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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 17.01.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 808/05
Rechtsgebiete: KSchG, BGB, UrhG, StGB


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2 Satz 1
BGB § 241 Abs. 2
BGB § 667
BGB § 858
BGB § 860
BGB § 950 Abs. 1
BGB § 985
BGB § 986 Abs. 1 Satz 1
UrhG § 69 b Abs. 1
StGB § 303 a
StGB § 303 b
Kündigung wegen Löschens Computerprogrammes auf Notebook des Arbeitgebers/Eigentumsverhältnisse hinsichtlich aufgespielter privater Software/Datenveränderung/Computersabotage.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

Az.: 2 Sa 808/05

Verkündet am 17. Januar 2007

In dem Rechtsstreit

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 17.01.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Parteien gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Zwickau vom 11.05.2005 - 9 (4) Ca 830/04 - werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 3/4, die Beklagte 1/4.

Revision ist nicht zugelassen.

Tatbestand:

Auf die Berufungen beider Parteien geht es im Zweiten Rechtszug unverändert um die Rechtswirksamkeit von Arbeitgeberkündigungen der Beklagten sowie um Erteilung von Auskunft, Buchauszug und Abrechnung.

Von der erneuten Wiedergabe des Tatbestandes im Ersten Rechtszug wird aufgrund der Regelung in § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG stattdessen auf den Tatbestand des angefochtenen Teilurteils des vom Kläger angegangenen Arbeitsgerichts Zwickau vom 11.05.2005 - 9 (4) Ca 830/04 - verwiesen.

Ausweislich des Tatbestandes jenes Urteils hat der Kläger dort beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.10.2003, zugegangen am 29.10.2003, nicht aufgelöst worden ist.

8. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 11.11.2003, zugegangen am 14.11.2003, nicht aufgelöst worden ist.

9. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung mit Schreiben vom 11.11.2003, zugegangen am 14.11.2003, nicht aufgelöst worden ist.

10. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 28.10.2003 - mit Schreiben vom 11.11.2003 -, zugegangen am 14.11.2003, als hilfsweise ordentliche Kündigung zum 31.12.2003, höchst hilfsweise als Kündigung zum nächst möglichen Zeitpunkt erklärt, nicht aufgelöst worden ist.

11. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die weitere außerordentliche fristlose Kündigung vom 04.12.2003, zugegangen am 08.12.2003, nicht aufgelöst worden ist.

12. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die hilfsweise "zum nächst möglichen Termin" ausgesprochene Kündigung vom 04.12.2003, zugegangen am 08.12.2003, nicht aufgelöst worden ist.

4. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft über alle direkten und indirekten Geschäfte zu erteilen, die im Jahre 2001 weltweit durch die Beklagte zustande gekommen sind, betreffend alle von der Beklagten hergestellten Produkte, und zwar geordnet nach:

- Auftragsdatum

- Warenart

- Warenmenge

- Warenwert

- Rechnungsdatum

- Rechnungsbetrag

- Kundenname mit genauer Anschrift

- Datum der Ausführung

- Annullierungen und Retouren sowie die Gründe hierfür.

Hilfsweise:

Die Beklagte zu verurteilen, einen Buchauszug über die vom Kläger im Jahre 2001 generierten oder vermittelten Umsätze zu erteilen, und zwar geordnet nach Auftragsdatum, Warenart, Warenmenge, Warenwert, Rechnungsdatum, Rechnungsbetrag, Kundenname mit genauer Anschrift, Stadium der Ausführung, Annullierungen und Retouren sowie die Gründe hierfür.

6. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft über alle direkten und indirekten Geschäfte zu erteilen, die im Jahre 2002 weltweit durch die Beklagte zustande gekommen sind, betreffend alle von der Beklagten hergestellten Produkte, und zwar geordnet nach:

- Auftragsdatum

- Warenart

- Warenmenge

- Warenwert

- Rechnungsdatum

- Rechnungsbetrag

- Kundenname mit genauer Anschrift

- Stadium der Ausführung

- Annullierungen und Retouren sowie die Gründe hierfür.

Hilfsweise:

Die Beklagte zu verurteilen, einen Buchauszug über die vom Kläger im Jahre 2002 generierten oder vermittelten Umsätze zu erteilen, und zwar geordnet nach Auftragsdatum, Warenart, Warenmenge, Warenwert, Rechnungsdatum, Rechnungsbetrag, Kundenname mit genauer Anschrift, Stadium der Ausführung, Annullierungen und Retouren sowie die Gründe hierfür.

17. Die Beklagte wird verurteilt, eine Abrechnung sowie einen Buchauszug über alle direkten und indirekten Geschäfte zu erteilen, die im Jahre 2003 weltweit durch die Beklagte zustande gekommen sind, betreffend alle von der Beklagten hergestellten Produkte, und zwar geordnet nach:

- Auftragsdatum

- Warenart

- Warenmenge

- Warenwert

- Rechnungsdatum

- Rechnungsbetrag

- Kundenname mit genauer Anschrift

- Stadium der Ausführung

- Annullierungen und Retouren sowie die Gründe hierfür.

Hilfsweise:

Die Beklagte zu verurteilen, eine Abrechnung und einen Buchauszug über die vom Kläger im Jahre 2003 generierten oder vermittelten Umsätze zu erteilen, geordnet nach Auftragsdatum, Warenart, Warenmenge, Warenwert, Rechnungsdatum, Rechnungsbetrag, Kundenname mit genauer Anschrift, Stadium der Ausführung, Annullierungen und Retouren sowie die Gründe hierfür.

20. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, ob die Beklagte den Break Even aus ordentlichem Geschäft erreicht hat.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit den vorstehend für das Teilurteil relevanten Anträgen beantragt.

Das Arbeitsgericht hat für Recht erkannt:

1. Auf die Klageanträge Ziffern 1, 8, 9, 10 und 12 wird unter Abweisung im Übrigen festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentlichen Kündigungen vom 28.10. und 11.11. und 04.12.2003 noch durch die ordentlichen Kündigungen vom 28.10. und 11.11.2003 aufgelöst worden ist.

2. Auf die Klageanträge Ziffern 4, 6, 17 und 18 wird die Beklagte unter Abweisung im Übrigen verurteilt:

a) Dem Kläger einen Buchauszug über die von ihm in den Jahren 2001 und 2002 generierten und vermittelten Umsätze zu erteilen, und zwar geordnet nach Auftragsdatum, Warenart, Warenmenge, Warenwert, Rechnungsdatum, Rechnungsbetrag, Kundenname mit genauer Anschrift, Stadium der Ausführung, Annullierungen und Retouren sowie die Gründe hierfür,

b) dem Kläger eine Abrechnung und einen Buchauszug über die von ihm im Jahre 2003 generierten oder vermittelten Umsätze zu erteilen, und zwar geordnet nach Auftragsdatum, Warenart, Warenmenge, Warenwert, Rechnungsdatum, Rechnungsbetrag, Kundenname mit genauer Anschrift, Stadium der Ausführung, Annullierungen und Retouren sowie die Gründe hierfür.

3. Auf den Klagantrag Ziffer 20 wird die Beklagte verurteilt, Auskunft zu erteilen, ob der Break Even aus ordentlichen (sic!) Geschäften (sic!) erreicht worden ist.

Den Streitwert hat das Arbeitsgericht auf 54.589,91 € festgesetzt.

Die Kündigung vom 28.10.2003 hat das Arbeitsgericht als außerordentliche sowie als ordentliche Kündigung für rechtsunwirksam gehalten, weil der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten aufgrund ärztlich nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit keiner Arbeitspflicht unterlegen habe.

Die außerordentliche und ordentliche Kündigung vom 11.11.2003 hat das Arbeitsgericht für rechtsunwirksam gehalten, weil dem Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten aufgrund der vorher erklärten Kündigung vom 28.10.2003 weitere entgeltfortzahlungsrechtliche Nachweispflichten nicht oblegen hätten.

Die Kündigung mit Schreiben vom 04.12.2003 hat das Arbeitsgericht lediglich als ordentliche Kündigung für rechtswirksam gehalten. Der Kläger habe - wie von der Beklagten vorgetragen - ein Programm zum Lesen der Dateien auf dem zurückgegebenen Notebook der Beklagten heruntergenommen und sie durch die Störung oder Verhinderung der Nutzung von elektronisch gespeicherten Computerdateien geschädigt. Allerdings sei der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der sich bei ordentlicher Kündigung ergebenden Kündigungsfrist u. a. deshalb nicht unzumutbar, weil sie ihre Bereitschaft zur Prozessbeschäftigung gezeigt habe.

Buchauszug für die Jahre 2001 und 2002 bzw. Abrechnung und Buchauszug für das Jahr 2003 stünden dem Kläger - wie ausgeurteilt - entsprechend der vertraglichen Abmachung der Parteien lediglich für die von ihm "generierten oder vermittelten" Umsätze zu.

Der schließlich ausgeurteilte Anspruch auf Erteilung von Auskunft, ob der Break Even aus ordentlichem Geschäft erreicht worden sei, sei von der Beklagten nicht in Abrede gestellt, sondern vielmehr die Auskunftserteilung mehrfach angekündigt worden.

Der Kläger hat gegen das ihm am 07.10.2005 zugestellte Urteil am 10.10.2005 Berufung eingelegt und diese am 22.11.2005 ausgeführt.

Der Kläger wendet sich zum einen gegen die Abweisung seiner gegen die ordentliche Kündigung vom 04.12.2003 gerichteten Klage. Sämtliche Daten seien auf der Festplatte des Notebooks vorhanden. Die Beklagte habe auf eben diese entsprechenden Daten dadurch Zugriff gehabt, dass diese Daten auf deren Server ebenfalls abgelegt gewesen seien. Er, der Kläger, habe daher betriebserhebliche Computerdaten nicht beseitigt. Das Herunterladen des "Programms zum Lesen der Dateien" vom Laptop habe keine Pflichtverletzung dargestellt und keinen Zugriff der Beklagten auf die entsprechenden Daten verhindert. Microsoft-Anwendungsprogramme - das gelte auch für Outlook als Teil des Programmpakets "Office 2000" - würden von Microsoft nicht verkauft. Das Unternehmen vergebe ausschließlich weltweit individualisierte Nutzungsberechtigungen (Lizenzen). Es sei erstinstanzlich unbestritten gewesen, dass er - der Kläger - die Lizenz für das auf dem Notebook installierte Anwendungsprogramm selbst erworben habe. Er als Lizenzinhaber sei im Besitz der Original-Installationsdisketten, die mit dem Lizenzerwerb ausgehändigt würden. Die Lizenzierung erfolge via Internet durch Datenaustausch mit Microsoft. Er sei individuell lizenziert. Nach den Lizenzbedingungen von Microsoft sei es untersagt, ein lizenziertes Programm Dritten zur Nutzung zu überlassen. Er, der Kläger, hätte sich bei dem Belassen des Programms auf dem Notebook gegenüber dem Lizenzgeber einer Urheberrechtsverletzung schuldig gemacht. Im Übrigen hätte die Beklagte zum Lesen der auf der Festplatte des zurückgegebenen Laptops verbliebenen Outlook-Dateien (Endung "pst") unproblematisch ein Anwendungsprogramm aufspielen können, was ihr als Softwareunternehmen auch ohne weiteres zumutbar gewesen wäre.

Im Übrigen verfolgt der Kläger die abgewiesenen Hauptanträge nach den Anträgen zu 4., zu 6. sowie zu 17. fort, wobei er allerdings hinsichtlich der Hauptanträge zu 4. und zu 6. anstelle einer Auskunftserteilung die Erteilung eines Buchauszugs verlangt. Der Kläger ist weiter der Meinung, dass sich seine Ansprüche auf alle "direkten und indirekten" "Geschäfte" und nicht lediglich - wie aber ausgeurteilt - "von ihm" "generierten oder vermittelten" "Umsätze" bezögen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Teilurteils des Arbeitsgerichts Zwickau vom 11.05.2005 - 9 (4) Ca 830/04 -

1. weiter festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 04.12.2003 aufgelöst worden ist,

2. die Beklagte zu verurteilen,

a) ihm einen Buchauszug über alle direkten und indirekten Geschäfte zu erteilen, die in den Jahren 2001 und 2002 weltweit durch die Beklagte zustande gekommen sind, betreffend alle von der Beklagten hergestellten Produkte, und zwar geordnet nach Kundennummer von 0001 aufsteigend mit Kundenname und genauer Anschrift, Auftragsdatum, Warenart, Warenmenge, Warenwert, Rechnungsdatum, Rechnungsbetrag, Stadium der Ausführung, Annullierungen und Retouren sowie die Gründe hierfür und diesen Buchauszug sowohl ausgedruckt als auch auf elektronischem Datenspeicher dem Kläger zu übergeben,

b) ihm, dem Kläger, eine Abrechnung sowie einen Buchauszug über alle direkten und indirekten Geschäfte zu erteilen, die im Jahre 2003 weltweit durch die Beklagte zustande gekommen sind, betreffend alle von der Beklagten hergestellten Produkte, und zwar geordnet nach Kundennummer von 0001 aufsteigend mit Kundenname und genauer Anschrift, Auftragsdatum, Warenart, Warenmenge, Warenwert, Rechnungsdatum, Rechnungsbetrag, Stadium der Ausführung, Annullierungen und Retouren sowie die Gründe hierfür und diesen Buchauszug sowohl ausgedruckt als auch auf elektronischem Datenspeicher dem Kläger zu übergeben.

Die Beklagte beantragt

die Zurückweisung der klägerischen Berufung.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil hinsichtlich des vom Arbeitsgericht erkannten Kündigungsgrundes. Die Löschung der Daten auf dem Firmen-Notebook sei bereits die zweite Beeinträchtigung gewesen, ihr, der Beklagten, Zugriff auf E-Mails und betriebliche Daten zu verwehren. Bis dahin habe sie aufgrund der Weigerung des Klägers, das Passwort zu nennen und Akten weiterzuleiten, keinen Zugriff nehmen können. Dies sei angemahnt worden und dem Kläger die Situation daher bewusst; gleichwohl habe er das Programm gelöscht und das Notebook unbrauchbar gemacht. Es habe sich nicht mehr starten lassen. Auch hätte sich der Kläger bei dem Belassen der Daten keiner Urheberrechtsverletzung schuldig gemacht. Denn allein dadurch hätte er es ja weder gebraucht, kopiert, benutzt oder in sonstiger Weise genutzt. Er hätte das Programm weiter nutzen können, da er ja nach wie vor im Besitz der Lizenz gewesen sei. Das Problem wäre auf Seiten der Beklagten aufgetreten. Diese hätte bei Gebrauch des Programms für eine ordnungsgemäße Lizenz, die übrigens auch nachträglich von Microsoft zu erwerben sei, sorgen müssen und auch können.

Im Übrigen mit der Berufung verfolgte Ansprüche stünden dem Kläger nicht zu. Auch insoweit verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil.

Die Beklagte hat ihrerseits gegen das ihr am 06.10.2005 zugestellte Urteil am 20.10.2005 Berufung eingelegt und diese am 06.12.2005 begründet.

Ihr geht es um die Abweisung der Klage in dem Umfang, in dem ihr in dem Teilurteil entsprochen ist. Die Beklagte hält weiter sämtliche Kündigungen für rechtswirksam und in Sonderheit auch die Kündigung nach dem Schreiben vom 04.12.2003 als außerordentliche Kündigung für gerechtfertigt.

Im Übrigen macht sie Erfüllung hinsichtlich der ausgeurteilten Ansprüche auf Erteilung von Buchauszug bzw. Auskunft geltend und verweist nach dem gerichtlichen Hinweis in der Berufungsverhandlung auf insoweit fehlende nähere Ausführungen und auf fehlenden Beweisantritt darauf, dass sowohl Arbeitsgericht Zwickau wie Sächsisches Landesarbeitsgericht im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens Erfüllung erkannt hätten.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Teilurteils des Arbeitsgerichts Zwickau vom 11.05.2005 - 9 (4) Ca 830/04 - die Klage in dem dort zu ihren Lasten ausgeurteilten Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt

die Zurückweisung der Berufung der Beklagten.

Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil insoweit, als es seinen Anträgen entsprochen hat.

Die von der Beklagten behauptete Erfüllung stellt er in Abrede.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens beider Parteien sowie der von ihnen geäußerten Rechtsansichten wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung des Klägers ist zulässig.

Unzweifelhaft ist dies allerdings nicht mit den auf die Erteilung von Buchauszügen gerichteten Berufungsanträgen. Hier stellt sich die Frage, ob der Kläger durch das erstinstanzliche Urteil insoweit überhaupt beschwert ist. Denn nach den Hauptanträgen zu 4. und zu 6. war es um die Erteilung von Auskunft gegangen, womit das Arbeitsgericht den Kläger nicht abgewiesen hat. Und auf die jeweiligen Hilfsanträge ausgeurteilt worden ist die Erteilung von Buchauszügen, wie dies nunmehr erneut begehrt wird.

Allerdings sind die Anträge auslegungsfähig. Denn der Kläger begehrt bei einer Zusammenschau seiner erstinstanzlichen und zweitinstanzlichen Anträge weiter die Erteilung von Buchauszügen, allerdings hinsichtlich aller "direkten und indirekten" "Geschäfte" mit weiteren Maßgaben, womit er insoweit in der Tat abgewiesen wurde und mithin auch beschwert ist.

Allerdings ist die Berufung des Klägers unbegründet. Denn die im Berufungsverfahren zu beurteilenden Klageanträge sind zwar zulässig, nicht hingegen sind sie begründet.

I.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die streitgegenständliche ordentliche Kündigung nach dem Schreiben vom 04.12.2003 rechtswirksam ist. Sie ist durch Gründe bedingt, die im Rechtssinne im Verhalten des Klägers liegen (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG).

Der Kläger war weder genötigt, das Outlook-Programm von dem Notebook zu entfernen noch war er im Verhältnis der Beklagten dazu berechtigt. Eine Nutzung des Notebooks und der darauf befindlichen und für die Beklagte relevanten Dateien war auch nach der Auffassung des Klägers nicht ohne weiteres möglich, sondern nur für den Fall des Aufspielens eines dafür geeigneten Programms. Darauf musste sich die Beklagte ebenso wenig verweisen lassen wie auf die theoretische Möglichkeit, auf andere Weise als über das zurückzugebende Notebook an die Daten zu gelangen.

Das Notebook stand im Eigentum der Beklagten. Das Aufspielen eines Programms durch den Kläger auf diesen Rechner stellt einen Verarbeitungsvorgang i. S. der Regelung des § 950 BGB dar (vgl. OLG Karlsruhe vom 06.10.1986 - 6 U 160/86 - CR 1987, 19), was seitens der Beklagten aufgrund ihrer Arbeitgeberstellung dem Kläger gegenüber als "Herstellerin" i. S. des § 950 Abs. 1 Satz 1 BGB zum gesetzlichen Eigentumserwerb geführt hat. Auf ihr entsprechendes Herausgabeverlangen als Eigentümerin hatte der Kläger das Notebook samt Programm herauszugeben (§ 985 BGB). Einwendungen als Besitzer hatte der Kläger nach § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB demgegenüber nicht. Denn als Arbeitnehmer der Beklagten war er lediglich deren Besitzdiener (§ 955 BGB), und es stand ihm mangels verbotener Eigenmacht (§ 858 BGB) der Beklagten ihm gegenüber kein Selbsthilferecht nach § 860 BGB zu.

Demgegenüber kommt es nicht auf die strafrechtliche Wertung des Inhalts an, ob sich der Kläger der Datenveränderung oder der Computersabotage nach Maßgabe der §§ 303 a, 303 b StGB schuldig gemacht hat. Unerheblich ist auch, dass die Beklagte durch das Aufspielen eines handelsüblichen Programms durch den Kläger auf ihr Notebook nicht nach Maßgabe des § 69 b Abs. 1 Urheberrechtsgesetz zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt worden ist.

Unabhängig von dem Vorstehenden und selbständig tragend hatte die Beklagte gegen den Kläger hinsichtlich des Notebooks einschließlich des Outlook-Programms einen Herausgabeanspruch auch aufgrund der Regelung in § 667 BGB, nach welcher Vorschrift ein Arbeitnehmer im Ergebnis verpflichtet ist, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die ihm überlassenen Arbeitsmittel (z. B. Werkzeuge, Geschäftsunterlagen, Schriftstücke und Zeichnungen, Computer, Arbeitskleidung, Werksausweis, Schlüssel, dienstlich genutzte Pkw, Arbeitsergebnisse, Kundenkarteien) herauszugeben (vgl. ErfK/Preis § 611 BGB Rdnr. 916).

Wiederum unabhängig von dem Vorstehenden - mithin unabhängig von einer sich auch auf das Outlook-Programm erstreckenden sachenrechtlichen oder schuldrechtlichen Herausgabeverpflichtung - wird die Kündigung jedenfalls auch deshalb getragen, weil der Kläger seine aus dem Arbeitsverhältnis obliegenden Rücksichtnahmepflichten verletzt hat.

In Rechtsprechung und Schrifttum ist allgemein und seit jeher anerkannt, dass den Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrages auch ohne ausdrückliche Vereinbarung eine Reihe von Nebenpflichten, insbesondere Obhuts-, Rücksichts- und Informationspflichten treffen, die unter dem Begriff der Treuepflicht zusammengefasst werden. Rechtsgrundlage und Grenzen dieser Treuepflicht waren umstritten. Während früher die Auffassung vorherrschte, die Treuepflicht ergebe sich aus dem sog. Wesen des Arbeitsverhältnisses als einem personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis, werden heute die unter dem Begriff "Treuepflicht" zusammengefassten Nebenpflichten zunehmend aus allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen, insbesondere dem alle Schuldverhältnisse beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgeleitet (vgl. zusammenfassend BGH vom 23.02.1989 - IX ZR 236/86 - AP Nr. 9 zu § 611 BGB Treuepflicht).

Dem entspricht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die sich jetzt ausdrücklich aus § 241 Abs. 2 BGB n. F. ergebende vertragliche Rücksichtnahmepflicht. Nach ihr ist der Arbeitnehmer verpflichtet, auf die geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und sie in zumutbarem Umfang zu wahren. In Sonderheit muss er den Eintritt von Schäden des Arbeitgebers verhindern (vgl. m. z. N. aus jüngerer Zeit etwa BAG vom 03.07.2003 - 2 AZR 235/02 - BAGE 107, 36).

Damit steht das Verhalten des Klägers unter keinem denkbaren Gesichtspunkt im Einklang. Vielmehr hat er ohne Rücksicht auf die Interessen der Beklagten das Outlook-Programm von dem Rechner entfernt in der Meinung, die Beklagte werde die relevanten Daten schon lesen oder sich anderweitig beschaffen können. Im Einklang steht derartiges Verhalten in Sonderheit nicht mit dem gleichzeitigen Fortführen eines Kündigungsschutzprozesses gegen vorhergehende Arbeitgeberkündigungen der Beklagten. Denn das Verhalten des Klägers lässt eher den Schluss zu, als beabsichtige er eine Abkehr von der Beklagten und habe seinerseits auch kein weiteres Interesse an gemeinsamer erfolgreicher Zusammenarbeit.

Gerechtfertigt ist das Verhalten des Klägers auch nicht deshalb, nur weil die Beklagte ihm zuvor andere Kündigungen erklärt hat, gegen die er vorgegangen ist und die auf die Berufung der Beklagten auch weiter im Streit sind. Zwar könnte der Kläger argumentieren, über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei noch nicht rechtskräftig erkannt, weswegen er auch nichts zurückzugeben habe. Dabei würde aber verkannt, dass die Beklagte zum einen das Notebook, das dem Kläger ersichtlich nicht zum privaten Gebrauch überlassen wurde, jederzeit von ihm zurückverlangen konnte, mithin auch unabhängig von der Frage des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses. Zum anderen würde die Argumentation verkennen, dass zentraler Kündigungsvorwurf der Umstand ist, dass es dem Kläger ersichtlich gleichgültig war, ob und wie die Beklagte an die für sie wichtigen Daten gelangen würde.

Auch der Hinweis darauf, dass der Kläger Lizenznehmer hinsichtlich des Programms sei, rechtfertigt sein Verhalten nicht. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die Benutzung des Programms durch sie nicht Problem des Klägers sei. Zu Recht weist die Beklagte auch darauf hin, dass der Erwerb einer Lizenz durch sie möglich gewesen wäre. Letztlich ist auch nicht verständlich, warum der Kläger der Beklagten nicht wenigstens angeboten hat, entweder die Lizenz zu erwerben oder nach Nutzung des Programms dieses zu löschen und dies ihm zu bestätigen.

Einen Nachteil dadurch hätte er nicht erlitten. Weder hätte er selbst das Programm unberechtigt benutzt noch hätte er es verloren. Denn nach seinem eigenen Vorbringen hält er die Disketten, von denen das Programm herrührt, in Händen.

II.

Weitergehende als die vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Ansprüche auf Erteilung von Buchauszügen bzw. auf Abrechnung hat der Kläger gegen die Beklagte aus den zutreffenden Erwägungen in dem angefochtenen Urteil, denen die Berufungskammer folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG), nicht. § 4 Abs. 1 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien gewährt dem Kläger eine Tantieme, die 1 % des durch ihn "generierten und vermittelten" Jahres-"Umsatzes" (im Übrigen: nach der Handelsbilanz) beträgt. Damit deckt sich das weitergehende Klageziel auch im Berufungsverfahren nicht.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Klage ist mit den durch das Teilurteil ausgeurteilten Anträgen ihrerseits zulässig und begründet.

I.

Sämtliche streitgegenständlichen Kündigungen mit Ausnahme derjenigen mit Schreiben vom 04.12.2003 auch ordentlich erklärten Kündigung sind aus den zutreffenden Erwägungen in dem angefochtenen Urteil, denen die Berufungskammer ebenfalls folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG), rechtsunwirksam.

Der Kläger hatte aufgrund der durch ärztliche Bescheinigung nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit keine Arbeitsverpflichtung gegenüber der Beklagten. Auch hatte er nach vorhergegangener außerordentlicher fristloser Kündigung keine weitergehenden entgeltfortzahlungsrechtlichen Nachweispflichten.

Zutreffend geht das Urteil auch davon aus, dass die Kündigung nach dem Schreiben vom 04.12.2003 als außerordentliche (fristlose) Kündigung rechtsunwirksam ist. In dem angefochtenen Urteil wird aus zutreffenden Erwägungen nicht nur auf den Umstand der angebotenen Prozessbeschäftigung hingewiesen, sondern auch darauf, dass der Streit der Parteien durch vorhergehende Kündigungen, die aus der Sicht eines außen stehenden besonnenen Betrachters ersichtlich unwirksam waren, eskaliert ist und der pauschale Vorwurf im Rahmen der Kündigung vom 04.12.2003, wonach der Kläger sämtliche Daten auf dem übergebenen Notebook, insbesondere auch die Daten über Angebote, Ansprechpartner, Adressen und Kontaktdaten in den ... vor der Übergabe gelöscht habe, so nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung auch nicht zutrifft. "Heruntergenommen" von dem Notebook war das Outlook-Programm.

II.

Hinsichtlich der bestrittenen Erteilung von Buchauszügen bzw. Abrechnungen bzw. Auskunftserteilung fehlt es wenigstens an prozessordnungsgemäßem Beweisantritt für die Erfüllung. Der Hinweis auf ein Vollstreckungsverfahren und die Rechtsansicht anderer Spruchkörper im Rahmen jenes Verfahrens stellt keinen Ersatz für den Nachweis der Erteilung der ausgeurteilten Buchauszüge bzw. der Abrechnungen oder der Auskunft dar.

Der Erfüllungseinwand erscheint auch nicht schlüssig, nachdem sich der Urteilstenor ganz präzise verhält zu "generierten oder vermittelten" "Umsätzen", und zwar geordnet nach Auftragsdatum, Warenart, Warenmenge, Warenwert, Rechnungsdatum, Rechnungsbetrag, Kundenname mit genauer Anschrift, Stadium der Ausführung, Annullierung und Retouren sowie die Gründe hierfür.

Der Anspruch auf Auskunft, ob der Break Even aus ordentlichem Geschäft erreicht worden ist, besteht im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten unabhängig davon, ob und wann das Arbeitsverhältnis sein Ende gefunden hat. Gegebenenfalls ist eine Negativauskunft zu erteilen.

C.

Die Kostenverteilung im Berufungsverfahren orientiert sich am Maß des Obsiegens bzw. Unterliegens beider Parteien gemessen am Gesamtstreitwert (§§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Der Streitwert beträgt nach dem angefochtenen Urteil 54.589,91 €. Hiervon entfällt auf die gegen die Kündigungen gerichteten Klageanträge gemäß § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG ein Vierteljahresbezug des Klägers (150.000,00 €/Jahr : 12 x 3, mithin 37.500,00 €). Der auf 54.589,91 € fehlende Betrag macht etwa 18.000,00 € für die übrigen Ansprüche aus.

Hinsichtlich der Kündigungsschutzanträge überwiegt das Unterliegen des Klägers, weil die ordentliche Kündigung sich als wirksam erweist. Deshalb lautet die Verteilung der Kostenlast 3/4 zu Lasten des Klägers und 1/4 zu Lasten der Beklagten.

Entsprechend ist die Verteilung der Kosten hinsichtlich der verbleibenden Anträge. Auch hier überwiegt das Unterliegen des Klägers, dem es mit den Berufungsanträgen zu 2. a und zu 2. b nicht nur um die von ihm generierten oder vermittelten Umsätze, sondern um alle direkten und indirekten weltweit durch die Beklagte zustande gekommenen Geschäfte geht.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz des Klägers vom 06.02.2006 gestellte Antrag, die Kostenquote in dem Berufungsurteil zu berichtigen, wird zurückgewiesen. Es handelt sich bei der Kostenquote nicht um eine "offenbare" Unrichtigkeit, die in dem Urteil vorgekommen wäre. Ein derartiger Fehler ergibt sich schon nicht unmittelbar aus der Entscheidung. Auch ist die Kostenquote nicht unrichtig, sondern aus den vorstehenden Gründen zutreffend und im Übrigen auch so gewollt.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil es an Gründen hierfür fehlt. Kein Rechtsmittel gegeben ist auch gegen die den Berichtigungsantrag zurückweisende Entscheidung.

Ende der Entscheidung

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