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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 04.09.2009
Aktenzeichen: 2 A 413/08
Rechtsgebiete: SächsBG


Vorschriften:

SächsBG a. F. § 15 Abs. 1 Nr. 1
SächsBG a. F. § 15 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 2 A 413/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Rücknahme der Ernennung wegen arglistiger Täuschung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch

den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hahn

am 4. September 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 5. Juni 2008 - 3 K 1576/03 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.800,14 € festgesetzt.

Gründe:

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel dient der Verwirklichung von Einzelfallgerechtigkeit. Er soll eine berufungsgerichtliche Nachprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts ermöglichen, wenn sich aus der Begründung des Zulassungsantrags ergibt, dass hierzu wegen des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses Veranlassung besteht. Gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ist der Zulassungsgrund in der gebotenen Weise darzulegen. Ernstliche Zweifel in dem genannten Sinne sind deshalb anzunehmen, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens zumindest als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.6.2000, NVwZ 2000, 1164; Kammerbeschl. v. 26.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - juris). Dies ist nicht der Fall.

Der Kläger hält das verwaltungsgerichtliche Urteil für unrichtig, weil die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Ernennung zum Beamten nicht vorgelegen hätten, § 15 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. SächsBG (in der hier maßgeblichen, zur Zeit des Erlasses der Rücknahmeverfügung und des Widerspruchsbescheides geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 14.6.1999 [SächsGVBl. S. 370], geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 12.3.2007 [SächsGVBl. S. 108] im Folgenden: § 15 SächsBG a. F.). Die Geschehnisse aus dem Jahr 1994 könnten nicht als arglistige Täuschung im Sinne dieser Vorschrift gewertet werden, und sie seien auch nicht kausal für die Ernennung geworden; insoweit hätte das Verwaltungsgericht Chemnitz eine Beweisaufnahme durchführen müssen. Selbst wenn eine arglistige Täuschung zu bejahen wäre, wäre das angefochtene Urteil doch fehlerhaft, da es fälschlich die Einhaltung der Jahresfrist des § 15 Abs. 4 SächsBG a. F. bejahe. Der Beklagte habe bereits im Jahr 1994 von der Tätigkeit des Klägers für das MfS Kenntnis gehabt. Die Entlassungsverfügung vom 29.1.2002 sei daher nicht fristgerecht ergangen.

Dieses Vorbringen rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Denn die dem Kläger vorzuwerfende arglistige Täuschung liegt in der wahrheitswidrigen Ausfüllung des Fragebogens vom 4.1.1991, welche Grundlage für die Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum 1.1.1992 war. Dies ist, jedenfalls im Ergebnis, auch Grundlage der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts (Urteilsabdruck S. 8). Soweit hier zusätzlich auf die Vorfälle im Jahr 1994 abgestellt wird, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn Grundlage für die Einstellung in den Polizeidienst und die Ernennung zum Beamten waren die Erklärungen des Klägers 1991. Zu der dieser vorangegangenen arglistigen Täuschung hat der Kläger im Zulassungsantrag indes nicht vorgetragen.

Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Rücknahme der Ernennung innerhalb der von § 15 Abs. 4 SächsBG a. F. vorgesehenen Jahresfrist erfolgt ist. Denn diese beginnt erst mit vollständiger Kenntnis der Behörde von den für ihre Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkten zu laufen (SächsOVG, Urt. v. 22.7.2009 - 2 A 359/08 -; vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.12.1984, BVerwGE 70, 356). Dem Kläger ist insoweit nicht zu folgen, dass bereits im Jahr 1994 mit dem Bekanntwerden seiner Tätigkeit für das MfS die Frist begonnen hätte, denn zum damaligen Zeitpunkt stand Art, Inhalt und Intensität der inoffiziellen Tätigkeit und Berichterstattung nicht fest. Dies war erst mit den Unterlagen der zweiten Auskunft des Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen vom 22.2.2001 der Fall.

Ausgehend von diesem Zeitpunkt liegt die Rücknahmeverfügung vom 29.1.2002 offenkundig innerhalb der Jahresfrist des § 15 Abs. 4 SächsBG a. F.

2. Die Berufung ist schließlich nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn mit ihr eine grundsätzliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht entschiedene Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellungen bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich im erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf.

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, "ob ein Beamter, der eine Tätigkeit für das MfS erst auf entsprechenden Vorhalt zugibt, arglistig täuscht i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. SächsBG, wenn er diese Tätigkeit in Übereinstimmung mit einer Darstellung des MfS im Abschlussbericht, die Tätigkeit sei mit Einsatzfreude und Einsatzinitiative jedoch geringen Ergebnissen erfüllt worden, beschreibt und angibt, er sei reinen Gewissens und müsse sich nichts vorwerfen, und wenn diese Darstellung im Abschlussbericht des MfS vom Dienstherrn als Beleg für die weitere Tragbarkeit des Beamten herangezogen wird", stellt sich in dem erstrebten Berufungsverfahren nach den obigen Ausführungen nicht. Entscheidungserheblich ist ausschließlich die arglistige Täuschung im Jahr 1991 und nicht das Verhalten des Klägers im Jahr 1994. Im Übrigen fehlt es an einer Darlegung, inwieweit diese Frage über den Einzelfall hinaus für eine Vielzahl von anderen Verfahren von Bedeutung sein könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der zutreffenden Festsetzung durch das Verwaltungsgericht, gegen die die Beteiligten keine Einwände erhoben haben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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