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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 23.11.2009
Aktenzeichen: 3 B 478/09
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 25 Abs. 5
AufenthG § 60a Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 3 B 478/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis; Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Freiherr von Welck, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und den Richter am Verwaltungsgericht Jenkis

am 23. November 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 20. August 2009 - 4 L 164/09 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 4 VwGO beschränkt ist, ergeben nicht, dass es das Verwaltungsgericht Chemnitz zu Unrecht abgelehnt hat, dem Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland einstweilen zu ermöglichen. In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht Chemnitz ist der Senat der Auffassung, dass der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, dass seine Abschiebung wegen seiner am 9.12.2008 eingegangenen Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen i. S. des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG bzw. gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG rechtlich unmöglich ist. Die hiergegen eingewandten Beschwerdegründe führen zu keiner anderen Einschätzung. Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts gewährt Art. 6 Abs. 1 GG zwar unmittelbar keinen Anspruch auf Aufenthalt (BVerfG, Beschl. v. 31.8.1999, AuAS 2000, 43; BVerwG, Urt. v. 9.12.1997, NVwZ 1998, 748 m. w. N.), enthält jedoch die wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, und verpflichtet die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalls geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalls zu beachten sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.1.2006, InfAuslR 2006, 320). Ein aus Art. 6 GG abgeleitetes rechtliches Abschiebungsverbot setzt voraus, dass die Betroffenen auf die Führung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet angewiesen sind und es dem Ausländer nicht zuzumuten ist, seine familiären Beziehungen durch die Ausreise zu unterbrechen (std. Rspr. vgl. SächsOVG, Beschl. v. 29.7.2008 - 3 BS 317/07 -).

2. Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das Verwaltungsgericht Chemnitz dem Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht den Erfolg versagt.

Das Gericht hat unter Bezugnahme des Bescheids des Antragsgegners vom 19.5.2009, mit dem der Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt wurde, zutreffend festgestellt, dass sich (allein) aus der Tatsache, dass der Antragsteller seit dem 9.12.2008 mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet sei, keine Umstände ergäben, wegen derer die Abschiebung des Antragstellers rechtlich unmöglich sei. Der Antragsgegner hatte in dem o. g. Bescheid zutreffend darauf hingewiesen, dass über den bloßen Bestand der Ehe bzw. der familiären Lebensgemeinschaft hinaus besondere Umstände ersichtlich sein müssten, die selbst eine vorübergehende Trennung der Familienangehörigen als unzumutbar erscheinen lassen müssten.

Bei der Beurteilung dieser Frage kann nicht auf die Belange des Kindes der Ehegatten des Antragstellers, auf dessen schwere Krankheit in dem Beschwerdeschriftsatz vom 8.9.2009 hingewiesen wird, abgestellt werden, da der Antragsteller in keiner verwandtschaftlichen Beziehung zu diesem Kind steht. Dabei bedarf es hier nicht der Klärung, ob und unter welchen Voraussetzungen sich der "de-facto-Vater" im Rahmen von § 25 Abs. 5 AufenthG möglicherweise auf ein auf Art. 6 GG gestütztes rechtliches Abschiebungshindernis berufen kann, weil er gemäß § 1685 Abs. 2 BGB ein Umgangsrecht begründet hat und das Kind ohne diesen Umgang existenziell gefährdet sein könnte (zuletzt offengelassen von SächsOVG, Beschl. v. 12.10.2009 - 3 B 226/08 m. w. N.; verneinend VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 22.11.2006, AuAS 2007/38, sowie Burr, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand 10/2009, § 25 Rd. 139). Denn über den Hinweis hinaus, der Antragsteller fühle sich für das Kind, das eine schwere Krankheit habe, mitverantwortlich und kümmere sich bisher um dieses Kind, lässt der Vortrag, dessen Tatsachen im Übrigen nicht glaubhaft gemacht worden sind, nicht erkennen, dass und aus welchen Gründen das Kind der Ehefrau auf die weitere Anwesenheit des Antragstellers in besonderer Weise angewiesen sein soll.

Über den bloßen Bestand der Lebensgemeinschaft hinausgehende besondere Umstände, die eine vorübergehende Trennung von Antragsteller und seiner Ehefrau als unzumutbar erscheinen lassen könnten, sind ebenfalls nicht geltend gemacht. Mit dem Hinweis auf den Erhalt seiner jungen Familie sind dabei genauso wenig konkrete Umstände für eine solche Unzumutbarkeit vorgetragen wie mit dem im Beschwerdeverfahren nicht weiter verfolgten Hinweis der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, die Situation der "Minifamilie" sei durch die gesamte Angelegenheit drastisch geschädigt, da die damalige finanzielle Situation jedenfalls durch die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutz begehrte vorläufige Regelung nicht beeinflusst werden könnte. Der Antragsteller hat damit keine besonderen Umstände dartun können, wonach sein vorläufiger Verbleib wegen der hier eingegangenen familiären Verbindungen zwingend erforderlich wäre.

Darüber hinausgehende tatsächliche oder rechtliche Hindernisse i. S. d. § 25 Abs. 5 Satz 1, § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG sind nicht vorgetragen; nach Abschluss der noch offenen Strafverfahren ist der Verbleib des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland auch aus diesem Grunde nicht mehr erforderlich. Hierauf hat der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung vom 13.10.2009 zutreffend hingewiesen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. der am 7./8.7.2004 beschlossenen Änderung (Streitwertkatalog 2004; abgedr. in NVwZ 2004, 1327), wobei wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens der hälftige Hauptsachestreitwert anzusetzen war.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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