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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.09.2009
Aktenzeichen: 1 D 120/09
Rechtsgebiete: VwVfG


Vorschriften:

VwVfG § 49
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 D 120/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Widerrufs- und Erstattungsbescheids

hier: Beschwerde gegen die Nichtbewilligung von PKH

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann

am 15. September 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 3. Juli 2009 - 4 K 1553/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Antrags (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO) abgelehnt.

Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Vorgaben, dem Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, darf die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren soll den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht ersetzen, sondern zugänglich machen. Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürfen deshalb nicht überspannt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006 - 2 BvR 626/06 -, BayVBl. 2006, 677, und Beschl. v. 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361). Mithin muss der Erfolg nicht gewiss sein, es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen (vgl. P. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 166 Rn. 26). Prozesskostenhilfe muss nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchst- oder - bei der Anwendung von Landesrecht - obergerichtlich geklärt ist. Die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet einer solchen Klärung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf bereits vorliegende Rechtsprechung ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchst- oder obergerichtliche Klärung noch aus, läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuhalten. Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006, a. a. O.).

Gemessen hieran hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers dennoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Das Vorbringen des Klägers sei nicht geeignet, die im Widerspruchsbescheid genannten Gründe für den Widerruf des Zuwendungsbescheids und die Rückforderung der bereits gezahlten Fördermittel in Zweifel zu ziehen.

Der Kläger wendet ein, er genieße Vertrauensschutz. Der Beklagte sei seiner Aufklärungs- und Beratungspflicht nicht im ausreichenden Maß nachgekommen und habe ihn nicht über Gefahren aufgeklärt. Es sei zu erheblichen Problemen bei der Realisierung des Vorhabens gekommen. Dies sei dem Beklagten auch bekannt gewesen. Er sei weder auf Umstrukturierungs- noch auf Ausweichmaßnahmen hingewiesen worden. Er habe auch nicht gewusst, dass eine Kürzung der Zuwendungshöhe in Betracht gekommen wäre. Von dieser Möglichkeit habe er erst im Klageverfahren erfahren.

Auch unter Berücksichtigung dieser Einwände bietet die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der der Klage zugrunde liegende Widerrufs- und Erstattungsbescheid vom 20.2.2008 dürfte rechtmäßig sein. Die Voraussetzungen für einen Widerruf und eine Erstattung (§ 1 SächsVwVfG i. V. m. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwVfG und § 49a VwVfG) liegen jeweils vor. Nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwVfG kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der Voraussetzung für die Gewährung einer einmaligen oder laufenden Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird (Zweckverfehlung) oder der Begünstigte eine Auflage, die mit dem Verwaltungsakt verbunden ist, nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Die Erstattung erfolgt in diesen Fällen nach § 49a VwVfG.

Vorliegend sind die Widerrufstatbestände des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwVfG erfüllt. Denn der Kläger ist den mit dem Bewilligungsbescheid vom 23.12.2003 festgelegten Zuwendungszweck, eine bauliche Maßnahme zur Umnutzung des Stalls als Wohnhaus bis zum 29.9.2005 durchzuführen, auch nach Verlängerung des Durchführungszeitraumes bis zum 28.9.2006 nicht nachgekommen. Dabei hat er die Erfüllung des genannten Zuwendungszweck auch nicht innerhalb der Frist zur Vorlage des Verwendungsnachweises - 30.9.2007 - nachgewiesen, sondern den maßgeblichen Stall wohl bis heute nicht zum Wohngebäude umgebaut.

Dabei kann auch der Einsatz der teilweise ausgereichten Mittel für ein notwendiges Zwischenziel - hier u. a. die Sanierung des Daches - nicht als Erfüllung des Verwendungszwecks angesehen werden. Eine solche Abstrahierung liefe dem die Zuwendung begründenden öffentlichen Interesse zuwider, welches gerade nicht darin liegt, öffentliche Mittel für allgemeine Baumaßnahmen ohne Festlegung und Absicherung des Nutzungszwecks zur Verfügung zu stellen (vgl. OVG NRW, Urt. v. 11.7.1997 - 7 A 826/96 -, zitiert nach juris).

Der Kläger kann sich auch nicht auf Grundsätze des Vertrauensschutzes berufen. Er konnte vor allem nicht davon ausgehen, dass die Zweckverfehlung außerhalb seines Verantwortungsbereichs lag, sondern dem Beklagten eine besondere Aufklärungs-, Beratungs- oder Überwachungspflicht oblag. Denn die Ausreichung der Zuwendung war ausdrücklich - und damit für den Kläger als Adressaten erkennbar - mit der Erreichung des Zuwendungszwecks innerhalb des o. g. Zeitraums verbunden. Das Risiko, dass das geplante Vorhaben aufgrund von Finanzierungsengpässen oder Problemen mit Handwerkern scheitert, trägt der Kläger (vgl. in diesem Zusammenhang: OVG NRW, Urt. v. 11.7.1997 a. a. O.). Das war für ihn aufgrund der Hinweise zum Antrag, den notwendig vorzulegenden Bau- und Finanzierungsunterlagen, dem Inhalt des Zuwendungsbescheides und den mit diesem übersandten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Projektförderung (ANBest-P) auch erkennbar. Dies gilt umso mehr, als er bereits mit Schreiben des Staatlichen Amtes für Ländliche Neuordnung und später mit Ziffer 1.2 ANBest-P darauf hingewiesen worden ist, dass die Finanzierung des Vorhabens im vollen Umfang ohne Berücksichtigung der Zuwendung zu gewährleisten und der Finanzierungsplan hinsichtlich des Gesamtergebnisses verbindlich sei. Hinzu kommt, dass er den Beklagten auch nicht unverzüglich über die aufgetretenen Schwierigkeiten informierte (Ziffer 5.2 AnBest-P) und damit auch nicht von diesem beraten werden konnte. Er begehrte vielmehr wiederholt eine Fristverlängerung und ließ den Beklagten in dem Glauben, dass das Projekt zeitnah fertig gestellt werde könne. So gab er mit Schreiben vom 15.11.2005 an, dass das Bauvorhaben jetzt durchgängig bis zur Fertigstellung, die für Ende 2006 geplant sei, laufe. Soweit es 2006 zu weiteren Problemen bei der Bauausführung kam, hat er den Beklagten darüber nicht umgehend informiert (Ziffer 5.2 ANBest-P), sondern erst kurz vor dem Ablauf der Frist am 20.9.2006, die aufgrund des Änderungsbescheides vom 28.12.2005 verlängert worden war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 127 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 166 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da in Nummer 5502 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz für das Beschwerdeverfahren lediglich eine Festgebühr von 50,- € vorgesehen ist.

Dieser Beschluss ist gem. § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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