Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 27.04.2009
Aktenzeichen: 4 Ta 53/09
Rechtsgebiete: ZPO, InsO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 99 Abs. 2
ZPO § 240
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 567 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 569 Abs. 2 Satz 1
InsO § 86
InsO § 86 Abs. 1
ArbGG § 46 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Sächsisches Landesarbeitsgericht BESCHLUSS

4 Ta 53/09

Chemnitz, 27.04.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung am 27.04.2009 beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Zwickau vom 05.01.2009 - 9 (4) Ca 1424/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

3. Der Streitwert wird auf 1.994,20 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Rahmen einer Feststellungsklage über die Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

Der Kläger war seit dem 03.07.2000 beim Schuldner - Herrn ... -, der die Fa. ... betrieben hat, als Fußbodenleger beschäftigt. Mit Schreiben vom 17.06.2002 kündigte der Schuldner mit dem Hinweis, er habe einen Insolvenzantrag gestellt, das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 04.07.2007 erhobenen Kündigungsschutzklage gewandt und das Fehlen eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung geltend gemacht.

Über das Vermögen des Schuldners wurde am 10.09.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte als Insolvenzverwalter eingesetzt. Daraufhin hat das Arbeitsgericht unter dem 12.09.2002 die Unterbrechung des Kündigungsschutzverfahrens gemäß § 240 ZPO festgestellt (Bl. 24/25 d. A.).

Nachdem der Kläger sein Feststellungsbegehren auf die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum 31.07.2002 begrenzt hat, hat er mit Schreiben vom 25.11.2002, dem Beklagten am 05.12.2002 zugestellt, die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens gegen den Beklagten beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, das Verfahren könne nach § 86 InsO aufgenommen werden. Die Frage der Auflösung oder des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses sei zur Beurteilung von Masseverbindlichkeiten vorgreiflich.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 17.06.2002 zum 17.06.2002 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.07.2002 fortbestanden hat.

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags ausgeführt, der Kläger sei zur Aufnahme des Verfahrens nicht berechtigt gewesen. Die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Passivprozesses nach § 86 Abs. 1 InsO lägen nicht vor.

Daraufhin hat das Arbeitsgericht die Aufnahme des Verfahrens als wirksam angesehen und nach dem Klageantrag des Klägers erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat dieses mit Urteil vom 18.10.2006 das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 11.11.2004 - 6 Sa 1054/03 - sowie das Urteil des Arbeitsgerichts Zwickau vom 09.07.2003 - 4 Ca 1992/02 - aufgehoben und das Verfahren an das Arbeitsgericht Zwickau zurückverwiesen und hierzu ausgeführt, dass eine Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens während des laufenden Insolvenzverfahrens gegen den Insolvenzverwalter mit dem vom Kläger gestellten Antrag unzulässig sei, so dass das streitgegenständliche Verfahren weiterhin als unterbrochen gelte.

Nachdem der Kläger den Antrag auf Wiederaufnahme des Rechtsstreits gegen den Insolvenzverwalter zurückgenommen und der Insolvenzverwalter die Auferlegung der Kosten der Berufungs- und Revisionsinstanz gegenüber dem Kläger beantragt hatte, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 05.01.2009, auf dessen Begründung im Einzelnen Bezug genommen wird (Bl. 263/264 d. A.), die Kosten der Berufungs- und Revisionsinstanz dem Kläger auferlegt.

Der hiergegen seitens des Klägers eingelegten Beschwerde vom 26.01.2009 hat das Arbeitsgericht nach Anhörung des Beklagten mit Beschluss vom 03.02.3009 nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt und die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 99 Abs. 2, 269 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 Satz 1, 569 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg; sie ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat vorliegend zu Recht die Kosten der Berufungs- und Revisionsinstanz gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG dem Kläger auferlegt.

Im vorliegenden Fall ist eine Teilkostenentscheidung - wie hier geschehen - angezeigt.

1. Zwar ist über die Kosten des Rechtsstreits grundsätzlich einheitlich zu entscheiden. Als Ausnahme ist der hier nicht gegebene Fall anerkannt, dass ein Streitgenosse aus dem Rechtsstreit ausscheidet und von der Gegenpartei die Erstattung seiner Kosten verlangen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 19.09.1990 - VIII ZR 172/90 -, BGHR ZPO § 515 Abs. 3 - Kostenentscheidung 1 m. w. N.). Offen geblieben ist bisher, ob ausnahmsweise eine Kostenentscheidung zugunsten der Gegenpartei vorab ergehen kann, wenn eine von mehreren Parteien aus dem Verfahren - etwa durch die Rücknahme ihres Rechtsmittels oder, wie hier, durch Rücknahme des Antrags auf Wiederaufnahme des Rechtsstreits gegen den Insolvenzverwalter - ausscheidet (vgl. BGH a. a. O.).

Dies ist zu bejahen, wenn ein schutzwürdiges Interesse der kostenberechtigten Partei besteht, etwa weil die Besorgnis begründet ist, bei einer Verzögerung des Kostenausspruchs werde diese Partei ihren Anspruch nicht mehr verwirklichen können (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 01.07.1993 - V ZR 235/92 -, LM ZPO § 67 Nr. 16 = BGHR ZPO § 515 Abs. 3 - Kostenentscheidung 2 m. w. N.). Die gegenteilige Ansicht wird dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht gerecht. Dieser allgemeine, in den Grundrechten wurzelnde Anspruch hat auch im Zivilprozess Geltung (vgl. Hesselberger, FS für K. H. Schwab, S. 349, 354 f. m. w. N.).

Der Grundsatz, dass über die Kosten nur einheitlich im Schlussurteil entschieden werden kann (vgl. Zöller/Herget, 27. Auflage, § 100 Rdnr. 2 m. w. N.), muss deshalb in solchen Fällen zurücktreten; hier können die Kosten der Berufungs- und Revisionsinstanz dem Kläger aufgrund des Ausscheidens des Beklagten in beiden Instanzen auferlegt werden (vgl. Zöller/Herget a. a. O., § 269 Rdnr. 19 a m. w. N.).

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Über das Vermögen des Schuldners ist am 10.09.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Damit ist das Kündigungsschutzverfahren gemäß § 240 ZPO insoweit unterbrochen. Die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens gegen den Insolvenzverwalter ist auch durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.10.2006 unzulässig gewesen mit der Folge, dass das Verfahren weiterhin als unterbrochen gilt und durch die Rücknahme des Wiederaufnahmeantrags seitens des Klägers vom 19.09.2007 der Insolvenzverwalter - hier der Beklagte - vorliegend aus dem Rechtsstreit ausgeschieden ist.

Ob und wann der Rechtsstreit wieder aufgenommen wird, lässt sich nicht abschätzen. Deshalb besteht die Gefahr, dass der Beklagte bei einer längeren Verzögerung des Kostenausspruchs seinen Anspruch gar nicht mehr verwirklichen kann.

Nach alledem war daher die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende allein ergehen (§§ 91 a Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 568 Abs. 1 ZPO i. V. m. §§ 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).

Der Streitwert wurde gemäß §§ 61 Abs. 1, 12 Abs. 7 ArbGG, 42 Abs. 4 Satz 1 GKG festgesetzt. Dabei erachtete die Kammer einen Streitwert in Höhe von 1.994,20 € angemessen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück