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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.09.2009
Aktenzeichen: 2 B 415/09
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 54 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 A 415/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Ausbildungsförderungsrechts

hier: Bewilligung von PKH für ein noch durchzuführendes Verfahren auf Zulassung der Berufung

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger

am 15. September 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein noch zu beantragendes Verfahren auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 16. Juli 2009 - 4 K 551/06 - wird abgelehnt.

Gründe

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 16.7.2009 vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht. Sie ist zwar aufgrund ihrer nachgewiesenen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung ganz, zum Teil oder in Raten aufzubringen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet jedoch nicht die für die Gewährung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO).

Die nach § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO einmonatige Frist für die Beantragung der Zulassung der Berufung ist mittlerweile zwar versäumt. Der Klägerin kann jedoch für diesen noch zu stellenden Antrag gemäß § 60 VwGO auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Sie war bislang ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Frist gehindert, weil sie nicht selbst in der Lage ist, die Kosten für die Prozessführung in dieser Instanz aufzubringen. Erst mit dem vorliegenden Beschluss über den Antrag auf Bewilligung auf Prozesskostenhilfe wird dieses Hindernis beseitigt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.1.2004, DVBl 2004, 836). Der Benennung eines zu ihrer Vertretung im Zulassungsverfahren bereiten Rechtsanwaltes bedurfte es an dieser Stelle noch nicht (BVerfG, Beschl. v. 14.5.1985, NJW 1986, 244).

Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Vorgaben, dem Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, darf die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren soll den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht ersetzen, sondern zugänglich machen. Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürfen deshalb nicht überspannt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006, BayVBl. 2006, 677, und Beschl. v. 26.2.2007, NVwZ-RR 2007, 361). Mithin muss der Erfolg nicht gewiss sein, es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen (vgl. P. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 166 Rn. 26).

Die Klägerin ficht in der Hauptsache drei Bescheide der Beklagten vom 29.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Ausbildungsförderung vom 30.3.2006 an, mit welchen die Beklagte drei Leistungsbewilligungsbescheide nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz vom 30.9.2002, 30.9.2003 und 30.7.2004 (teilweise) aufhob und gewährte Leistungen i. H. v. insgesamt 14.592,- € zurückforderte. Bei der Berechnung der Bundesausbildungsförderung hätten als Vermögen der Klägerin zusätzlich Beträge i. H. v. 2.000,- € (abgehoben am 10.6.2002), 2.000,- € (abgehoben am 16.7.2002), 4 x 500,- € (abgehoben am 5.,7.,8. und 9.8.2002), 2.000,- € (aufs Girokonto übertragen am 27.6.2003), 2.000,- € (abgehoben am 15.7.2003), 1.900,- € (abgehoben am 4.8.2003) sowie die Auflösung eines Sparbuches über 7.673,66 € am 21.5.2004 berücksichtigt werden müssen, welche die Klägerin zeitnah zur Beantragung von Ausbildungsförderung aus ihrem Vermögen genommen und bei der Antragstellung jeweils verschwiegen habe. Das Verwaltungsgericht hat der gegen diese Bescheide gerichteten Klage insoweit stattgegeben, als die Leistungsbewilligung im Bescheid vom 30.9.2002 in Höhe von mehr als 409,- € monatlich aufgehoben und die Klägerin zu einer Rückzahlung von mehr als 14.184,- € herangezogen wurde. Insoweit habe die Klägerin nachgewiesen, dass sie das Geld von ihrem Sparbuch vor der Beantragung von Ausbildungsförderung nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise abgehoben habe. Darüber hinaus aber sei davon auszugehen, dass die genannten Beträge bei der Überprüfung des Anspruches auf Gewährung von Ausbildungsförderung zu berücksichtigendes Vermögen der Klägerin darstellten.

Ein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dabei berücksichtigt der Senat, dass von der - wegen ihrer Vermögenslosigkeit nicht anwaltlich vertretenen - Klägerin in diesem Prozesskostenhilfeverfahren kein substanziierter Vortrag zum Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen des § 124 Abs. 2 VwGO verlangt werden kann.

Die Prüfung des Sach- und Streitstandes und des Vortrages der Beteiligten ergibt, dass die Klägerin mit einem auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteiles i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützten Antrag auf Zulassung der Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Das Verwaltungsgericht hat, soweit es die Klage abgewiesen hat, seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Klägerin einen ausbildungsförderungsunschädlichen Verbleib der Gelder nicht nachvollziehbar dargelegt habe. Dabei hat es sich detailliert und nachvollziehbar mit dem Vortrag und den vorgelegten Belegen der Klägerin zu den einzelnen Abbuchungen im Vorfeld der Beantragung von Ausbildungsförderung jeweils für die drei Ausbildungsjahre auseinander gesetzt. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin im Umfang der Klageabweisung nicht mit der erforderlichen Gewissheit die geltend gemachten Ausgaben und Darlehensverhältnisse dartun konnte. Es wäre an der Klägerin gewesen, die einzelnen Ausführungen des Gerichts durch konkrete Angaben etwa dazu in Zweifel zu ziehen, was es mit der "mittelbaren Rückzahlung" von 1.000,- € vom 10.6.2006 für schon im April 2002 getilgte Ausgaben für ihr KfZ auf sich hatte, warum sie im Frühsommer 2006 welches Darlehen ihres nunmehr verstorbenen Großonkels tilgte, warum sie ihrer Mutter im Juli 2007 bis zum Ende der Ausbildung gestundetes Kostgeld zu zahlen hatte, welche Kosten ihr im August 2002 tatsächlich für die Reparatur ihres KfZ entstanden sind, oder durch die Vorlage von Belegen zum Beispiel zum Kauf des Notebooks im August 2003. Wie die Klägerin die Gelder verbrauchte, fällt allein in ihre Sphäre. Sie kann und muss auch ohne anwaltliche Hilfe den entsprechenden Tatsachenvortrag bringen und die diesen stützenden Belege vorlegen. Es reicht mangels sonstiger Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Entscheidung nicht aus, sich zur Begründung des Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz auf die Bemerkung beschränken, die Ausführungen des Urteils gingen am täglichen Leben vorbei.

Im Übrigen kann die Klägerin einen Antrag auf Zulassung der Berufung nicht auf die Verletzung einer dem Verwaltungsgericht obliegenden Aufklärungspflicht stützen. Sie hatte im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht schriftsätzlich die Einvernahme ihrer Mutter als Beweis angeboten dafür, dass zum einen bereits bei der Beantragung der Ausbildungsförderung Kontenüberprüfungen stattgefunden und die zuständigen Mitarbeiter jeweils die ordnungsgemäße Vermögensangabe bestätigt hätten und zum anderen, dass ihre Mutter nach Bekanntwerden der o. g. Kontobewegungen wiederholt aber vergeblich versucht habe, den Mitarbeitern der Beklagten zu erklären, wie die Kontobewegungen auf ihrem Sparbuch und Girokonto zustande gekommen seien. Eine solche Beweisaufnahme war nicht entscheidungserheblich. Für den Anspruch auf die Gewährung von Ausbildungsförderung ist es unerheblich, welche Kontenüberprüfungen die Beklagte in Vorbereitung der Entscheidung über die Bewilligung von BAföG vornahm, und wie sich die zuständigen Mitarbeiter der Mutter der Klägerin hierzu gegenüber äußerten. Unstreitig hatte die Beklagte seinerzeit keine Kenntnis von den eingangs genannten Abbuchungen der Klägerin im Vorfeld der jeweiligen Antragstellung erlangt. Auch der vergebliche Versuch der Mutter der Klägerin, den Mitarbeitern der Beklagten den Verbleib der abgehobenen Geldbeträge zu erläutern, ist nicht entscheidungserheblich. Die Klägerin konnte und musste die entsprechenden Nachweise über den Verbleib der Gelder nunmehr im verwaltungsgerichtliche Verfahren selbst vorlegen. Im Übrigen kann eine anwaltlich vertretene Partei eine Aufklärungsrüge nicht erfolgreich mit einer nach seiner Sicht erforderlichen, aber unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung begründen, wenn sie vorher einem gerichtlichen Anhörungsschreiben zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht mit dem Hinweis widerspricht, in der mündlichen Verhandlung solle ein Beweisantrag zu der für erforderlich gehaltenen Sachverhaltsermittlung gestellt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.10.2007 - 5 B 157/07 - zitiert nach juris).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO)

Ende der Entscheidung

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