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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 15.05.2008
Aktenzeichen: 2 D 35/07
Rechtsgebiete: SächsFrTrSchulG, ZuschussVO


Vorschriften:

SächsFrTrSchulG § 15
SächsFrTrSchulG § 19 Nr. 11
ZuschussVO § 5
§ 5 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Gewährung von Zuschüssen für Schulen in freier Trägerschaft (Zuschussverordnung - ZuschussVO) vom 16.5.2007 (SächsGVBl. S. 176) ist, soweit für die allgemein bildende Förderschule zur Lernförderung eine Klassengröße von 13 Schülern festgesetzt und für die Förderschule für Erziehungshilfe auf die Anlage zur Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Schulnetzplanung im Freistaat Sachsen (Schulnetzplanungsverordnung - SchulnetzVO) vom 2.10.2001 (SächsGVBl. S. 672) verwiesen wird, mit § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG sowie sonstigem höherrangigem Recht vereinbar.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 2 D 35/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Ersatzschulfinanzierung

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Munzinger, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald, den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 15. Mai 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin zu 1 ist Trägerin einer Förderschule für Lernbehinderte und Erziehungshilfe in , die Antragstellerin zu 2 Trägerin einer Förderschule für Erziehungshilfe in . Die Antragstellerinnen wenden sich mit der Normenkontrolle gegen § 5 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Gewährung von Zuschüssen für Schulen in freier Trägerschaft (Zuschussverordnung - ZuschussVO) vom 16.5.2007 (SächsGVBl. S. 176), soweit für die allgemein bildende Förderschule zur Lernförderung eine Klassengröße von 13 Schülern festgesetzt und für die Förderschule für Erziehungshilfe auf die Anlage zur Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Schulnetzplanung im Freistaat Sachsen (Schulnetzplanungsverordnung - SchulnetzVO) vom 2.10.2001 (SächsGVBl. S. 672) verwiesen wird.

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2007 und 2008 vom 15.12.2006 (künftig: SächsFrTrSchulG) erhalten die als Ersatzschulen genehmigten Schulen in freier Trägerschaft auf Antrag Zuschüsse des Landes. Nach § 15 Abs. 1 SächsFrTrSchulG wird der Zuschuss für jeden Schüler eines Bildungsganges als jährlicher Pauschalbetrag gewährt. Er setzt sich aus Teilbeträgen je Schüler für die Personalausgaben für Lehrer und pädagogische Unterrichtshilfen sowie die Sachausgaben zusammen. Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 SächsFrTrSchulG werden die Personalausgaben für Lehrer je Schüler nach einer Formel berechnet, bei der u. a. die Zahl der Schüler je Klasse im Nenner einzustellen ist. Gemäß § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG wird das Staatsministerium für Kultus ermächtigt, durch Rechtsverordnung die näheren Bestimmungen zu erlassen über die Zahl der Schüler je Klasse gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 SächsFrTrSchulG; dabei ist der für die entsprechende Schulart an öffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen geltende Klassenrichtwert zugrunde zu legen; gelten unterschiedliche Klassenrichtwerte für dieselbe Schulart oder denselben Förderschultyp, kann einer von ihnen oder ein zwischen ihnen liegender Klassenrichtwert festgelegt werden. Nach § 5 Satz 1 ZuschussVO wird die Zahl der Schüler je Klasse gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 SächsFrTrSchulG für die allgemein bildende Förderschule zur Lernförderung mit 13 festgesetzt. Nach § 5 Satz 2 ZuschussVO gelten im Übrigen - § 5 Satz 1 enthält keine Bestimmung hinsichtlich der Förderschule für Erziehungshilfe - die Richtwerte für die Klassenbildung gemäß der Anlage der Schulnetzplanungsverordnung. Hiernach beträgt der Richtwert für die Klassenbildung für die Förderschule für Erziehungshilfe für alle Klassenstufen 10. Hinsichtlich der Förderschule zur Lernförderung wird in der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung ein Richtwert für die Klassenbildung für die Klassenstufen 1 und 2 von 10 Schülern, für die Klassenstufen 3 und 4 von 12 Schülern und für die Klassenstufen 5 bis 9 von 15 Schülern festgelegt.

Die Antragstellerinnen haben am 20.11.2007 den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt.

Sie machen geltend, durch die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Festsetzung der Rechengröße "Schüler je Klasse" in ihren Rechten betroffen zu sein. Je höher die Rechengröße "Schüler je Klasse" angesetzt werde, desto niedriger fielen die Zuschüsse je Schüler aus. Die Schule der Antragstellerin zu 2 decke für den Bereich den öffentlichen Bedarf an Plätzen an Förderschulen für Erziehungshilfe ab. Entsprechend sei sie in die Schulnetzplanung aufgenommen worden. Eine offizielle Verpflichtung zur Aufnahme von Schülern mit entsprechender Förderbedürftigkeit bestehe zwar nicht, aber die Abweisung von Schülern würde dazu führen, dass diese einen Schulweg bis nach Leipzig hätten. Um alle Schüler aufnehmen zu können, müssten Klassen unterhalb des Richtwertes gebildet werden, einerseits wegen der notwendigen Klassenteilung, andererseits wegen der Fluktuation in den unteren Jahrgangsstufen, in denen die Schüler erst im Laufe des Schuljahres diagnostiziert würden. Die Schule der Antragstellerin zu 1 sei in nicht die einzige Förderschule für Erziehungshilfe, verfolge aber durch die Mischung von Erziehungshilfe und Lernbehinderung einen pädagogischen Ansatz, der an öffentlichen Schulen nicht vorkomme. Dieser Ansatz lasse sich nur mit Klassengrößen verwirklichen, die einer Mischung der tatsächlichen Klassengrößen an öffentlichen Förderschulen für Lernbehinderte und Erziehungshilfe entsprechen. Müssten die Klassen aus finanziellen Gründen größer sein, bleibe der pädagogische Erfolg aus. Beide Antragstellerinnen könnten ihren finanziellen Spielraum nicht durch die Erhebung von Schulgeld erhöhen, da dies durch § 15 Abs. 5 SächsFrTrSchulG verhindert werde.

Hinsichtlich der Begründetheit machen die Antragstellerinnen geltend, § 5 ZuschussVO scheine bezüglich der allgemein bildenden Förderschulen zur Lernförderung und für Erziehungshilfe dem Wortlaut der Ermächtigungsnorm zu entsprechen. Der Normenkontrollantrag sei jedoch im Hinblick auf den augenfälligen Unterschied zwischen den festgesetzten Zahlen und der tatsächlichen Klassenbildung an öffentlichen Förderschulen gestellt worden. Die Verordnungsermächtigung verpflichte den Verordnungsgeber als Rechenfaktor "Schüler je Klasse" den für öffentliche Schulen geltenden Richtwert für die Klassenbildung festzusetzen. Festgesetzt worden sei für die Förderschule für Erziehungshilfe der in der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung enthaltene Richtwert und für die Förderschule für Lernbehinderte ein Wert, der zwischen den in dieser Anlage aufgeführten Richtwerten liege. Ein unmittelbarer Bezug auf die Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung sei im Gesetz nicht enthalten. Bei den Richtwerten nach der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung handele es sich nicht um die für öffentliche Schulen geltenden Richtwerte für die Klassenbildung. Die tatsächlichen Verhältnisse an öffentlichen Schulen drängten die Erkenntnisse geradezu auf, dass die Klassenbildung an Förderschulen für Erziehungshilfe und zur Lernförderung bei öffentlichen Schulen nach anderen Werten erfolge als nach den Richtwerten der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung. Im Schuljahr 2006/2007 ergebe sich für die zwölf von den Antragstellerinnen erfassten öffentlichen Schulen für Erziehungshilfe eine durchschnittliche Zahl von 8,45 Schülern pro Klasse. Bei keiner der 12 Schulen sei im Durchschnitt der Richtwert von 10 erreicht worden, er betrage zwischen 6,82 und 9,67. Lediglich bei zwei Schulen sei der Richtwert hinsichtlich der Klassenstufen 5 bis 10 mit 10,67 und 11,25 überschritten worden. Bei den 56 erfassten öffentlichen Schulen zur Lernförderung habe die durchschnittliche Schülerzahl pro Klasse im Schuljahr 2006/2007 11,36 betragen. Lediglich bei drei Schulen sei die in der Zuschussverordnung festgelegte Klassenstärke im Schuldurchschnitt erreicht worden. Die Abweichung vom Richtwert sei nicht verwunderlich, da der Klassenteiler bei beiden Schularten und in allen Klassenstufen so liege, dass zwei Klassen in einer Stufe notwendigerweise zunächst weniger Schüler hätten als der Richtwert. Zudem müssten einmal aufgenommene Schüler weiter beschult werden, so lange ihre Förderbedürftigkeit fortbestehe. Auch dürfe der Klassenzusammenhang gerade bei Förderschülern nicht öfter als unbedingt notwendig aufgelöst werden.

Der Begründung zum Haushaltsbegleitgesetz sei zu entnehmen, dass bei Förderschulen die bisherige Finanzierung in Höhe der Kosten vergleichbarer öffentlicher Schulen beibehalten werden sollte, die Anwendung der Berechnungsformel habe lediglich die Ermittlung des Zahlbetrages vereinfachen sollen. Dem Willen des Gesetzgebers entspreche deshalb nur eine Auslegung der Verordnungsermächtigung in § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG, nach der der Faktor "Schüler je Klasse" so festgesetzt wird, wie die Klassenbildung an öffentlichen Schulen tatsächlich stattfinde, denn nur auf diese Weise bliebe es bei einer Finanzierung der Förderschulen in freier Trägerschaft in Höhe der durchschnittlichen Kosten vergleichbarer öffentlicher Schulen. Stehe hingegen von vornherein fest, dass die Klassenbildung an öffentlichen Schulen anders erfolge als nach dem für die Finanzierung von freien Schulen festgesetzten Faktor, weiche die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft von derjenigen der Schulen in öffentlicher Trägerschaft erheblich ab. Bei den beiden hier betroffenen Förderschultypen liege die Finanzhilfe je Schüler einer Schule in freier Trägerschaft gegenwärtig wesentlich unter den Kosten, die für die Beschulung eines Schülers an entsprechenden öffentlichen Schulen anfielen.

Die Antragstellerinnen beantragen,

§ 5 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Gewährung von Zuschüssen für Schulen in freier Trägerschaft (Zuschussverordnung - ZuschussVO) vom 16.5.2007 (SächsGVBl. S. 176) für unwirksam zu erklären, soweit für die Förderschule für Lernbehinderte eine Klassengröße von 13 Schülern festgesetzt und für die Förderschule für Erziehungshilfe auf die Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung verwiesen wird.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung macht er geltend, der Antrag sei bereits unzulässig, da die Antragstellerinnen nicht gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend machen könnten, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder ihre Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein. Zwar fielen die Zuschüsse je Schüler umso höher aus, je niedriger die Rechengröße angesetzt werde. Daraus ergebe sich aber noch kein Anspruch. Weder aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG noch aus Art. 102 Abs. 4 SächsVerf folge ein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Gewährung staatlicher Finanzhilfen, schon gar nicht in bestimmter Höhe. Der den Förderschulen zur Lernförderung und für Erziehungshilfe gewährte Zuschuss erfülle auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben.

Der Antrag sei darüber hinaus unbegründet. Hinsichtlich der Förderschule für Erziehungshilfe verweise § 5 Satz 2 ZuschussVO auf den Richtwert für die Klassenbildung gemäß der Anlage der Schulnetzplanungsverordnung. Dort sei für alle Klassenstufen der Richtwert 10 ausgewiesen. Auch die jeweilige Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Klassen- und Gruppenbildung, zur Bedarfsberechnung für die Unterrichtsversorgung und zum Ablauf des Schuljahres (VwV Bedarf und Schuljahresablauf) nehme für die Klassenbildung ausdrücklich auf die Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung Bezug. Somit handele es sich bei dem Richtwert von 10 um den im Sinne des § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG für öffentliche Förderschulen für Erziehungshilfe im Freistaat Sachsen geltenden Klassenrichtwert. Hinsichtlich der Förderschule zur Lernförderung sei eine bloße Verweisung auf die Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung nicht möglich, da dort mehrere Klassenrichtwerte für die Förderschule zur Lernförderung angegeben seien. Der sich aus den einzelnen in der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung normierten Klassenrichtwerten ergebende gewichtete Durchschnittswert von 13,22 sei zugunsten der freien Schulträger auf 13,0 abgerundet worden. Es sei somit ein zwischen ihnen liegender Klassenrichtwert festgelegt worden.

Mit gutem Grund habe der Gesetzgeber davon abgesehen, es dem Verordnungsgeber zu ermöglichen, an die tatsächliche Klassenstärke der öffentlichen Schulen statt an den Klassenrichtwert anzuknüpfen. Zum einen sei die tatsächliche Klassenstärke ein unpraktikabler Maßstab, weil er sich jährlich ändere und damit zusätzliche Unwägbarkeiten in der Haushaltsplanung zur Folge habe. Zum anderen hätte ein solches Vorgehen eine Mehrbelastung des Landeshaushalts zur Folge, die nach überschlägiger Berechnung für alle Schularten allein im Haushaltsjahr 2008 im zweistelligen Millionenbereich liegen würde. Unzutreffend sei die Annahme der Antragstellerinnen, bei den zugrunde gelegten Klassenrichtwerten handele es sich nicht um die "geltenden", weil sie im Bereich des öffentlichen Schulwesens nicht immer eingehalten würden. Die Nichteinhaltung einer Norm setze diese nicht außer Kraft. Die Behauptung der Antragstellerinnen, für die Organisation der öffentlichen Schulen seien andere Regeln als die genannten Klassenrichtwerte maßgeblich, treffe nicht zu. Die Klassenrichtwerte der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung seien grundsätzlich umzusetzen, auch wenn dieses Ziel in vielen Fällen bislang nicht erreicht worden sei. Es treffe nicht zu, dass die Einhaltung der Klassenrichtwerte praktisch unmöglich sei. Im Schuljahr 2006/2007 seien durchschnittliche Klassen bei Förderschulen für Erziehungshilfe mit 8,3 Schülern und bei Förderschulen zur Lernförderung mit 11,4 Schülern gebildet worden. In einzelnen Fällen seien die Klassenrichtwerte auch deutlich überschritten worden, bei Förderschulen für Erziehungshilfe mit 13 Schülern je Klasse und bei Förderschulen zur Lernförderung mit 16 Schülern in den Klassenstufen 1 bis 4 und 18 Schülern in den Klassenstufen ab 5. Dies zeige, dass auch eine Klassenbildung mit größerer Schülerzahl möglich und pädagogisch vertretbar sei. Die Schulen der Antragstellerinnen hätten im Schuljahr 2006/2007 mit deutlich unterhalb der Durchschnittswerte für öffentliche Schulen liegenden Klassenstärken gearbeitet. Dies verwundere, da es für freie Schulträger grundsätzlich leichter sei die Klassenrichtwerte einzuhalten als für öffentliche Schulen. Freie Schulen hätten im Gegensatz zu öffentlichen Schulen keinen Grundversorgungsauftrag, der dazu verpflichte, ein Schulnetz mit grundsätzlich zumutbaren Schulwegen auch in der Fläche vorzuhalten. Sie könnten nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit Schüler aufnehmen oder ablehnen, also die Klassenbildung auch nach ökonomischen Gesichtspunkten vornehmen. Sie seien auch nicht gezwungen, bei Überschreiten der für öffentliche Schulen geltenden Klassenteiler zusätzliche Klassen einzurichten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Normenkontrollantrag ist nicht begründet.

1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig, insbesondere sind die Antragstellerinnen antragsbefugt.

Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag u.a. jede juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Sollte die in der Zuschussverordnung festgesetzte Zahl der Schüler je Klasse, gemessen an den gesetzlichen Vorgaben, zu hoch sein, hätten die Antragstellerinnen einen rechtlichen Nachteil. Bei einer kleineren Zahl der Schüler je Klasse fielen die Zuschüsse pro Schüler und Jahr höher aus, da das Kriterium "Schüler je Klasse" gemäß der in § 15 Abs. 3 Satz 1 SächsFrTrSchulG normierten Formel im Nenner steht. Unerheblich ist, dass sich aus Art. 7 Abs. 4 GG und Art. 102 Abs. 4 SächsVerf kein verfassungsunmittelbarer Anspruch eines Ersatzschulträgers auf Leistungen in einer bestimmten Höhe ergibt. Die Antragstellerinnen machen nicht geltend, dass die in § 5 ZuschussVO festgelegte Zahl der Schüler je Klasse mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben unvereinbar sei. Sie rügen vielmehr, dass die angegriffene Bestimmung zu ihrem Nachteil nicht mit der Verordnungsermächtigung des § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG vereinbar sei.

2. Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.

Verordnungsermächtigung im Sinne des Art. 75 Abs. 1 SächsVerf für die in § 5 ZuschussVO vorgenommene Festlegung der Zahl der Schüler ist § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG. Hiernach wird das Staatsministerium für Kultus ermächtigt, durch Rechtsverordnung die näheren Bestimmungen zu erlassen über die Zahl der Schüler je Klasse gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 SächsFrTrSchulG; dabei ist der für die entsprechende Schulart an öffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen geltende Klassenrichtwert zugrunde zu legen; gelten unterschiedliche Klassenrichtwerte für dieselbe Schulart oder denselben Förderschultyp, kann einer von ihnen oder ein zwischen ihnen liegender Klassenrichtwert festgelegt werden.

§ 5 ZuschussVO ist im hier streitgegenständlichen Umfang mit § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG sowie sonstigem höherrangigem Recht vereinbar. Der Verordnungsgeber hat entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen zu Recht die in der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung normierten Richtwerte und nicht die tatsächlichen Verhältnisse bei den vergleichbaren öffentlichen Schulen zugrunde gelegt (a). Auch die konkrete Festsetzung der Zahl der Schüler je Klasse für die allgemeinbildenden Förderschulen zur Lernförderung und für Erziehungshilfe ist rechtmäßig (b).

a) Der Verordnungsgeber hat zu Recht die in der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung normierten Richtwerte zugrunde gelegt.

Nach § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG ist bei der Bestimmung der Zahl der Schüler je Klasse gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 SächsFrTrSchulG der geltende Klassenrichtwert zugrunde zu legen. Nach dem eindeutigen Wortlaut handelt es sich bei einem Klassenrichtwert um einen normativen Begriff, nämlich um den Wert, nach dem sich die Klassenbildung an öffentlichen Schulen zu richten hat. Die tatsächliche durchschnittliche Klassengröße stellt keinen Richtwert dar, sondern das Ergebnis einer tatsächlich erfolgten Klassenbildung. Dass es sich bei dem Klassenrichtwert um einen normativen und nicht um einen tatsächlichen Wert handelt, wird auch daraus deutlich, dass in § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG danach unterschieden wird, ob für dieselbe Schulart oder denselben Förderschultyp ein einheitlicher oder unterschiedliche Klassenrichtwerte gelten. Eine solche Differenzierung kann am Maßstab der tatsächlichen Verhältnisse nicht erfolgen, da rein tatsächlich niemals einheitliche Werte für alle Klassenstufen einer Schulart oder eines Förderschultyps festgestellt werden können. Ist der Klassenrichtwert in einer Rechtsnorm festgelegt, ist dieser nach dem eindeutigen Wortlaut der Verordnungsermächtigung unabhängig von den tatsächlichen Verhältnissen zugrunde zu legen. Etwas anderes, also die Ermittlung des geltenden Richtwerts im Rückschluss auf die tatsächlichen Verhältnisse, kann allenfalls dann erfolgen, wenn der Richtwert mangels normativer Festlegung zur Disposition der Verwaltung steht und die tatsächlichen Verhältnisse Ergebnis einer nicht mehr an den Richtwerten orientierten Verwaltungspraxis sind. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Richtwerte für die Klassenbildung als landesweit umzusetzende durchschnittliche Klassengrößen sind normativ in der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung festgelegt. Auf die tatsächlichen Verhältnisse kann deshalb nicht abgestellt werden. Dem steht nicht entgegen, dass sich die in der Schulnetzplanungsverordnung normierten Klassenrichtwerte gemäß § 2 Abs. 2 SchulnetzVO unmittelbar nur auf die Erstellung der Schulnetzpläne durch die Landkreise und kreisfreien Städte (§ 23a Abs. 1 Satz 1 SchulG) beziehen. Verwendet der Gesetzgeber einen Begriff, der durch seine Verwendung in einer anderen Rechtsnorm bereits vorgeprägt ist, ist davon auszugehen, dass der Begriff in dieser Weise verstanden werden soll, hier also auf den Klassenrichtwert nach der Schulnetzplanungsverordnung zurückzugreifen ist. Hierfür spricht auch, dass in der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung für einige Schularten und Förderschultypen einheitliche und für andere unterschiedliche Klassenrichtwerte normiert sind und § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG diese Unterscheidung aufgreift. Zudem macht die Berücksichtigung bestimmter Richtwerte für die Klassenbildung bei der Schulnetzplanung nur Sinn, wenn diese Richtwerte bei der konkreten Klassenbildung in den einzelnen Schulen auch umgesetzt werden.

Die Verpflichtung zur Umsetzung der in der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung normierten Richtwerte für die Klassenbildung bei der konkreten Bildung von Klassen in öffentlichen Schulen ergibt sich aus einer Verwaltungsvorschrift. Gemäß Ziffer I.3.a)bb) der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Klassen- und Gruppenbildung, zur Bedarfsberechnung für die Unterrichtsversorgung und zum Ablauf des Schuljahres 2007/2008 (VwV Bedarf und Schuljahresablauf 2007/2008) vom 12.4.2007 (Ministerialblatt des SMK S. 82) gelten für alle Schularten für die Klassen-, Kurs- und Gruppenbildung die Regelungen des § 4a SchulG. Die Regelungen der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung gelten entsprechend. Des Weiteren gelten die Regelungen dieser Verwaltungsvorschrift. Zur Erreichung des Richtwerts bestimmt Ziffer I.3.a)dd) der VwV Bedarf und Schuljahresablauf 2007/2008, dass die Sächsische Bildungsagentur für jeden Richtwert gemäß der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung den auf den Bereich der jeweiligen Regionalstelle bezogenen Durchschnittswert zu ermitteln und Unterschreitungen gegenüber dem Staatsministerium für Kultus zu begründen hat. Dies zeigt, dass die Einhaltung des Klassenrichtwertes bei den öffentlichen Schulen tatsächlich angestrebt wird. Die in der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung normierten Richtwerte für die Klassenbildung sind somit "der für die entsprechende Schulart an öffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen geltende Klassenrichtwert" im Sinne des § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG.

Unabhängig davon, dass es hierauf im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG nicht ankommt, widerspricht der Rückgriff auf den in der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung normierten Richtwert auch im Falle einer hiervon ganz überwiegend abweichenden tatsächlichen Klassenbildung bei einzelnen Typen öffentlicher Förderschulen, gerade bei den hier maßgeblichen allgemein bildenden Förderschulen für Erziehungshilfe und zur Lernförderung, nicht dem Willen des Gesetzgebers. Dem Gesetzgeber war, wie die Vertreter sowohl der Antragstellerinnen als auch des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, die vorgenannte Abweichung bekannt. Er hat sich jedoch ausdrücklich für ein Abstellen auf die Richtwerte entschieden.

Auch aus der Gesetzesbegründung zu Art. 7 des Haushaltsbegleitgesetzes 2007 und 2008 (LT-Drs. 4/6175) ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber an die tatsächlichen Verhältnisse bei vergleichbaren öffentlichen Schulen und nicht an den Richtwert im Sinne der Schulnetzplanungsverordnung anknüpfen wollte. In der allgemeinen Begründung zu § 15 SächsFrTrSchulG wird vielmehr ausgeführt: "Künftig wird - unabhängig davon, ob die Ersatzschule den Klassenrichtwert einhält, überschreitet oder unterschreitet - für jeden Schüler ein pauschalierter jährlicher Betrag gezahlt (Schülerausgabensatz), dessen konkrete Berechnung im Gesetz und einer ergänzenden Rechtsverordnung geregelt wird." Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass Förderschulen wie bisher mit 100 % des für vergleichbare öffentliche Schulen ermittelten Betrages bezuschusst werden sollen. Zur 100 %-Förderung heißt es in der Gesetzesbegründung: "Die Erwägungen, welche bereits für das geltende Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft zu einer großzügigeren staatlichen Finanzhilfe für Förderschulen führten, sind nach wie vor berechtigt: `Die weitergehende Unterstützung von Förderschulen in freier Trägerschaft beruht auf ihrer besonderen Bedeutung für das staatliche Schulwesen und dem Willen, für behinderte Schüler besonders gute schulische Betreuung und Erziehung zu gewährleistenŽ (LT-Drs. 1/923)." Aus der politisch gewollten großzügigeren Förderung von Förderschulen im Vergleich mit den übrigen Schularten ergibt sich jedoch nicht, dass alleiniger Anknüpfungspunkt die tatsächlichen Verhältnisse öffentlicher Schulen, insbesondere die dort erfolgte tatsächliche Klassenbildung sein muss. Nach dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung bezieht sich die 100 %-Förderung auf eine entsprechende öffentliche Förderschule, die den in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Anforderungen gerecht wird. Maßstab ist somit eine idealtypische öffentliche Förderschule, nicht eine durchschnittliche tatsächliche Förderschule. Dies ist mit dem Anliegen des Gesetzgebers, die Förderschulen bevorzugt zu fördern, ohne weiteres vereinbar.

b) Hinsichtlich der Förderschule zur Lernförderung enthält die Anlage der Schulnetzplanungsverordnung unterschiedliche Klassenrichtwerte. Für die Klassenstufen 1 und 2 wird dort ein Richtwert von 10 Schülern, für die Klassenstufen 3 und 4 von 12 Schülern und für die Klassenstufen 5 bis 9 von 15 Schülern festgelegt. Nach § 19 Nr. 11, letzter Halbsatz SächsFrTrSchulG kommt dem Verordnungsgeber in diesem Falle ein normgeberisches Ermessen dahin zu, ob er einen der Richtwerte oder einen zwischen ihnen liegenden Wert festsetzt. Der Verordnungsgeber hatte somit die Möglichkeit, einen Wert von 10, 12 oder 15 oder einen dazwischen liegenden Wert festzusetzen. Der Verordnungsgeber hat sich mit der festgelegten Zahl von 13 für einen dazwischen liegenden Wert entschieden, indem der gewichtete Durchschnittswert von 13,22 zugunsten der freien Schulträger auf 13 abgerundet wurde. Dieses Vorgehen lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass für die Gültigkeit untergesetzlicher Normen das Ergebnis des Rechtssetzungsakts maßgeblich ist und der Abwägungsvorgang nur bei einer besonders ausgestalteten Bindung des Normgebers an gesetzlich formulierte Abwägungsdirektiven geprüft wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.1.2007, NVwZ 2007, 958). Solche Abwägungsdirektiven enthält die Verordnungsermächtigung nicht.

Für die Förderschule für Erziehungshilfe gilt gemäß der Anlage der Schulnetzverordnung ein einheitlicher Richtwert von 10 Schülern. Gemäß § 19 Nr. 11 SächsFrTrSchulG ist dieser Richtwert bei der Festlegung der Zahl der Schüler je Klasse zugrunde zu legen. Dem Verordnungsgeber kommt nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm kein Wertungsspielraum oder Ermessen zu. Dem wird § 5 Satz 2 ZuschussVO gerecht, wonach für alle nicht in Satz 1 aufgeführten Schularten und Förderschultypen die Richtwerte gemäß der Anlage der Schulnetzplanungsverordnung gelten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 10.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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