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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 01.03.2005
Aktenzeichen: 4 MB 18/05
Rechtsgebiete: StVG


Vorschriften:

StVG § 3
Es widerspricht der Lebenserfahrung, dass ein Verkehrsteilnahmer, der unstreitig unter Cannabiseinfluss am Straßenverkehr teilgenommen hat, bereits nach erst- und einmaligem Konsum in eine polizeiliche Verkehrskontrolle gerät. Es ist Sache des Betroffenen, der Behörde im Einzelfall durch geeignete Beweismittel das Vorliegen einer Ausnahmesituation nachzuweisen.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

BESCHLUSS

Az.: 4 MB 18/05

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Entziehung der Fahrerlaubnis - Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO -

hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 1. März 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 3. Kammer - vom 11. Februar 2005 wird zurückgewiesen. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe vermögen eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung nicht zu rechtfertigen, § 146 Abs. 4 Satz 3, 5 VwGO. Zum einen steht fest, dass der Antragsteller am 14. November 2004 unter Einfluss von Cannabis ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt hat. Insoweit hat das Verwaltungsgericht in tatsächlich wie rechtlich zutreffender Würdigung die Einlassungen des Antragstellers in Richtung auf einen angeblichen Passivkonsum am Vorabend als widerlegt angesehen (vgl. im Einzelnen Seite 3 des angefochtenen Beschlusses). Soweit der Antragsteller mit seiner Beschwerde insbesondere die Annahme eines "gelegentlichen" Cannabiskonsums durch das Verwaltungsgericht angreift, kann er - unabhängig von der Auslegung seiner eigenen Äußerungen im polizeilichen Ermittlungsverfahren - mit diesem Versuch - und dies gilt zum anderen - nach der aktuellen Rechtsprechung des erkennenden Senats von vornherein schon aus folgenden Gründen nicht durchdringen:

"...Tatbestandliche Grundlage der von der Rechtsprechung des Senats abweichenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ist die Annahme, dass nach derzeitiger Aktenlage keine erheblichen, verifizierbaren Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Antragsteller nicht nur einmaliger, sondern gelegentlicher Konsument von Cannabis ist" Diesen gedanklichen Ansatz vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, weil es jeglicher Lebenserfahrung widerspricht, dass ein Verkehrsteilnehmer, der unstreitig unter Cannabis-Einfluss am Straßenverkehr teilgenommen hat, bereits nach dem erst- und einmaligen Konsum von Cannabis in eine polizeiliche Verkehrskontrolle gerät, obgleich fachspezifische Untersuchungen zum gleichgelagerten Problemkreis der Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss -angesichts fehlender polizeilicher "Kontrolldichte" ohne Weiteres plausibel und nachvollziehbar - zum Ergebnis haben, dass auf eine polizeilich festgestellte Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss hunderte solcher entfallen, die unentdeckt bleiben bzw. geblieben sind.

Es ist nicht ersichtlich, dass in Bezug auf die Verkehrsteilnahme unter Cannabis-Einfluss Abweichendes gelten könnte. Da es nicht absolut auszuschließen ist, dass sich ein derart ungewöhnlicher Ausnahmefall wie die polizeiliche Auffälligkeit schon bei der erst- und einmaligen Verkehrsteilnahme unter Canna-bis-Einfluss tatsächlich einmal ereignen könnte, räumt die Rechtsprechung des Senats (auch) dem Antragsteller die Möglichkeit ein, im Einzelfall durch geeignete Beweismittel - nicht etwa nur eine Urin-Probe - den Nachweis zu führen, dass die vorstehend beschriebene extreme Ausnahmekonstellation in seinem Fall tatsächlich vorliegt und nachweisbar ist. Bis ein solcher Nachweis tatsächlich geführt wird, kann die Verkehrsbehörde auf Grund der vom Antragsteller eigenverantwortlich gesetzten tatbestandlichen Anhaltspunkte den Regelfall einer wenigstens gelegentlichen Verkehrsteilnahme unter Cannabis-Einfluss unterstellen, der die hier streitige Ordnungsverfügung einschließlich der Anordnung des Sofortvollzuges nach den vom Senat ausgestellten Grundsätzen rechtlich trägt und einen Anspruch auf die von der Antragsgegnerin eingeleiteten Maßnahmen zur Abklärung begründet, deren Durchführung indes nach der Rechtsprechung des Senats ohnehin nicht während der Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens begehrt werden kann... (Senat, Beschl. v. 07. Dezember 2004 - 4 MB 101/04 -)

Nach diesen Grundsätzen wird es Sache des Antragstellers sein, dem Antragsgegner jedenfalls Zweifel an dem von diesem und dem Verwaltungsgericht angenommen "gelegentlichen" Cannabis-Konsum sub-stantiiert darzulegen, um gegebenenfalls weitere Maßnahmen zur Abklärung zu veranlassen. Nach seinem eigenen Verhalten am 14. November 2004 und seinen dortigen Angaben mussten sich der Behörde jedenfalls seinerzeit solche Zweifel nicht aufdrängen. Die mit der Beschwerde vorgelegte Aussage des Beifahrers des Antragstellers (Vernehmungsprotokoll S. 2 vom 05. Januar 2005) lässt im Übrigen Schlüsse zu Gunsten der Behauptungen des Antragstellers kaum zu, sondern verstärkt vielmehr die Hinweise auf einen nicht nur einmaligen Konsum (wenn mit dem dort genannten " J... W..." der Antragsteller gemeint ist, wofür nach dem Zusammenhang alles spricht).

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt (§§ 53 Abs. 3 52 Abs. 2, 63 Abs. 3 S. 1 GKG n.F.)

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 66 Abs. 3 S. 3 GKG n.F.).



Ende der Entscheidung

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