Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.06.2009
Aktenzeichen: 1 D 47/09
Rechtsgebiete: VwGO, SGB X


Vorschriften:

VwGO § 58
SGB X § 36
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 D 47/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Ausbildungsförderungsrechts

hier: Beschwerde gegen die Nichtbewilligung von PKH

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger

am 9. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 17. Februar 2009 - 4 K 546/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Antrags (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO) abgelehnt.

Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Vorgaben, dem Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, darf die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren soll den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht ersetzen, sondern zugänglich machen. Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürfen deshalb nicht überspannt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006 - 2 BvR 626/06 -, BayVBl. 2006, 677, und Beschl. v. 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361). Mithin muss der Erfolg nicht gewiss sein, es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen (vgl. P. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 166 Rn. 26).

Gemessen hieran hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt mit der Begründung, dass der Kläger mit seiner auf die Gewährung von Ausbildungsförderung gerichteten Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 16.1.2008 sei zu Recht mit Widerspruchsbescheid vom 18.4.2008 als unzulässig, weil verfristet, zurückgewiesen worden. Der Bescheid vom 16.1.2008 gelte jedenfalls mit dem 21.1.2008 als dem Kläger zugegangen, weshalb die gemäß § 70 VwGO einmonatige Widerspruchsfrist mit Ablauf des 21.2.2008 verstrichen sei. Widerspruch habe der Kläger erst am 22.2.2008 und damit verfristet beim Beklagten eingelegt. Die dem Bescheid vom 16.1.2008 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung genüge den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO und § 36 SGB X und habe deshalb die einmonatige Klagefrist auslösen können.

Der Kläger vermag mit seinen vorgebrachten Einwänden hiergegen nicht durchzudringen. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Klage bereits deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, weil der Bescheid vom 16.1.2008 mangels fristgerechter Widerspruchseinlegung in Bestandskraft erwachsen ist. Der Bescheid war mit einer den Anforderungen von § 58 Abs. 1 VwGO und § 36 SGB X genügenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Sein - unbestrittener - Zugang löste deshalb die nach § 70 VwGO einmonatige Widerspruchsfrist aus, die am 22.2.2008 - unstreitig - abgelaufen war. Nach beiden Vorschriften muss die Rechtsbehelfsbelehrung den durch einen Bescheid Beschwerten zwingend zumindest über den Rechtsbehelf, die Behörde oder das Gericht, bei der/dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, deren Sitz, die einzuhaltende Frist und die Form des Rechtsbehelfes belehren.

Insbesondere lässt die dem Bescheid vom 16.1.2008 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung die Behörde und den Sitz der Behörde, bei welcher der Rechtsbehelf anzubringen ist, zweifelsfrei erkennen. Hiernach ist der "...Widerspruch ... bei dem Amt für Ausbildungsförderung einzureichen, das den Bescheid erlassen hat.". Im Kopf des Bescheides hat sich der Beklagte vollständig bezeichnet mit seinem Namen, dem Sitz und der Postanschrift. Damit ist, auch bei Beachtung der Formstrenge des Verwaltungsrechts, zweifelsfrei und eindeutig sowohl die Behörde bezeichnet, bei der der Widerspruch anzubringen war, als auch der Sitz derselben. Unzweifelhaft verbirgt sich hinter "...dem Amt für Ausbildungsförderung, das den Bescheid erlassen hat...", der Beklagte. Das muss auch für den Kläger ohne weiteres erkennbar gewesen sein. Eine Verwechslung mit dem Studentenwerk A...... ist ausgeschlossen. Der Kläger hatte wohl für die Förderung seines 2003 aufgenommenen Studiums des Wirtschaftsingenieurwesens an der RWTH A...... zunächst beim Studentenwerk A...... Ausbildungsförderung beantragt und auch erhalten. Für sein im Herbst 2006 aufgenommenes Medizinstudium aber hat er die Gewährung einer Ausbildungsförderung beim Beklagten beantragt (und im Verlaufe des behördlichen Verfahrens mit diesem kommuniziert). Der Beklagte hat, wie sich aus dem Rubrum des Bescheides vom 16.1.2008 auf den ersten Blick ergibt, über den bei ihm gestellten Antrag auf die Gewährung von Ausbildungsförderung auch entschieden. Welche begründeten Zweifel hier für den Kläger an dem Beklagten als der entscheidenden Behörde aufgekommen sein und ihm eine fristgerechte Widerspruchseinlegung hätten erschweren können, erschließt sich dem Senat nicht. Für die Bezeichnung des Sitzes der Behörde, bei der der Widerspruch einzulegen ist, reicht eine Rückverweisung auf die Angaben im Briefkopf, wenn, wie im vorliegenden Fall, diese Angaben im Briefkopf selbst den Erfordernissen des § 58 Abs. 1 VwGO bzw. § 36 SGB X über den Sitz der Behörde genügen (so auch BVerwG, Urt. v. 23.8.1990, NVwZ 1991, 261; HessVGH, Urt. v. 20.10.1992 - 9 UE 2200/91 - zitiert nach juris; LSG NRW, Beschl. v. 7.5.2007 - L 7 B 58/07 SS - zitiert nach juris). Der Bescheid vom 16.1.2008 enthält in seinem Briefkopf die vollständigen Angaben sowohl zur Anschrift als auch zur Postanschrift des Beklagten. Zur Niederschrift kann der Widerspruch unter der Anschrift des Beklagten eingelegt werden, schriftlich sowohl unter der Anschrift als auch unter der ausdrücklich als solcher bezeichneten Postanschrift. Die Angabe beider Anschriften ist nicht geeignet, beim Empfänger des Bescheides einen Irrtum über den Sitz des Beklagten zu erzeugen, die eine Fristversäumnis bewirken könnten. Der Beklagte hat dem Kläger dadurch, dass er ihm beide Anschriften offenbarte, offenkundig lediglich die Auswahl gelassen, unter welcher Anschrift er ihn erreichen will. Es wäre dem Kläger ohne weitere Ermittlungen möglich gewesen, den Widerspruch beim Beklagten fristgerecht anzubringen. Einer Wiederholung der Angaben zum Sitz des Beklagten in der Rechtsbehelfsbelehrung oder eine Beschränkung auf die Angabe lediglich einer Anschrift bedurfte es deshalb nicht.

Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da das Verfahren gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei ist und Kosten gemäß § 127 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 166 VwGO nicht erstattet werden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

Zurück