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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.10.2009
Aktenzeichen: 1 A 727/08
Rechtsgebiete: BAföG, OAVO


Vorschriften:

BAföG § 5 Abs. 2
BAföG § 5 Abs. 4
OAVO § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 A 727/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Nichtgewährung von Leistungen nach dem BAföG

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann

am 26. Oktober 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 16. Oktober 2008 - 3 K 1013/07 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat nicht gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, dass ein Zulassungsgrund vorliegt. Das Darlegungserfordernis verlangt, dass ein Antragsteller im Zulassungsverfahren zum einen zumindest einen Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO bezeichnet und zum anderen herausarbeitet, aus welchen Gründen die Voraussetzungen des bezeichneten Zulassungsgrundes erfüllt sind. Das Oberverwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung über die Zulassung der Berufung darauf beschränkt, das Vorliegen der von dem Antragsteller bezeichneten Zulassungsgründe anhand der von ihm vorgetragenen Gesichtspunkte zu prüfen.

Die von der Klägerin dargelegten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrages auf Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen für den Zeitraum des Besuches der High School in den USA im Anschluss an die im Inland absolvierte Jahrgangsstufe 10 am Gymnasium gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 BAföG i. V. m. § 5 Abs. 4 Satz 2 BAföG nicht zu. Ausbildungsförderung werde danach nur für eine Auslandsausbildung geleistet, die der an einem im Inland gelegenen Gymnasien ab Klassenstufe 11 oder, soweit der Auszubildende die Hochschulzugangsberechtigung nach 12 Jahren erwerben kann, ab Klassenstufe 10 gleichwertig sei, insbesondere zumindest ein Teil auf die vorgeschriebene oder übliche Ausbildungszeit angerechnet werden könne. Letzteres sei hier nicht der Fall. Zwar beschäftige sich § 31 Schulordnung Gymnasium - SOGY nur mit den Anforderungen an eine Beurlaubung und nicht mit der Anrechnung von im Ausland erbrachten Leistungen. Jedoch folge aus § 2 Abs. 1 und 2 Oberstufen- und Abiturprüfungsverordnung - OAVO, dass die gymnasiale Oberstufe grundsätzlich die Jahrgangsstufen 11 und 12 umfasse, welche eine pädagogische und organisatorische Einheit bildeten.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Förderung ihrer Auslandsausbildung erfüllt seien. Ein Wechsel der Ausbildungsstätte sei auch in den Jahrgangsstufen 11 und 12 möglich. Das Landesrecht enthalte keine Vorschriften, die einer Anrechnung entgegenstünden.

Die Einwände der Klägerin führen zu keiner davon abweichenden Beurteilung.

Zunächst bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund dient der Gewährleistung der materiellen Richtigkeit der Entscheidung des jeweiligen Einzelfalls, mithin der Verwirklichung von Einzelfallgerechtigkeit. Er soll eine berufungsgerichtliche Nachprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts ermöglichen, wenn sich aus der Begründung des Zulassungsantrages ergibt, dass hierzu wegen des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses Veranlassung besteht. Ernstliche Zweifel sind deshalb anzunehmen, wenn tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage gestellt werden, dass der Ausgang eines Berufungsverfahrens als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.6.2000, DVBl. 2000, 1458). Da sich ernstliche Zweifel auf das Entscheidungsergebnis und nicht auf die dafür gegebene Begründung beziehen, scheidet eine Zulassung der Berufung aus, wenn sich die angefochtene Entscheidung aus anderen als den vom Verwaltungsgericht angeführten Gründen als richtig darstellt (SächsOVG, Beschl. v. 22.7.2002 - 5 B 103/02 - m. w. N; st. Rspr.).

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin kein Anspruch auf eine Neubescheidung ihres Antrages auf Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen für den Zeitraum des Besuches der High School in den USA im Anschluss an die im Inland absolvierte Jahrgangsstufe 10 am Gymnasium zusteht (§ 5 Abs. 2 Satz 1 BAföG i. V. m. § 5 abs. 4 BAföG). Ihre Ausbildung in den USA kann nämlich nicht auf die restliche Ausbildungszeit am Gymnasium angerechnet werden. Diese beträgt unverändert noch 2 Jahre (§ 2 Abs. 2 OAVO). Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BAföG wird Auszubildenden, die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, Ausbildungsförderung für den Besuch einer im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte geleistet, wenn er der Ausbildung nach dem Ausbildungsstand förderlich ist und zumindest ein Teil der Ausbildung auf die übliche oder vorgeschriebene Ausbildungszeit angerechnet werden kann und entsprechende Sprachkenntnisse vorhanden sind. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 BAföG gilt § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG nur für den Besuch der im Inland gelegenen Gymnasien ab Klasse 11 oder ab Klasse 10, soweit der Auszubildende die Hochschulzugangsberechtigung nach 12 Jahren erwerben kann.

Eine Anrechnung der Ausbildung konnte hier nicht erfolgen. Die Klägerin, die ihre Hochschulzugangsberechtigung nach 12 Jahren erwerben kann, hat ihre Auslandsausbildung nämlich nicht nach der Vollendung der Klassenstufe 9, sondern erst nach Vollendung der Klassenstufe 10 absolviert. Eine Anrechnung der Auslandsausbildung ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich, da die gymnasiale Oberstufe als Qualifikationsphase die Jahrgangsstufen 11 und 12 umfasst (§ 2 Abs. 1 OAVO) und weder eine Verkürzung dieser Qualifikationszeit noch die Anrechnung von nicht gymnasialen Ausbildungszeiten vorgesehen ist. Die Besuchsdauer der gymnasialen Oberstufe beträgt nach § 2 Abs. 2 Satz 1 OAVA nämlich 2 Jahre. Diese zweijährige Ausbildungszeit kann auch nicht durch eine teilweise Anrechnung einer Ausbildung an einer ausländischen High School erbracht werden. Denn nach § 2 Satz 2 SOGY bilden die Jahrgangsstufen 11 und 12 eine pädagogische und organisatorische Einheit. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 7 Abs. 2 SOGY. Danach ist zwar ein Wechsel der Schule auch in der Oberstufe nicht ausgeschlossen. Ein solcher Wechsel ist aber nur an ein anderes Gymnasium im Inland und nicht auch an eine nicht gymnasiale gleichwertige Ausbildungsstätte im Ausland möglich. Zum einen nennt § 7 Abs. 2 SOGY nach seinem Wortlaut nur den Wechsel an ein anderes Gymnasium und zum anderen sieht er einen Wechsel nur für den Fall vor, dass der Schüler die gemäß der OAVA zu belegenden Kurse aus der Jahrgangsstufe 11 nachweisen, einbringen und fortsetzen kann. Das bedeutet, dass auch dieser Nachweis nur durch eine Ausbildungszeit in der Jahrgangsstufe 11 an einem inländischen Gymnasium geführt werden kann. Aus § 22 OAVO folgt nichts anderes, da sich die Einbringung der besonderen Lernleistung auf solche Leistungen bezieht, die während der Gesamtqualifikation und Abiturprüfung an der gymnasialen Oberstufe erbracht werden (vgl. Überschrift zu Teil III OAVA und § 2 Abs. 1 OAVO).

Für einen Verstoß gegen Art. 3 GG ist nichts ersichtlich. Zwar können Auszubildende anderer Bundesländer oder bei Dehnung der Ausbildung Ausbildungsförderung für eine Auslandsausbildung in der Jahrgangsstufe 11 erhalten. Dies geschieht aber grundsätzlich in den Fällen, in den eine Hochschulzugangsberechtigung erst nach 13 Schuljahren erworben wird. Dementsprechend sieht § 5 Abs. 4 Satz 1 BAföG zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung in Fällen, in denen eine Hochschulzugangsberechtigung bereits nach 12 Jahren erworben wird, eine Förderung bereits für die Jahrgangsstufe 10 vor. Beim Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung nach 13 Jahren ist hingegen die Bewilligung von Ausbildungsförderung erst nach der Absolvierung der Jahrgangsstufe 11 möglich. Damit im Einklang steht auch § 31 Abs. 2 Satz 2 SOGY, wonach der Unterricht bei Beurlaubung nach der Klassenstufe 9 in der Jahrgangsstufe 11 fortgesetzt wird, wenn eine Schule mit vergleichbaren Lerninhalten im Ausland regelmäßig besucht wurde. Soweit die Klägerin durch landesrechtliche Vorschriften darauf festgelegt ist, den Auslandsaufenthalt zur Vermeidung der Klassenstufe 11 und aus förderrechtlichen Gründen in der Klassenstufe 10 zu absolvieren, kann darin kein Verstoß gegen Art. 3 GG erblickt werden. Denn Schüler, die ihre Hochschulzugangsberechtigung nach 13 Jahren erwerben, sind insoweit auf die Klassenstufe 11 festgelegt (vgl. in diesem Zusammenhang VG Ansbach, Urt. v. 18.12.2003 - AN 2 K 03.00380 -, zitiert nach juris).

Dass eine Förderung von Auslandsausbildungen, die bei Beachtung der schulrechtlichen Regelungen dazu führen würde, dass die Klassenstufe 11 oder 12 wiederholt werden müssen, nicht durch landesrechtliche Vorschriften ermöglicht wird, steht zudem in Übereinstimmung mit den Zielen des BAföG. Denn die Verlängerung der Ausbildungszeit steht dem Grundsatz einer sparsamen Verwendung der öffentlichen Fördermittel entgegen (vgl. in diesem Zusammenhang auch Begründung zum 22. BAföGÄndG, BT-Drs. 16/ 7214, S. 144/15 und Rothe/ Blanke, BAföG, Stand mai 2009, § 5 Rn. 11.2 und 14).

Auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nicht dargelegt. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt vor, wenn eine grundsätzliche, höchstrichterlich oder vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht nicht beantwortete Frage aufgeworfen wird, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf (vgl. Beschl. des Senats v. 31.3.2004 - 1 B 255/04 - und 2.2.2006 - 1 B 968/04 -). Die Darlegung dieser Voraussetzungen erfordert wenigstens die Bezeichnung einer konkreten Frage, die sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, als auch für das Berufungsverfahren erheblich sein würde, und muss im Einzelnen aufzeigen, inwiefern das Verwaltungsgericht die Frage nach Auffassung des Antragstellers nicht zutreffend beantwortet hat. Die Fragen, ob das Sächsische Schulrecht eine - auch nur teilweise Anrechnung - einer Auslandsausbildung nach der 10. Klassenstufe ausschließt oder danach eine solche möglich ist, sind nicht von grundsätzlicher Bedeutung, da sie sich nach den landesrechtlichen Vorschriften ohne weiteres beantworten lassen und deshalb zu ihrer Klärung nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfen. Wie bereits zuvor ausgeführt bilden die Jahrgangsstufen 11 und 12 eine organisatorische und pädagogische Einheit (§ 2 Abs. 2 Satz 2 SOGY). Dementsprechend umfasst die gymnasiale Oberstufe als Qualifikationsphase die Jahrgangsstufen 11 und 12 und endet mit der Abiturprüfung (§ 2 Abs. 1 OAVO). Das bedeutet, dass diese beiden Klassenstufen am Gymnasium im Inland absolviert werden müssen. Denn nach § 7 Abs. 2 SOGY können Schüler der Jahrgangsstufen 11 und 12 - wie oben ausgeführt - nur an ein anderes Gymnasium wechseln. Eine teilweise Anrechnung einer Ausbildung, die nicht an einem Gymnasium absolviert wurde ist damit nicht möglich, sondern ausgeschlossen.

Für einen Verstoß von § 5 Abs. 2 Nr. 1 BAföG gegen das Grundgesetz ist nichts ersichtlich, da er grundsätzlich eine Anrechnung von Auslandsaufenthalten ermöglicht, so dass nicht erkennbar ist, warum die insoweit formulierte Frage von grundsätzlicher Bedeutung sein soll.

Die Berufung ist zudem nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen. Soweit die Klägerin rügt, dass die Voraussetzungen für die Übertragung des Verfahrens auf die Berichterstatterin gemäß § 6 Abs. 1 VwGO nicht vorgelegen hätten und das Gericht den Übertragsbeschluss auch nicht weiter begründet habe, ergibt sich daraus kein Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters. Zum einen hat die Sache nicht die von der Klägerin vorgetragene grundsätzliche Bedeutung und zum anderen ist ein Gericht nur dann nicht vorschriftsmäßig besetzt, wenn willkürliche oder manipulative Erwägungen für die Fehlerhaftigkeit des als Mangel gerügten Vorganges bestimmend gewesen wären (VGH BW, Urt. v. 14.9.1993 - 14 S 1312/93 -). Dafür ist hier weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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