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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.08.2009
Aktenzeichen: 1 A 187/08
Rechtsgebiete: VwVfG


Vorschriften:

VwVfG § 48
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 A 187/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Hochwassersonderprogramm Wohngebäude

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger

am 10. August 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 28. Februar 2008 - 11 K 1658/04 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 48.270,25 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat nicht gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - dargelegt, dass ein Zulassungsgrund vorliegt. Das Darlegungserfordernis verlangt, dass ein Antragsteller im Zulassungsverfahren zum einen zumindest einen Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO bezeichnet und zum anderen herausarbeitet, aus welchen Gründen die Voraussetzungen des bezeichneten Zulassungsgrundes erfüllt sind. Das Oberverwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung über die Zulassung der Berufung darauf beschränkt, das Vorliegen der von dem Antragsteller bezeichneten Zulassungsgründe anhand der von ihm vorgetragenen Gesichtspunkte zu prüfen.

Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Zunächst bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund dient der Gewährleistung der materiellen Richtigkeit der Entscheidung des jeweiligen Einzelfalls, mithin der Verwirklichung von Einzelfallgerechtigkeit. Er soll eine berufungsgerichtliche Nachprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts ermöglichen, wenn sich aus der Begründung des Zulassungsantrages ergibt, dass hierzu wegen des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses Veranlassung besteht. Ernstliche Zweifel sind deshalb anzunehmen, wenn tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage gestellt werden, dass der Ausgang eines Berufungsverfahrens als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.6.2000, DVBl. 2000, 1458).

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Beklagte habe mit dem Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 15.3.2004 den Zuwendungsbescheid vom 11.2.2003 zu Recht zurückgenommen. Der Zuwendungsbescheid vom 11.2.2003 sei rechtswidrig i. S. v. § 48 Abs. 1 VwVfG gewesen, da die Fördervoraussetzungen bei Bescheiderlass nicht erfüllt gewesen seien. Zuwendungsempfänger könne nach der VwV Aufbauhilfe Wohngebäude 2002 nur der Eigentümer des Gebäudes sein. Die ursprüngliche Eigentümerin, ............, habe aber bereits am 6.2.2003 durch den Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren ihr Eigentum am geförderten Objekt verloren. Mit dem Verlust des Eigentums am Grundstück habe der mit der VwV Aufbauhilfe Wohngebäude 2002 verfolgte Zuwendungszweck nicht mehr erreicht werden können. Auch die sonstigen Rücknahmevoraussetzungen des § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG lägen vor. Dem Kläger stehe ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Bescheides nicht zur Seite. Er habe den Bescheiderlass durch unrichtige Angaben zum laufenden Zwangsversteigerungsverfahren im Antragsformular erwirkt. Den Eigentumsverlust habe er trotz mit dem Antragsformular hierzu unterzeichneter Verpflichtung nicht angezeigt. Die Beklagte habe das ihr eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Die Rücknahme sei binnen eines Jahres ab Kenntnis der Rücknahmegründe erfolgt. Der vom Kläger über die Anfechtung des Bescheides vom 15.3.2004 hinaus geltend gemachte Anspruch auf die Gewährung einer weiteren Zuwendung stehe ihm ebenfalls nicht zur Seite. Auch die Voraussetzungen für eine weitere Förderung seien aus den genannten Gründen bereits bei Antragstellung am 16.5.2003 nicht mehr erfüllt gewesen.

Die innerhalb der durch § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO eröffneten Begründungsfrist vorgetragenen Einwendungen vermögen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht zu begründen. Der Kläger trägt vor, erklärtes Ziel der VwV Aufbauhilfe Wohngebäude 2002 sei die Förderung von Baumaßnahmen zur Beseitigung von Hochwasserschäden. Zuwendungsempfänger sei der Eigentümer der geschädigten Immobilie. Die VwV Aufbauhilfe enthalte keine Regelung, auf welchen Zeitpunkt bei der Feststellung der Eigentümereigenschaft abzustellen sei. Gemeint sei der Eigentümer zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses. Im August 2002 habe sich das Grundstück im Eigentum von ............ befunden. Hieran habe die später erfolgte Zwangsversteigerung nichts zu ändern vermocht. Er als Zwangsverwalter der Immobilie sei mithin antragsbefugt gewesen.

Aus dem in Ziffer I.2. der VwV Aufbauhilfe Wohngebäude 2002 beschriebenen Zuwendungszweck ergibt sich, dass Zuwendungsempfänger i. S. v. Ziffer III. der Verwaltungsvorschrift lediglich sein kann, wer (noch) im Zeitpunkt der Gewährung der Zuwendung Eigentümer des Gebäudes/der Wohnung ist. Nur diesem nämlich kann mittels der Zuwendung "...Hilfe bei der Beseitigung der Hochwasserschäden oder bei der Wiedererrichtung von zerstörten Wohngebäuden..." geleistet werden. Wer zum Zeitpunkt des Erlasses des Zuwendungsbescheides nicht (mehr) Eigentümer einer durch das Augusthochwasser 2002 geschädigten Immobilie ist, kann die Hochwasserschäden nicht (mehr) beseitigen bzw. zerstörte Wohngebäude nicht (mehr) wiedererrichten und ist folgerichtig auch nicht (mehr) zuwendungsbedürftig. Es kommt bei der Bestimmung des Kreises der Zuwendungsberechtigten nach der VwV Aufbauhilfe Wohngebäude 2002 nicht entscheidungserheblich darauf an, wie "...zahlreiche Zuwendungsvorschriften verschiedener Länder..." ausgestaltet und dort Zuwendungszweck und Zuwendungsempfänger jeweils definiert sind. Auch der Umstand, dass der Kläger als Zwangsverwalter über die Erteilung des Zuschlages im Zwangsversteigerungsverfahren und damit über den Eigentumswechsel hinaus weiter für die Abwicklung der laufenden Geschäfte verantwortlich bleibt, ändert nichts an der Tatsache, dass ............ mit dem 6.2.2003 das Eigentum an dem Grundstück verloren und ab diesem Zeitpunkt die Gewährung einer Zuwendung zum Zwecke der Hilfeleistung beim Wiederaufbau an sie ausgeschlossen war.

Der Einwand des Klägers, dass trotz der angeordneten Zwangsversteigerung der Zuwendungszweck - zumindest teilweise - habe erreicht werden können, vermag hieran nichts zu ändern. Auch wenn der Kläger bis zum Zuschlagsbeschluss im Zwangsversteigerungsverfahren bereits Leistungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden für etwa 14.800,- € in Auftrag gegeben hat und insoweit mit Mitteln aus dem zwangsverwalteten Vermögen der Schuldnerin in Vorleistung gegangen ist, so war diese doch zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses nicht mehr die Eigentümerin der hochwassergeschädigten Immobilie. Es ist nicht Zweck der VwV Aufbauhilfe Wohngebäude 2002, gleich einem Versicherer Ausgleich für erlittenen Hochwasserschaden zu leisten, sondern - wie bereits ausgeführt - unmittelbar betroffenen Eigentümern von Immobilien Hilfestellung für die Beseitigung von Hochwasserschäden zu geben.

Auch mit dem Argument, er habe sich die Gewährung der Zuwendung nicht erschlichen, sondern bereits im Januar 2003 einen Grundbuchauszug vorgelegt, der die am 26.9.2001 erfolgte Eintragung der Anordnung der Zwangsversteigerung belege, vermag der Kläger ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht zu begründen. Das Verwaltungsgericht hat bei der Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG selbstständig tragend auch darauf abgestellt, dass der Kläger unter Ziffer 5. des Antragsformulars ausdrücklich auf seine Verpflichtung hingewiesen worden ist, der SAB unverzüglich die Änderung oder den Wegfall aller für die Bewilligung oder Belassung der Subvention maßgeblichen Umstände anzuzeigen, dieser Verpflichtung aber nicht nachgekommen ist. Unstreitig hat der Kläger den am 6.2.2003 vollzogenen Eigentumswechsel der Beklagten nicht unverzüglich angezeigt.

Auf den Einwand des Klägers, er habe die Zuwendungen bereits verbraucht, kommt es nicht an, weil er sich auf ein Vertrauen in den Bestand des Zuwendungsbescheides vom 11.2.2003 nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG gerade nicht berufen kann.

Auch die Einwendungen des Klägers zur der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung der im Rahmen der Rücknahmeentscheidung auszuübenden Ermessens der Beklagten begründen keine ernsthaften Zweifel an dem verwaltungsgerichtlichen Urteil. Er beschränkt sich insoweit auf die pauschale - und von der Beklagten bestrittene - Behauptung, diese übe ihre Verwaltungspraxis diesbezüglich nicht einheitlich aus und beziehe in vergleichbaren Fällen den Erwerber einer hochwassergeschädigten Immobilie in den Bewilligungsbescheid ein, statt diesen zurückzunehmen.

Nach alledem kann der Kläger auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass ihm kein Anspruch auf die zusätzlich begehrte ergänzende Förderung zusteht, nicht ernsthaft in Zweifel stellen.

2. Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor. Diese läge vor, wenn eine grundsätzliche, höchstrichterlich oder vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht nicht beantwortete Frage aufgeworfen wird, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf (vgl. Beschl. des Senats v. 31.3.2004 - 1 B 255/04 - und 2.2.2006 - 1 B 968/04 -). Die Darlegung dieser Voraussetzungen erfordert wenigstens die Bezeichnung einer konkreten Frage, die sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, als auch für das Berufungsverfahren erheblich sein würde, und muss im Einzelnen aufzeigen, inwiefern das Verwaltungsgericht die Frage nach Auffassung des Antragstellers nicht zutreffend beantwortet hat.

Der Vortrag des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht. Er hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, wie zu verfahren sei, wenn zwischen Antragstellung und Bewilligung der Zuwendung das Grundstück zwangsversteigert wird, der Zwangsverwalter jedoch im Vertrauen auf die Förderung bereits notwendige Baumaßnahmen aus der Zwangsverwaltungsmasse finanziert habe. Diese Frage ist zum einen nicht grundsätzlicher Natur und zum anderen im berufungsgerichtlichen Verfahren nicht zu klären. Bei der Frage, ob der Kläger bei Bescheiderlass (noch) zum Kreis der nach Ziffer III. der VwV Aufbauhilfe Wohngebäude 2002 Zuwendungsberechtigten gehörte, kommt es nach den oben gemachten Ausführungen entscheidungserheblich nicht darauf an, auf welchem Wege ............ das Eigentum am hochwassergeschädigten Grundstück verloren hat. Soweit der Kläger vorträgt, dass über Fragen wie die, ob und wie lange der Zwangsverwalter auch nach Abwicklung des Zwangsvollstreckungsverfahrens für die Schuldnerin antragsberechtigt bleibe, inwieweit die Beklagte verpflichtet sei, den Ersteher in das Zuwendungsverfahren einzubeziehen und ob in diesem Zusammenhang eine Informationsobliegenheit der Beklagten bestehe, bislang nicht entschieden worden sei, fehlt es sowohl an der ausreichenden Formulierung einer Frage als auch an der Darstellung der grundsätzlichen Klärungsfähigkeit und auch -bedürftigkeit.

3. Schließlich liegt auch kein Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 1 Nr. 5 VwGO) vor. Der Kläger macht geltend, er sei von der gerichtlichen Entscheidung überrascht worden. Ihm sei vor der Entscheidung des Gerichts kein erneutes rechtliches Gehör gewährt worden, obwohl das Gericht mit seinem nunmehr angegriffenen Urteil von seiner nach mündlicher Verhandlung vom 25.10.2007 im Vergleich vom gleichen Tag zum Ausdruck gekommenen Auffassung zur Rechtslage abgewichen sei. In der Verhandlung habe die Kammer ihrer Überzeugung Ausdruck verliehen, dass zumindest die bis zum Zuschlagbeschluss durch den Zwangsverwalter unter Vertrag genommenen Bauleistungen einen Anspruch auf Förderung begründeten. Einer erneuten Verhandlung - auf die die Verfahrensbeteiligten ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 25.10.2007 für den Fall des Widerrufs des Vergleiches ausdrücklich verzichteten - bedurfte es jedoch zur Gewährung des erforderlichen rechtlichen Gehörs nicht. Nach § 108 Abs. 2 VwGO darf ein Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Das Gericht ist jedoch nicht verpflichtet, den Beteiligten im Rahmen der Gewährung des rechtlichen Gehörs auch bereits seine Beurteilung und Bewertung mitzuteilen oder auch nur die sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung dafür bietenden alternativen Möglichkeiten aufzuzeigen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, § 108 Rn. 4a). Die vom Verwaltungsgericht getroffene Entscheidung kam für den Kläger auch nicht überraschend. Das Gericht folgt mit ihr der Auffassung der Beklagten zur Sach- und Rechtslage, die ihren Niederschlag bereits in dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 15.3.2004 gefunden hat und die dem Kläger bekannt gewesen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes - GKG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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