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Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 13.04.2005
Aktenzeichen: 3 Sa 488/04
Rechtsgebiete: SächsPersVG, ArbGG, BGB, KSchG


Vorschriften:

SächsPersVG § 73 Abs. 6
SächsPersVG § 76
SächsPersVG § 76 Abs. 2
SächsPersVG § 78 Abs. 1
SächsPersVG § 78 Abs. 3
ArbGG § 64
BGB § 626 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2
Das Mitwirkungsverfahren gem. §§ 78 Abs. 1, 76 SächsPersVG vor Ausspruch einer vorsorglichen ordentlichen Kündigung ist auch dann eingehalten, wenn der Arbeitgeber im Hinblick auf die in erster Linie beabsichtigte außerordentliche Kündigung den Personalrat bittet, spätestens innerhalb einer Frist von 3 Tagen Stellung zu nehmen und der Personalrat dem auch für die ordentliche Kündigung nachkommt.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

3 Sa 488/04

Verkündet am 13.04.2005

In dem Rechtsstreit

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 3 - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herren ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 18.02.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 30.04.2004 - 3 Ca 8707/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 30.04.2004 - 3 Ca 8707/03 - wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 3/4, die Beklagte zu 1/4.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen ihnen mit Schreiben der Kreissparkasse ... vom 10.11.2003.

Der ...1953 geborene verheiratete Kläger, zwei Unterhaltsverpflichtungen, war aufgrund Arbeitsvertrages vom 16.10.1990 (Bl. 158/159 d. A.) seit 15.10.1990 bei der Kreissparkasse ..., später Kreissparkasse ..., als Sparkassenangestellter tätig. Mit Arbeitsvertrag vom 01.07.1991 (Bl. 156/157 d. A.) vereinbarten die Parteien des Arbeitsvertrages die Anwendbarkeit des BAT für Ostdeutsche Sparkassen. Der Änderungsvertrag vom 12./14.08.2002 (Bl. 6 d. A.) weist für den Kläger die Vergütungsgruppe 7 aus. Bei einer 37,5-Stunden-Woche erzielte der Kläger zuletzt einen Monatsverdienst in Höhe von Euro 2.065,45 brutto. Der Kläger war als Haustechniker im Bereich Allgemeine Verwaltung der Hauptgeschäftsstelle in ... tätig (siehe Aufgabenbeschreibung Bl. 28/29 d. A.). Mit Schreiben vom 18.12.2002 (Bl. 31 d. A.) erhielt der Kläger eine Abmahnung, da festgestellt worden sei, dass die Rampenheizung zur Tiefgaragenzufahrt am ... in ... während des gesamten Abrechnungsjahres 2002 durchgängig gelaufen sei und hieraus Mehraufwendungen in Höhe bis zu 10.000,00 Euro entstanden seien. Mit weiteren drei Abmahnungen vom 21.01.2003 (Bl. 32 bis 34 d. A.) rügte die Kreissparkasse ...

a) der Kläger habe am 13.01.2003 ohne erkennbare Gründe den gesamten Arbeitstag in der Geschäftsstelle ... verbracht,

b) der Kläger habe eine Anweisung, neue Fluchtwegschilder in der Hauptgeschäftsstelle anzubringen, nicht befolgt, sondern diese Schilder ohne Notwendigkeit und vorherige Abstimmung durch eine Drittfirma ausführen lassen,

c) der Kläger habe eine Anweisung, am 10.01.2003 die Koordination des Umzuges zu übernehmen, nicht befolgt.

Am 22.09.2003 besprach der Vorgesetzte des Klägers mit diesem Vorbereitungsaufgaben für den Möbeltransport am 26.09.2003; so hatte der Kläger Vorarbeiten zur Betriebkostenabrechnung (eine Aufstellung der Betriebskosten) zu erledigen. Diese Arbeit war am 22.09.2003 noch nicht erledigt. Dem Kläger wurde ein letzter Termin bis 15.10.2003 gesetzt. Bei Terminsschwierigkeiten sollte der Kläger zeitnah informieren. Im Falle der Nichterledigung der Arbeiten zum gesetzten Termin wurde dem Kläger die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Aussicht gestellt (siehe Niederschrift Bl. 35/36 d. A.). Am 16.10.2003 erklärte der Kläger, die Betriebskostenaufstellung sei erledigt. Am 30.10.2003 stellte sich bei einem Gespräch mit dem Bereichsleiter heraus, dass die Betriebskostenaufstellung für zwei Objekte nicht fertiggestellt worden war. Die Geschäftsleitung wurde hierüber am gleichen Tage informiert (Bl. 37 d. A.).

Mit Schreiben vom 03.11.2003 (Bl. 38/39 d. A.) hörte die Kreissparkasse ... den Personalrat zu einer außerordentlichen, hilfsweise fristgerechten Kündigung an (Bl. 38/39 d. A.). Am Ende dieses Schreiben heißt es: "Wir bitten, Ihre Stellungnahme oder eventuelle Bedenken gegen die beabsichtigte Maßnahme unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Frist von 03 Werktagen, schriftlich mitzuteilen." Mit Schreiben vom 06.11.2003 (Bl. 41/42 d. A.) widersprach der Personalrat sowohl einer außerordentlichen wie einer ordentlichen Kündigung.

Die Kreissparkasse ... kündigte sodann mit Schreiben vom 10.11.2003 (Bl. 5 d. A.) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.06.2004; das Schreiben ging dem Kläger am 10.11.2003 zu.

Gegen diese Kündigung richtet sich die am 28.11.2003 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage des Klägers. Dieser hat zunächst gerügt, der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Im Übrigen bestünde kein wichtiger Grund für eine Kündigung. Bis 16.10.2003 habe der Kläger drei Objekte bearbeitet. Für zwei Objekte hätten noch Eintragungen gefehlt. Es sei eine Rücksprache mit Herrn ... notwendig gewesen; dieser sei jedoch in der Zeit vom 20. bis 24.10.2003 arbeitsunfähig gewesen. Der Kläger sei zu Unrecht abgemahnt worden. Zur Abmahnung vom 18.12.2002: Der Kläger habe den Schalter zur Rampenheizung "optisch" überprüft und sei zu der Auffassung gelangt, dieser Schalter stünde auf Automatikbetrieb. Später habe sich beim Kläger eine Weitsichtigkeit aufgrund Diabetes herausgestellt. Die drei Abmahnungen vom 21.01.2003 seien inhaltlich nicht genügend bestimmt. Im Übrigen seien die Vorwürfe unzutreffend.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.11.2003 beendet wird,

2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Bauorganisator weiterzubeschäftigen.

Die damalige Beklagte, die Kreissparkasse ..., hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat entgegnet, der Personalrat sei, wie sich aus dem entsprechenden Anhörungsschreiben ergäbe, ordnungsgemäß gehört worden. Aus der Stellungnahme des Personalrats ergäbe sich auch, dass dieser die erforderlichen Unterlagen erhalten habe. Im Übrigen sei der Personalrat mündlich durch den Mitarbeiter ... informiert worden (siehe Aktennotiz vom 06.11.2003 über ein Gespräch am 05.11.2003, Bl. 40 d. A.). Der Kläger habe entgegen den Anweisungen die notwendigen Vorarbeiten für die Betriebskostenabrechnung nicht erledigt. Wahrheitswidrig habe er am 16.10.2003 mitgeteilt, die Arbeiten seien abgeschlossen. Das Vertrauensverhältnis sei erschüttert. Die Abmahnungen seien zu Recht erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 30.04.2004 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche, jedoch durch die ordentliche Kündigung mit Ablauf des 30.06.2004 beendet wurde. Es hat im Übrigen die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 3/4, der Beklagten zu 1/4 auferlegt sowie den Streitwert auf Euro 8.261,80 festgesetzt. Das Arbeitsgericht hat in den Entscheidungsgründen, auf welche im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 93 bis 98 d. A.), u. a. ausgeführt, die außerordentliche Kündigung sei unwirksam, zwar läge eine Vertragsverletzung vor, die auch den Vertrauensbereich berühre, denn der Kläger habe wahrheitswidrig mitgeteilt, tatsächlich nicht erledigte Arbeiten erledigt zu haben, der einmalige Verstoß reiche jedoch angesichts der Beschäftigungszeit und des Alters des Klägers nicht aus, die Einlassung zur Abmahnung vom 18.12.2002 sei unbeachtlich, die Abmahnungen vom 21.01.2003 seien nicht unkonkret gewesen. Jedoch sei die hilfsweise ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt. Das Verhalten des Klägers sei mehrfach beanstandet worden. Der Personalrat sei ordnungsgemäß gehört worden.

Gegen dieses dem Kläger am 03.06.2004, der Beklagten am 04.06.2004 zugestellte Urteil richten sich die Berufungen der Parteien, diejenige des Klägers eingegangen am 24.06.2004 und ausgeführt am 02.08.2004, diejenige der Beklagten eingegangen am 28.06.2004 und, nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 11.08.2004, ausgeführt am 10.08.2004.

Der Kläger bringt vor, er habe sich einer Vielzahl von Aufgaben gegenüber gesehen und hätte nicht allen gerecht werden können. Er habe zu dem Vorgesetzten nicht die Wahrheit gesagt, weil er eine Kündigung gefürchtet habe. Herrn ... habe er nicht erreicht. Die Abrechnung der Betriebskosten sei noch nicht unmittelbar dringlich gewesen. Auch sei die Einhaltung der Frist bis 15.10.2003 durch Räumarbeiten ab 25.09.2003, hier seien drei Möbellager in der Hauptgeschäftsstelle auszuräumen gewesen, erschwert gewesen. Der Kläger sei überlastet gewesen. Zu der Abmahnung vom 18.12.2002: Der Schalter der Rampenheizung böte drei Möglichkeiten der Einstellung (Bl. 66 d. A.). Der Kläger sei davon ausgegangen, der Schalter stünde auf "Null". Hinsichtlich der übrigen Abmahnungen hätte eine Arbeitsverweigerung nicht vorgelegen.

Ein Verfahren zur Mitwirkung des Personalrats bei der ordentlichen Kündigung habe nicht stattgefunden.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 30.04.2004 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 10.11.2003 beendet worden ist,

2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Bauorganisator/Haustechniker weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte wendet ein, Herr ... sei jederzeit vor dem 20.10.2003 erreichbar gewesen, der Kläger, der Herrn ... habe zuarbeiten sollen, habe sich jedoch nicht gemeldet. Eine Überlastung des Klägers habe nicht vorgelegen. Zur Abmahnung vom 21.01.2003 wegen Handwerkereinweisung ...: Der Kläger sei am 13.01.2003 ganztätig nicht erreichbar gewesen. Zur Abmahnung vom 21.01.2003 wegen Aufstellung von Fluchtwegschildern: Der Kläger sei nicht berechtigt gewesen, sich fremder Hilfe zu bedienen.

Im Rahmen ihrer Berufung bringt die Beklagte vor, dass - hinsichtlich der Abmahnung vom 18.12.2002 - der Kläger mehrfach Verdachtshinweise erhalten habe, die Rampenheizung laufe weiter. Er sei diesen Hinweisen nicht nachgegangen. Hinsichtlich der weiteren Abmahnungen sei der Kläger Weisungen nicht gefolgt. Die außerordentliche Kündigung sei wirksam, da der Kläger Vorgesetzte bewusst falsch informiert und den Erledigungstermin nach Abmahnung nicht eingehalten habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 30.04.2004 - 3 Ca 8707/03 - aufzuheben, soweit es die Beklagte beschwert, und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze bei den Akten Bezug genommen.

Mit Ablauf des 30.06.2004 fusionierte die Kreissparkasse ... mit der Stadt- und Kreissparkasse ... und firmiert nunmehr unter: Sparkasse ..., Anstalt des öffentlichen Rechts.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß § 64 ArbGG statthaften Berufungen sind auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Durch sie ist der gesamte Streitstoff aus erster Instanz auch in zweiter Instanz anhängig.

Es liegt auf Beklagtenseite eine (Gesamt-) Rechtsnachfolge auf die Sparkasse ... vor. Das Passivrubrum war entsprechend zu berichtigen.

II.

Die Berufungen sind unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung, jedoch durch die ordentliche Kündigung, hier mit Ablauf der Kündigungsfrist zum 30.06.2004, beendet worden ist.

1. Zur außerordentlichen Kündigung:

a) Zutreffend weist das Arbeitsgericht darauf hin, dass der Kläger mehrfach arbeitsvertragliche Pflichten verletzt hat, und dies auch nach mindestens einer wirksamen Abmahnung. Anlass der Kündigung war die Nichterledigung einer Anweisung, Zuarbeiten zu einer Betriebskostenabrechnung zu leisten, sowie insbesondere die unrichtige Mitteilung vom 16.10.2003 an einen Vorgesetzten, die Arbeiten erledigt zu haben. Die bewusst unrichtige Auskunft des Klägers zur Erledigung seiner Arbeitspflichten stellt eine massive Störung des zwischen den Parteien eines Arbeitsvertrages notwendigen Vertrauensverhältnisses dar. Der, im Übrigen unbeachtliche, Rechtfertigungsversuch des Klägers, er habe bei wahrheitsgemäßer Antwort eine Kündigung befürchtet, zeigt, dass sich der Kläger bewusst war, Arbeiten nicht erledigt und dadurch Arbeitspflichten verletzt zu haben. So ist auch seine Einlassung zu dem Vorwurf, Arbeiten nicht erledigt zu haben, Herr ... sei nicht erreichbar gewesen, nur vorgeschoben. Der Kläger hat es, auch auf Nachfrage, nicht vermocht, anzugeben, wann er denn versucht habe, Herrn ... zu erreichen, weshalb er der Beklagten keine Meldung von Fehlversuchen gegeben hat.

Die Abmahnung vom 18.12.2002 ist wirksam. Der dort gerügte Vorfall ist an sich unstreitig. Die Einlassung des Klägers hierzu ist nicht nachvollziehbar. Hätte der Kläger wegen Fehlsichtigkeit die Schalterstellung nicht (genau) erkennen können, hätte er selbstverständlich Meldung erstatten oder einen anderen Mitarbeiter hinzuziehen müssen. Dies gilt erst recht angesichts dessen, dass der Kläger mehrfach Hinweise erhalten hatte, die Rampenheizung laufe weiter. Schließlich ist auch von einer mündlichen Abmahnung vom 22.09.2003, angesprochen war hier die Nichterledigung der Zuarbeiten zur Betriebskostenabrechnung, auszugehen.

Die Schwere der Pflichtverletzungen des Klägers legt die Annahme eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB nahe. Hierzu muss jedoch nicht abschließend Stellung genommen werden. Denn auch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wäre es im Rahmen einer Interessenabwägung der Beklagten angesichts des langjährigen Arbeitsverhältnisses und des Alters des Klägers noch zumutbar, den Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen. Der Kläger, der 13 Jahre in den Diensten der Beklagten bzw. Rechtsvorgängern stand, hat inzwischen ein Lebensalter erreicht, in welchem es ihm besonders schwer fallen wird, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Eine außerordentliche Kündigung träfe ihn auch, auch angesichts seiner Unterhaltsverpflichtungen, besonders hart. Deshalb überwiegen vorliegend trotz der Schwere der Arbeitspflichtverletzungen des Klägers die Interessen des Klägers an einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist die gegenläufigen Interessen der Beklagten. Die Berufung der Beklagten war deshalb zurückzuweisen.

2. Auch die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wurde durch die ordentliche Kündigung wirksam zum 30.06.2004 beendet.

a) Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG. Der Kläger hat in schwerwiegender Weise wiederholt seine Arbeitspflichten verletzt, und dies auch nach wirksamer Abmahnung. Auf die Ausführungen unter Ziff. 1 wird verwiesen. Das Arbeitsverhältnis wurde durch die Vertragsverstöße des Klägers sowohl im Leistungsbereich wie im personalen Vertrauensbereich konkret beeinträchtigt. Die Vertragsverstöße stellen einen Umstand dar, der einen ruhig und verständig urteilenden Arbeitgeber zur Kündigung bestimmen kann. Angesichts der Schwere der vorgeworfenen Pflichtwidrigkeiten, die auch nach Abmahnungen andauerten, ist eine gedeihliche weitere Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten. Dies beeinflusst auch entscheidend die Interessenabwägung zu Lasten des Klägers.

b) Die ordentliche Kündigung ist auch nicht gemäß § 78 Abs. 3 SächsPersVG unwirksam.

Gemäß § 78 Abs. 1 SächsPersVG wirkt der Personalrat bei der ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber mit. Das Mitwirkungsverfahren ergibt sich aus § 76 SächsPersVG. Danach ist die beabsichtigte Kündigung vor der Durchführung rechtzeitig und eingehend mit dem Personalrat zu erörtern, welchem eine Frist von 10 Arbeitstagen zur Stellungnahme bleibt. Innerhalb dieser Frist kann der Personalrat Einwendungen gegen die beabsichtige Kündigung erheben. Das Mitwirkungsverfahren nach § 76 SächsPersVG wird durch eine Anhörung, beinhaltend ausreichende Informationen über den zu Kündigenden, den Kündigungstermin sowie die Kündigungsgründe, eingeleitet. Dies ist hier mit Schreiben vom 03.11.2003 geschehen. Ferner ist der Personalrat gebeten worden, seine Stellungnahme "oder eventuelle Bedenken gegen die beabsichtigte Maßnahme" schriftlich mitzuteilen. Allerdings bat die Beklagte den Personalrat darum, dies "unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Frist von drei Werktagen" vorzunehmen. Diese Bitte steht einer ordnungsgemäßen Einleitung des Mitwirkungsverfahrens nicht entgegen. Die Bitte wird verständlich aus § 73 Abs. 6 SächsPersVG (wenn der Arbeitgeber auch statt der dort ausreichenden drei Arbeitstage sich auf drei Werktage bezieht). Damit ist dem Personalrat jedoch nicht die Möglichkeit abgeschnitten, hinsichtlich der ordentlichen Kündigung die gesetzliche Frist des § 76 Abs. 2 SächsPersVG auszunutzen. Eines besonderen Hinweises hierauf bedarf es gegenüber dem Personalrat, der als über die Rechte aus dem SächsPersVG genügend geschult anzusehen ist, nicht. Der Arbeitgeber hat nicht zu erkennen gegeben, dem Personalrat stünde ausschließlich eine Frist von drei Werktagen zur Verfügung. Er hat lediglich eine "Bitte" geäußert.

Da der Personalrat vor Ablauf der Frist des § 76 Abs. 2 SächsPersVG abschließend auch zu der ordentlichen Kündigung Stellung genommen hat, nämlich mit Schreiben vom 06.11.2003, war, da der Personalrat auch keine weitere Erörterung (eine Erörterung hatte bereits am 05.11.2003 stattgefunden, siehe Aktennotiz Bl. 40 d. A.), das Mitwirkungsverfahren abgeschlossen. Die Beklagte konnte somit die Kündigung, wie geschehen, mit Schreiben vom 10.11.2003 aussprechen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

IV.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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