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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 23.12.2005
Aktenzeichen: 3 Ta 362/05
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG, KSchG


Vorschriften:

ZPO §§ 114 ff
ArbGG § 11 a
KSchG § 4
KSchG § 5
1. In einem PKH-Antrag mit Antrag auf Anwaltsbeiordnung ist, soweit die Gegenseite anwaltlich vertreten ist regelmäßig hilfsweise ein Antrag nach § 11 a ArbGG zu sehen.

2. Einer unter der aufschiebenden Bedingung des Erfolgs des PKH-Antrags eingelegten Kündigungsschutzklage kommt keine rückwirkende Kraft zu. In einem solchen Fall wäre auch für einen Antrag auf nachträgliche Zulassung gem. § 5 KSchG kein Raum.


Sächsisches Landesarbeitsgericht BESCHLUSS

Chemnitz, 23.12.2005

3 Ta 362/05

In dem Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren

hat die 3. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden ohne mündliche Verhandlung am 23.12.2005 beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Zwickau vom 25.11.2005 - 7 Ha 13/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

1. Der Antragsteller stand gemäß Arbeitsvertrag vom 08.08.2005 in einem Arbeitsverhältnis zur Antragsgegnerin, welche Arbeitnehmerüberlassung betreibt, ab 09.08.2005 als Bauwerker.

Mit Schreiben vom 18.08.2005, dem Antragsteller am selben Tage zugegangen, kündigte die Antragsgegnerin das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, ersatzweise ordentlich zum 25.08.2005.

Mit am 24.08.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz, welchem eine ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 22.08.2005 und weitere Unterlagen hierzu beilagen, hat der Antragssteller Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung zur Durchführung der im Entwurf beigefügten, nicht unterschriebenen, Kündigungsschutzklage beantragt.

Mit am 02.09.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsteller sodann den Arbeitsvertrag sowie das Kündigungsschreiben vorgelegt.

Das Arbeitsgericht hat sodann der Antragsgegnerin eine Frist zur Stellungnahme bis zum 12.09.2005, auf Antrag verlängert bis 14.09.2005, gesetzt.

2. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 25.11.2005 den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg böte und offensichtlich mutwillig im Sinne der §§ 114 Satz 1 ZPO, 11 a Abs. 2 ArbGG sei.

3. Gegen diesen dem Antragsteller am 29.11.2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 12.12.2005 beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 15.12.2005 der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

4. Die Beschwerde ist gemäß den §§ 78 ArbGG, 567 Abs. 1, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

5. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

a) Gemäß § 114 ZPO erhält eine Partei, sofern sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht liegt vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält; es muss somit aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird. Hierbei hat das Gericht grundsätzlich nach seinem letzten Erkenntnisstand über die Prozesskostenhilfe zu entscheiden. Anders kann es sein, wenn das Gericht die Bewilligungsentscheidung durch nachlässige oder fehlerhafte Bearbeitung verzögert (vgl Zöller-Philippi, ZPO, 25. Auflage, § 119 Rz. 45, 46 m. w. N.).

Darüber hinaus ermöglicht es § 11 a Abs. 1 ArbGG, einer Partei, die nach den Grundsätzen des § 114 ZPO außerstande ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen, einen Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Gegenpartei durch einen Rechtsanwalt vertreten ist und die Rechtsverfolgung nicht "offensichtlich mutwillig" ist. Es handelt sich hierbei um einen gegenüber § 114 ZPO erweiterten Maßstab. Wurde der Antrag nach § 11 a ArbGG nicht ausdrücklich gestellt, so kann er in einem Prozesskostenhilfeantrag als hilfsweise gestellt gesehen werden.

b) Vorliegend fehlt es an den objektiven Bewilligungsvoraussetzungen, auch an den erweiterten Voraussetzungen des § 11 a Abs. 2 ArbGG. Denn der Antragsteller hat die hier notwendig zu beachtende Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG (siehe § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG) nicht eingehalten. Denn der Antragsteller hat lediglich Kündigungsschutzklage für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe angekündigt. Hiermit wäre selbst dann, wenn der beigefügte Klageentwurf unterschrieben gewesen wäre, höchstens Klage unter einer aufschiebenden Bedingung erhoben worden. Einer solchen Klage käme jedoch keine rückwirkende Kraft zu (vgl. LAG Köln vom 11.03.1996 - 10 Ta 22/96 - in LAGE Nr. 34 zu § 4 KSchG; LAG Nürnberg vom 23.10.2003 - 7 Ta 174/03 - in LAGE Nr. 1 zu § 114 ZPO 2002; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 9. Auflage, Rz. 1840 a).

Auf die Frage, ob eine etwaige Bedingung der Klageerhebung dann fristwahrend eingelegt wäre, wenn Vorsorge für den rechtzeitigen Eintritt der angestrebten Bedingung getroffen wäre, kommt es hier nicht an. In Anbetracht dessen, dass der Antragsteller erst am 02.09.2005 notwendige Unterlagen eingereicht hat und zudem die Gegenseite zu dem Antrag gehört werden musste, war mit einer Entscheidung innerhalb der am 08.09.2005 ablaufenden dreiwöchigen Frist nicht mehr rechnen. Zudem hätte der Antragsteller, da der Klageentwurf nicht unterzeichnet war, nach Entscheidung über die Prozesskostenhilfe erst noch Klage erheben müssen.

c) Die Erfolgsaussicht der Kündigungsschutzklage folgt auch nicht aus der Überlegung, der Antragsteller könnte nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe nachträglich die Klagezulassung gemäß § 5 KSchG beantragen.

Denn für eine solche nachträgliche Zulassung ist kein Raum. Die Frist wäre nämlich nicht unverschuldet versäumt. Die Mittellosigkeit einer Partei stellt keinen Hinderungsgrund für die Klageerhebung dar. Der Kläger in einem Kündigungsschutzverfahren kann die Kündigungsschutzklage völlig kostenfrei mit Hilfe der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts ohne Gebührenvorschuss erheben. Will er sich sodann der Hilfe eines Rechtsanwalts bedienen, kann er nach Klageerhebung den Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen und die Entscheidung hierüber abwarten. Wird der Antrag abgelehnt, so entstünde im Falle der Klagerücknahme vor streitiger Verhandlung keine Gebühr. Das dem Antragsteller gemäß § 85 Abs. 2 ZPO anzurechnende Verschulden seines Prozessbevollmächtigten läge darin, dass dieser dem Antragsteller nicht zur persönlichen Klageerhebung geraten hat.

d) Auf die Aussichten der Kündigungsschutzklage, wäre denn die Klagefrist eingehalten oder einzuhalten, kommt es deshalb nicht an (die beabsichtigte Klage könnte wohl insoweit nicht als offensichtlich mutwillig angesehen werden).

6. Eine Kostenentscheidung hatte mangels Erstattungsfähigkeit der Kosten (§ 127 Abs. 4 ZPO) nicht zu ergehen (vgl. Zöller-Philippi, ZPO, 25. Auflage, § 127 Rz. 39). Es ist jedoch eine Gebühr zu erheben (KV GKG Nr. 8613).

7. Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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