenstehen dringender dienstlicher Belange offenbar, ohne dass es noch darauf ankäme, ob die Klägerin tatsächlich - was von ihr nicht bestritten wurde - ein Mangelfach unterrichtet. Die Notwendigkeit der Neubesetzung freiwerdender Stellen ergibt sich aus der im allgemeinen Wohl liegenden Notwendigkeit einer - in quantitativer und qualitativer - mindestens hinreichenden Unterrichtsversorgung. Die Nichtgewährung von Altersteilzeit ist ein Mittel, die weitere Reduzierung des Personalbestandes zu vermeiden und die weitere Belastung des Landeshaushalts geringer zu halten.

Die schlechte Haushaltssituation des Landes ist allgemein bekannt. Hierzu verweist der Senat auf seine Ausführungen in den bereits mehrfach genannten Senatsentscheidungen vom 16. Mai 2003 (a.a.O.): Die finanzpolitische Situation wird durch den Gesetzentwurf der Landesregierung über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2002 (Landtagsdrucksache 15/2267) deutlich dokumentiert. Dieser geht nach dem Ergebnis der Steuerschätzung des Bund-Länder-Arbeitskreises "Steuerschätzungen" vom November 2002 von Einnahmeausfällen in Höhe von 430,1 Millionen Euro aus, die durch die bereits im Februar 2002 beschlossenen zusätzlichen globalen Minderausgaben, eine im Mai 2002 verhängte Haushaltssperre, durch Sparmaßnahmen im Laufe des Haushaltsvollzugs vor allem im Personalbereich, durch eine restriktive Bewirtschaftung der Ausgabereste und durch die Inanspruchnahme der Restkreditermächtigung aus dem Jahre 2001 nicht ausgeglichen werden könnten. Ferner wird auf weitere Einnahmeausfälle nach dem bisherigen Stand des Haushaltsvollzugs hingewiesen. Die im Nachtragshaushalt vorgesehene Erhöhung der Netto-Kreditaufnahme von 589,4 Millionen Euro auf insgesamt rund 1.102 Millionen Euro überschreitet die Summe der veranschlagten eigenfinanzierten investiven Aufgaben um rund 536 Millionen Euro. Nach Art. 53 der Landesverfassung von Schleswig-Holstein i.V.m. § 18 LHO darf die Netto-Kreditaufnahme die Summe der im Haushalt veranschlagten eigenfinanzierten Investitionen nur ausnahmsweise dann überschreiten, wenn dies zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder zur Überwindung einer schwerwiegenden Störung der Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung des Landes erforderlich ist. In diesen Fällen ist im Gesetzgebungsverfahren zur Feststellung des Haushaltsplans bzw. eines Nachtragshaushaltsplans insbesondere darzulegen, dass das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht oder die Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung des Landes ernsthaft und nachhaltig gestört ist oder eine solche Störung unmittelbar bevorsteht und dass die erhöhte Kreditaufnahme dazu bestimmt und geeignet ist, die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder der Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung des Landes abzuwehren. Das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen wird in dem o.g. Gesetzentwurf der Landesregierung festgestellt. Das Nachtragshaushaltsgesetz 2002 ist vom Schleswig-Holsteinischen Landtag verabschiedet worden und mit Wirkung vom 01. Januar 2002 in Kraft getreten (vgl. GVOBl. SH 2002, 258 ff). Ergänzend ist die Pressemitteilung des Finanzministeriums vom 10. November 2003 zur Novembersteuerschätzung anzuführen, die Steuermindereinnahmen in 2003 gegenüber dem Haushaltsansatz von rund 281,7 Mio Euro prognostiziert. Schließlich verweist der Senat gem. § 130b Satz 2 VwGO auf die hierzu erfolgten Ausführungen des Verwaltungsgerichts in seinem angegriffenen Urteil, das insbesondere die bisher durch die Altersteilzeit verursachten Kosten beziffert. Die vorstehend genannten Umstände tragen die Prognose, dass sich auch im Zeitpunkt der Freistellungsphase der Klägerin die finanzpolitische Situation des Landes nicht so grundlegend verbessert haben wird, dass die für Neubesetzungen erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen. Dem entspricht zudem die mittelfristige Finanzplanung der Landesregierung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO (§127 Nr. 2 BRRG) gegeben ist.

Ende der Entscheidung

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