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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 16.12.2008
Aktenzeichen: 2 B 350/08
Rechtsgebiete: VwGO, GG


Vorschriften:

VwGO § 123
GG Art. 33 Abs. 2
Die nach Art. 33 Abs. 2 GG gebotene Bestenauslese erfordert, zur Ermittlung des Leistungsstands konkurrierender Bewerter in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien - regelmäßig die aktuellsten dienstlichen Beurteilungen - zurückzugreifen.

Im Konkurrentenstreitverfahren um einen Dienstposten bestimmt sich der Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 52 Abs. 2 GKG, wobei eine Halbierung wegen Vorwegnahme der Hauptsache unterbleibt.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 2 B 350/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen beamtenrechtlicher Konkurrentenrechtsstreits; Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke

am 16. Dezember 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 17. September 2008 - 11 L 114/08 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Streitwert wird in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Dresden für beide Rechtszüge auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet.

Die vom Antragsgegner dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, lassen nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht dem Antrag des Antragstellers, es dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Stelle des Leiters der Abteilung 2 des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens endgültig zu besetzen, zu Unrecht stattgegeben hat.

Das Verwaltungsgericht stützt seine Entscheidung zur Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung im Wesentlichen auf die fehlende Beurteilungsgrundlage: Für den Antragsteller habe keine aktuelle Beurteilung vorgelegen; hierauf habe auch nicht ausnahmsweise verzichtet werden können. Im Übrigen könnten die vom Antragsgegner durchgeführten Auswahlgespräche die Auswahlentscheidung ohnehin nicht allein tragen, da sie die Mindestanforderungen, die hinsichtlich Konzeption und Verfahrensweise sowie Transparenz und Nachvollziehbarkeit an derartige Bewerbergespräche zu stellen seien, nicht erfüllten. Die hiergegen mit der Beschwerde vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

1. Das Vorbringen, der Antragsteller entspreche bereits nicht dem der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten Anforderungsprofil, da er das Auswahlkriterium "hohe Fachkompetenz durch spezifische Kenntnisse und Erfahrungen im Aufgabenbereich der Abteilung." als Soziologe nicht erfülle, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.

Zum einen steht es im direkten Widerspruch zum Auswahlvermerk des Antragsgegners vom 25.1.2008, wonach die fachliche Qualifikation des Antragstellers unter Bezugnahme auf das Bewerbungsgespräch mit "gut" bewertet wird. Zum anderen führt ein Abstellen auf eine beim Antragsteller nicht vorhandene medizinische bzw. naturwissenschaftliche Qualifikation zu einer nachträglichen Abänderung des Anforderungsprofils, worin lediglich von "Fachkompetenz durch spezifische Kenntnisse und Erfahrungen im Aufgabenbereich der Abteilung." die Rede ist. Eine derartige Abänderung des Anforderungsprofils ist indessen nachträglich nicht mehr zulässig; vielmehr bleibt die einmal entwickelte und im Auswahlvermerk niedergelegte Dienstpostenbeschreibung für das Auswahlverfahren verbindlich (BVerwG, Urt. v. 16.8.2001, NVwZ-RR 2002, 47).

2. Der Einwand, für den Antragsgegner habe im Rahmen des Auswahlverfahrens keine Verpflichtung bestanden, eine Anlassbeurteilung für den Antragsteller einzuholen, geht fehl.

Die nach Art. 33 Abs. 2 GG gebotene Bestenauslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung erfordert, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen (BVerwG, Beschl. v. 20.1.2004, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23 unter Verweis auf BVerwG, Urt. v. 18.7.2001, Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 22). Regelmäßig sind dies die - bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - aktuellsten dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, Beschl. v. 18.7.2001 a. a. O. m. w. N.; vgl. auch Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 6. Aufl., Rn. 63 und 424 m. w. N.). Neben den Regelbeurteilungen kommt hierbei der Anlassbeurteilung eines Bewerbers als aktueller Aussage über die Entscheidungskriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung eine besondere Bedeutung zu (SächsOVG, Beschl. v. 28.11.2003 - 3 BS 465/02 -). Der Antragsgegner hat sich nach eigenem Vorbringen weder auf die - ohnehin nicht mehr aktuelle - Regelbeurteilung des Antragstellers vom 1.5.2000, noch auf ein unter dem 30.5.2007 erstelltes Dienstzeugnis gestützt; eine Anlassbeurteilung hat er nicht eingeholt. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners lag auch keine Sondersituation vor, die es dem Antragsgegner ausnahmsweise erlaubt hätte, bei seiner Auswahlentscheidung auf dienstliche Beurteilungen zu verzichten und sich allein auf Auswahlgespräche zu stützen. Eine solche war insbesondere nicht durch die zum 1.1.2007 erfolgte Abordnung des Antragstellers gegeben; insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (Beschluss S. 8 - Buchstabe b) verwiesen. Die Auswahlentscheidung zulasten des Antragstellers beruht deshalb auf einer mangelnden Beurteilungsgrundlage und wird sich im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen.

3. Das weitere Beschwerdevorbringen, wonach die vom Antragsgegner als Beurteilungsgrundlage herangezogenen Auswahlgespräche fehlerfrei durchgeführt und hinreichend dokumentiert worden seien, bedarf nach dem oben Gesagten keiner Entscheidung mehr. Es kann dahinstehen, ob die durchgeführten Bewerbergespräche für sich genommen den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen genügten. Denn der Antragsgegner konnte sich nicht ausschließlich auf die Auswahlgespräche als Mittel der Bewerberauswahl stützen, wie er es im Falle des Antragstellers ausweislich der Begründung der Ablehnungsmitteilung vom 14.2.2008 indessen getan hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren nicht zu erstatten, da dieser keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 2, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Streitgegenständlich ist vorliegend (nur) die Dienstpostenbesetzung; eine Verleihung eines anderen Amts i. S. der Regelung des § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG stand dagegen bei Antragstellung (noch) nicht unmittelbar bevor. Bei der Besetzung des Dienstpostens des Abteilungsleiters. handelt es sich um eine Umsetzung, für welche der Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG festzusetzen ist (st. Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa Beschl. v. 1.3.2006 - 2 E 324/05-, zit. nach juris). Von einer Halbierung war wegen der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache abzusehen (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt bei Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., Anh § 164 Rn. 14).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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