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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 19.08.2004
Aktenzeichen: 6 Sa 777/03
Rechtsgebiete: KSchG, BGB, UmwG, GG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 613 a
BGB § 611
UmwG §§ 322 ff.
GG Art. 1
GG Art. 2
Bei unverändert weiterbestehendem Beschäftigungsbedarf ist eine Kündigung mit dem Ziel, den durch Arbeitsverhältnisse gewährleisteten Schutz, rechtsmißbräuchlich.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

6 Sa 777/03

Verkündet am 19.08.2004

In dem Rechtsstreit

...

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 6 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 19.08.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 08.07.2003 - 12 Ca 1742/03 - abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 27.03.2003 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Musikschullehrerin in der Musikschule ... weiterzubeschäftigen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer seitens der Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses sowie um "Prozessbeschäftigung".

Die 1954 geborene Klägerin ist bei der Beklagten als Musikschullehrerin mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 19 Stunden gegen eine Bruttomonatsvergütung von zuletzt 1.854,69 Euro beschäftigt. Die Klägerin ist verheiratet und 3 Personen unterhaltspflichtig.

Im III. Quartal 2002 ließ die Beklagte alle Bereiche ihrer Verwaltung durch die Unternehmensberatung ... überprüfen. Diese ermittelte für die seitens der Beklagten betriebene Musikschule einen Kostendeckungsgrad von lediglich 30 %, dessen Ursache die Unternehmensberatung in der Beschäftigung von seinerzeit 36 fest angestellten Lehrkräften (neben Honorarkräften) sah.

Auf der Grundlage der Empfehlungen des ...-Gutachtens erarbeitete die Beklagte ein "Haushaltssicherungskonzept", welches am 11.12.2002 Gegenstand der Beratungen des Stadtrats der Beklagten war. Die Stadtratsvorlage sah vor, eine Umstrukturierung der von der Beklagten betriebenen Musikschule dahingehend vorzunehmen, dass die bestehenden Arbeitsverhältnisse in freie Honorarbeschäftigungsverhältnisse umgewandelt wurden.

Der Stadtrat bestätigte das "Haushaltssicherungskonzept", beschloss jedoch in Abänderung desselben, die Verwaltung mit der Prüfung zu beauftragen, ob der Vorschlag, alle Musikpädagogen zu entlassen und den Unterricht mit Honorarkräften abzusichern, arbeitsrechtlich möglich und organisatorisch sinnvoll sei. Ziel der Untersuchungen solle es sein, die möglichen Personalkosteneinsparungen dieses Verfahrens im Zusammenwirken mit den Betroffenen zu sichern. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf Bl.46 d. A. zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 14.01.2003 (Bl. 47 d. A.) teilte die Beklagte der seinerzeit antragstellenden CDU-Fraktion mit, dass die Prüfung des Änderungsantrages zu dem Ergebnis geführt habe, die Entscheidung, sämtliche Musikschullehrer künftig als Honorarkräfte zu beschäftigen, sei arbeitsrechtlich und organisatorisch umsetzbar.

Am 15.01.2003 beschloss der Stadtrat der Beklagten die Haushaltssatzung für das Jahr 2003, dessen zum Haushaltsplan zugehöriger Stellenplan für sämtliche 31 noch vorhandenen Stellen der Musikschullehrkräfte einen auf den 01.01.2003 datierten "kw-Vermerk" vorsah (vgl. Bl. 48 d. A.). Unverändert wurde lediglich die Stelle des Leiters der Musikschule sowie der Verwaltungsangestellten und des Hausmeisters im Stellenplan 2003 ausgewiesen.

Der Haushaltsplan 2003 nebst Stellenplan 2003 wurde am 04.02.2003 durch das Regierungspräsidium ... genehmigt (Bl. 50 d. A.).

Mit Schreiben vom 10.03.2003 (Bl. 62 d. A.) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass wegen der Streichung aller Stellen für Lehrkräfte an der Musikschule der Beklagten beabsichtigt sei, Ende März 2003 betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Zugleich bot die Beklagte aufgrund der unterschiedlichen Unterrichtsfächer der Klägerin 2 Honorarverträge an. Ebenfalls beigefügt war diesem Schreiben das Angebot eines Aufhebungsvertrages, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 63 d. A. zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.

Der der Klägerin - und auch den weiteren bislang als Arbeitnehmern beschäftigten Musikschullehrern der Beklagten - angebotene "Honorarvertrag" lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 1 Vertragsgegenstand

Frau ... übernimmt an der städtischen Musikschule ... folgende Tätigkeiten:

Korrepetition (3 x 45 Min/Woche) - Kammermusik (1 x 45 Min./Woche) -

§ 2 Inhalt

Die o. g. Tätigkeit wird eigenverantwortlich nach den vom "Verband Deutscher Musikschulen e. V." herausgegebenen Lehrplänen erteilt.

Dabei ist das Leitbild der Städtischen Musikschule ... unter Wahrung der Interessen der Stadt ... zu berücksichtigen.

§ 3 Ort, Zeit, Umfang und Dauer der Tätigkeit

Die Tage sowie die Zeit der o. g. Tätigkeiten werden zwischen dem freien Mitarbeiter und der Leiterin/dem Leiter der Städtischen Musikschule ... vereinbart. Die maximale Stundenzahl von - siehe oben - ist jedoch bedarfsabhängig.

Die Zeiten werden zwischen dem freien Mitarbeiter und den ihm angebotenen Schülern abgestimmt.

Während der Schulferien sowie an den gesetzlichen Feiertagen findet kein Musikunterricht statt.

Abweichend von der grundsätzlichen Dauer einer Unterrichtsstunde in Höhe von 45 Minuten, kann auch eine Dauer von 30 oder 60 Minuten bestimmt werden.

§ 4 Vergütung

Das Honorar berechnet sich nach der tatsächlich geleisteten Tätigkeit und beträgt für Korrepetition je 45 Min. 17,00 Euro Für Kammermusik je 45 Min. 20,00 Euro.

Für den Fall einer kürzeren bzw. längeren Einheit verringert bzw. erhöht sich das Honorar aus Satz 1 entsprechend.

Die Abrechnung erfolgt monatlich zum 10. Werktag des Folgemonats. Die Auszahlung wird zum 15. des auf den Folgemonat folgenden Monats veranlasst (Vorvormonatsprinzip). Ausgefallene Einheiten werden nicht vergütet. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge führt der freie Mitarbeiter selbst ab.

§ 5 Vertragsdauer

Der freie Mitarbeiter nimmt seine Tätigkeit am 01.10.2003 auf. Das Vertragsverhältnis endet am 31.07.2004. Der Vertrag kann mit einer Frist von vier Wochen zum Ende des Kalendermonats gekündigt werden.

§ 6 Haftung

Bei Unfällen, Verlust sowie Beschädigungen von Sachen haftet die Stadt nicht. Schadensfälle, die sich im Rahmen der vereinbarten Tätigkeit ereignen, sind unverzüglich der Städtischen Musikschule ... zu melden.

Während der vertraglich vereinbarten Zeit hat die Lehrkraft die Aufsichtspflicht über die ihr zugeteilten Schülerinnen und Schüler wahrzunehmen. Die Abhaltung von Privatunterricht in den Räumen der Musikschule ist untersagt.

§ 7 Sonstiges

Im Falle einer Verhinderung hat der freie Mitarbeiter seine Schüler sowie die Städtische Musikschule ... rechtzeitig zu benachrichtigen.

Ausgefallene Tätigkeiten sollen nach Rücksprache mit der Leiterin/dem Leiter der Städtischen Musikschule ... während des laufenden Schuljahres nachgeholt werden.

Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, mindestens zwei Konzerte pro Schuljahr im Bereich seiner Ensembletätigkeit durchzuführen.

Die Teilnahme an Konferenzen, Prüfungen und Veranstaltungen wird aus organisatorischen und pädagogischen Gründen erwartet.

Die in Satz 3 genannten Tätigkeiten sind bei der Höhe des Honorars bereits berücksichtigt und abgegolten.

§ 8 Hausordnung

Für die Freien Mitarbeiter gilt die Haus- und Schlüsselordnung.

§ 9 Teilnichtigkeit, Nebenabreden, Vertragsänderungen, Ausfertigung

Sind einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam, so berührt dies nicht die übrigen Regelungen des Vertrages.

Die Vertragsparteien verpflichten sich in diesem Fall, eine neue Bestimmung zu schaffen, die inhaltlich der unwirksamen am nächsten kommt.

Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen des Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Die Vertragsparteien bekennen, eine schriftliche Ausfertigung dieses Vertrages erhalten zu haben.

..."

Unter dem 21.01.2004 erließ der Direktor der Städtischen Musikschule ... die Hausmitteilung 1/2004 betreffend der Schülereinteilung. Diese lautet auszugsweise wie folgt:

"Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

aus gegebenem Anlass weise ich bezüglich der Schülereinteilung auf folgende Punkte hin:

1. Die Schülereinteilung wird ausschließlich durch die Fachbereichsleiter vorgenommen und durch mich bestätigt. Vorher darf kein neuer Schüler unterrichtet werden.

2. Zusagen an Eltern bzw. Schüler ohne Zuteilung durch die FB-Leiter und die Bestätigung durch mich sind nicht zulässig.

3. Den hauptamtlichen Lehrkräften werden neue Schüler zugewiesen.

4. Den Honorarlehrkräften werden neue Schüler angeboten.

5. Schülereinteilungen sind generell nur zu Beginn eines neuen Schuljahres bzw. eines Schulhalbjahres möglich. Ausnahmen entstehen durch Kündigungsmöglichkeiten seitens der Eltern/Schüler bzw. der Musikschule laut Satzung.

..."

Die Zuweisung der Schüler erfolgt an die Honorarkräfte mittels eines mit "Schülerangebot" überschriebenen Formulars, welches inhaltlich dem für angestellte Musikschullehrer verwandten Formular "Schülerzuweisung" entspricht und Namen des Schülers, Unterrichtsform, Datum des Beginn des Unterrichts, Telefonnummer und konkrete Unterrichtszeit enthält. Wegen Einzelheiten wird insoweit auf Bl. 259 d. A. zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 03.03.2003 teilte die Beklagte ihrem Personalrat ihre Absicht mit, der Klägerin zu kündigen. Der Personalrat beschloss am 12.03.2003, die Kündigung abzulehnen und teilte dies der Beklagten unter dem 14.03.2003 mit. Die Beklagte beschloss daraufhin, die Kündigung gleichwohl auszusprechen nachdem die Klägerin zwischenzeitlich die ihr angebotene Honorartätigkeit abgelehnt hatte; dementsprechend informierte sie den Personalrat mit Schreiben vom 21.03.2003. Ergänzend wird in diesem Zusammenhang auf die Kopien der genannten Schreiben (Bl. 90 bis 94 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die angegriffene Kündigung sei sozial ungerechtfertigt.

Sie hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27.03.2003 nicht beendet worden ist.

2. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Musikschullehrerin weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin sei nach dem Beschluss des Stadtrates, sämtliche Stellen für Lehrkräfte an der städtischen Musikschule mit einem kw-Vermerk zum 01.01.2003 zu versehen, nicht mehr möglich. Eine Weiterbeschäftigung sei nur als Honorarkraft, d. h. als freie Mitarbeiterin, möglich.

Das Arbeitsgericht hat mit dem der Klägerin am 06.08.2003 zugestellten Urteil vom 08.07.2003 die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die am 05.09.2003 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.11.2003 am 05.11.2003 begründete Berufung.

Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, da die Beklagte weder das Konzept der angebotenen Musikschulleistung noch Form oder Inhalt der Tätigkeit der bei ihr beschäftigten Mitarbeiter tatsächlich verändert habe. Unstreitig habe sie zwischenzeitlich einen Fachbereichsleiter/Koordinator als Arbeitnehmer eingestellt, der organisatorisch und fachlich für die Einhaltung der Unterrichtsrichtlinie und der Musikschulsatzung zu sorgen habe und die für die Durchführung des Unterrichts erforderlichen Weisungen erteile. Dieser kläre als Verantwortlicher die Annahme von Anmeldungen, die Zuteilung der Schüler und die Einhaltung der Lehrpläne und konkretisiere den Unterrichtsinhalt. Er bestimme auch die Unterrichtsdauer und konkretisiere die zusätzlichen Aufgaben der "Honorarkräfte".

Die Klägerin weist darauf hin, dass die in der Musikschule bestehende Honorarordnung die Honorarhöhe und den Stundensatz vorgebe; die freien Mitarbeiter hätten keinerlei Verhandlungs- und Vereinbarungsspielraum. Aus der Hausmitteilung 1/2004 ergebe sich, dass die Schülereinteilung keineswegs frei vereinbart werden könne, sondern ausschließlich durch den Fachbereichsleiter erfolge und vom Direktor der Musikschule bestätigt werde. Trotz der Unterscheidung zwischen "der Zuweisung" und "dem Angebot" der Schüler bestehe real kein Unterschied zwischen hauptamtlichen Lehrkräften und Honorarlehrkräften; in dem zu verwendenden Vordruck für die Schülerzuweisung regele der Schulleiter und der Fachbereichsleiter alle Einzelheiten, vom Namen des Schülers bis hin zur Unterrichtszeit.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 08.07.2003 - 12 Ca 1742/03 - abzuändern und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27.03.2003 nicht beendet worden ist;

2. im Falle des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Musikschullehrerin in der Musikschule ... weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter erweiterter Darstellung ihrer Rechtsansichten.

Entscheidungsgründe:

Die bereits nach dem Beschwerdewert statthafte (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 Abs. 1 und 2, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.

Der Berufung ist auch in der Sache Erfolg beschieden. Die Kündigung der Beklagten vom 27.03.2003 ist gemäß §§ 1 Abs. 2 KSchG rechtsunwirksam, da sie sozial ungerechtfertigt ist. Daraus folgend ist die Beklagte verpflichtet, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens als Musikschullehrerin in der Musikschule ... weiterzubeschäftigen.

Da die Klägerin zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung länger als sechs Monate in dem Betrieb der Beklagten, für die in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten tätig sind, beschäftigt war, unterfällt das streitige Rechtsverhältnis den Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes (vgl. §§ 23 Abs. 1, 1 Abs. 1 KSchG). Nach den Bestimmungen des somit anzuwendenden § 1 Abs. 2 KSchG erweist sich die Kündigung der Beklagten als sozialwidrig und damit rechtsunwirksam. Die Entscheidung der Beklagten, die in ihrer Musikschule bestehenden Arbeitsverhältnisse in sogenannte "Honorarverhältnisse" umzuwandeln, stellt kein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG dar, den in der Musikschule ... beschäftigten Arbeitnehmern zu kündigen, um sie sodann nach Maßgabe der von ihr verwandten Honorarverträge weiterzubetreiben.

1. Gemäß § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung u. a. dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, die der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen. Betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung können sich aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidung bzw. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder durch außerbetriebliche Gründe (z. B. Auftragsmangel, Umsatzrückgang) ergeben. Die betrieblichen Erfordernisse müssen "dringend" sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein (vgl. BAG, Urteile vom 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71, - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61 und - 2 AZR 456/98 - BAGE 92, 79).

Entschließt sich der Arbeitgeber im Unternehmensbereich zu einer organisatorischen Maßnahme, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt, so ist die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit dieser Unternehmerentscheidung von den Arbeitsgerichten inhaltlich nicht zu überprüfen. Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, dem Arbeitgeber eine "bessere" oder "richtigere" Unternehmenspolitik vorzuschreiben und damit in die Kostenkalkulation des Arbeitgebers einzugreifen. Die Gestaltung eines Betriebes, die Frage ob und in welcher Weise sich jemand wirtschaftlich betätigen will, ist Bestandteil der grundrechtlich geschützten unternehmerischen Freiheit, wie sie sich aus Artikel 2 Abs. 1, Artikel 12 und Artikel 14 GG ableiten lässt (BAG, Urteil vom 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61 ff. m. w. N.). Zu der verfassungsrechtlich garantierten unternehmerischen Freiheit gehört grundsätzlich auch das Recht des Unternehmers, sein Unternehmen aufzugeben, selbst darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Subunternehmer vergeben werden sollen (BAG, Urteil vom 05. Februar 1998 - 2 AZR 225/97 - BAGE 88, 10; BAG, Urteil vom 12. November 1998 - 2 AZR 91/98 - BAGE 90, 182; BAG, Urteil vom 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61 ff.).

Die unternehmerische Freiheit gilt jedoch nicht schrankenlos. Die Berufsfreiheit des Artikels 12 Abs. 1 GG schützt nicht nur die unternehmerische Freiheit, sondern gewährt auch einen Mindestbestandschutz für den Arbeitnehmer. Zwar ist mit der durch Artikel 12 Abs. 1 GG geschützten Berufswahlfreiheit kein unmittelbarer Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund privater Disposition verbunden. Insofern obliegt dem Staat aber eine aus Artikel 12 Abs. 1 GG folgende Schutzpflicht, der sowohl der Gesetzgeber als auch die Gerichte Rechnung tragen müssen. Der verfassungsrechtlich gebotene Mindestbestandsschutz für ein Arbeitsverhältnis strahlt auf die Auslegung und Anwendung der Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes aus. Die Gerichte haben von Verfassungswegen zu prüfen, ob von der Anwendung der Gesetze im Einzelfall das Grundrecht des Artikels 12 Abs. 1 GG berührt wird. Trifft das zu, haben die Gerichte die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes im Lichte der Grundrechte auszulegen und anzuwenden (BVerfG, Beschluss vom 08. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 -, - 1 BvR 195/95 - und - 1 BvR 2189/95 - BVerfGE 96, 171 ff.; BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 1998 - 1 BvR 15/87 -, BVerfGE 97, 169; BVerfG, Beschluss vom 21. Februar 1995 -1 BvR 1397/93 -, BVerfGE 92, 140; BVerfG, Beschluss vom 19. März 1998 - 1 BVR 10/97 -, NZA 1998, 587 ff.; BAG, Urteil vom 21. Februar 2001 - 2 AZR 15/00 - BAGE 97, 92; BAG, Urteil vom 26. September 2002 - 2 AZR 336/01 -, AP Nr. 124 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

Das BAG - dessen vorstehend zitierter Rechtsprechung sich die Kammer ausdrücklich anschließt - hat deshalb bei der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes auf an sich "freie" Unternehmerentscheidungen stets eine eingeschränkte Prüfung des unternehmerischen Konzepts vorgenommen, da bei einer schrankenlosen Hinnahme jeglicher unternehmerischen Entscheidung als bindend für den Kündigungsschutzprozess der Kündigungsschutz der Arbeitnehmer teilweise leer laufen würde. Besteht etwa die Unternehmensentscheidung allein in dem Entschluss, einem oder mehreren Arbeitnehmern zu kündigen, so kann diese Entscheidung des Arbeitgebers, was schon aus dem Kündigungsschutzgesetz folgt, nicht "frei" sein. Je näher die eigentliche Organisationsentscheidungen einen Kündigungsentschluss heranrückt, um so stärkere Anforderungen werden etwa an die Darlegungslast des Arbeitgebers gestellt, der verdeutlichen muss, dass infolge der unternehmerischen Entscheidung ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfallen ist (vgl. BAG, Urteil vom 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 -, BAGE 92, 71). Außerdem findet eine Missbrauchskontrolle statt. Die unternehmerische Entscheidung ist stets daraufhin zu prüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. BAG, Urteil vom 30. April 1987 - 2 AZR 184/86 -, BAGE 55, 262). Diese Missbrauchskontrolle hat sich u. a. daran zu orientieren, dass durch die Wertung der Willkür und des Missbrauchs der verfassungsrechtlich geforderte Bestandsschutz nicht unangemessen zugedrängt wird. Neben Verstößen gegen gesetzliche und tarifliche Normen (BAG, Urteil vom 18. Dezember 1997 - 2 AZR 709/96 -, BAGE 87, 327) zählen hierzu vor allem Umgehungsfälle. Diese liegen insbesondere dann vor, wenn der Arbeitgeber missbräuchlich durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen seinem Betrieb in mehrere Teile aufspaltet, um Arbeitnehmern den allgemeinen Kündigungsschutz zu entziehen und ihn "frei" kündigen zu können (BAG, Urteil vom 12. November 1998 - 2 AZR 459/97 - AP Nr. 20 zu § 23 KSchG 1969; BAG, Urteil vom 23. April 1999 -2 AZR 352/98 -, AP Nr. 21 zu § 23 KSchG 1969).

Vor diesem Hintergrund geht das Bundesarbeitsgericht - und dem folgend auch die erkennende Kammer - davon aus, dass Stellenstreichungen in einem Haushaltsplan ebenso wie das Anbringen eines kw-Vermerks an einer Personalstelle im Haushaltsplan eine von den Gerichten grundsätzlich nicht nachprüfbare Entscheidung darstellt (BAG, Großer Senat, Beschluss vom 28. November 1956 - GS 3/56 -, BAGE 3, 245, 250 f.; BAG, Urteil vom 03. Mai 1978 - 4 AZR 698/76 - BAGE 30, 272, 276; BAG, Urteil vom 21. Januar 1993 - 2 AZR 330/92 - AP Nr. 1 zu § 52 mit Bestimmungsgesetz Schleswig-Holstein; BAG, Urteil vom 06. September 1978 - 4 AZR 84/77 -, AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969; BAG, Urteil vom 18. November 1999 -2 AZR 77/99 -, AP Nr. 55 zu § 2 KSchG 1969). Der im Haushaltsplan vorgesehene kw-Vermerk allein konkretisiert jedoch das Wegfallbedürfnis nicht auf bestimmte Stellen; vielmehr muss ein auf den konkreten Stellenbedarf zugeschnittenes Konzept hinzukommen (BAG, Urteil vom 18. November 1999 -2 AZR 77/99 -, AP Nr. 55 zu § 2 KSchG 1969).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen höchstrichterlicher Rechtsprechung mangelt es nach Auffassung der Kammer bereits an einem Konzept der Beklagten. Zwar hat dem Stadtrat in seiner Sitzung vom 11.12.2002 ein sogenanntes Haushaltskonsolidierungskonzept vorgelegen, welches die seitens der Beklagten nunmehr durchgeführten Maßnahmen im Einzelnen darlegte und beschrieb. Gerade hinsichtlich des hier im Streit stehenden Arbeitsplatzes hat jedoch der Stadtrat der Beklagten seinerzeit dieses Konzept nicht vorbehaltlos übernommen, sondern vielmehr in einem mehrheitlich beschlossenen Änderungsantrag der Beklagten u. a. aufgegeben, "... die möglichen Personalkosteneinsparungen dieses Verfahrens im Zusammenwirken mit den Betroffenen zu sichern" (vgl. Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 11.12.2002, Bl. 46 d. A). Die Kammer versteht diesen Beschluss so, dass damit das Haushaltssicherungskonzept der Beklagten nicht uneingeschränkt übernommen wurde, sondern die mit Beschluss vom 15.01.2003 vorgenommenen kw-Vermerke unter der Maßgabe standen, das Einsparziel in einvernehmlichen Zusammenwirken mit den betroffenen Arbeitnehmern zu erreichen. Das der Haushaltssatzung somit zugrunde liegende veränderte Konzept beinhaltet somit nicht den Ausspruch der hier streitgegenständlichen Kündigung. Diese stellt sich demzufolge nicht als von der Unternehmerentscheidung gedeckt dar.

3. Aber auch dann, wenn man diesem rechtlichen Ansatz nicht folgt, steht der Beklagten kein nach § 1 Abs. 2 KSchG beachtliches dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung der Klägerin zur Seite. Zwar ist die Unternehmerentscheidung, bestimmte Teilbereiche nicht mehr durch eigene Arbeitskräfte wahrnehmen zu lassen, sondern damit ein Drittunternehmen oder freie Mitarbeiter zu beauftragen, grundsätzlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Da § 1 Abs. 2 KSchG auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für den betroffenen Arbeitnehmer im Betrieb abstellt, ist es auch - von Ausnahmetatbeständen abgesehen - nicht möglich, die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers, Teilbereiche seines Betriebes stillzulegen, oder auf ein oder mehrere Unternehmer zu übertragen, dadurch zu ignorieren, dass bei enger Verflechtung der Unternehmen ohne das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes die Betriebe der den rechtlich selbständigen Unternehmen zusammengerechnet werden. Der verfassungsrechtlich gebotene Bestand wird in derartigen Fällen grundsätzlich durch die §§ 613 a BGB, 322 ff. UmwG bzw. die Rechtsprechung zum Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen gewährleistet (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.2002 - 2 AZR 636/01 -, AP Nr. 124 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

Ihr unternehmerisches Ziel, die Arbeit in ihrer Musikschule kostengünstiger zu gestalten, hätte die Beklagte demzufolge durch zahlreiche rechtlich zulässige Mittel verwirklichen zu können (Änderungskündigung, Teilbetriebsübergang). Die arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen hätten dafür gesorgt, dass eine solche Maßnahme bei unstreitig weiterbestehenden Beschäftigungsbedarf nicht ohne weiteres dazu geführt hätte, dass - wie es das Konzept der Beklagten war - alle bisher mit diesen Arbeiten beschäftigten Arbeitnehmer ihr Arbeitsverhältnis verloren und die Arbeiten ausnahmslos auf der Grundlage neu abzuschließender freier Honorarverträge verrichtet worden wären.

Demgegenüber stellt es sich als rechtsmissbräuchlich dar, wenn die Beklagte abweichend von den ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Instrumenten ein unternehmerisches Konzept zur Kostenreduzierung gewählt hat, das faktisch nicht zur Änderung in den betrieblichen Abläufen, jedoch bei allen Arbeitnehmern erklärtermaßen zum Verlust des Arbeitsverhältnisses führen sollte, obwohl nach wie vor ein - allenfalls möglicherweise reduzierter - Beschäftigungsbedarf bestand. Die Wahl dieser Organisationsform verfolgt in erster Linie den Zweck, den betroffenen Arbeitnehmern den ihnen durch ihre Arbeitsverhältnisse gewährleisteten rechtlichen Schutz zu nehmen, um deren Arbeit in Zukunft von schlechter bezahlten und rechtlich ungeschützten Honorarkräften verrichten zu lassen. Der verfassungsrechtlich gebotene kündigungsrechtliche Mindestschutz wäre nicht mehr gewährleistet, würde man es dem Arbeitgeber gestatten, Teilbereiche seines Musikschulbetriebes "stillzulegen", den betroffenen Arbeitnehmern ohne Kündigungsschutz zu kündigen, um dann dieselben Arbeiten an derselben Betriebsstätte durch finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in seinem Unternehmen eingegliederte "freie" Honorarkräfte weiter verrichten zu lassen (vgl. BAG, Urteil vom 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 -, AP Nr. 124 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

4. Mit dem Bundesarbeitsgericht (BAG, AP Nr. 79 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung) geht die Kammer ferner davon aus, dass dann, wenn "Honorarverträge" in Wirklichkeit Arbeitsverhältnisse verschleiern, es an einem dringlichen betrieblichen Erfordernis für eine Kündigung fehlt. Dies ist hier der Fall, da die der Klägerin angebotenen Honorarverträge rechtlich als Arbeitsverhältnisse zu qualifizieren sind.

Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich vom Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Bei der rechtlichen Einordnung eines Vertrages als Arbeitsvertrag oder freiem Mitarbeitervertrag kommt es nicht darauf an, wie die Parteien das Arbeitsverhältnis bezeichnen. Der Status des Beschäftigten richtet sich nicht nach den subjektiven Vorstellungen der Vertragspartner, sondern danach, wie die Vertragsbeziehungen nach ihrem objektiven Geschäftsinhalt einzuordnen ist. Der wirkliche Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Wird der Vertrag abweichend von den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen vollzogen, ist die tatsächliche Durchführung maßgebend. Die Bewertung einer Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis kann nicht durch Parteivereinbarung abbedungen und dem Geltungsbereich des Arbeitnehmerschutzes entzogen werden (BAG, Urteil vom 27.07.1994 - 5 AZR 624/93 -, AP Nr. 73 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG, Urteil vom 12.09.1996 - 5 AZR 1066/94 -, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Freier Mitarbeiter m. w. N.). Die Schutzfunktion des Arbeitsrechts erfordert seine Anwendung auf alle Sachverhalte, in denen der Mitarbeiter seine vertraglich geschuldete Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Ein freies Mitarbeiterverhältnis kann daher durch tatsächliche Erteilung von Weisungen und deren Befolgung zu einem Arbeitsverhältnis werden. Hieraus folgt aber nicht, dass die bloße Nichtausübung von Weisungsrechten das Vertragsverhältnis als freies Mitarbeiter- oder Dienstverhältnis qualifiziert (BAG, Urteil vom 12.09.1996 - 5 AZR 1066/94 - a. a. O.). Bei diesen Grundsätzen ist es prinzipiell möglich, dass Musikschullehrer als freie Mitarbeiter beschäftigt werden, und zwar selbst dann, wenn es sich bei ihrem Unterricht um aufeinander abgestimmte Kurse mit vorher festgelegten Programmen handelt (BAG, Urteil vom 26.11.1977 - 5 AZR 795/75 -, AP Nr. 12 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten; BAG, Urteil vom 12.09.1996 - 5 AZR 1066/94 - a. a. O. m. w. N.). Sie sind jedoch dann als Arbeitnehmer einzuordnen, wenn im Einzelfall festzustellende Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, das der für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit gegeben ist. Solche Umstände können das vom Schulträger beanspruchte Recht sein, die zeitliche Lage der Unterrichtsstunden einseitig zu bestimmen oder das Rechtsverhältnis durch einseitig erlassene Anweisungen zu regeln (BAG, Urteil vom 24.06.1992 - 5 AZR 384/91 -, AP Nr. 61 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG, Urteil vom 12.09.1996 - 5 AZR 1066/94 - a. a. O. m. w. N.). Die Anwendung dieser Grundsätze höchstrichterlicher Rechtsprechung auf den hier zugrunde liegenden Sachverhalt ergibt, dass das seitens der Beklagten angestrebte freie Honorarverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist. Zwar wird der Klägerin in § 1 des Honorarvertrages die Tätigkeit in einem bestimmten Umfang übertragen. In § 3 behält sich die Beklagte jedoch vor, einseitig bedarfsabhängig die maximale Stundenzahl zu reduzieren. Ebenfalls kann die Beklagte durch einseitige Anordnung die Dauer der Unterrichtsstunden in einem Zeitraum von 30 bis 60 Minuten bestimmen. Jeweils abhängig von diesen Anordnungen verändert sich gemäß § 4 das Honorar der Klägerin. Somit bedingt sich die Beklagte in dem von ihr vorgesehenen Honorarvertrag aus, einseitig Umfang und Dauer der Tätigkeit der Klägerin zu bestimmen. Bestätigt wird dies dadurch, dass die Beklagte in ihren entsprechenden Formularen auch Zeit und Ort des Unterrichts - faktisch ohne Einflussmöglichkeit der Klägerin - vorgibt. Insgesamt zeigen diese Vorgaben der Beklagten deutlich, dass diese das Recht für sich beansprucht, das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin einseitig durch Weisungen und Vorschriften auszugestalten. Die Einräumung eines solchen Rechts ist aber mit einem freien Mitarbeiterverhältnis regelmäßig nicht vereinbar (BAG, Urteil vom 24.06.1992 - 5 AZR 384/91 - a. a. O.; BAG, Urteil vom 12.09.1996 - 5 AZR 1066/94 - a. a. O.). Dies hat selbst dann zu gelten, wenn die Beklagte ihr Weisungsrecht nur zurückhaltend ausübt und beispielsweise bei der Aufstellung des Stundenplans die Einsatzwünsche der Klägerin soweit wie möglich berücksichtigt. Mit dem Bundesarbeitsgericht (vgl. Urteil vom 12.09.1996 - 5 AZR 1066/94 - a. a. O.) ist davon auszugehen, dass es durchaus nicht ungewöhnlich ist, dass der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Weisungsrechts - nicht zuletzt im eigenen Interesse - auf Wünsche seiner Arbeitnehmer eingeht. Dies gilt gerade für qualifizierte Tätigkeiten wie die von Lehrkräften. Die Rücksichtnahme auf Wünsche ändert aber nichts daran, dass die Beklagte letztlich die Unterrichtspläne einseitig vorgibt, ohne der Klägerin ein Recht auf Mitgestaltung einräumen zu wollen.

5. Der seitens der Klägerin gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 611, 242 BGB i. V. m. Art. 1, 2 GG (BAG, Großer Senat, Beschluss vom 27.02.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; BAG, Urteil vom 13.06.1985, AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).

Die Beklagte hat gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Ein Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht; die Kammer hat einen Einzelfall auf der Grundlage höchstrichterlicher Rechtsprechung entschieden. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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