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Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 27.02.2004
Aktenzeichen: 2 Sa 739/03
Rechtsgebiete: TzBfG, BGB


Vorschriften:

TzBfG § 14 Abs. 2
BGB § 613 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

2 Sa 739/03

Verkündet am 27. Februar 2004

In dem Rechtsstreit

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 27.02.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 17. Juli 2003 - 2 Ca 106/03 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Revisionszulassung: keine.

Tatbestand:

Die Parteien streiten nach der diesbezüglichen Klarstellung in der Berufungsverhandlung auf den Feststellungsantrag des Klägers darüber, ob das sie verbindende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung vom 20.02.2002 mit Ablauf des 31.12.2002 sein Ende gefunden hat.

Weiter geht es dem Kläger unverändert um seine tatsächliche Beschäftigung als Rettungsassistent.

Von der erneuten Darstellung des Tatbestandes wird aufgrund der Regelung in § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und stattdessen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Dresden verwiesen. Hier ist das tatsächliche Vorbringen beider Parteien vollständig und richtig wiedergegeben. Ergänzendes tatsächliches Vorbringen in dem Berufungsverfahren - insbesondere zu Tarifinhalten und Tarifentwicklungen - rechtfertigt keine andere Entscheidung als diejenige des Arbeitsgerichts.

Zu ergänzen ist aufgrund des Ergebnisses der Berufungsverhandlung lediglich, dass der Kläger nicht Gewerkschaftsmitglied ist.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Es ist nicht festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristung vom 20.02.2002 nicht zum 31.12.2002 sein Ende gefunden hat. Die Befristung ist wirksam. Deswegen kann der Kläger von dem Beklagten auch keine Beschäftigung verlangen.

1.

Bei der streitgegenständlichen Befristung handelt es sich um eine nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 TzBfG zulässige erstmalige Verlängerung des zunächst bis 31.03.2002 kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages.

Nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren die höchstens dreimalige Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages zulässig.

Eine Verlängerung setzt voraus, dass sie noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrages vereinbart und nur die Vertragsdauer geändert wird, nicht aber die übrigen Arbeitsbedingungen. Anderenfalls handelt es sich um den Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages, der ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unzulässig ist, weil mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (BAG vom 15.01.2003 - 7 AZR 642/02 -, EzA § 14 TzBfG Nr. 3 m. w. N.).

An den Arbeitsbedingungen hat sich hier nichts dadurch geändert, dass in dem Vertrag vom 20.02.2002 der Hinweis auf den DRK-Tarif - Ost fehlt und nur noch die DRK-Arbeitsbedingungen - Ost Erwähnung finden. Denn bereits nach § 2 des Vertrages vom 04.12.2000 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis "nach dem DRK-Tarif - Ost/DRK-Arbeitsbedingungen - Ost in der für den Arbeitgeber jeweiligen Fassung". Da der Kläger mangels Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft nicht nach § 3 Abs. 1 tarifgebunden ist, gingen aufgrund der Verweisung in § 2 des Vertrages vom 04.12.2000 die DRK-Arbeitsbedingungen - Ost schon vor Abschluss des Vertrages vom 20.02.2002 den Bedingungen nach dem DRK-Tarif - Ost in jedwedem Konfliktfall vor. Der Hinweis auf den DRK-Tarif- Ost in dem Vertrag vom 04.12.2000 war jedenfalls für einen tarifungebundenen Arbeitnehmer somit ohne Substrat. Das Fehlen des Hinweises in dem Vertrag vom 20.02.2002 stellt mithin keine inhaltliche Änderung der bereits und ohnehin geltenden Vertragslage dar. Deshalb liegt auch kein Neuabschluss vor.

Soweit nach dem Vertrag vom 20.02.2002 die regelmäßige Arbeitszeit im Rettungsdienst auf Anordnung auf bis zu 54 Stunden wöchentlich verlängert werden kann und soweit dies von den aufgrund des Vertrages vom 04.12.2000 anweisbaren 60 Stunden abweicht, steht dies der Annahme einer Verlängerung nicht entgegen. Soweit eine einzelne Arbeitsbedingung - wie hier - für den Arbeitnehmer eindeutig günstiger ist, tritt der bei der Verlängerung ansonsten strikt zu beachtende Inhaltsänderungsschutz zurück. Der Schutzzweck, die materiellen Arbeitsbedingungen beizubehalten, ist dann nicht berührt. Der Arbeitnehmer steht in diesem Fall nicht in der Gefahr, eine Verlängerung der sachgrundlosen Befristung auf Kosten einer Verschlechterung von Arbeitsbedingungen hinnehmen zu müssen (KR-Lipke, § 14 TzBfG Rdnr. 290). Demgemäß hat das Bundesarbeitsgericht in einer nicht amtlich veröffentlichten Entscheidung, die wohl deshalb in der Regel übersehen wird, angenommen, dass eine zugunsten des Klägers des dortigen Verfahrens erfolgte Angleichung der Vergütung der Annahme eines bloßen Verlängerungsvertrages nicht entgegenstehe, da es sich nur um eine tarifliche Lohnerhöhung (von 1,5 %) gehandelt habe (BAG vom 24.01.2001 - 7 AZR 567/99 -, JURIS, in FA 2001, 242 lediglich redaktioneller Leitsatz 1 mit Kurzwiedergabe). Übertragen auf die Vertragsverhältnisse der Parteien ergibt sich, dass eine Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit auf Anordnung von bis zu 54 Stunden wöchentlich für den Kläger günstiger ist als eine solche von 60 Stunden wöchentlich. Das Gleiche gilt für den völligen Wegfall der Möglichkeit, die regelmäßige Arbeitszeit auf bis zu 12 Stunden täglich verlängern zu können. Eine andere Entscheidung wäre hier dann gerechtfertigt, wenn es für den Kläger günstiger wäre, in größerem Umfang zu arbeiten und dementsprechend auch eine höhere Vergütung erzielen zu können. Weder zu dem einen noch zu dem anderen ist jedoch irgend etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Unabhängig davon und selbständig tragend ist darauf hinzuweisen, dass bei der bald 20 Jahre zurückliegenden Arbeitszeitverkürzung in der Metallindustrie bei vollem Lohnausgleich nicht als ungünstig angesehen wurde, dass einzelne Arbeitnehmer den Wunsch nach einem höheren Vergütungspflichtigen Arbeitszeitvolumen geäußert hatten.

2.

Die sich somit zulässig erweisende Verlängerung ist auch nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unzulässig, weil mit dem Beklagten bereits zuvor deshalb ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hätte, weil ein ursprünglich zwischen dem Kläger und dem DRK-Kreisverband ..., ..., bestehendes Arbeitsverhältnis infolge eines Betriebsüberganges auf den Beklagten übergegangen wäre.

Richtig ist zwar, dass nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB im Falle des Übergangs eines Betriebes oder Betriebsteiles durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses eintritt.

Insoweit ist vom Kläger auf Seite 3 seiner Klageschrift Folgendes (hier gänzlich unverändert gelassen) vorgetragen:

"Die klägerische Partei war. bevor sie zum 01.01.2001 bei dem Beklagten begann, bei dem DRK Kreisverband ... als Rettungsassistenten beschäftigt.

Der Beklagte übernahm das Rettungsfahrzeug, welches in ... stationiert war, nach ... und rettete von ... aus den zuvor von der ehemaligen, seitens des DRK Kreisverband ... unterhaltenen Rettungsgebietes ... aus. Das Rettungsgebiet... wurde nunmehr vom Beklagten bedient.

Da das Hauptbedienungsmittel der Rettungswache ... der Rettungswagen war und dieser an den Beklagten überging, sowie das Rettungsgebiet ebenso von dem Beklagten zu bedienen war und ist, liegt ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB vor."

Aus diesem Vorbringen ergibt sich weder, dass der Kläger bei seinem früheren Arbeitgeber in einem so auf den Beklagten übergangsfähigen unbefristeten Arbeitsverhältnis befunden hätte, noch dass ein Betrieb oder Betriebsteil "durch Rechtsgeschäft" von seinem früheren Arbeitgeber auf den Beklagten übertragen worden wäre.

Auch im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht vor. Dem Kläger ist bereits aufgrund des Urteils der Kammer vom 07.11.2001 - 2 Sa 271/01 -, ergangen in einem Rechtsstreit zwischen ihm und seinem früheren Arbeitgeber, bekannt, dass das von ihm geschilderte Geschehen weder den Übergang eines Betriebes noch denjenigen eines Betriebsteiles ausgemacht hat. Nach diesem Urteil, auf das der Beklagte sich bezogen und auch in den Rechtsstreit eingeführt hat, ist die von dem früheren Arbeitgeber des Klägers unterhaltene Rettungswache geschlossen worden und war schon deshalb nicht übergangsfähig. Von den materiellen Betriebsmitteln "übergegangen" war allein ein einziges, zudem nicht im Eigentum des früheren Arbeitgebers des Klägers stehendes Fahrzeug. Lediglich ein Teil des in der Rettungswache beschäftigten Personals ist übernommen worden. Danach stellte sich die Betreuung des Rettungsgebietes nunmehr durch den Beklagten als bloße Funktionsnachfolge dar. Abgesehen davon und selbständig tragend hatten die "übernommenen Betriebsmittel" schon bei dem früheren Arbeitgeber des Klägers nicht die Qualität eines Betriebsteiles. Ein einzelnes Fahrzeug stellt für sich genommen lediglich ein Betriebsmittel, nicht einen Betriebsteil dar (BAG vom 26.08.1999 - 8 AZR 718/98 -, EzA § 613 a BGB Nr. 185). Auch die Zuordnung des Fahrzeuges zu bestimmten Aufgaben und zu bestimmten Fahrern führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie charakterisiert nicht eine betriebliche Teilorganisation, sondern allenfalls die betriebliche Organisation insgesamt. Die Aufteilung der Arbeitnehmer nach Fahrzeugen und Fahrtrouten erfolgt aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und nicht als Ausdruck einer irgendwie gearteten eigenständigen betrieblichen Teilorganisation. Werden Betriebsmittel und Arbeitnehmer ständig in bestimmter Weise eingesetzt, entstehen dadurch nicht ohne weiteres jeweils selbständig organisierte Einheiten (BAG a. a. O.). Dass Fahrzeuge eines Rettungsbetriebes teilbetrieblich organisiert sein können, ist dabei allerdings nicht ausgeschlossen. Es bedarf dann allerdings einer über die dargestellten Strukturen hinausgehenden eigenen Arbeitsorganisation. Dies ist von demjenigen darzulegen und zu beweisen, der sich auf einen Teilbetriebsübergang beruft (BAG a. a. O.). Weder im früheren Streitfall des Klägers noch hier ist dafür irgendetwas ersichtlich. Die Einteilung und der Einsatz des "übergangenen Fahrzeuges" im Rahmen der betrieblichen Organisation unterschied sich nach Art und Durchführung ersichtlich nicht von der Organisation der übrigen Fahrzeuge. Auch die Voraussetzungen für die im Wesentlichen unveränderte Fortführung einer wirtschaftlichen Einheit war seinerzeit nicht erfüllt. Der Beklagte hat eine eigene betriebliche Organisation, in die ein "übernommenes" Fahrzeug eingefügt wurde.

Auch neuere Entwicklungen des Europarechts rechtfertigen keine andere Entscheidung. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 20.11.2003 - ... - ... u. a. ./. ... AS 2004, 2) zur Anwendung von Art. 1 der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14.02.1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mietgliedsstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen wird die nicht von § 613 a BGB erfasste Funktionsnachfolge von einem Betriebsübergang unverändert danach abgegrenzt, ob der zweite Unternehmer zuvor von dem ersten Unternehmer benutzte und beiden nacheinander von einem Auftraggeber zur Verfügung gestellte wesentliche materielle Betriebsmittel benutzt (weil es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes bereits seit 1987 auf eine Übertragung von Eigentum an den Betriebsmitteln nicht ankommt, Urteil vom 17.12.1987 - 287/86 -, Sammlung 1987, 5465, Rdnr. 12; vom 12.11.1992 - C-209/91 -, Sammlung 1992, I-5755, Rdnr. 15). Um "wesentliche materielle Betriebsmittel" handelt es sich bei einem einzigen Fahrzeug nicht, erst recht nicht im Zusammenhang mit der vorgekommenen Schließung der Rettungswache, von der aus das Fahrzeug eingesetzt wurde. Und das Rettungsgebiet als solches kann nicht in Ansatz gebracht werden. Es stellt kein materielles Betriebsmittel dar, sondern bietet bestenfalls eine räumliche Erwerbschance, die im Übrigen vom früheren Arbeitgeber des Klägers weder übertragen werden konnte noch übertragen werden durfte. Wer und wo Notfallrettung oder Krankentransport betreiben darf, ergibt sich allein aus den Vorschriften über die Zulassung von Unternehmen nach §§ 14 ff. des Sächsischen Rettungsdienstgesetzes. Wesentliches Substrat von Notfallrettung oder Krankentransport ist die Erteilung der Genehmigung an den Unternehmer

- für seine Person

- für die Ausübung von Notfallrettung oder Krankentransport

- im jeweiligen Betriebsbereich (§15 Abs. 1 Satz 1 Sachs. Rettungsdienstgesetz).

Kommt es zu einer neuen oder weiteren Genehmigung, ist aufgrund der persönlichen, gegenständlichen und räumlichen Befugnis zur Notfallrettung oder zum Krankentransport die Annahme eines rechtsgeschäftlichen Betriebsüberganges gemäß § 613 a BGB nicht möglich, wenn der neue Unternehmer lediglich instand gesetzt wird, seine Tätigkeit in einem bestimmten Rettungsgebiet zu entfalten (aufgrund des persönlichen Charakters der Notarbefugnis führt deshalb beispielsweise auch die Bestellung eines neuen Notars zur hauptberuflichen Amtsausübung selbst dann nicht zu einem rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB, wenn der neue Notar die Kanzlei und das Personal eines aus dem Amt entlassenen Notars übernimmt, BAG vom 26.08.1999 - 8 AZR 827/98 -, EzA § 613 a BGB Nr. 187).

Der Kläger hat aufgrund der Regelung in § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner ohne Erfolg gebliebenen Berufung zu tragen.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Die Revision ist nicht zuzulassen.



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