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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.04.2009
Aktenzeichen: 2 A 175/09
Rechtsgebiete: VwGO, SächsBG


Vorschriften:

VwGO § 152a
SächsBG § 97
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 2 A 175/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Vollzug des SächsBG; Schadensersatz gegen ehemaligen Bürgermeister

hier: Rüge nach § 152a VwGO

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke

am 30. April 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg, weil der Senat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör im Zusammenhang mit seinem Beschluss über die teilweise Ablehnung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung - 2 B 701/07 - nicht verletzt hat (§ 152a Abs. 1 VwGO).

Die Anhörungsrüge eröffnet die Möglichkeit fachgerichtlicher Abhilfe für den Fall, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.4.2003, BVerfGE 107, 395). Eine zulässige Anhörungsrüge erfordert dabei die Darlegung, dass das Gericht entscheidungserheblichen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt aber dann nicht vor, wenn das Gericht dem zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen des Verfahrensbeteiligten nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als es der Beteiligte für richtig hält (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.1.2006, ZOV 2006, 40; Sächs- OVG, Beschl. v. 21.4.2008, SächsVBl. 2008, 194; BayVGH, Beschl. v. 23.10.2007 - 11 C 2007 - juris). Daran gemessen sind die Voraussetzungen für einen Gehörsverstoß vorliegend nicht erfüllt.

Soweit die Beklagte rügt, der Senat habe den Vortrag der Beklagten zum Schadensbegriff in der Antragsbegründungsschrift weder zur Kenntnis genommen noch sich qualifiziert damit auseinandergesetzt, sondern habe lediglich die damit angegriffene Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Urteils wiederholend übernommen, begründet dieses Vorbringen keinen Gehörsverstoß. Entgegen der Annahme der Beklagten hat der Senat die Ausführungen in der Antragsbegründungsschrift, wonach unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Bewilligung für den Schadenseintritt ausschließlich auf die pflichtwidrige Bewirtschaftung der Fördermittel abzustellen sei, vollständig zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung in Erwägung gezogen. Es ist dem Vorbringen jedoch nicht gefolgt, sondern hat den in der Rechtsprechung herrschenden, dem § 249 BGB zugrundeliegenden Schadensbegriff (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.3.1999, ZBR 99, 278) angewendet.

Hiernach besteht der Schaden in dem Unterschied zwischen der Vermögenslage der Beklagten, wie sie sich infolge der schuldhaften Dienstpflichtverletzung gestaltet hat, und ihrer Vermögenslage, wie sie ohne diese bestehen würde. Hiervon ausgehend hat der Senat - anders als das Verwaltungsgericht - eine differenzierende Betrachtung der einzelnen Teilkomplexe vorgenommen: Es hat einen Schadenseintritt (lediglich) hinsichtlich der Teilkomplexe verneint, in denen ein Vergleich der Vermögenslage der Beklagten nach der maßgeblichen Pflichtverletzung gegenüber der Vermögenslage ohne Pflichtverletzung nicht zu einer Vermögenseinbuße geführt hat. Es handelt sich hierbei um die Fälle, in denen die später zurückgeforderte Fördersumme bei rechtmäßigem Verhalten des Klägers gar nicht erst in das Vermögen der Beklagten gelangt wäre. Hierin liegt entgegen der Auffassung der Beklagten auch kein Wertungswiderspruch bzw. eine unzulässige Privilegierung: Ein Schadenersatzanspruch setzt notwendig die Entstehung eines Schadens voraus. Fehlt ein solcher, weil sich eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung nicht in einem Schaden realisiert hat, besteht auch kein Anspruch des Dienstherrn auf Schadenersatz. Die Schadenersatzhaftung des Beamten ist keine disziplinarische Sanktion und darf auch nicht hilfsweise an die Stelle einer solchen Sanktion treten (vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 6. Aufl., Rn. 329 m. w. N.).

Bei dieser Sachlage bestand für den Senat keine Notwendigkeit, sich mit der vom herrschenden Schadensbegriff abweichenden Argumentation der Beklagten im Einzelnen auseinanderzusetzen: Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör begründet - namentlich bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen - keine Pflicht der Gerichte, jedes Vorbringen der Verfahrensbeteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerwG, Beschl. v. 13.1.2009, NVwZ 2009, 329 m. w. N.).

Soweit die Beklagte geltend macht, die vom Senat vorgenommene Differenzierung bei der Beurteilung des Schadenseintritts stelle eine überraschende, für die Beteiligten nicht erwartbare oder vorhersehbare rechtliche Würdigung dar, ist ein Gehörsverstoß ebenfalls nicht ersichtlich. Die Differenzierung folgt unmittelbar aus der Anwendung des o. g. herrschenden Schadensbegriffs auf die zu beurteilenden einzelnen Fördersachverhalte, wie sie sich nach der Aktenlage, insbesondere nach den bestandskräftigen Rückforderungsbescheiden, darstellen. Die grundsätzliche Problematik des Schadenseintritts bei der Rückforderung von zu Unrecht geleisteten Förderbeträgen war bereits Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung sowie der diese vorbereitenden Schriftsätze. Schließlich stellt die rechtliche Beurteilung durch den Senat nicht deswegen eine Überraschungsentscheidung dar, weil sie von der im Zulassungsantrag vertretenen Auffassung der Beklagten abweicht und stattdessen den in der Rechtsprechung herrschenden Schadensbegriff zugrunde legt.

Soweit die Beklagte vorbringt, der Senat habe es hinsichtlich des mit Beschluss vom 12.2.2009 nicht zugelassenen Teilkomplexes zu Unrecht unterlassen, die aus Sicht der Beklagten notwendigen tatsächlichen Feststellungen zum Umfang des eingetretenen Schadens zu erheben, begründet auch dies keinen Gehörsverstoß. Der Senat hat aufgrund des von ihm zugrunde gelegten Schadensbegriffs die Möglichkeit eines Schadenseintritts in den nicht zugelassenen Teilkomplexen verneint. Es bestand deshalb aus seiner Sicht kein Anlass für tatsächliche Feststellungen zum etwaigen Schadensumfang.

Schließlich verhilft auch das Vorbringen, der Senat habe trotz entsprechenden Vortrags der Beklagten zu Unrecht die Möglichkeit einer Drittschadensliquidation verneint, der Anhörungsrüge nicht zum Erfolg. Die Beklagte macht hier wiederum Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung geltend, die von ihrer eigenen Rechtsauffassung abweicht. Dass der Senat aufgrund seiner rechtlichen Bewertung zu einem anderen Ergebnis gelangt als die Beklagte es für richtig hält, begründet indessen - wie bereits dargelegt - keinen Gehörsverstoß.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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