Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 08.10.2009
Aktenzeichen: 2 B 458/09
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 152a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 2 B 458/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Untersagung der Verlagerung mikrobiologischer Untersuchungen; Antrag nach § 123 VwGO Beschwerde

hier: Rüge nach § 152 a VwGO

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hahn

am 8. Oktober 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Anhörungsrüge des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe:

Die zulässige Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Der Senat hat den Anspruch des Antragsgegners auf rechtliches Gehör nicht verletzt (vgl. § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Anhörungsrüge eröffnet die Möglichkeit fachgerichtlicher Abhilfe für den Fall, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Sie ist begründet, wenn das Gericht entscheidungserheblichen Vortrag der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt aber dann nicht vor, wenn das Gericht dem zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen des Verfahrensbeteiligten nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als es der Beteiligte für richtig hält. Die Unrichtigkeit der einer Entscheidung zugrunde-liegenden Rechtsauffassung kann deshalb mit einer Anhörungsrüge nicht geltend gemacht werden (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 21.4.2008, SächsVBl. 2008, 194).

Hier rügt der Antragsgegner zum einen, der Senat habe seinen Vortrag, sowohl im Rahmen der Dekanatssitzung vom 23.3.2009 als auch im Rahmen der Fakultätsratssitzung vom 21.4.2009 sei implizit auch dem Vorstandsbeschluss zugestimmt worden, nicht zur Kenntnis genommen. Dies trifft nicht zu.

Der Senat führt auf Seite 5 der Entscheidungsgründe - bezogen auf die Fakultätsratssitzung - aus, dass daraus, dass der Fakultätsrat auf seiner Sitzung vom 21.4.2009 Konsequenzen aus dem vermeintlich wirksamen Vorstandsbeschluss gezogen habe, nicht auf eine Zustimmung geschlossen werden könne. Damit hat sich der Senat - bezogen auf den Fakultätsrat - mit dem Vorbringen des Antragsgegners in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich auseinandergesetzt. Er hat ausgeführt, dass in der Umsetzung des Vorstandsbeschlusses keine Zustimmung zu diesem Beschluss liege. Auf die Dekanatssitzung im März 2009 ist der Senat nicht ausdrücklich eingegangen. Dies hatte seinen Grund u. a. darin, dass der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren Ausführungen nur zur Fakultätsratssitzung, nicht jedoch zur vorangegangenen Dekanatssitzung gemacht hatte. Auf den erstinstanzlichen Vortrag zur Dekanatssitzung einzugehen bestand auch deshalb keine Notwendigkeit, weil dieser Vortrag rechtlich ebenso zu bewerten ist wie der Vortrag zur Fakultätsratssitzung. Auch daraus, dass das Dekanat Konsequenzen aus dem Vorstandsbeschluss gezogen hat, kann auf seine Zustimmung nicht geschlossen werden.

Soweit der Antragsgegner in der Begründung seiner Anhörungsrüge hierzu eine abweichende Rechtsauffassung vertritt, kann diese mit der Anhörungsrüge nicht geltend gemacht werden. Der Senat weist indes darauf hin, dass die vom Antragsgegner vertretene Auffassung auch fehlgeht. Die Zustimmung durch das Dekanat setzt voraus, dass sich dieses seiner gesetzlich begründeten materiellen Mitentscheidungskompetenz bewusst war und es die geplante Maßnahme anhand der spezifischen Bedürfnisse und Interessen der Fakultät sowie unter Abwägung insbesondere der berührten Grundrechte einer eigenständigen Bewertung unterzogen hat (vgl. z. B. BayVGH, Beschl. v. 26.8.2008 - 7 CE 08.10598 u. a. -). Dafür sind hier keinerlei Anhaltspunkte erkennbar.

Soweit der Antragsgegner zum anderen rügt, der Senat hätte einen Hinweis darauf erteilen müssen, dass er der Auffassung ist, dass § 9 Abs. 2 UKG Drittschutz vermittelt, ist das rechtliche Gehör ebenfalls nicht verletzt. Der Senat war zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung nicht verpflichtet.

Grundsätzlich ist ein Gericht zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung nicht verpflichtet. Aus Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 78 Abs. 2 SächsVerf folgt keine Aufklärungspflicht in Bezug auf die Rechtsansicht des Gerichts (vgl. z. B. BVerfG, Beschl. v. 5.11.1986, BVerfGE 74, 1, 5). Insbesondere ist eine vorherige Information nicht geboten, wenn ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter mit den richterlichen Schlussfolgerungen hätte rechnen können (SächsVerfGH, Beschl. v. 12.7.2001, NVwZ-RR 2002, 150).

So liegt es hier. Der Antragsteller hatte sich in der Begründung seiner Beschwerde auf Seite 12 unter Ziffer V Nr. 1 ausdrücklich darauf berufen, dass der Vorstand des Antragsgegners den angegriffenen Beschluss nicht ohne Zustimmung des Aufsichtsrates hätte fassen dürfen. Der Antragsgegner musste sich deshalb darauf einstellen, dass der Senat die Fragen, ob der Vorstandsbeschluss der Zustimmung des Aufsichtsrates bedurfte und ob der Antragsteller sich auf ein mögliches Fehlen der Zustimmung berufen kann, einer Prüfung unterziehen werde. Eines gesonderten Hinweises bedurfte es hierzu - insbesondere in dem beschleunigt durchzuführenden Eilverfahren - nicht.

Soweit der Antragsgegner darüber hinaus ausführt, § 9 Abs. 2 UKG vermittle seiner Auffassung nach keinen Drittschutz und außergewöhnliche Entscheidungen im Sinne der Vorschrift seien nur solche mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen, rügt er die inhaltliche Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung. Diese kann aber - wie ausgeführt - mit der Anhörungsrüge nicht geltend gemacht werden.

Nur der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass diese Rechtsansichten aus den im angegriffenen Beschluss genannten Gründen nicht zutreffen. Auch die Befürchtung des Antragsgegners, dass unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats alle Entscheidungen, die irgendwie die Wissenschaftsfreiheit berühren, der Zustimmung des Aufsichtsrates bedürfen, geht fehl. Nach der Entscheidung des Senats bedürfen nur solche Entscheidungen der Zustimmung, die wesentliche Auswirkungen auf die Wissenschaftsfreiheit haben können und deshalb von grundsätzlicher Bedeutung sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da nach Nummer 5400 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr von 50,00 € erhoben wird.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

Zurück