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Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 07.05.2004
Aktenzeichen: 2 Sa 878/03
Rechtsgebiete: KSchG, BGB


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 2 Satz 4
KSchG § 15 Abs. 3
BGB § 626
BGB § 162 Abs. 1
BGB § 162 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

Az.: 2 Sa 878/03

Verkündet am 07.05.2004

In dem Rechtsstreit

...

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 07.05.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 25.07.2003 - 5 Ca 2069/03 - wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschäftigung aufgrund Ziffer 2 des angefochtenen Urteils lediglich bis 30.06.2004 zu erfolgen hat.

Revisionszulassung: keine.

Die Parteien streiten auch im Berufungsverfahren weiter darüber, ob das sie verbindende Arbeitsverhältnis aufgrund Arbeitgeberkündigung der Beklagten mit Datum vom 27. März 2003, der Klägerin zugegangen am 26. März 2003, mit Ablauf des 30. September 2003 sein Ende gefunden hat. Diese Kündigung ist ausweislich des Kündigungsschreibens "außerordentlich betriebsbedingt unter Einhaltung einer Auslauffrist zum 30.09.2003" erfolgt.

Unverändert streiten die Parteien im Berufungsverfahren auch weiter darüber, ob das sie verbindende Arbeitsverhältnis aufgrund weiterer Arbeitgeberkündigung vom 28. April 2003, der Klägerin zugegangen am 29. April 2003, mit Ablauf des 31. Dezember 2003 sein Ende gefunden hat. Auch diese Kündigung ist ausweislich des Kündigungsschreibens "außerordentlich betriebsbedingt unter Einhaltung einer Auslauffrist zum 31.12.2003" erklärt.

Der gegen beide Kündigungen gerichteten Klage hat das von der Klägerin angegangene Arbeitsgericht Chemnitz entsprochen. Antragsgemäß hat das Arbeitsgericht die Beklagte weiter verurteilt, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Musikschullehrerin ("auf dem gleichen Arbeitsplatz") weiterzubeschäftigen.

Von der erneuten Darstellung des Tatbestandes kann hier abgesehen und stattdessen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen werden (§ 69 Abs. 2 und 3 ArbGG). Ergänzend festzuhalten ist lediglich, dass die Beklagte der Klägerin eine weitere Kündigung zum 30. Juni 2004 erklärt hat, die nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits ist.

In der Berufungsverhandlung hat die Beklagte darum gebeten, die Kündigungen sowohl als außerordentliche als auch als ordentliche Kündigungen zu prüfen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen unbegründet. Denn die mit sämtlichen Anträgen ihrerseits zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet. Beide streitgegenständlichen Kündigungen sind rechtsunwirksam. Deshalb konnte die Klägerin aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 25. Juli 2003 zunächst auch ihre Prozessbeschäftigung verlangen. Dieser Anspruch ist aber mittlerweile dadurch entfallen, dass die Beklagte der Klägerin eine weitere Kündigung zum 30. Juni 2004 erklärt hat. Die Wirksamkeit dieser Kündigung entzieht sich der Beurteilung durch die Berufungskammer. Jedenfalls gibt es keine Anhaltspunkte, welche diese Folgekündigung als offensichtlich unwirksam erscheinen lassen. Deshalb muss im Tenor dieses Urteils die dort ersichtliche zeitliche Beschränkung des Beschäftigungsanspruchs vorgenommen werden.

1. Beide Kündigungen sind ausdrücklich als außerordentliche Kündigungen erklärt worden und als solche unwirksam. Der Ausspruch außerordentlicher Kündigungen macht keinen rechtserheblichen Sinn jedenfalls dann, wenn - wie hier - seitens der Beklagten ausdrücklich in Abrede gestellt wird, dass die Klägerin nicht "ordnungsgemäß" Wahlbewerberin oder ihre Wahlbewerbung "rechtsmissbräuchlich" gewesen sei.

Denn dann hätte die Klägerin entweder die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 KSchG zum Zeitpunkt beider Kündigungen nicht erfüllt oder könnte sich jedenfalls nicht auf den besonderen Schutz des § 15 Abs. 3 KSchG für Wahlbewerber berufen.

Damit kam es auf den Ausspruch außerordentlicher Kündigungen nicht an, ob fristlos oder - wie hier - mit Auslauffrist versehen. Ordentliche Kündigungen hätten ausgereicht. Solche sind aber nicht erklärt.

2. Auch eine Überprüfung der Kündigungen so, als handele es sich um ordentliche Kündigungen, führt nicht weiter. Die Beklagte hat vor Ausspruch beider Kündigungen den Personalrat lediglich zu beabsichtigten außerordentlichen Kündigungen angehört.

3. Es besteht auch kein Kündigungsgrund.

a) Inner- oder außerbetriebliche Umstände begründen ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG oder einen wichtigen Grund für eine Kündigung nach § 626 BGB (bzw. § 54 Abs. 1 BAT-O) - allerdings nur bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der letztgenannten Norm -, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirken.

In der Regel entsteht das betriebliche Erfordernis nicht unmittelbar und allein durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen (Produktionsrückgang und sofort), sondern aufgrund einer durch wirtschaftliche Entwicklungen oder - wie hier - fiskalische Überlegungen veranlassten Entscheidung des Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung). Im öffentlichen Dienst - ebenfalls wie hier - kann eine vergleichbare Entscheidung z. B. darin liegen, dass in einem Haushaltsplan eine Stelle gestrichen oder aus einem Personalbedarfsplan der Wegfall einer Stelle ersichtlich wird. Die Zweckmäßigkeit dieser Entscheidung ist von den Arbeitsgerichten nur begrenzt nachprüfbar, und zwar nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Zu dem Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers gehört auch die Befugnis, die Zahl der Arbeitskräfte zu bestimmen, mit denen eine Arbeitsaufgabe erledigt werden soll. Der Arbeitgeber kann grundsätzlich sowohl das Arbeitsvolumen (Menge der zu erledigenden Arbeit) als auch das diesem zugeordnete Arbeitskraftvolumen (Arbeitnehmerstunden) und damit auch das Verhältnis dieser beiden Größen zueinander festlegen (vgl. BAG vom 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126).

Dagegen obliegt es den Arbeitsgerichten nachzuprüfen, ob eine unternehmerische Entscheidung überhaupt getroffen wurde und ob sie sich betrieblich dahingehend auswirkt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen ist. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein. Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist. Das ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidung sich auf eine nach sachlichen Merkmalen genauer bestimmte Stelle bezieht. Der allgemeine Beschluss, Personalkosten zu senken, erfüllt diese Anforderungen nicht (BAG vom 22. Mai 2003, a. a. O.).

b) Diese Voraussetzungen liegen hier bei beiden Kündigungen nicht vollständig vor.

(1) Richtig ist, dass unter dem 15. Januar 2003 die Haushaltssatzung für das Jahr 2003 vom Stadtrat der Beklagten beschlossen wurde, deren Bestandteil der Stellenplan ist.

Richtig ist weiter, dass im Teil F des Stellenplans kw-Vermerke enthalten sind.

Richtig ist, dass im Bereich der städtischen Musikschule alle Stellen der Musikschulpädagogen und Fachbereichsleiter einen Vermerk tragen, wonach die Stelle im Haushaltsjahr 2003 wegfalle.

Richtig ist, dass davon auch die Stelle der Klägerin betroffen ist.

Richtig ist weiter, dass Grundlage für die Entscheidung die Gegenüberstellung der Personalkosten angestellter Musikschulpädagogen gegenüber freien Mitarbeitern und der damit erzielbare Rationalisierungseffekt war.

Richtig ist schließlich, dass weitere Grundlagen für die Entscheidung das Gutachten der ... und das auf Grundlage deren Empfehlungen erarbeitete und am 11. Dezember 2002 beschlossene Haushaltssicherungskonzept II der Beklagten waren.

Grundlage für die Kündigungen waren damit hier im vorstehenden Sinne eine durch fiskalische Überlegungen veranlasste Entscheidung der Beklagten, kw- Vermerke anzubringen.

(2) Allerdings ist der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin nicht entfallen.

Bereits mit dem an die Klägerin gerichteten Schreiben der Beklagten vom 10. März 2003 hat letztere die Absicht bekundet, der Klägerin in nahtloser Anknüpfung eine Weiterbeschäftigung als Honorarkraft zu ermöglichen und Honorarverträge (Honorarvertrag betr. Unterricht und Honorarvertrag Ensemble- und Ergänzungsfächer) dem Schreiben beigefügt. Damit tragen beide Kündigungen den Charakter von - wenn auch nicht im arbeitsrechtlichen Sinne - Änderungskündigungen. Deren Anlass ist aber nicht wirklich das fehlende Beschäftigungsbedürfnis, sondern ein Phänomen, das gelegentlich "Flucht aus dem Arbeitsrecht" oder "neue Selbständigkeit" genannt wird (vgl. Bauschke, RdA 1994, 209; von Einem, BB 1994, 60; Gitter, SgB 1996, 263; Steinmeyer, ZSR 1996, 348 ff.; Wank, DB 1992, 90; ders. ZSR 1996, 387 ff.).

Derartiges ist nicht schrankenlos zulässig. Das Bundesarbeitsgericht unterzieht in neuerer Rechtsprechung vergleichbare Entscheidungen, in denen die eigentliche Organisationsentscheidung derart nahe an den Kündigungsentschluss rückt wie hier, sogar einer sogenannten Missbrauchskontrolle (BAG vom 26. November 2002 - 2 AZR 636/01 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 124).

So weit muss man hier allerdings nicht gehen. Denn schon früher hat das Bundesarbeitsgericht selbst nicht jedwede Organisationsentscheidung des öffentlichen Arbeitgebers hingenommen.

Im Urteil vom 21. September 2000 (2 AZR 240/99, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 106) hat das Gericht zwar beispielsweise die Organisationsentscheidung eines öffentlichen Arbeitgebers akzeptiert, eine Angestelltenstelle, auf der hoheitliche Aufgaben erledigt wurden, in eine Beamtenstelle umzuwandeln und mit einem Beamten zu besetzen und erkannt, dass dies ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung des bisherigen Stelleninhabers darstellen könne, wenn dieser die Voraussetzungen für eine Übernahme in ein Beamtenverhältnis nicht erfülle. Erfülle der bisherige Stelleninhaber jedoch das Anforderungsprofil der neu geschaffenen Beamtenstelle, bestehe kein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung des bisherigen Stelleninhabers. Der öffentliche Arbeitgeber könne sich nach dem in § 162 Abs. 1 und 2 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken nicht darauf berufen, dass er die Stelle mit einem - möglicherweise aus seiner Sicht geeigneteren - externen Bewerber besetzt habe (vgl. BAG vom 21. September 2000, a. a. O.).

In eine ähnliche Richtung geht die Organisationsentscheidung der Beklagten: Die Klägerin war für die bislang im Angestelltenverhältnis verrichtete Tätigkeit nicht ungeeignet. Sie ist es auch nicht Honorarkraft, wie sich in dem Ansinnen des Abschlusses eines Honorarvertrages dokumentiert. Vielmehr soll sich die Klägerin als Honorarkraft auf der von ihr bislang als Angestellte gehaltenen Stelle gewissermaßen selbst ersetzen.

Der Sache nach zielt der Kündigungskomplex im Ergebnis lediglich auf eine die Rechtsform wechselnde Veränderung der vertraglichen Beziehung der Parteien, und zwar von einem Arbeitsverhältnis eben hin zu einem freien Dienstverhältnis. Auch Derartiges hat das Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit nicht stets gebilligt. So hat das Gericht in dem Urteil vom 26. September 1996 (2 AZR 200/96 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 86) dem Entschluss, die formale Arbeitgeberstellung aufzugeben, keine die Kündigung bedingende Unternehmerentscheidung beigemessen, wenn der Unternehmer gegenüber den Beschäftigten im Wesentlichen weiterhin selbst die für die Durchführung der Arbeit erforderlichen Weisungen erteilt.

Darauf, dass dies hier so ist, deutet hin, dass es in den Regelungen unter § 7 (Sonstiges) beider der Klägerin angesonnenen Honorarverträge heißt, dass die Teilnahme an Konferenzen, Prüfungen und Veranstaltungen aus organisatorischen und pädagogischen Gründen erwartet wird. In § 3 des Honorarvertrages betr. Unterricht heißt es zu Ort, Zeit, Umfang und Dauer des Unterrichts u. a., dass der Musikunterricht in der städtischen Musikschule der Beklagten (im Elementarbereich auch in Kindergärten und Schulen) stattfinde. Die in eben derselben Bestimmung nachgelassene freie Vereinbarkeit des Unterrichtstages sowie der genauen Zahl der zu erteilenden Unterrichtsstunden zwischen der Klägerin und der Schulleitung ist damit durch die Öffnungszeiten der Musikschule, die weiter von der Beklagten organisiert wird, vorgegeben. Privatunterricht ist nach § 6 beider angesonnenen Honorarverträge verboten, wie es ohne besondere Gestattung auch in einem Arbeitsverhältnis der Fall wäre.

Es trifft zwar zu, dass das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 09. Mai 1996 (2 AZR 438/95, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 85) die Umgestaltung der zugrunde liegenden Vertragsform für (dort) Vertriebsmitarbeiter von einem Arbeitsverhältnis in ein freies Mitarbeiterverhältnis als innerbetriebliche Umstrukturierungsmaßnahme als Kündigungsgrund anerkannt hat. Auch dort hat das Gericht allerdings die angesonnenen "Partnerverträge" darauf hin untersucht, ob sie nicht in Wahrheit ein Arbeitsverhältnis verschleiern.

Anders als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen, die in aller Regel Arbeitnehmer sind, können beispielsweise Musikschullehrer durchaus auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden. Hier ist die Verbindung der Schüler oder Kursteilnehmer zum Unterrichtsträger erheblich lockerer. Es besteht kein Schulzwang; die Schüler können sich leicht von der Schule lösen. Es gibt regelmäßig - anders als bei den allgemeinbildenden Schulen - auch keine förmlichen Abschlüsse. Die Kurse dienen nicht der Berufsvorbereitung. Der Unterricht ist meist weniger reglementiert, das Ausmaß der Kontrolle geringer. Schließlich fallen weniger Nebenarbeiten an. Die auch hier nötige Organisation und Koordination sowie die inhaltlichen Vorgaben lassen den Lehrkräften regelmäßig mehr Spielraum als in allgemeinbildenden Schulen. Musikschullehrer können daher im Grundsatz auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden. Arbeitnehmer sind sie entweder nur dann, wenn die Parteien dies vereinbart haben oder im Einzelfall festzustellende Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass der für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit gegeben ist (BAG vom 24. Juni 1992 - 5 AZR 384/91 -, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 46).

Hier ist allerdings festzustellen, dass derartige Umstände hinzutreten. Die den Vertragsentwürfen zugrunde gelegten Unterrichtsverpflichtungen entsprechen nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung dem Unterrichtsumfang, den die Klägerin bereits leistet. Eine freie Vereinbarung der Unterrichtszeiten ist daher nicht möglich. Auch die Anzahl der - in welcher Rechtsform jetzt auch immer - Beschäftigten von 65 Personen macht es unmöglich, dass die jeweiligen Mitarbeiter und Schüler die Unterrichtszeiten frei bestimmen können. Dies gilt auch vor dem bereits angesprochenen Hintergrund, dass die Beklagte aufgrund der Vertragsentwürfe den Ort, an dem der Musikunterricht stattfinden soll, einseitig bestimmt hat. Auch ist es so, dass nach § 7 beider Vertragsentwürfe ausgefallener Unterricht (bzw. ausgefallene Tätigkeiten) nach Rücksprache mit der Leiterin/dem Leiter der Musikschule noch während des laufenden Schuljahres nachgeholt werden sollen. Im Falle einer Verhinderung sind nach eben diesen Bestimmungen nicht nur die Schüler, sondern auch die Musikschule rechtzeitig zu benachrichtigen. Dabei handelt es sich um zeitliche bzw. organisatorische Bindungen, die üblicherweise einem Arbeitsverhältnis ihr Gepräge geben, in dem der Beschäftigte entsprechenden Bindungen hinsichtlich seiner Arbeitszeit und seiner Tätigkeit unterliegt. Etwaige Zweifel daran, dass die vorgeschlagenen Honorarverträge nicht in Wahrheit den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses verschleiern, gehen zu Lasten der Beklagten. Denn diese trägt nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Beweislast für diejenigen Tatsachen, welche die Kündigung bedingen, nicht ist es - wie bei einer sog. Statusklage auf Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft - Sache der Klägerin, diejenigen Tatsachen darzulegen und im Streitfall zu beweisen, aus denen sich ein Arbeitsverhältnis ergibt. Dies bedeutet im Ergebnis, dass die Beklagte diejenigen Tatsachen darzulegen und im Streitfall zu beweisen hat, die - nicht nur der Überschrift der Verträge nach - zweifelsfrei auf das Vorliegen von Honorarverträgen schließen lassen. Dafür streitet nur ihre Behauptung, dagegen jedenfalls die tatsächliche Durchführbarkeit (wobei die Handhabung textgleicher Verträge durch andere Musikschulen abweichen mag, deren Handhabung aber hier nicht zu beurteilen ist).

II.

Die Beklagte hat aufgrund der Regelung in § 97 ZPO die Kosten ihrer ohne Erfolg gebliebenen Berufung zu tragen. Die zeitliche Einschränkung des Beschäftigungsanspruchs wirkt sich kostenmäßig aufgrund der Regelung in § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht aus. Denn Beschäftigung war ohnehin nur für die Dauer des Prozesses verlangt, so dass lediglich eine "verhältnismäßig geringfügige Zuvielforderung" im Sinn deren Vorschrift vorlag; diese hat höhere Kosten nicht veranlasst, weil nach der Rechtsprechung der Kammer der Wert des Beschäftigungsanspruchs durch die Bewertung der eigentlichen Kündigungssache nach § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG a. F. abgedeckt ist.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil es an Zulassungsgründen fehlt. In Sonderheit hat es keine grundsätzliche Bedeutung. Zwar haben andere Träger von Musikschulen die Umwandlungen von Arbeitsverhältnissen in freie Mitarbeiterverhältnisse erfolgreich durchgesetzt. Nach der vorliegenden Entscheidung jedoch tragen die streitgegenständlichen Kündigungen schon deshalb nicht, weil sie als außerordentliche Kündigungen erklärt sind, obzwar Sonderkündigungsschutz für Wahlbewerber nicht bestehe. Dabei handelt es sich hier lediglich um eine Entscheidung, die Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung zu tragen hat.

Ende der Entscheidung

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