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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.11.2005
Aktenzeichen: 2 BS 247/05
Rechtsgebiete: SchulG


Vorschriften:

SchulG § 4a Abs. 4
SchulG § 23 Abs. 3
SchulG § 24 Abs. 3
1. Zum Ausnahmefall der unzumutbaren Schulwegbedingungen oder Schulwegentfernungen.

2. Grundsätzlich ist davon auszugehne, dass die Träger der Schülerbeförderung einem Mangel, der zu unzumutbaren Schulwegbedingungen oder -entfernungen führt, rechtzeitig vor dem Beginn des Unterrichts im neuen Schuljahr abhilft. Macht der Träger der Schülerbeförderung jedoch geltend, zur Abhilfe nicht willens oder in der Lage zu sein, kann der Schulträger die Aussetzung einer schulorganisatorischen Maßnahme des Freistaates bis zur Schaffung zumutbarer Verhältnisse verlangen.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Teilaufhebung der Mittelschule Schönfeld (Klassenstufe 5) im Schuljahr 2005/2006; Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Reich, den Richter am Oberverwaltungsgericht Munzinger und die Richterin am Verwaltungsgericht Ackermand am 3. November 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 24. August 2005 - 5 K 1236/05 - geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus vom 27. Mai 2005 - 23-6420.13/411/9 - wird wiederhergestellt.

Der Antrag des Antragsgegners auf Beiladung des Landkreises Riesa-Großenhain wird abgelehnt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antrag des Antragsgegners, den Landkreis Riesa-Großenhain notwendig beizuladen, ist abzulehnen.

Gemäß § 65 Abs. 2 VwGO hat eine notwendige Beiladung zu erfolgen, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, wenn also die vom Kläger begehrte Sachentscheidung nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Dritten gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (vgl. etwa J. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. § 65 RdNr. 16 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Die angefochtene Entscheidung des Antragsgegners nach § 24 Abs. 3 Satz 2 SchulG hat zwar Einfluss auf die dem Landkreis als dem Träger der notwendigen Schülerbeförderung gemäß § 23 Abs. 3 SchulG obliegenden Pflichten. Diese werden durch die Entscheidung aber nicht unmittelbar gestaltet. Denn es obliegt dem Landkreis, die Schülerbeförderung im gesetzlich vorgegebenen Rahmen im Einzelnen auszugestalten und zu organisieren.

Von einer einfachen Beiladung des Landkreises Riesa-Großenhain nach § 65 Abs. 1 VwGO sieht der Senat ab. Dies entspricht der Praxis des Senats und der sächsischen Verwaltungsgerichte in Verfahren wie dem vorliegenden, in denen sich eine Gemeinde gegen den Widerruf der Mitwirkung des Antragsgegners an der Unterhaltung einer Schule oder einer Klassenstufe wendet.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts erweist sich aus den von der Antragstellerin dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) als rechtswidrig. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27.5.2005.

Mit Bescheid vom 27.5.2005 wurde festgestellt, dass das öffentliche Bedürfnis für die Einrichtung der Klassenstufe 5 an der Mittelschule Schönfeld im Schuljahr 2005/2006 nicht besteht (Ziff. 1). Weiter wurde die Mitwirkung des Antragsgegners an der Unterhaltung der Klassenstufe 5 der Mittelschule Schönfeld für das Schuljahr 2005/2006 widerrufen (Ziff. 2). Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Ziff. 3).

1. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung stellt sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig dar. An der Einrichtung der Klassenstufe 5 an der Mittelschule der Antragstellerin besteht gemäß § 24 Abs. 3 Satz 2 SchulG ein öffentliches Bedürfnis. Die Voraussetzungen des § 4a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 SchulG liegen zwar nicht vor, da die Klassenstufe 5 angesichts von 27 Anmeldungen nicht zweizügig geführt werden kann. Es liegt aber der Ausnahmetatbestand der unzumutbaren Schulwegbedingungen und -entfernungen gemäß § 4a Abs. 4 Satz 2 Nr. 6 SchulG vor.

a) Der in § 4a Abs. 4 Satz 2 Nr. 6 SchulG verwendete Begriff der Unzumutbarkeit entzieht sich einer pauschalierenden Betrachtung. Ob Schulwegbedingungen oder -entfernungen unzumutbar sind, bedarf einer die Umstände des Einzelfalles berücksichtigenden Wertung. Hierbei können zunächst die in der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über den Landesentwicklungsplan Sachsen (LEP 2003) vom 16.12.2003 (SächsGVBl. S. 915) enthaltenen Richtwerte für den ÖPNV/SPNV berücksichtigt werden. Als Grundsatz G 16.3.1 wird dort ausgeführt, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensbedingungen der Menschen sollen in allen Landesteilen vielfältige und hochwertige Bildungseinrichtungen in zumutbaren Entfernungen zugänglich sein. In der in der Verordnung aufgenommenen Begründung zum Grundsatz 16.3.1 heißt es, durch die Organisation des ÖPNV/SPNV sollen die Träger der Schülerbeförderung gewährleisten, dass zumutbare Schulwege zu dem jeweils nächstgelegenen Schulstandort der jeweiligen Schulart einer öffentlichen Schule erleichtert werden. Als Orientierungen für die Organisation des ÖPNV kommen maximale Fahrzeiten von 30 Minuten für Grundschulen sowie 45 Minuten für Mittelschulen und Gymnasien in Betracht. Schulwege einschließlich der Fußwege von der Wohnung zur Bushaltestelle und von der Endbushaltestelle zur Schule von bis zu 60 Minuten sind regelmäßig angemessen. Eine absolute Obergrenze von 60 Minuten enthält die die Organisation des ÖPNV/SPNV betreffende Begründung jedoch nicht. Beruht ein 60 Minuten übersteigender Schulweg etwa auf einer atypischen Wohnsituation eines Schülers, die einen längeren Fußweg zur nächsten Bushaltestelle erfordert, kann auch ein 60 Minuten übersteigender Schulweg zumutbar sein. Zu berücksichtigen ist auch, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dass die Schüler ihr Klassenzimmer zur Vorbereitung auf den Unterricht rechtzeitig erreichen müssen, so dass nicht die gesamte Wartezeit bis zum Unterrichtsbeginn dem Schulweg zuzurechnen ist (vgl. zum Vorstehenden Beschl. des Senats v. 27.9.2005 - 2 BS 260/05 -).

Der Antragsgegner macht demgegenüber geltend, Adressat der vorbenannten Bestimmungen und der Begründung des LEP 2003 seien die Landkreise als Träger der Schülerbeförderung. Wäre es richtig, dass das Schulnetz nur soweit reduziert werden könne, dass Fahrzeiten von maximal 45 Minuten entstehen, wäre es jedem Landkreis in die Hand gegeben, durch Verlängerungen der Fahrwege die Existenz jeder Kleinschule zu sichern. Dies widerspreche aber den schulrechtlichen Vorgaben. Die 45 Minuten seien als Orientierung für die Organisation der Schülerbeförderung genannt. Im Einzelfall seien auch längere Fahrzeiten zulässig. Der Leitfaden für den Schülerverkehr von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen sowie vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen halte Reisezeiten für Mittelschüler von 60 bis 90 Minuten für zumutbar. Darin seien Wartezeiten vor bzw. nach dem Unterricht nicht enthalten.

Diese Ausführungen geben keine Veranlassung zu einer Änderung der Senatsrechtsprechung. Auch der Senat geht davon aus, dass Adressaten der Festlegungen im LEP 2003 die Träger der Schülerbeförderung sind. Zwischen der Verpflichtung der Träger der Schülerbeförderung, den ÖPNV/SPNV so zu organisieren, dass Fahrzeiten von über 45 Minuten vermieden werden, und dem Vorliegen des Ausnahmegrundes des § 4a Abs. 4 Satz 2 Nr. 6 SchulG besteht jedoch eine Wechselbeziehung. Gelingt es dem Träger der Schülerbeförderung, Fahrzeiten von maximal 45 Minuten zu erreichen, liegt der Ausnahmegrund im Falle des Fehlens anderer Besonderheiten regelmäßig nicht vor. Gelingt dem Träger der Schülerbeförderung dies trotz aller ihm zumutbarer Anstrengungen jedoch nicht, liegt der Ausnahmegrund, wiederum vorbehaltlich des Fehlens anderer Besonderheiten, vor. Entgegen der Befürchtung des Antragsgegners haben es so die Landkreise nicht in der Hand, durch Verlängerung der Fahrwege die Existenz jeder Kleinschule zu sichern. Denn die Landkreisen haben die ihnen als Träger der Schülerbeförderung gemäß § 23 Abs. 3 SchulG obliegenden und durch die vorbenannten Festlegungen des LEP 2003 konkretisierten Pflichten zu erfüllen. Kommt ein Landkreis dem nicht nach, kann die Erfüllung der Pflichten vom Antragsgegner mit den Mitteln der Rechtsaufsicht durchgesetzt werden. Angesichts der normativen Festlegungen im LEP 2003 hat die Orientierung an den dort aufgeführten Richtwerten und nicht aufgrund von Vorschlägen Dritter zu erfolgen.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Träger der Schülerbeförderung ihrer sich aus § 23 Abs. 3 SchulG ergebenden Pflicht nachkommen. Dementsprechend hat sich der Senat in Entscheidungen, die vor dem Unterrichtsbeginn im jeweiligen neuen Schuljahr erfolgen konnten, mit dem Hinweis begnügt, dass es dem für die Schülerbeförderung zuständigen Träger obliegt, einem erkannten Mangel, etwa einer fehlenden Harmonisierung der Fahrzeiten der Busse mit dem Unterrichtsbeginn, abzuhelfen (vgl. etwa Beschl. des Senats v. 16.8.2004 - 2 BS 284/04 -). Bestehen jedoch nach Unterrichtsbeginn im neuen Schuljahr noch keine den vorgenannten Kriterien entsprechenden Verbindungen und macht der Landkreis substantiiert geltend, hierzu nicht willens oder nicht in der Lage zu sein, so dass nicht damit zu rechnen ist, dass alsbald Abhilfe geschaffen wird, kann der Schulträger die Aussetzung der schulorganisatorischen Maßnahme jedenfalls bis zur Schaffung zumutbarer Verhältnisse verlangen; denn bereits im Zeitpunkt der Verwirklichung einer schulorganisatorischen Maßnahme müssen damit verbundene unzumutbare Folgewirkungen für die Schulkinder ausgeschlossen werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.10.1978 - 7 CB 75.78 -, NJW 1979, 828 und Beschl. v. 5.9.1978 - 7 B 180.78 -, NJW 1979, 176 sowie Niehues, Schulrecht, 3. Aufl., RdNr. 172, jeweils zu Ansprüchen von Schülern und deren Eltern). Dies gilt nicht nur für von Schülern und/oder deren Eltern geltend gemachte Ansprüche. Denn ein Schulträger ist in eigenen Rechten verletzt, wenn trotz Bestehens eines öffentlichen Bedürfnisses für die Einrichtung einer Klassenstufe ein Mitwirkungswiderruf erfolgt. Ein öffentliches Bedürfnis an der Einrichtung einer Klassenstufe besteht auch dann, wenn zwar die Voraussetzungen des § 4a Abs. 1 bis 3 SchulG nicht vorliegen, aber ein Ausnahmefall nach § 4a Abs. 4 SchulG gegeben ist.

Dem kann entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Antragsgegners nicht entgegen gehalten werden, der für die Schülerbeförderung zuständige Landkreis Riesa-Großenhain könne die Schülerbeförderung in einer Weise organisieren, die nicht zu unzumutbaren Schulwegbedingungen oder -entfernungen führe, und den betroffenen Schülern und/oder deren Eltern stehe offensichtlich ein gegebenenfalls gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Einrichtung einer zumutbaren Schülerbeförderung gegen den Landkreis zu, auf den sie verwiesen werden könnten. Letzteres Argument greift jedenfalls bei einem Antrag eines Schulträgers nicht, da dieser keinen Anspruch gegen den Landkreis auf Einrichtung einer zumutbaren Schülerbeförderung hat. Ob den betroffenen Schülern und/oder deren Eltern ein solcher Anspruch zustehen kann, kann hier deshalb dahinstehen. Wie oben bereits ausgeführt ist im vorliegenden Verfahren auch nicht zu prüfen, ob der Träger der Schülerbeförderung verpflichtet ist, die Schülerbeförderung so zu organisieren, dass keine unzumutbaren Schulwegbedingungen oder -entfernungen bestehen. Entsprechende Verpflichtungen des Landkreises sind vom Antragsgegner mit den Mitteln der Rechtsaufsicht durchzusetzen.

b) Es liegen im Sinne des § 4a Abs. 4 Satz 2 Nr. 6 SchulG unzumutbare Schulwegentferungen vor.

Bei der Prüfung, ob unzumutbare Schulwegentfernungen vorliegen, ist nicht allein auf das Gemeindegebiet der Antragstellerin abzustellen. Es ist vielmehr zu berücksichtigen, dass sich der Einzugsbereich der Mittelschule der Antragstellerin auf den gesamten nord-östlichen Teil des Landkreises Riesa-Großenhain erstreckt.

Eine unzumutbare Schulwegdauer besteht derzeit für die Schüler aus dem Ortsteil Blochwitz der Gemeinde Weißig am Raschütz.

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts beginnt die Hinfahrt nach Großenhain zur Mittelschule Am Kupferberg zur um 7.40 Uhr beginnenden ersten Stunde in Blochwitz um 6.39 Uhr. Um 7.20 Uhr wird die Haltestelle Kupferberg erreicht. Nach den Angaben des Antragsgegners wird die günstiger gelegene Haltestelle Großenhain Barth-Straße um 7.21 Uhr erreicht. Die Busfahrt dauert somit weniger als 45 Minuten. Da nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts für die betroffenen Kinder in Blochwitz keine nennenswerten Fußwege entstehen, bleibt der Gesamthinweg unter 60 Minuten und ist somit bezüglich der Dauer zumutbar.

Unzumutbar ist aber der Rückweg. Gemäß den Feststellungen des Verwaltungsgerichts - der Antragsgegner hat sich in der Beschwerdeerwiderung zum Rückweg nicht geäußert - besteht nach der um 14.00 Uhr endenden 7. Stunde - die Schüler der Klassenstufe 5 haben an der Mittelschule Am Kupferberg 3 mal pro Woche 7 Stunden - die Möglichkeit des Fahrantritts um 14.21 Uhr an der Haltestelle Kupferberg. Die Ankunft in Blochwitz/Gasthof erfolgt um 15.39 Uhr. Die Gesamtfahrzeit einschließlich etwaigen Umsteigens beträgt somit 78 Minuten. Unter Berücksichtigung von Fußwegen zur Bushaltestelle und von der Bushaltestelle zur Wohnung von jeweils 5 Minuten beträgt die Gesamtreisezeit 88 Minuten. Hinzu kommt eine nicht sinnvoll etwa für die Erledigung von Hausaufgaben nutzbare Wartezeit von 11 Minuten, wenn man 5 Minuten für das Einpacken der Unterrichtsmaterialien etc. nach Unterrichtsende abzieht. Der von den Schülern für den Rückweg aufgewandte Zeitaufwand beträgt demnach 99 Minuten. Da die Schulwegdauer nicht auf einer atypischen Wohnsituation eines Schülers beruht und 60 Minuten deutlich überschreitet, ist der Rückweg unzumutbar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Schulwegdauer nicht deshalb als noch zumutbar anzusehen, weil eine Durchschnittsberechnung eine tägliche durchschittliche Gesamtreisezeit von 121 Minuten ergibt. Denn eine solche Durchschnittsbetrachtung ist nicht zulässig. Es ist vielmehr auf die Dauer des jeweiligen Schulwegs abzustellen. Bei einer solchen Durchschnittsbetrachtung bleibt auch unberücksichtigt, dass die Schüler spätestens um 6.34 Uhr die elterliche Wohnung verlassen müssen und an drei Tagen in der Woche erst um 15.44 Uhr nach Hause kommen. Die Schüler sind an diesen Tagen somit mehr als 9 Stunden unterwegs, was die Möglichkeiten einer sinnvollen Freizeitgestaltung unter Berücksichtigung der Erledigung von Hausaufgaben und sonstiger Unterrichtsvor- und -nachbereitungen erheblich einschränkt.

Die Schulwegdauer von Blochwitz nach Großenhain ist auch nicht im Vergleich zu derjenigen von Blochwitz nach Schönfeld nicht günstiger. Es kann hier dahinstehen, ob, wovon das Verwaltungsgericht ausgeht, der Hinweg von Blochwitz nach Schönfeld nicht günstiger wäre. Gerade der hier maßgebliche Rückweg von Schönfeld nach Blochwitz wäre nämlich deutlich günstiger als der Rückweg von Großenhain nach Blochwitz, da gemäß den Feststellungen des Verwaltungsgerichts für den Rückweg von Schönfeld nach Blochwitz nur 20 Minuten anfallen würden.

Da der angefochtene Bescheid bereits wegen der unzumutbaren Schulwegdauer für die Schüler aus Blochwitz rechtswidrig ist, bedarf es keiner Prüfung, ob auch hinsichtlich anderer Gemeinden und deren Ortsteile des Einzugsgebiets der Mittelschule der Antragstellerin unzumutbare Schulwegbedingungen oder -entfernungen vorliegen.

2. Bei der vorzunehmende Interessenabwägung überwiegt aufgrund der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegenüber dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners. Denn an der sofortigen Vollziehung rechtswidriger Bescheide besteht kein öffentliches Bedürfnis.

Bei der Interessenabwägung hat der Senat auch berücksichtigt, dass der Unterricht bereits am 29.8.2005 begonnen hat. Auch jetzt ist die Einrichtung einer 5. Klasse an der Mittelschule der Antragstellerin aber noch möglich. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 24.8.2005, der den Beteiligten am 29.8.2005 und somit noch rechtzeitig zum Schuljahresanfang zugestellt wurde, entschieden. Dass die Entscheidung über die Beschwerde erst jetzt ergeht, beruht im Wesentlichen darauf, dass die Beschwerdebegründung und die Beschwerdeerwiderung abzuwarten waren. Dass die entsprechenden Fristen ausgeschöpft wurden, beruht maßgeblich auf dem für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes außergewöhnlichen Umfang sowohl der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung als auch des Vortrags der Beteiligten. Dies kann nicht zu Lasten der Antragstellerin gehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).



Ende der Entscheidung

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