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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.11.2009
Aktenzeichen: 3 B 312/07
Rechtsgebiete: WaffG, BJagdG


Vorschriften:

WaffG § 4
WaffG § 45
BJagdG § 17
BJagdG § 18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 3 B 312/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Freiherr von Welck, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und den Richter am Verwaltungsgericht Jenkis

am 17. November 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 26. März 2007 - 1 K 2399/04 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht auf 9.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 26.3.2007 zuzulassen, ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Das Vorbringen des Klägers, auf dessen Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO beschränkt ist, ergibt nicht das Vorliegen des der Sache nach geltend gemachten Zulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass der Antrag einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens zumindest als ungewiss zu beurteilen ist. Die Antragsbegründung muss sich dabei mit den Argumenten, die das Verwaltungsgericht für die angegriffene Rechtsauffassung oder Sachverhaltsfeststellung und -würdigung angeführt hat, inhaltlich auseinander setzen und aufzeigen, warum sie aus Sicht des Rechtsmittelführers nicht tragfähig sind (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 26.11.2004 - 3 B 79/03 -; std. Rspr.).

In dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers gegen den Rechtsvorgänger des Beklagten (vgl. § 2 Abs. 1, § 3 Nr. 1 Buchst. b, § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen v. 29.1.2008 - SächsKrGebNG) mit der Begründung abgewiesen, dass der mit dessen Bescheid vom 8.3.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Dresden vom 16.9.2004 erfolgte Widerruf der Waffenbesitzkarten des Klägers nach § 45 Abs. 2 WaffG rechtmäßig sei. Die nach dieser Vorschrift für den Widerruf erforderliche Voraussetzung der nachträglichen Änderung von Tatsachen, die zur Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen, läge vor. Das Bedürfnis des Klägers für die Erlaubnis sei wegen des bestandskräftigen Entzugs des Jagdscheines nachträglich entfallen. Aus § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG ergebe sich, dass die Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis den Nachweis des Bedürfnisses zur Voraussetzung habe. Dieses werde bei Inhabern eines gültigen Jagdscheins ohne Weiteres angenommen. Das Fortbestehen des Bedürfnisses sei Gegenstand einer drei Jahre nach der erstmaligen Erteilung der Waffenerlaubnis durchzuführenden anlassfreien Regelüberprüfung (§ 4 Abs. 4 WaffG). Diese schließe spätere anlassbezogene Prüfungen wie z. B. im Falle des Bekanntwerdens des Entzugs des Jagscheines nicht aus. Die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 3 WaffG lägen nicht vor. Der hierfür erforderliche vorübergehende Wegfall des Bedürfnisses sei angesichts des Entzugs des Jagdscheines in Verbindung mit der (Sperr)Fristsetzung für dessen Wiedererteilung nicht gegeben. Einer abschließenden Entscheidung zu der Frage, ob auch der Widerrufsgrund der fehlenden Zuverlässigkeit i. S. v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG vorliege, bedürfe es damit nicht.

Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, dass § 4 Abs. 4 Satz 1 WaffG nur eine einmalige Überprüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses innerhalb einer Frist von drei Jahren nach der ersten Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis vorsehe, nach deren Ablauf jedoch ein auf den Wegfall des Bedürfnisses gestützter Widerruf der Waffenbesitzkarte nicht möglich sei, weshalb es die Zuverlässigkeit des Klägers hätte prüfen müssen, vermag er damit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass eine derartige Prüfungssperre nicht besteht. Der Widerruf von waffenrechtlichen Erlaubnissen richtet sich nach § 45 Abs. 2 WaffG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist die Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Die Voraussetzungen für die Erteilung bzw. Versagung einer Erlaubnis sind in § 4 WaffG geregelt. Zu ihnen gehört nicht nur, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit und Eignung besitzt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 5, 6 WaffG), sondern darüber hinaus, dass er ein Bedürfnis nachgewiesen hat (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 8 WaffG). Ein Bedürfnis liegt insbesondere vor, wenn der Antragsteller Inhaber eines gültigen Jagdscheins ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 WaffG). Damit stellt nach der Konzeption des Gesetzes der Wegfall des Bedürfnisses - auch infolge des Entzugs des Jagdscheins wegen Unzuverlässigkeit - einen eigenständigen, den Widerruf der Erlaubnis selbstständig tragenden Widerrufsgrund dar. Anders als nach der früheren Rechtslage (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 30.4.1985, DVBl. 1985, 1311) bedarf es damit entgegen dem Zulassungsvorbringen nicht einer darüber hinausgehenden Prüfung der Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers unter waffenrechtlichen Gesichtspunkten.

Ebenso wenig wird eine erneute Prüfung des Bedürfnisses durch die Dreijahresfrist des § 4 Abs. 4 Satz 1 WaffG ausgeschlossen. Die in dieser Vorschrift vorgesehene Prüfung soll dem Waffenerwerb durch vorgetäuschten Sportschützenbedarf begegnen oder das Anhäufen von Schusswaffen durch Waffenliebhaber im Status eines Jagdscheininhabers verhindern. Insoweit hat es der Gesetzgeber für ausreichend erachtet, wenn drei Jahre nach Erteilung der ersten waffenrechtlichen Besitzerlaubnis eine einmalige intensive Prüfung vorgenommen wird, ob sich der betreffende Schusswaffenbesitzer in diesem Zeitraum als Sportschütze oder Jäger betätigt (vgl. BT-Drucks. 14/8886 S. 109/110). Von dieser sog. "Scheinschützenprüfung" unberührt sollte der zuständigen Behörde die Möglichkeit der Vornahme von - sich auch auf die Frage des Fortbestehens des Bedürfnisses erstreckenden - Regelüberprüfungen verbleiben. Der berechtigte Waffenbesitz setzt stets das Fortbestehen eines Bedürfnisses voraus. Nur dieses kann den Umgang mit Waffen und Munition (weiterhin) legitimieren, weshalb die waffenrechtliche Erlaubnis bei dessen Wegfall zu widerrufen ist (vgl. BT-Drucks. 14/7758 S. 53/54). Frühere Anwendungsunsicherheiten in Zusammenhang mit dem Verweis von § 4 Abs. 4 Satz 2 WaffG auf Absatz 3, der nur die Prüfung des Erlaubnisinhabers auf seine Zuverlässigkeit und seine persönliche Eignung hin erwähnt, hat der Gesetzgeber nunmehr mit der Neufassung dieser Vorschrift durch Art. 3 Abs. 5 Buchst. b) des Vierten Gesetzes zur Änderung des Sprengstoffgesetzes vom 17.7.2009 (BGBl. I S. 2062) beseitigt. Durch den hiermit in Absatz 4 eingefügten Satz 3 wird klargestellt, dass sich die Regelüberprüfungen nach Absatz 3 auch auf das Fortbestehen des Bedürfnisses erstrecken.

Soweit der Kläger einen Ermessensausfall der Behörde geltend machen sollte, insofern er vorträgt, dass die von der Jagdbehörde ihm gegenüber nach § 18 BJagdG mit Bescheid vom 14.11.2002 festgesetzte Sperrfrist für die Wiedererteilung eines Jagscheins von fünf Jahren bereits abgelaufen sei, da diese bereits mit der Bekanntgabe der Entziehungsverfügung in Lauf gesetzt worden sei, vermag dies dem Zulassungsantrag ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Unberührt davon, dass auch unter Zugrundelegung der vom Kläger vorgenommenen Fristberechnung im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids in dem streitgegenständlichen waffenrechtlichen Verfahren die Fünfjahresfrist noch nicht abgelaufen war, lagen die Voraussetzungen für einen Widerruf auf Grundlage einer Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG ohnehin nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann zwar abweichend von § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG im Fall eines (nur) vorübergehenden Wegfalls des Bedürfnisses vom Widerruf abgesehen werden. Hiervon ist jedoch nur dann auszugehen, wenn das Wiederaufleben des Bedürfnisses in naher Zukunft zu erwarten ist, was etwa der Fall sein kann, wenn ein Jäger aus beruflichen Gründen einen längeren Auslandsaufenthalt antritt (BT-Drucks. 14/7758 S. 79). Eine hiermit vergleichbare Fallgestaltung ist jedoch nicht gegeben. Sie kann schon deshalb nicht angenommen werden, da die Neuerteilung des Jagdscheins - auch nach Ablauf der fünfjährigen Sperrfrist - insbesondere von dem Ausgang einer erneuten Zuverlässigkeitsprüfung des Antragstellers nach § 17 BJagdG abhängt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die der Festsetzung erster Instanz folgende Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 2.50.2 des Streitwertkataloges 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Wie das Verwaltungsgericht legt der Senat für beide Waffenbesitzkarten den einfachen Auffangwert zu Grunde, der um 4.500,00 € (750,00 € je eingetragener Waffe) zu erhöhen ist. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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