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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 01.11.2001
Aktenzeichen: 9 C 13/01
Rechtsgebiete: VwGO, GG, ZulassungszahlenVO vom 21. März 2001 SH


Vorschriften:

VwGO § 123 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
ZulassungszahlenVO vom 21. März 2001 SH § 2 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 9 C 13/01 u.a.

In den Verwaltungsrechtssachen

wegen Zulassung zum Studium der Humanmedizin, Wintersemester 2001/02, - Erlass einer einstweiligen Anordnung -

hat das Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht - 9. Kammer - am 1. November 2001 jeweils gleichlautend beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird auf Kosten des Antragstellers/der Antragstellerin abgelehnt.

Der Streitwert wird auf 8.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag erweist sich jedenfalls als unbegründet.

Soweit der Antragsteller/die Antragstellerin im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zuteilung eines Studienplatzes zum Wintersemester 2001/2002 für das 1. Fachsemester Humanmedizin beantragt bzw. insoweit die Beteiligung an einem Losverfahren für die Vergabe zusätzlicher Studienplätze erstrebt wird, muß der Antrag ohne Erfolg bleiben. Dies gilt auch insoweit, als das Antragsbegehren auf den vorklinischen Studienabschnitt beschränkt wird. Soweit es um die Zulassung innerhalb der festgesetzten Kapazität geht, sind nach Angaben der Antragsgegnerin alle Studienplätze besetzt. Dass über die festgesetzte Kapazität hinaus Studienplätze zur Verfügung stünden, läßt sich bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht feststellen.

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBWFK) hat mit Verordnung vom 21.05.2001 (NBl. MBWFK. Schl.-H. 2001, Seite 397ff) die Zahl der im Wintersemester 2001/2002 an der Medizinischen Universität zu Lübeck höchstens aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber (Zulassungszahl) für den Studiengang Medizin auf 185 festgesetzt. Diese Festsetzung beruht auf einer der Kammer vorliegenden Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin für den Berechnungszeitraum Wintersemester 2001/2002 und Sommersemester 2002 nach dem Berechnungsstichtag 10.01.2001. Diese auf den Bestimmungen der Landesverordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen (Kapazitätsverordnung - KapVO) vom 25.11.1993 (NBl. 1993, Seite 457) - mit späteren Änderungen - beruhende Berechnung erscheint bei summarischer Überprüfung rechtsfehlerfrei.

1. Lehrangebot:

Für die Lehreinheit vorklinische Medizin hat die Antragsgegnerin ein Lehrangebot von insgesamt 39 (Vorjahr: 39) Stellen mitgeteilt, die sich wie folgt auf die einzelnen Institute verteilen:

Anatomie:

C 4 1 Stelle C 2 (befristet) 1 Stelle C 1 2 Stellen Sonst. wissenschaftl. Mitarbeiter 6 Stellen 10 Stellen

Physiologie:

C 4 1 Stelle C 2 1 Stelle C 1 1 Stelle Sonst. wissenschaftl. Mitarbeiter 3 Stellen 6 Stellen

Biochemie:

C 4 1 Stelle C 2 1 Stelle C 1 1 Stelle Sonst. wissenschaftl. Mitarbeiter 5 Stellen 8 Stellen

Biologie:

C 4 1 Stelle C 2 (befristet) 1 Stelle C 1 1 Stelle Sonst. wissenschaftl. Mitarbeiter 2 Stellen 5 Stellen

Chemie:

C 4 1 Stelle C 2 (befristet) 1 Stelle Sonst. wissenschaftl. Mitarbeiter 3 Stellen 5 Stellen

Physik:

C 4 1 Stelle C 2 (befristet) 1 Stelle Sonst. wissenschaftl. Mitarbeiter 3 Stellen 5 Stellen

Den einzelnen Stellengruppen hat die Antragsgegnerin Deputate zugeordnet, wobei sie die Stellen der Professoren mit je 8 Semesterwochenstunden (SWS), die mit Hochschuldozenten besetzten C 2-Stellen mit 7 SWS und die C 1-Stellen der Hochschulassistenten mit je 4 SWS berücksichtigt hat. Den übrigen wissenschaftlichen Mitarbeitern im unbefristeten Dienst- oder Angestelltenverhältnis ist eine Lehrverpflichtung von je 8 SWS zugerechnet worden; die Stellen der befristet eingestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter sind mit 4 SWS in die Berechnung eingestellt worden. Diese Deputatszuordnung entspricht § 5 der Landesverordnung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung - LVVO) vom 06.10.1995 (GVOBl. 1995, 328 ff) und ist im summarischen Verfahren nicht zu beanstanden.

Insbesondere ist auch die zugrunde gelegte Regellehrverpflichtung für Oberassistenten/innen mit 7 SWS je Stelle nicht zu beanstanden. Nach § 5 Abs. 1 Ziffer 2 LVVO ist für Oberassistenten/innen ein Regellehrverpflichtungsrahmen von 6 bis 8 LVS vorgesehen. Es entspricht insoweit der ständigen Rechtsprechung der Kammer, daß die Ansetzung von 7 LVS als Mittelwert über die Gesamtlaufzeit der Oberassistenzzeit keinen rechtlichen Bedenken begegnet.

Im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes überprüft die Kammer - wie in den Vorjahren - allein das der Lehreinheit Vorklinische Medizin zugeordnete Lehrdeputat.

Ausgehend hiervon hat die Antragsgegnerin ein Lehrdeputat von insgesamt 236 SWS (235 im Vorjahr) errechnet. Dieses Lehrdeputat von 236 SWS verteilt sich wie folgt auf die einzelnen Institute:

Anatomie: 63 SWS Physiologie: 36 SWS Biochemie: 40 SWS Biologie: 31 SWS Chemie: 35 SWS Physik: 31 SWS 236 SWS

Die Antragsgegnerin hat von der so errechneten Lehrverpflichtung Deputatsverminderungen von insgesamt 34 SWS abgesetzt und dies wie folgt begründet:

Anatomie:

A 14 5 SWS laut Einweisungsverfügung

A 14 3 SWS laut Einweisungsverfügung

A 13 4 SWS laut Einweisungsverfügung

Physiologie:

I a 4 SWS laut Einweisungsverfügung

Biochemie:

keine Verminderung

Biologie:

I b 6 SWS laut Einweisungsverfügung

Chemie:

A 14 6 SWS laut Verfügung des MBWFK

Physik:

C 4 6 SWS ermäßigt durch MBWFK für Funktion als Prorektor 34 SWS

Eine Abweichung zum Vorjahr ergibt sich vorliegend dadurch, dass am Institut für Biologie eine zusätzliche I b-Stelle (auf Lebenszeit) veranschlagt ist, für die laut Einweisungsverfügung eine Deputatsverminderung von 6 SWS vorgenommen wurde. Die Einweisungsverfügung ist bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Denn § 5 Abs. 2 und 3 LVVO sieht vor, dass wissenschaftliche Mitarbeiter, soweit ihnen Lehraufgaben übertragen werden, anstelle einer Regellehrverpflichtung je nach Ausgestaltung ihres Dienstverhältnisses eine Lehrverpflichtung von höchstens 8 Lehrveranstaltungsstunden haben. Der Stelleninhaber war bislang von der Lehre im Rahmen einer reinen Funktionsstelle befreit. Die Ausgestaltung seines Dienstverhältnisses wurde mit der neuen Einweisungsverfügung im Januar 2001 kapazitätsfreundlich um 2 SWS geändert.

Im übrigen entsprechen die von der Antragsgegnerin vorgesehenen Deputatsverminderungen den Verhältnissen des Vorjahres. Diese Deputatsverminderungen sind bereits durch den Beschluß des Vorjahres vom 13.10.2000 (9 C 20/00 (91) u.a.) unter Überprüfung der von der Antragsgegnerin vorgelegten Einweisungsverfügungen für rechtmäßig erachtet worden. Es besteht kein Anlaß zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der seitens der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Deputatsverminderung.

Nach allem ergibt sich danach ein unbereinigtes Lehrangebot von 202 SWS (236 SWS abzüglich 34 SWS Deputatsverminderung).

Dieses unbereinigte Lehrangebot ist um diejenigen Dienstleistungen zu verringern, die die Antragsgegnerin aus den der Lehreinheit Vorklinische Medizin zugeordneten Instituten für andere Studiengänge zu erbringen hat (vgl. § 11 KapVO). Hierbei hat die Antragsgegnerin vorliegend - abweichend vom Vorjahr - einen Dienstleistungsbedarf von 36,32 SWS zugrundegelegt. Diese Verringerung des unbereinigten Lehrangebotes für Dienstleistungen anderer Institute ist in der von der Antragsgegnerin errechneten und mitgeteilten Höhe im summarischen Verfahren nicht zu beanstanden. Die Dienstleistungsverringerung teilt sich auf in 13,32 SWS Dienstleistungsbedarf für den nicht zugeordneten Studiengang "Informatik", 4,00 SWS für den nicht zugeordneten Studiengang "Technisches Gesundheitswesen" und 19,00 SWS für den nicht zugeordneten Studiengang "Molekulare Biotechnologie". Dabei begegnet der Abzug für Dienstleistungen von 4 SWS für den Studiengang "Technisches Gesundheitswesen" keinen rechtlichen Bedenken. Dieser Dienstleistungsbedarf ist bereits in den Vorjahren von der Antragsgegnerin so zugrundegelegt und durch die entsprechenden Beschlüsse der Kammer (Beschluß vom 13.10.2000 (9 C 20/00 (91) u.a.) sowie - für das Jahr davor - Beschluß vom 18.10.1999 (9 C 7/99 (91) u.a.) bestätigt worden. Wie im Vorjahr ist auch hier der Curricularnormwertanteil gemäß § 13 Abs. 4 KapVO für diesen Studiengang mit 0.1568 (CAq) angesetzt worden. Die jährliche Studienanfängerzahl des nicht zugeordneten Studienganges (§ 11 Abs. 2 KapVO) ist ebenfalls wie in den Vorjahren mit 51 (Aq/2 = 25,5) berechnet worden. Dieser Ansatz begegnet wie im Vorjahr keinen rechtlichen Bedenken. Der im Vergleich zum Vorjahr um 20,05 erhöhte Dienstleistungsbedarf ergibt sich aus einer Erhöhung für den nicht zugeordneten Studiengang "Informatik" (vorher 12,27) und aus einer Erhöhung für den nicht zugeordneten Studiengang "Molekulare Biotechnologie" (vorher 0). Ursächlich dafür sind höhere Anfängerzahlen im Fach "Informatik" zum WS 00/01 und die Einführung des neuen Studiengangs "Molekulare Biotechnologie", welcher erstmals zum WS 01/02 angeboten wird.

2. Lehrnachfrage:

Zur Berechnung der Lehrnachfrage hat die Antragsgegnerin zu Recht zunächst das Zweifache des bereinigten Lehrangebotes (im folgenden ausgehend von einem bereinigten Lehrangebot von 165,68 SWS x 2 = 331,36 SWS) durch einen Eigenanteil der Lehreinheit Vorklinik am Curricularnormwert (CNW) in Höhe von 1,8256 geteilt. Diesen Eigenanteil hat die Kammer bereits in ihrem den Berechnungszeitraum Wintersemester 1992/93 und Sommersemester 93 betreffenden Beschluß vom 21.10.1992 - 9 C 137/92 (91) - ermittelt. Auch in den Urteilen vom 17.06.1992 - 9 A 1174/91 (91) u.a. - hat die Kammer mit eingehender Begründung einen Eigenanteil von 1,8256 errechnet. Vor dem Hintergrund dieser eingehenden Überprüfungen besteht - wie im Vorjahr - im vorliegenden Verfahren kein Anlaß, an der Richtigkeit dieses von der Antragsgegnerin jetzt wieder zugrundegelegten Eigenanteils zu zweifeln.

Diesen CNW-Eigenanteil der Lehreinheit Vorklinik hat die Antragsgegnerin entsprechend der bisherigen Rechtsprechung der Kammer in mehreren Rechenschritten im Hinblick auf die maßgebliche Zahl der zu berücksichtigenden Vorlesungsteilnehmer reduziert, wobei die Antragsgegnerin - wie im Vorjahr - von 51 SWS-Vorlesungen ausgegangen ist. Die Berechnung vollzieht sich wie folgt:

165,68 SWS x 2 = 331,36 SWS bereinigtes Lehrangebot.

Geteilt durch den CNW-Anteil von 1,8256 ergeben sich hieraus aufgerundet 182 Studienplätze.

Rechenschritt 1:

51 SWS Lehrangebot: 182 = 0,2802 CNW-Anteil MUL

51 SWS Lehrangebot: 180 (fiktive Gruppengröße gemäß ZVS-Beispiel Studienplan) = 0,2833 CNW-Anteil ZVS (anstatt 0,2831)

0,2833 CNW/ZVS - 0,2802 CNW/MUL = 0,0031

1,8256 CNW/MUL - 0,0031 = 1,8225

331,36 bereinigtes Lehrangebot: 1,8225 = 181,8161 Studienplätze

Rechenschritt 2:

51 SWS Lehrangebot: 181,8161 = 0,2805 CNW/MUL

0,2833 CNW/ZVS - 0,2805 = 0,0028

1,8256 CNW/MUL - 0,0028 = 1,8228

331,36 bereinigtes Lehrangebot : 1,8228 = 181,7862 Studienplätze

Rechenschritt 3:

51 SWS : 181,7862 = 0,2805

0,2833 - 0,2805 = 0,0028

1,8256 - 0,0028 = 1,8228

331,36 bereinigtes Lehrangebot: 1,8228 = 181,7862 = 182 Studienplätze.

Überprüfung des Berechnungsergebnisses:

Auch eine Überprüfung des Berechnungsergebnisses nach den §§ 14 Abs. 1 und 3 Nr. 3 sowie 16 KapVO anhand des Einflußfaktors Schwundquote führt im Ergebnis zu keiner wesentlichen Veränderung. Die Zahl der Studienanfänger wäre danach zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, daß wegen Aufgabe des Studiums oder Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studenten in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote). Die Antragsgegnerin hat - wie auch in den Vorjahren - darauf hingewiesen, daß freiwerdende Studienplätze regelmäßig sofort wieder besetzt würden. Aus der nun vorgelegten Schwundberechnung ergibt sich, dass der Zuwachs an Neuzulassungen über Jahre gesehen tatsächlich größer gewesen ist als die Zahl der Abgänge. Die Antragsgegnerin ist für das Studienjahr 2001/2002 zu einer Schwundstudienzeit von 4,006 gelangt. Die Ermittlung erfolgte nach dem sog. "Hamburger Modell" (Zulassung und Kapazitäten II, Pressestelle der Universität Hamburg, April 1975, S. 20 - 22). Die Schwundstudienzeit dividiert durch die Studienzeit der Lehreinheit Vorklinik von 4 Semestern ergibt nach den Berechnungen der Antragsgegnerin eine Schwundquote von 1,002. Die um den Schwundausgleich korrigierte Zulassungszahl entsteht durch Multiplikation der nach dem 2. Abschnitt der KapVO errechneten Zulassungszahl mit dem Schwundausgleichsfaktor (SF = 1/q =0,998). Es ergibt sich hieraus ein Wert von 181,7862 x 0,998 = 181,4226. Dieser liegt noch unter der festgesetzten Studienplatzzahl von 185.

Die Antragsgegnerin hat eine Übersicht über das Freiwerden und Wiederbesetzen von Studienplätzen (Stand: 08.10.2001) übersandt. Danach wurden für das Wintersemester 2001/2002 nicht nur 185, sondern durch Überbuchung der ZVS 187 Studienplätze besetzt.

Angesichts der von der Antragsgegnerin dargelegten Wiederbesetzungspraxis ergibt sich für das Studienjahr 2001/2002 keine die ausgewiesene Aufnahmekapazität übersteigende Zulassungszahl.

Über die besetzten Studienplätze hinaus stehen keine weiteren mehr zur Verfügung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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