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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 05.05.2009
Aktenzeichen: 2 A 408/08
Rechtsgebiete: SächsGVEntschVO, GVKostVO, BBesG, SächsBG


Vorschriften:

SächsGVEntschVO
GVKostVO
BBesG § 12
BBesG § 49
SächsBG § 110
Zur Zulässigkeit der nachträglichen Festsetzung des Gebührenanteils der Bürokostenentschädigung nach der SächsGVEntschVO vom 11.12.2003.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 2 A 408/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Entschädigung nach der SächsGVEntschVO

hier: Berufung

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 5. Mai 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 13. März 2008 - 3 K 1291/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Festsetzungs- und Ablieferungsbescheides betreffend die dem Kläger als Gerichtsvollzieher zustehende Bürokostenentschädigung und die abzuliefernden Gebührenanteile für das Jahr 2003.

Der Kläger ist als Obergerichtsvollzieher beim Amtsgericht ....... tätig. Er erhält eine laufende Besoldung nach der Bundesbesoldungsordnung A, Besoldungsgruppe 9. Zusätzlich erhält er eine sogenannte Vollstreckungsvergütung - auch Anspornvergütung genannt - gemäß § 49 Abs. 1 und 2 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) i. V. m. § 1 Vollstreckungsvergütungsverordnung (VollstrVergV). Zur Abgeltung der durch die gemäß § 46 Gerichtsvollzieherordnung (GVO) geregelten Verpflichtung der Gerichtsvollzieher zur Einrichtung und Unterhaltung eines Büros entstehenden Kosten wird diesen zusätzlich eine Entschädigung nach Maßgabe des § 49 Abs. 3 BBesG i. V. m. landesrechtlichen Verordnungen erstattet. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 der bis zum 1.12.2003 geltenden Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher und über Auslagenpauschalsätze nach dem Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher (Gerichtsvollzieher-Kosten-Verordnung, im weiteren GVKostVO) vom 14.12.1998 (SächsGVBl. S. 670), zuletzt geändert durch Verordnung vom 11.11.2000 (SächsGVBl. S. 495), stand dem Gerichtsvollzieher als Entschädigung für das Jahr 2003 zunächst - neben den im vollen Umfang zustehenden Schreibauslagen ("Dokumentenpauschale") - ein Anteil der von ihm für die Erledigung der Aufträge vereinnahmten Gebühren (Gebührenanteil) von 85 % zu.

Mit Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz vom 11.9.2002 an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dresden wurde über beabsichtigte Neuregelungen der GVKostVO informiert. Die Neuregelung wurde auch in Gesprächen zwischen dem Landesverband der Gerichtsvollzieher und dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz erörtert.

Der Kläger nahm im Jahr 2003 Gebühren in Höhe von 37.537,88 € ein. Hiervon behielt er entsprechend dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Prozentsatz (85 %) und dem Jahreshöchstbetrag nach der GVKostVO einen Gebührenanteil von 29.247,19 € als Entschädigung ein. Einen weiteren Gebührenanteil von 3.565,87 € behielt er entsprechend dem maßgeblichen Prozentsatz (15 %) und dem Jahreshöchstbetrag nach der VollstrVergV als Vergütung ein. Die restlichen Gebühren in Höhe von 4.724,82 € sowie Kleinbeträge von 71,50 € lieferte der Kläger am 30.12.2003 ab. Die eingenommene Dokumentenpauschale betrug 3.643,07 € (vgl. Jahresabrechnungsschein 2003, Bl. 3 der Verwaltungsakte).

Die angekündigten Veränderungen hinsichtlich des Gebührenanteils erfolgten mit der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher (Gerichtsvollzieher-Entschädigungs-Verordnung - SächsGVEntsch-VO -) vom 11.12.2003 (SächsGVBl. 2004, S. 8 ff.). Danach wurde der Gebührenanteil für das Jahr 2003 auf 55,3 % reduziert und der Jahreshöchstbetrag auf 23.100,00 € angesetzt.

Nach vorheriger Anhörung des Klägers setzte der Präsident des Amtsgerichts ....... mit Bescheid vom 12.3.2004, zugestellt am 17.3.2004, den dem Kläger für das Jahr 2003 als Entschädigung zustehenden Gebührenanteil unter Zugrundelegung eines Prozentsatzes von 55,3 % auf 20.758,45 € fest. Da der Kläger für das Jahr 2003 bereits einen Gebührenanteil von 29.247,19 € vorläufig einbehalten habe, wurde des weiteren die Ablieferung des Differenzbetrags von 8.488,47 € angeordnet.

Der Kläger erhob mit Schreiben vom 13.4.2004 Widerspruch gegen den Festsetzungs- und Ablieferungsbescheid. Aufgrund des beim erkennenden Senat durchgeführten Normenkontrollverfahrens, das die Frage der Wirksamkeit der SächsGVEntschVO zum Gegenstand hatte, wurde das Widerspruchsverfahren zunächst ausgesetzt. Mit Urteil des erkennenden Senats vom 9.12.2005 - 2 D 7/04 - wurde § 7 Abs. 1 Satz 1 SächsGVEntschVO insoweit für unwirksam erklärt, als dieser das Inkrafttreten von § 2 Abs. 2 Satz 1 und § 3 Abs. 2 Satz 1 SächsGV-EntschVO mit Wirkung vor dem 1.1.2003 anordnete. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.9.2006, zugestellt am 25.9.2006, wies der Präsident des Oberlandesgerichts Dresden den Widerspruch des Klägers zurück.

Der Kläger erhob am 23.10.2006 Klage. Zur Begründung trug er vor, dass sowohl die Festsetzung der ihm für das Jahr 2003 zustehenden Entschädigung als auch die Verfügung, den Differenzbetrag zwischen den vorläufig einbehaltenen Gebühren und der festgesetzten Entschädigung abzuliefern, rechtswidrig seien. Der Beklagte habe zu Unrecht in die Festsetzung der Entschädigung nicht die Dokumentenpauschale einbezogen, sondern die Entschädigung nur anhand des Gebührenanteils festgesetzt. Der Beklagte könne seine Entscheidung nicht auf die SächsGVEntschVO stützen, da die Ablieferungspflicht und die Entschädigung für das Jahr 2003 noch nach der GVKostVO zu bestimmen gewesen seien. Darüber hinaus könnten § 2 Abs. 2 Satz 1 und § 3 Abs. 2 Satz 1 SächsGVEntschVO nicht als Rechtsgrundlage für die Festsetzung einer konkreten Entschädigung gegenüber einen Gerichtsvollzieher durch Verwaltungsakt dienen, da diese Normen nur die allgemeine Festsetzung des Gebührenanteils durch Verordnung beträfen. Die Festsetzungen der Gebührenanteile für 2003 seien auch nicht vorläufiger Natur gewesen und damit bestandskräftig geworden, so dass eine rückwirkende Neufestsetzung des Gebührenanteils ausscheide. Die Verpflichtung zur Ablieferung entbehre ebenfalls einer rechtlichen Grundlage. Es handele sich bei der Entschädigung um Dienstbezüge im Sinne des § 12 Abs. 1 BBesG, sodass einer Rückforderung das Erstattungsverbot des § 12 Abs. 1 BBesG entgegenstehe. Die Entschädigung sei jahrelang als dritte Säule der Besoldung angesehen worden. Bis heute werde sie zu 30 % als Aufwandsentschädigung und im Übrigen als Dienstbezug gezahlt und steuerrechtlich entsprechend behandelt. Dem entspreche die Ausweisung der Entschädigung in der Bezügeabrechnung 2003 als Dienstbezug. Die einkommensteuerrechtliche Behandlung der geforderten Rückzahlung würde aufgrund des in § 11 EStG normierten Zu- und Abflussprinzips zum Eintritt eines materiellen Nachteils führen. Der Kläger berufe sich zudem auf Entreicherung. Schließlich sei die Rückforderung auch durch die unzuständige Behörde geltend gemacht worden, da für die Rückforderung von Bezügen das Landesamt für Finanzen zuständig sei.

Der Beklagte trat der Klage entgegen. Die Dokumentenpauschale verbleibe sowohl nach der alten als auch nach der neuen Regelung beim Gerichtsvollzieher und bedürfe daher keiner gesonderten Festsetzung; sie sei deshalb nicht Gegenstand des Bescheides. Bei der rückwirkenden Neufestsetzung des Prozentsatzes des Gebührenanteils und der Jahreshöchstgrenze handele es sich um eine zulässige unechte Rückwirkung. Schon aus § 2 Abs. 2 GVKostVO habe sich die Vorläufigkeit der vierteljährlichen Festsetzung der Entschädigungszahlungen ergeben; entsprechend habe der dem Gerichtsvollzieher zustehende Gebührenanteil sowie der Jahreshöchstbetrag rückwirkend zum 1.1.2003 geändert werden können. Eine Beschränkung auf eine Neufestsetzung nur bis zum Ablauf des laufenden Jahres lasse sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Norm entnehmen. Ende des Jahres 2003 habe auch kein Vertrauen mehr in den Fortbestand der bisherigen Regelung bestanden, da den sächsischen Gerichtsvollziehern mit Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz vom 11.9.2002 mitgeteilt worden sei, dass nach Ablauf des Jahres 2002 eine Neufestsetzung erfolgen werde. Ermächtigungsgrundlage für den Ablieferungsbescheid sei das allgemeine beamtenrechtliche Dienst- und Treueverhältnis. § 12 Abs. 1 BBesG könne nicht zur Anwendung kommen, da es nicht um die Rückforderung von Bezügen gehe. Schließlich könne sich der Kläger auch nicht auf die Einrede der Entreicherung berufen, da den Gerichtsvollziehern während des Jahres 2003 bekannt geworden sei, dass es zu einer Änderung der Gebührenanteile und der Jahreshöchstbeträge kommen könne.

Mit Urteil vom 13.3.2008 wies das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet ab. Der Beklagte habe die Festsetzung der dem Kläger für das Jahr 2003 zustehenden "Entschädigung" in Ziffer 1 seines Bescheides vom 12.3.2004 zutreffend auf die SächsGVEntschVO vom 11.12.2003 stützen können. Rechtsgrundlage für die Festsetzung der dem Kläger für das Jahr 2003 zustehenden Bürokostenentschädigung seien neben § 77 GVO die gemäß § 11 Abs. 5 GVO unberührt bleibenden landesrechtlichen Bestimmungen der § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 2 Satz 1 SächsGVEntschVO. Die auf § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG beruhende SächsGVEntschVO sei auch formell und materiell rechtmäßig; insbesondere verstießen die Vorschriften des § 7 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 1 und § 3 Abs. 2 Satz 1 SächsGV-EntschVO nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 1, 3 SächsVerf abgeleitete Rückwirkungsverbot (vgl. SächsOVG, Urt. v. 9.12.2005 - 2 D 7/04 -). Das Amtsgericht ....... sei gemäß §§ 77 Nr. 1, 2 GVO für die Festsetzung des im Bescheid als "Entschädigung" bezeichneten Gebührenanteils zuständig. Der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12.3.2004 stehe nicht entgegen, dass die darin festgesetzte "Entschädigung" für das Jahr 2003 tatsächlich und unstreitig nicht die dem Kläger neben dem Gebührenanteil zustehende Dokumentenpauschale erfasse; letztere bedürfe keiner ausdrücklichen Festsetzung. Dem Kläger habe im Jahr 2003 dem Grunde nach ein Anspruch auf Gewährung einer Bürokostenentschädigung für dieses Jahr zugestanden. Bis zur Anpassung durch die neue Entschädigungsänderungsverordnung seien die Gebührenanteile für das Jahr 2003 jedoch vorläufig nach den damals noch geltenden Sätzen gleichsam als Vorschuss auf die nach der endgültigen Festsetzung des Gebührenanteils und des Höchstbetrags zu bestimmende Bürokostenentschädigung zu berechnen und einzubehalten gewesen. Erst mit der späteren in 2004 erfolgten endgültigen Festlegung dieser beiden Größen habe sich der Anspruch des Gerichtsvollziehers auf die Bürokostenentschädigung für 2003 konkretisiert. Die Einbehaltung von Gebührenanteilen habe folglich von vornherein unter dem Vorbehalt der späteren endgültigen Festlegung und Abrechnung rückwirkend zum 1.1.2003 gestanden. Schutzwürdiges Vertrauen des Klägers werde hierdurch nicht verletzt. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger durch die rückwirkende Änderung des Prozentsatzes der Gebührenanteile in 2003 beachtliche Nachteile erlitten habe. Auch steuerliche Gründe stünden der rückwirkenden Absenkung des Gebührenanteils und des Höchstbetrages nach Ablauf des jeweiligen Abrechnungsjahres nicht entgegen. Der Prozentsatz des Gebührenanteils und der Höchstbetrag verstießen schließlich weder gegen § 49 Abs. 3 BBesG noch gegen das Gebot der amtsangemessenen Alimentation. Die Bürokostenentschädigung müsse sich aktuell und realitätsnah an den tatsächlich angefallenen notwendigen Sach- und Personalkosten orientieren, wobei der Dienstherr zur Pauschalierung und Typisierung befugt und verpflichtet sei.

Neben der Festsetzung der Bürokostenentschädigung erweise sich auch die in Ziffer 2 des Bescheides vom 12.3.2004 getroffene Verpflichtung zur Ablieferung des Differenzbetrages als rechtmäßig. Rechtsgrundlage sei das allgemeine beamtenrechtliche Dienst- und Treueverhältnis i. V. m. der Dienstpflicht des Klägers, die für die Staatskasse vereinnahmten Gebühren an diese abzuführen. Dagegen sei § 12 Abs. 1 BBesG entgegen der Auffassung des Klägers nicht anwendbar, da es sich bei den einbehaltenen Gebühren nicht um Bezüge im Sinne des § 12 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 und 3 BBesG handele. Gegen die Anwendung des § 12 Abs. 1 BBesG spreche ferner, dass durch das Recht des Gerichtsvollziehers zur vorläufigen Einbehaltung der Gebühren keine Leistung des Dienstherrn bewirkt werde, da der Gerichtsvollzieher die Gebühren nicht für sich, sondern für die Staatskasse vereinnahme. Dem stehe auch nicht entgegen, dass nach § 5 SächsGVEntschVO die Bürokostenentschädigung zu 30 % als Aufwandsentschädigung geleistet werde und somit hinsichtlich der übrigen 70 % zu versteuern sei, da nach dem praktizierten Entschädigungsmodell die Bürokostenentschädigung unter dem Vorbehalt der Vorläufigkeit stehe. Auch eine Anwendung des § 110 SächsBG i. V. m. § 12 Abs. 2 BBesG scheide aus, da es an einer Leistung im Sinne dieser Vorschrift fehle; im Übrigen würden auch die Voraussetzungen einer Entreicherung nicht vorliegen. Für den Erlass von Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides sei schließlich auch das Amtsgericht ....... gemäß §§ 2, 3, 77 GVO zuständige Behörde gewesen.

Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 9.7.2008 gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

Zur Begründung der Berufung macht der Kläger geltend, die vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung verkenne, dass der Beklagte die Bürokostenentschädigung bis heute als lohnsteuerpflichtigen Bezug durch die Bezügestelle beim Landesamt für Finanzen berechne. Des Weiteren verstoße die rückwirkende Festsetzung von Gebührenanteil und Höchstbetrag zum 1.1.2003 gegen das Rückwirkungsverbot, da die Rückwirkungsanordnung in § 7 Abs. 1 Satz 1 SächsGVEntschVO eine echte Rückwirkung entfalte und das Vertrauen des Klägers in den unveränderten Rechtszustand schutzwürdig gewesen sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Gebührenanteils durch Verwaltungsakt ausschließlich § 11 Abs. 4 i. V. m. § 77 GVO. Das entsprechende Verfahren sei hier zum Jahresende 2003 aufgrund der damals bestehenden Rechtslage durchgeführt worden. Demgegenüber stelle die Festsetzung durch den streitgegenständlichen Bescheid eine erneute Festsetzung dar, die einer Rechtsgrundlage entbehre. Insbesondere könnten die Regelungen der SächsGVEntschVO keine Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Gebührenanteils durch Verwaltungsakt darstellen; die entsprechenden Regelungen beträfen vielmehr die Festsetzung durch den Verordnungsgeber und nicht die individuelle Festsetzung durch den Dienstherrn gegenüber dem einzelnen Gerichtsvollzieher. Die mit der Jahresabrechnung 2003 erfolgte Festsetzung der Bürokostenentschädigung stelle einen bestandskräftigen Verwaltungsakt dar. Von einer vorläufigen Festsetzung, wie sie das Verwaltungsgericht annehme, sei dagegen nicht auszugehen. Demgemäß handele es sich bei den einbehaltenen Beträgen nach erfolgter Jahresabrechnung nicht mehr um für die Staatskasse vereinnahmte Gebühren, sondern um in Form der Bürokostenschädigung an den Kläger geleistete Dienstbezüge. Dies entspreche der bisherigen bundesweit übereinstimmenden besoldungsrechtlichen Behandlung der Bürokostenentschädigung in der Praxis. Es handele sich bei der Bürokostenentschädigung um eine Leistung des Dienstherrn, so dass der Anwendungsbereich von § 12 Abs. 1 BBesG, zumindest jedoch von § 12 Abs. 2 BBesG und von § 110 SächsBG, eröffnet sei. Für die Rückforderung sei deshalb das Landesamt für Finanzen zuständig.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 13. März 2008 den Bescheid des Amtsgerichts ....... vom 12. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. September 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er bezieht sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen und verweist darauf, dass die mit dem angegriffenen Bescheid herausverlangten Gebührenanteile keine Leistungen des Dienstherrn an den Gerichtsvollzieher darstellten, sondern vielmehr vom Gerichtsvollzieher für den Beklagten zur Staatskasse vereinnahmte Gebühren. Die Rechtsnatur der Bürokostenentschädigung ergebe sich aus § 49 Abs. 3 BBesG sowie aus der SächsGVEntschVO. Hiernach werde die Entschädigung den Gerichtsvollziehern zur Abgeltung des ihnen durch die Verpflichtung zur Einrichtung und Unterhaltung eines Büros entstehenden Aufwands gewährt; eine Zusatzalimentation sei damit gerade nicht beabsichtigt. Auch könnten aus der steuerlichen Behandlung der Bürokostenentschädigung durch die Finanzämter keine Rückschlüsse auf die Rechtsnatur oder den Zweck der Bürokostenentschädigung gezogen werden. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot liege nicht vor, da die vierteljährlichen Abrechnungen entsprechend ihrer vorläufigen Natur nicht in Bestandskraft hätten erwachsen können; Gleiches gelte für die Jahresabrechung 2003. Auch habe § 2 Abs. 2 der GVKostVO von 1998 die rückwirkende Neufestsetzung des Gebührenanteils zum 1.1. eines Kalenderjahres erlaubt. Schließlich könne sich der Kläger auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da die sächsischen Gerichtsvollzieher über ihre Interessenverbände über die beabsichtigte Novellierung der Regelungen zur Gerichtsvollzieherbürokostenentschädigung für das Jahr 2003 frühzeitig informiert und aktiv in den Prozess eingebunden gewesen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten, die Akte des Verwaltungsgerichts sowie die Gerichtsakten zum Berufungsverfahren Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid des Amtsgerichts ....... vom 12.3.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Oberlandesgerichts Dresden vom 19.9.2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sowohl die Festsetzung des Gebührenanteils für das Jahr 2003 in Höhe von 20.758,45 € (dazu unter 1), als auch die Verpflichtung zur Ablieferung des Betrags von 8.488,74 € (dazu unter 2) begegnen keinen rechtlichen Bedenken.

1. Die Festsetzung des Gebührenanteils der Bürokostenentschädigung in Ziffer 1 des Bescheides vom 12.3.2004 auf 20.758,45 € beruht auf einer wirksamen Rechtsgrundlage und ist formell und materiell rechtmäßig.

a) Der Beklagte stützt die von ihm getroffene Festsetzung des Gebührenanteils auf § 2 Abs. 2 Satz 1 SächsGVEntschVO vom 11.12.2003. Hiernach wird der Gebührenanteil für jedes Kalenderjahr festgesetzt, für die Kalenderjahre 2002 und 2003 auf jeweils 55,3 %. Der erkennende Senat hat in seinem Normenkontrollurteil vom 9.12.2005 (- 2 D 7/04 - juris) entschieden, dass die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 SächsGVEntschVO wegen Teil-Unwirksamkeit des § 7 Abs. 1 Satz 1 SächsGVEntschVO (erst) mit Wirkung zum 1.1.2003 in Kraft getreten ist; an der Entscheidung wird festgehalten. Damit lag für das verfahrensgegenständliche Abrechnungsjahr 2003 eine wirksame Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Gebührenanteils vor.

Entgegen der Auffassung des Klägers gilt dies nicht nur für die abstrakte Festlegung des Prozentsatzes, sondern auch für dessen konkrete Berechnung und Festsetzung im Einzelfall, wie sie gegenüber dem Kläger durch Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids erfolgt ist. Dabei kann im Ergebnis offen bleiben, ob § 2 Abs. 2 Satz 1 SächsGVEntschVO selbst die Rechtsgrundlage für die individuelle Festsetzung durch Verwaltungsakt gegenüber dem jeweiligen Gerichtsvollzieher bildet, oder ob diese Bestimmung das Bestehen der Befugnis, die Höhe des Gebührenanteils im Einzelfall durch Verwaltungsakt bindend festzustellen, stillschweigend voraussetzt. Denn die Befugnis des Beklagten zur Festsetzung im Einzelfall in der Handlungsform des Verwaltungsaktes folgt hier ohne Weiteres aus dem zwischen dem Beklagten als Dienstherrn und dem Kläger bestehenden Beamtenverhältnis.

Das Beamtenverhältnis ist ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis, in dem der Dienstherr dem Beamten hoheitlich übergeordnet ist und deshalb seine Rechtsbeziehungen zu dem Beamten grundsätzlich durch Verwaltungsakt regeln kann (BVerwG, Urt. v. 6.5.1964, 17.9.1964, 28.6.1967 und 28.9.1967, BVerwGE 18, 283; 19, 243; 27, 245 und 28, 1; aus neuerer Zeit: VGH BW, Urt. v. 13.10.1992 - 4 S 1470/91 -, OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 22.9.2003 - 2 B 11357/03 -, BayVGH, Urt. v. 24.10.2005 - 3 BV 03.2888 - alle juris; vgl. auch grundsätzlich zur Befugnis zum Handeln durch Verwaltungsakte: Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl., § 10 Rn. 5; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 6. Aufl., § 35 Rn. 23). Hierzu zählen etwa die Ernennung, Beförderung, Entlassung, Versetzung, aber auch die Festsetzung der Dienst- und Versorgungsbezüge, Bewilligung von Beihilfe, Heranziehung zum Schadenersatz, etc. (BVerwG, Urt. v. 17.9.1964 a. a. O.). Erforderlich ist insoweit, dass gerade die streitgegenständliche Rechtsbeziehung in hoheitlicher Überordnung ausgestaltet ist (BVerwG, Urt. v. 28.9.1967 a. a. O.; VGH BW, Urt. v. 13.10.1992 a. a. O.). Dies trifft für die Festsetzung des dem Gerichtsvollzieher als Bürokostenentschädigung zustehenden Gebührenanteils zu: Die Gewährung der Entschädigung hängt unmittelbar mit der gegenüber dem Dienstherrn bestehenden Verpflichtung des Klägers zur Führung eines Büros zusammen (vgl. § 46 GVO), deren Kosten durch die Entschädigung abgegolten werden sollen (vgl. § 1 Abs. 1 SächsGVEntschVO, § 49 Abs. 3 BBesG i. d. F. v. 6.7.2002).

Von der Befugnis des Beklagten zur konkreten Festsetzung der Bürokostenentschädigung durch Verwaltungsakt geht ersichtlich auch der Verordnungsgeber der SächsGVEntschVO aus. Dies ergibt sich gleichermaßen aus der Systematik wie dem Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 SächsGVEntschVO: Nach Satz 2 gilt der Gebührenanteil des vorangegangenen Kalenderjahres vorläufig weiter, solange für ein Kalenderjahr noch kein Gebührenanteil festgesetzt ist. Nach Satz 3 verbleibt es dabei endgültig, wenn eine rückwirkende Neufestsetzung nicht bis zum Ablauf des nachfolgenden Kalenderjahres erfolgt. Diese Bestimmungen ermöglichen die rückwirkende Neufestsetzung des Prozentsatzes bis zum Ende des auf das Abrechnungsjahr folgenden Jahres und lassen damit die Ex-post-Ermittlung des maßgeblichen Gebührenanteils ausdrücklich zu. Dieses Entschädigungsmodell würde indessen weitgehend leerlaufen, wenn die rückwirkende abstrakte Änderung des Gebührenanteils dann im zweiten Schritt nicht (mehr) mittels konkreter Festsetzung gegenüber dem einzelnen Gerichtsvollzieher umgesetzt werden könnte.

Dagegen sind die Verfahrensregelungen der § 11 Nr. 4, § 77 GVO für die hier streitige konkrete Festsetzung des Gebührenanteils gegenüber dem einzelnen Gerichtsvollzieher entgegen der Auffassung des Klägers ohne Bedeutung. Die genannten Bestimmungen kommen als Rechtsgrundlage aus mehreren Gründen nicht in Betracht: Zum einen handelt es sich bei der GVO um eine von den Landesjustizverwaltungen beschlossene, bundeseinheitlich geltende Verwaltungsvorschrift, die für den Beklagten mit Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz vom 20.3.1991 mit Wirkung vom 1.4.1991 in Kraft gesetzt wurde (vgl. SächsABl. 1990/91 Nr. 8). Die zitierten Regelungen haben damit selbst keine Rechtsnormqualität und können selbständig keine materielle Rechtsgrundlage für einen Verwaltungsakt bilden. Zum anderen regelt § 77 GVO lediglich die Verfahrensweise bei den vierteljährlichen Abrechnungen in der Weise, dass die Dienstbehörde nach Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres die Gebührenanteile, Dokumentenpauschale und sonstige Auslagen/ Zuschüsse festsetzt. Für die hier streitige rückwirkende Festsetzung des Gebührenanteils für das gesamte Abrechnungsjahr enthält die GVO dagegen gerade keine Festlegungen zur Verfahrensweise. Allerdings erklärt § 11 Nr. 5 GVO landesrechtliche Bestimmungen "über die Festsetzung von Gebühren und Entschädigung im Sinne der Nrn. 1-3" für unberührt. Somit räumt die GVO selbst - die als Verwaltungsvorschrift im Range unterhalb der SächsGV-EntschVO steht - der landesrechtlichen Bestimmung des § 2 Abs. 2 SächsGVEntschVO ausdrücklich Vorrang ein.

b) Die Festsetzung des Gebührenanteils in Ziffer 1 des Bescheids vom 12.3.2004 begegnet keinen formellen Bedenken. Das Amtsgericht ....... war gemäß § 2 Nr. 1, § 3 Nr. 1 GVO als Dienstbehörde des Klägers für den Erlass des Festsetzungsbescheides zuständig. Dagegen ist § 77 Nr. 1 GVO auf die vorliegende nachträgliche Festsetzung nicht anwendbar, da er ausschließlich die Verfahrensweise bei den vierteljährlichen Abrechnungen regelt (s. o. a). Mangels anderweitiger Bestimmungen zur Zuständigkeit - insbesondere enthält die SächsGVEntschVO insoweit keine Regelung - verbleibt es deshalb bei der allgemeinen Zuständigkeit des Amtsgerichts ....... als Dienstbehörde des Klägers. Die nach § 28 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 SächsVwVfG gebotene Anhörung des Klägers wurde durchgeführt.

c) Die Festsetzung der "Entschädigung" in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides ist auch materiell rechtmäßig.

Die vom Beklagten herangezogene Rechtsgrundlage des § 2 Abs. 2 SächsGVEntschVO mit rückwirkender Geltung zum 1.1.2003 (vgl. insoweit SächsOVG, Urt. v. 9.12.2005 - 2 D 7/04 - juris), auf die Ziffer 1 des Bescheides gestützt ist, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der Verordnung, insbesondere einer Verletzung des Rückwirkungsverbots, wurde im Verfahren 2 D 7/04 ausführlich behandelt. Der Senat hat damals entschieden, die Verordnung verstoße weder gegen die durch das Bundesverwaltungsgericht konkretisierten Vorgaben des § 49 Abs. 3 BBesG (Verpflichtung zur regelmäßigen - aktuellen und realitätsnahen - Festsetzung, Pauschalierung und Typisierung, kein bestimmtes Entschädigungsmodell), noch gegen den Gleichheitssatz. Es liege auch kein Verstoß gegen das Gebot amts-angemessener Alimentation aus Art. 33 Abs. 5 GG, § 49 Abs. 3 BBesG wegen zu gering bemessener Bürokostenentschädigung vor. Etwa vorhandene methodische Mängel bei der Ermittlung des zugrunde zu legenden Aufwands gingen nicht zulasten der Gerichtsvollzieher. Da ein bestimmtes Entschädigungsmodell für die Gewährung der Bürokostenentschädigung nicht gefordert sei, begegne auch die in dem neu gefassten § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SächsGVEntschVO geregelte vorläufige Weitergeltung des Gebührenanteils bei einer Neufestsetzung bis zum Ablauf des nachfolgenden Kalenderjahres keinen Bedenken. Hinsichtlich der Rückwirkungsproblematik hat der Senat einen Verstoß lediglich insoweit gesehen, als § 7 Abs. 1 Satz 1 SächsGVEntschVO das Inkrafttreten von § 2 Abs. 2 Satz 1 und § 3 Abs. 2 Satz 1 SächsGVEntschVO mit Wirkung vor dem 1.1.2003 anordnete. Für 2002 hätten die Gerichtsvollzieher wegen § 2 Abs. 2 GVKostVO, nach dem der Gebührenanteil des Absatzes 1 Satz 2 sowie der Jahreshöchstbetrag des § 3 Abs. 2 Satz 1 rückwirkend zum 1.1. eines jeden Kalenderjahres habe neu festgesetzt werden können, nicht mit einer Neuregelung der Vorschriften über die Höhe der Bürokostenentschädigung rechnen müssen. Zum Ablauf des Kalenderjahres 2003 hätten die Gerichtsvollzieher sich dagegen auf eine Neufestsetzung des Gebührenanteils und des Jahreshöchstbetrages einstellen müssen, da ihr Vertrauen nach dem Beschluss der Verordnung am 11.12.2003 nicht mehr schutzwürdig gewesen sei. An dieser Entscheidung einschließlich der sie tragenden Gründe hält der Senat weiterhin fest.

Entgegen der Auffassung des Klägers wird die Rechtmäßigkeit des Bescheides durch die missverständliche Benennung in Ziffer 1 des Bescheidtenors nicht berührt. Zwar trifft es zu, dass der Bescheid in Ziffer 1 den Ausdruck "Entschädigung" verwendet, der nach der Terminologie der SächsGVEntschVO (und ebenso der zuvor geltenden GVKostVO) die Bürokostenentschädigung, bestehend aus Gebührenanteil und Schreibauslagen ("Dokumentenpauschale") bezeichnet, nach den Gründen sich die Festsetzung jedoch ausschließlich auf den Gebührenanteil bezieht. Die irreführende Bezeichnung ist jedoch unschädlich, da sich der Regelungsgehalt aus den Gründen des Bescheids klar ergibt und zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen.

Der Rechtmäßigkeit der in Ziffer 1 des Bescheides getroffenen Regelung steht auch nicht die zuvor erfolgte Ermittlung des Gebührenanteils im Rahmen der Vierteljahresabrechnung entgegen. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich hierbei nicht um einen der Bestandskraft fähigen Verwaltungsakt mit der Folge einer eingeschränkten Abänderbarkeit. Gemäß § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SächsGVEntschVO (und zuvor bereits § 2 Abs. 2 GVKostVO) erfolgt die endgültige Festsetzung vielmehr erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich entweder - wie hier - durch entsprechenden Bescheid oder durch Zeitablauf der in der Verordnung vorgesehenen Frist. Das vierteljährliche Abrechnungsverfahren steht deshalb unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung der Gebührenanteile und des Jahreshöchstbetrags (ebenso OVG NRW, Urt. v. 27.1.2006 - 1 A 4120/04 - und OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.3.2007 - 4 S 14.06 - juris). Die Bestätigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der vierteljährlichen Abrechnungen hat dementsprechend lediglich vorläufigen Charakter und stellt gerade keine verbindliche Entscheidung dar. Hieran ändert auch der Hinweis des Klägers auf eine langjährige entgegenstehende Abrechnungspraxis nichts: Selbst wenn es in der Vergangenheit selten oder nie zu einer nachträglichen Abänderung der in den Vierteljahresabrechnungen ermittelten Beträge gekommen sein sollte, war eine solche doch bereits nach der alten, bis 2003 geltenden Rechtslage bis zum Ende des Abrechnungsjahres zulässig (§ 2 Abs. 2 GKostVO). Die Neuregelung verlängert demgegenüber lediglich die Zeitspanne, binnen welcher die endgültige Festsetzung erfolgen muss, bis zum Ablauf des auf das Abrechnungsjahr folgenden Kalenderjahres.

Schließlich wurde auch die Höhe des in Ziffer 1 des Bescheids festgesetzten Gebührenanteils richtig ermittelt. Der Betrag von 20.758,45 € entspricht dem in § 2 Abs. 2 Satz 1 SächsGV-EntschVO normierten Prozentsatz von 55,3 % des einbehaltenen Betrags von 37.537,88 €. Zweifel an der rechnerischen Richtigkeit sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

2. Die in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides getroffene Verpflichtung des Klägers zur Ablieferung des Betrags von 8.488,74 € begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken, da sie auf einer wirksamen Rechtsgrundlage beruht und formell und materiell rechtmäßig ist.

a) Die Rechtsgrundlage für die Ablieferung stellt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend annimmt - das allgemeine beamtenrechtliche Dienst- und Treueverhältnis i. V. m. der Dienstpflicht des Klägers zur Abführung der von ihm vereinnahmten Gebühren an die Staatskasse dar. Letztlich beruht die Ablieferung damit auf dem Institut des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Dagegen scheidet eine Anwendung des § 12 Abs. 1 BBesG ebenso wie des § 12 Abs. 2 BBesG, auch i. V. m. § 110 SächsBG, im Ergebnis aus.

Zwar könnte für eine Anwendbarkeit des § 12 Abs. 1 BBesG sprechen, dass die Bürokostenentschädigung bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsneuordungsgesetzes - DNeuG - vom 5.2.2009 (BGBl. I, S. 160) in § 49 Abs. 3 BBesG unter der Überschrift "Vergütung für Beamte im Vollstreckungsdienst" im 4. Abschnitt "Zulagen, Vergütungen" geregelt war. § 12 Abs. 1 BBesG gilt für Bezüge; hierzu zählen gem. § 1 Abs. 2 Nr. 5 BBesG auch Vergütungen. Zudem wird teilweise vertreten, dass die Bürokostenentschädigung eine Entschädigung sui generis sei, die neben der Funktion einer Aufwandsentschädigung auch Besoldungscharakter und Alimentationsfunktion habe und deshalb auch von der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes erfasst (gewesen) sei (vgl. Schinkel/Seifer, in: Fürst, GKÖD, Bd. III, § 49 Rn. 34); hierfür spreche auch ihre steuerliche Behandlung, wonach die Bürokostenentschädigung nur zu 30 % steuerfrei sei.

Indessen überwiegen im Ergebnis die Gründe, die gegen eine Erstreckung des Anwendungsbereichs von § 12 Abs. 1 BBEsG auf die Bürokostenentschädigung sprechen. Der Senat folgt insoweit der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.7.2002 - 2 C 13.01 - und Urt. v. 19.8.2004 - 2 C 41/03 - juris), der zufolge es sich bei der Bürokostenentschädigung nicht um eine Vergütung in dem o. g. Sinn handelt. Diese Auslegung berücksichtigt Wortlaut, Sinn und Zweck sowie die Entstehungsgeschichte des § 49 BBesG (vgl. hierzu auch Schinkel/Seifert, in: Fürst, GKÖD, Bd. III, § 12 BBesG Rn. 3 m. w. N., § 49 BBesG Rn. 25 ff.). Trotz dessen Überschrift "Vergütung" wird dieser Begriff lediglich in den Absätzen 1 und 2 der Vorschrift, die die Vollstreckungsvergütung betreffen, verwendet; dagegen spricht Absatz 3 von der "Abgeltung von Kosten". Der Zweck der Vorschrift besteht nicht darin, den Gerichtsvollziehern eine zusätzliche Alimentation zu gewähren, sondern darin, eine landesrechtliche Aufwandsentschädigung zu ermöglichen, um die Beamten nicht mit Kosten zu belasten, die ihnen aufgrund dienstlicher Verpflichtungen effektiv entstehen und die sie sonst aus ihrer Alimentation zu bestreiten hätten (BVerwG, Urt. v. 19.8.2004 a. a. O.). Nach der Entstehungsgeschichte sollte mit § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG eine im Verhältnis zu § 17 BBesG speziellere Vorschrift geschaffen werden, die den rechtlichen Tatbestand einer Aufwandsentschädigung klarstellt im Hinblick auf die Möglichkeit, dass dem typisierend und pauschalierend ermittelten Kostenaufwand u. U. ein geringerer tatsächlicher Aufwand gegenübersteht, der als steuerpflichtiges Einkommen zu behandeln wäre (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 19.8.2004 a. a. O. m. w. N.).

Der rechtlichen Einordnung der Bürokostenentschädigung als Kostenerstattung, die nicht Besoldungsbestandteil i. S. v. § 1 Abs. 2 BBesG ist, stehen auch ihre steuerrechtliche Behandlung und deren praktische Umsetzung nicht entgegen. Zum einen kann aus der Regelung des § 5 SächsGVEntschVO, wonach die Entschädigung in Höhe von 30 % als Aufwandsentschädigung gezahlt wird, nicht geschlossen werden, dass die Entschädigung hinsichtlich der übrigen 70 % steuerpflichtiges Einkommen i. S. von Dienstbezügen darstellt: Durch die Zahlung von 30 % "als Aufwandsentschädigung" wird lediglich der Kostenanteil abgedeckt, der auf die Unterhaltung des Büros entfällt, also die reinen Sachkosten. Soweit dem Gerichtsvollzieher daneben Kosten für die Beschäftigung einer Bürokraft entstehen, kann er diese steuerlich gesondert nachweisen; für den hierauf entfallenden Anteil der Bürokostenentschädigung zahlt er dann ebenfalls keine Steuern. Zum anderen lässt die steuerrechtliche Behandlung der Bürokostenentschädigung nur sehr begrenzt Rückschlüsse auf ihre verwaltungsrechtliche Einordnung zu: Die Frage, ob die Bürokostenentschädigung einen Dienstbezug darstellt oder nicht, ist in erster Linie nach verwaltungsrechtlichen Kriterien zu beantworten; der steuerrechtlichen Einordnung kommt in diesem Zusammenhang allenfalls Indizwirkung zu (vgl. auch OVG NRW, Urt. v. 27.1.2006 a. a. O.). Es verbleibt deshalb bei der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Qualifizierung der Bürokostenentschädigung als Kostenerstattung mit der Folge, dass der Anwendungsbereich von § 12 Abs. 1 BBesG nicht eröffnet ist. Gleiches gilt - mangels vorhandener Bezügeeigenschaft der Bürokostenentschädigung - für § 12 Abs. 2 BBesG in unmittelbarer Anwendung.

Nichts anderes folgt im Ergebnis für § 110 SächsBG i. V. m. § 12 Abs. 2 BBesG als möglicher Rechtsgrundlage für die Ablieferungsverpflichtung nach Ziffer 2 des Bescheides. Zwar gilt gemäß § 110 SächsBG für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 BBesG entsprechend: Bei der Bürokostenentschädigung handelt es sich - wie dargelegt - nicht um Besoldung oder Versorgung, sondern um eine Kostenerstattung, auf die sich § 110 SächsBG grundsätzlich erstreckt (vgl. Woydera/ Summer/Zängl, Beamtenrecht in Sachsen, Kommentar, § 110 E 3). Die geforderte Ablieferung des Teils der einbehaltenen Gebühren, der den in Ziffer 1 festgesetzten Betrag überschreitet, stellt jedoch keine Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn dar, da es bereits an einer Leistung des Dienstherrn mangelt, die rückabgewickelt werden könnte.

Bei den vom Kläger entsprechend der Vierteljahresabrechungen vereinnahmten Beträgen handelt es sich um rechtlich dem Beklagten zustehende Gebühren, die der Kläger gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 SächsGVEntschVO vorläufig zu errechnen und einzubehalten hat. Er darf darüber zwar nach Ablieferung der der Staatskasse verbleibenden Gebühren verfügen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 SächsGVEntschVO). Die Befugnis, über den einbehaltenen Anteil zu verfügen, also insbesondere Bürokosten davon zu bestreiten, ändert indessen nichts daran, dass die Zuweisung des Gebührenanteils gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 SächsGVEntschVO vorläufig erfolgt, nämlich unter dem Vorbehalt einer von der vierteljährlichen Berechnung abweichenden endgültigen Festsetzung (vgl. oben 1 c). Der Gerichtsvollzieher muss also bis zur endgültigen Festsetzung - entweder durch nachträglichen Festsetzungsbescheid oder konkludent durch Ablauf der in § 2 Abs. 2 Satz 3 SächsGVEntschVO bestimmten Frist - mit einer Änderung des vorläufig von ihm ermittelten Gebührenanteils durch den Dienstherrn rechnen. In einer nur vorläufigen Zuweisung kann indessen keine Leistung des Dienstherrn i. S. einer bewussten und zweckgerichteten Vermögensverschiebung zugunsten des Gerichtsvollziehers gesehen werden, da sich der Dienstherr die endgültige Festsetzung gerade vorbehält. Vielmehr verbleibt der zunächst vorläufig ermittelte Gebührenanteil erst nach erfolgter endgültiger Festsetzung bzw. Ablauf der genannten Frist dauerhaft als Bürokostenentschädigung im Vermögen des Gerichtsvollziehers. Erst ab diesem Zeitpunkt ist deshalb von einer "Leistung" des Dienstherrn an den Gerichtsvollzieher i. S. einer bewussten und zweckgerichteten Vermehrung fremden Vermögens auszugehen (ebenso im Ergebnis: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.3.2007 a. a. O.).

Offen bleiben kann deshalb letztlich, ob sich der Kläger auf einen Wegfall der Bereicherung hätte berufen können. Dagegen spricht allerdings, dass der Kläger wegen der zunächst bloß vorläufigen Festsetzung der Gebührenanteile mit einer endgültigen Festsetzung in anderer Höhe hätte rechnen müssen und deshalb der verschärften Haftung der § 820 Abs. 1, § 818 Abs. 4 BGB unterläge (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.3.2007 a. a. O.). Denn die Vorläufigkeit der Festsetzung entsprach bereits dem Abrechnungsmodell, wie es der GVKostVO zugrunde lag. Somit wusste der Kläger bzw. hätte er wissen müssen, dass sich bei einer Änderung des Gebührenanteils für das laufende Geschäftsjahr Rückforderungsbeträge ergeben können. Zudem waren die Gerichtsvollzieher durch Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz vom 11.9.2002 im Vorfeld über die für 2003 geplante Neuregelung der GVKostVO informiert worden. Der Kläger dürfte damit i. S. d. § 819 Abs. 1 BGB, § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG bösgläubig gewesen sein (vgl. auch OVG NRW, Urt. v. 27.1.2006 a. a. O.).

b) Die Verpflichtung zur Ablieferung des Betrags von 8.488,74 € in Ziffer 2 des Bescheids vom 12.3.2004 begegnet keinen formellen Bedenken. Das Amtsgericht ....... war als Dienstbehörde des Klägers (§ 2 Nr. 1, § 3 Nr. 1 GVO) für den Erlass des Ablieferungsbescheides zuständig; die Zuständigkeit für die Ablieferung folgt der Zuständigkeit für die Festsetzung (dazu oben unter 1 b; vgl. auch Woydera/Summer/Zängl, Beamtenrecht a. a. O., § 110 E 14d). Die nach § 28 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 SächsVwVfG gebotene Anhörung des Klägers wurde durchgeführt.

c) Die in Ziffer 2 des Bescheides getroffene Ablieferungsverpflichtung ist auch materiell rechtmäßig.

Wie oben (unter 1 c) dargelegt, begegnet die in Ziffer 1 erfolgte nachträgliche Festsetzung des Gebührenanteils gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SächsGVEntschVO keinen rechtlichen Bedenken. Hieraus folgt unmittelbar, dass eine infolge der nachträglich geänderten Festsetzung sich ergebende Differenz durch Zahlung des entsprechenden Betrages auszugleichen ist. Der Differenzbetrag zwischen vorläufig einbehaltenem Gebührenanteil (29.247,19 €) und nachträglich festgesetztem Gebührenanteil (20.758,45 €) wurde mit 8.488,74 € zutreffend ermittelt.

Der Kläger kann sich gegenüber dem Ablieferungsanspruch nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen: Wenn - wie oben unter 1 c dargelegt - gemäß § 2 Abs. 2 SächsGVEntschVO die nachträgliche Abänderung des Gebührenanteils bis zum Ende des dem Abrechnungsjahr folgenden Kalenderjahres rechtlich zulässig ist, besteht gerade kein schutzwürdiges Vertrauen des Gerichtsvollziehers auf das Behaltendürfen der vorläufig einbehaltenen Gebühren in voller Höhe (vgl. OVG NRW, Urt. v. 27.1.2006 a. a. O).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger angeführten steuerrechtlichen Gesichtspunkten. Diese können für verwaltungsrechtliche Beurteilung des Sachverhalts ohnehin nur indizielle Bedeutung haben (vgl. bereits oben unter 2 a). Wenn die Ablieferung des Differenzbetrags hier dazu führt, dass der Kläger für 2003 zuviel Steuern abgeführt hat, ist ein Ausgleich nicht durch eine Verminderung des abzuliefernden Betrages, sondern in erster Linie auf steuerrechtlichem Weg zu erreichen. Zu beachten ist hierbei, dass der Kläger durch die Rückzahlung eine Minderung seiner Steuerschuld in dem Jahr erlangen kann, in dem die Rückzahlung erfolgt (vgl. § 9, § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Nach alldem hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, da die streitentscheidende Norm einer zwischenzeitlich außer Kraft getretenen Rechtsverordnung entstammt: Die SächsGV-EntschVO wurde mit Wirkung zum 1.1.2009 durch die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die Aufwandsentschädigung für Bürokosten der Gerichtsvollzieher (Sächsische Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung - SächsGVEVO) vom 16.10.2008, SächsGVBl. S. 612, ersetzt. Im Rahmen der neuen Verordnung stellen sich die hier streitentscheidenden Fragen nicht mehr, da an die Stelle der individuellen Ermittlung der Bürokostenentschädigung durch Festsetzung eines Gebührenanteils die Abgeltung durch eine monatliche Sachkostenpauschale getreten ist.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.488,74 € festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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