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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.06.2009
Aktenzeichen: 2 A 163/08
Rechtsgebiete: VwGO, 2. BesÜV


Vorschriften:

VwGO § 124
2. BesÜV § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 2 A 163/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Besoldung und Versorgung (LB)/ 2. BesÜV

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hahn und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke

am 18. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 18. Februar 2008 - 3 K 703/05 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 6.000,- € festgesetzt.

Gründe:

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Die Berufung ist nicht wegen des Vorliegens von Verfahrensmängeln zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Der Zulassungsgrund des Verfahrensmangels setzt voraus, dass der Antragsteller die vorliegenden Tatsachen schildert und den Mangel in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dartut. Eine Entscheidung beruht auf einem Rechtsverstoß, wenn mindestens die Möglichkeit besteht, dass das Gericht ohne den Rechtsverstoß zu einem dem Rechtsmittelführer sachlich günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 9.7.1997 - 2 S 187/97).

Diese Voraussetzungen hat der Kläger mit seinem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht nicht über seinen am Tag nach der mündlichen Verhandlung gestellten Befangenheitsantrag entschieden, nicht erfüllt. Dabei kann offenbleiben, ob im Falle einer unzutreffenden gerichtlichen Entscheidung über ein Befangenheitsgesuch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO eröffnet ist (verneinend Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 124 Rn. 13 und § 54 Rn. 22 unter Hinweis auf § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 512 ZPO; bejahend SächsOVG, Beschl. v. 1.8.2000, SächsVBl. 2001, 10). Denn der Kläger macht hier sinngemäß einen Gehörsverstoß bzw. eine Verletzung des Gebots des gesetzlichen Richters geltend und beruft sich damit auf die Verletzung verfassungsrechtlich vorgeschriebener prozessualer Gewährleistungen (vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 21.9.2004 - 10 ZB 04.127 - juris), die grundsätzlich einen Verfahrensmangel i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO begründet.

Nach dem klägerischen Vorbringen liegt der geltend gemachte Verfahrensmangel indessen nicht vor. Im Zeitpunkt der Stellung des Ablehnungsgesuchs (19.2.2008) war die am Vortag durchgeführte mündliche Verhandlung bereits geschlossen (§ 104 Abs. 3 Satz 1 VwGO) mit der Folge, dass eine Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuvor die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung erfordert hätte. Es kann dahinstehen, ob die Wiedereröffnung vorliegend noch möglich gewesen wäre, nachdem ausweislich der Gerichtsakte der vollständig unterschriebene Entscheidungstenor am 18.2.2008 der Geschäftsstellte übermittelt worden war: Nach wohl überwiegender Meinung tritt eine Bindungswirkung der Entscheidung erst ein, wenn sich das Gericht der Entscheidung in einer der Verkündung vergleichbaren Weise "entäußert" hat, etwa durch telefonische Mitteilung der Urteilsformel an einen der Beteiligten (vgl. zum Ganzen Kopp/Schenke a. a. O., § 116 Rn. 3); eine derartige Bindungswirkung war hier bei Stellung des Ablehnungsgesuchs laut Gerichtsakte nicht nachweislich eingetreten.

In diesem Fall steht die Entscheidung über die Wiedereröffnung auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen grundsätzlich im Ermessen des Gerichts (Kopp/Schenke a. a. O., § 104 Rn. 11 m. w. N.). Der Kläger hat indessen nicht vorgetragen, weshalb das Gericht vorliegend die mündliche Verhandlung hätte zwingend von Amts wegen wiedereröffnen müssen (der anwaltlich vertretene Kläger hat selbst keinen Antrag auf Wiedereröffnung bei dem Verwaltungsgericht gestellt). Solche Gründe sind auch sonst nicht ersichtlich, da sich die - konkludente - Entscheidung des Verwaltungsgerichts, von einer Wiedereröffnung abzusehen und das Ablehnungsgesuch unbeachtet zu lassen, im Ergebnis als richtig erweist: Zum einen dürfte der Kläger sein Ablehnungsrecht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 43 ZPO verloren haben, da er in Kenntnis des von ihm später geltend gemachten Ablehnungsgrundes am Ende der mündlichen Verhandlung Anträge gestellt hat. Zum anderen dürfte das Ablehnungsgesuch offensichtlich unbegründet sein, da die zitierten Äußerungen des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung ausschließlich rechtliche Ausführungen darstellen, die keine Befangenheitsbesorgnis rechtfertigen, zumal sie im Rahmen der vorläufigen rechtlichen Würdigung der Streitsache erfolgten (vgl. Zöller, ZPO, 23. Aufl, § 42 Rn. 28).

2. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn mit ihr eine grundsätzliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht entschiedene Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellungen bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich im erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf.

Der Kläger hat bereits keine den Anforderungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO genügende Fragestellung aufgeworfen. Die von ihm formulierte Frage, "ob und in wie weit dem Dienstherrn gegenüber seinen jungen, neu eingestellten Mitarbeitern, z.B. den Beamten zur Anstellung, eine besondere Fürsorgepflicht bei der Wahrnehmung ihrer Rechte obliegt", stellt aufgrund ihrer eher allgemein und unbestimmt gehaltenen Fassung keine in einem Berufungsverfahren zu klärende Rechtsfrage dar. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist hier im Übrigen deshalb auszuschließen, weil die Anspruchsgrundlage für den begehrten Zuschuss, § 4 der 2 BesÜV in der hier maßgeblichen, bis 24.11.1997 geltenden Fassung, zwischenzeitlich außer Kraft getreten ist und ihr deshalb für die Zukunft keine Bedeutung mehr zukommt. Schließlich liegt zur weiteren streitgegenständlichen Frage der Verjährung des Zuschusses hinreichende höchstrichterliche Rechtsprechung vor (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 15.6.2006 - 2 C 14/05 - juris).

3. Die Berufung ist schließlich nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel dient der Verwirklichung von Einzelfallgerechtigkeit. Er soll eine berufungsgerichtliche Nachprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts ermöglichen, wenn sich aus der Begründung des Zulassungsantrags ergibt, dass hierzu wegen des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses Veranlassung besteht. Gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ist der Zulassungsgrund in der gebotenen Weise darzulegen. Ernstliche Zweifel in dem genannten Sinne sind deshalb anzunehmen, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens zumindest als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.6.2000, NVwZ 2000, 1164; Kammerbeschl. v. 26.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - juris). Dies ist nicht der Fall.

Der Kläger macht geltend, der Beklagte verstoße gegen Treu und Glauben, indem er die Einrede der Verjährung erhebe, soweit der Kläger die Gewährung des Zuschusses nach der 2. BesÜV für den Zeitraum vor dem 1.1.1999 begehre. Der Beklagte habe den Kläger über längere Zeiträume hinweg durch Täuschung von der Klageerhebung abgehalten. Der Kläger habe auf die Richtigkeit der Rechtsansichten des Beklagten vertraut; er habe nicht gewagt zu klagen.

Dieses Vorbringen rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Ansprüche des Klägers auf Gewährung des Zuschusses nach § 4 der 2. BesÜV verjährt sind, soweit sie sich auf den Zeitraum vor dem 1.1.1999 beziehen. Das Urteil stützt sich auf die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB für den genannten Zeitraum maßgeblichen Vorschriften der §§ 197, 201 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung.

Entgegen der Ansicht des Klägers war das Verwaltungsgericht nicht an der Anwendung der Verjährungsbestimmungen gehindert. Die Berechtigung und Verpflichtung des Beklagten zur Geltendmachung der Verjährungseinrede ergibt sich aus dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung (vgl. § 34 Sächsische Haushaltsordnung - SäHO -), wonach Ausgaben nur geleistet werden dürfen, soweit sie zur wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung erforderlich sind. Vor diesem Hintergrund kann die Geltendmachung der Verjährungseinrede nur unter besonderen Umständen des Einzelfalls als Verstoß gegen Treu und Glauben zu werten und damit unzulässig sein (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urt. v. 15.6.2006 a. a. O.).

Derartige Umstände hat der Kläger indessen nicht vorgetragen: Weder liegen Anhaltspunkte für ein Verhalten des Beklagten vor, aus dem der Kläger hätte schließen können, der Beklagte werde sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen, noch ist ersichtlich, dass der Beklagte den Kläger durch Vorspiegelung falscher Tatsachen von einer Klageerhebung zu einem früheren Zeitpunkt abgehalten hätte. Es wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Darlegungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil (S. 6-8) verwiesen. Schließlich begründet auch das Vorbringen, der Kläger habe als Probebeamter nicht gewagt, gegen seinen Dienstherrn zu klagen, keine ernstlichen Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Der Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass die in der Vergangenheit ergangenen ablehnenden (Widerspruchs-)Bescheide entsprechend den maßgeblichen verfahrensrechtlichen Vorschriften mit den erforderlichen Rechtsbehelfsbelehrungen versehen waren. Es ist nicht ersichtlich, aus welcher rechtlichen Bestimmung sich eine darüber hinausgehende Hinweispflicht des Beklagten ergeben sollte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der zutreffenden Festsetzung durch das Verwaltungsgericht, gegen die die Beteiligten keine Einwände erhoben haben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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