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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 11.06.2009
Aktenzeichen: 3 B 516/07
Rechtsgebiete: VwGO, AufenthG


Vorschriften:

VwGO § 124a Abs. 4 S. 4
AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 2
AufenthG § 10
AufenthG § 28 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 3 B 516/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis

hier: Bewilligung von Prozesskostenhilfe für Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Ullrich, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und den Richter am Verwaltungsgericht Jenkis

am 11. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm für die beabsichtigte Durchführung des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm seinen Prozessbevollmächtigten beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antrag des Klägers, ihm für die beabsichtigte Durchführung des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 8.5.2007 - 5 K 426/06 - unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen, hat keinen Erfolg, da die Rechtsverfolgung nicht die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO).

Der Kläger macht zur Begründung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe in dem als Entwurf beigefügten Zulassungsantrag geltend, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils i. S. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden. Das Verwaltungsgericht habe in Verkennung der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätze (vgl. Beschl. v. 8.12.2004, DVBl. 2006, 247) das Bestehen einer nach Art. 6 GG schutzwürdigen familiären Beziehung des Klägers zu seiner am 30.1.2005 geborenen Tochter deutscher Staatsangehörigkeit, deren Vaterschaft er anerkannt habe und für die auch eine Sorgerechtserklärung nach § 1626 a BGB vorliege, verneint. Da er seine Tochter trotz der ihn als Asylbewerber treffenden Aufenthaltsverpflichtungen ihm Rahmen von Urlaubsregelungen an mindestens drei Wochenenden im Monat besuche und auch die regelmäßige Pflege ausübe, stehe ihm ein Anspruch nach § 28 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu. Im Hinblick auf die Ausschlussregelung des § 10 Abs. 1 AufenthG habe er bereits in dem Antragsbegleitschreiben der Behörde seine Bereitschaft mitgeteilt, sofort seinen Asylantrag zurückzunehmen, wenn er verbindlich signalisiert bekomme, dass er die Aufenthaltserlaubnis erhalten werde.

1. Ausgehend von dieser für die Entscheidung über den Zulassungsantrag maßgeblichen Begründung (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) bietet die Rechtsverfolgung nicht die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs scheitert an der durch das vom Asylverfahren des Klägers ausgelösten Sperrwirkung nach § 10 Abs. 1 AufenthG. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann vor bestandskräftigem Abschluss eines Asylverfahrens einem Ausländer ein Aufenthaltstitel - außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs - nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern. Die Regelung soll verhindern, dass ein Asylbewerber während der Durchführung eines Asylverfahrens einen Aufenthaltstitel zu einem anderen Zweck in der Bundesrepublik Deutschland erlangen kann (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 73). Nicht ausreichend für den Wegfall der Sperrwirkung nach dieser Vorschrift ist damit die bloße Bereitschaft des Ausländers zur Rücknahme des Asylantrags. Sie hätte vielmehr rechtswirksam erklärt worden sein müssen.

Ebenso wenig erfüllt der Kläger einen der Ausnahmetatbestände des § 10 Abs. 1 AufenthG. Insbesondere steht ihm ein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im tatbestandlichen Sinn dieser Regelung nicht zu. Erforderlich hierfür ist nach der herrschenden Meinung ein sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Anspruch. Nicht genügt dagegen eine - hier nicht von vornherein auszuschließende - Ermessensreduktion auf Null (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 9.2.2009 - 2 M 276/08 - Rn. 20 m. w. N., zitiert nach JURIS). Vorliegend ist ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Familiennachzugsvorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG bereits ausgeschlossen, da er die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer insbesondere ausgewiesen werden, wenn er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen hat. Insofern der Kläger in dem Zeitraum zwischen 2003 und 2005 jeweils viermal rechtskräftig wegen der Vorsatzdelikte des Diebstahls und des wiederholten Verstoßes gegen eine räumliche Beschränkung nach § 85 Nr. 2 AsylVfG zu Geldstrafen verurteilt worden ist, hat er beide Tatbestandsmerkmale der Vorschrift erfüllt. Damit kann ihm eine Aufenthaltserlaubnis nur im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 28 Abs. 1 Satz 2 AufenthG erteilt werden.

2. An der fehlenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung vermag ebenso wenig der Umstand etwas zu ändern, dass das Asylverfahren mittlerweile bestandskräftig abgeschlossen worden ist. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG darf einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 (Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen) erteilt werden. Der Kläger hat fristgemäß weder diese Änderung der Sachlage noch das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen geltend gemacht. Ist, wie vorliegend, das verwaltungsgerichtliche Verfahren bereits erstinstanzlich beendet, kann im Zulassungsverfahren eine neue Tatsache nur Berücksichtigung finden, wenn sie sich innerhalb der zweimonatigen Begründungsfrist nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO zumindest abgezeichnet hat und als solche auch fristgemäß vorgebracht worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.6.2002, NVwZ-RR 2002, 894; BayVGH, Beschl. v. 27.2.2008, DÖV 2008, 425). Diese Voraussetzungen sind erkennbar nicht erfüllt. Wie der Senat auf Grund seiner von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen festgestellt hat, ist das Asylverfahren des Klägers erst mehr als ein Jahr nach Ablauf der Begründungsfrist durch den seinen Zulassungsantrag ablehnenden Beschluss des 5. Senats des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 22.10.2008 - A 5 B 321/08 - bestandskräftig abgeschlossen worden. Zudem hat sich der Kläger auf einen Wegfall der Sperrwirkung nach § 10 Abs. 1 AufenthG infolge der Beendigung des Asylverfahrens nicht berufen. Insofern er auch nicht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG i. V. m. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG dargetan hat, kann dahingestellt bleiben, ob eine vorübergehende familiäre Trennung für die Betroffenen infolge der Erfüllung der Ausreisepflicht zumutbar ist (vgl. hierzu grundsätzlich SächsOVG, Beschl. v. 17.8.2006, AuAS 2007, 15). Da die Rechtsverfolgung schon unter diesem Gesichtspunkt nicht die erforderliche Aussicht auf Erfolg bietet, bedarf es keiner Feststellung, ob die vom Verwaltungsgericht nach einer Beweisaufnahme vorgenommene rechtliche Bewertung der Beziehungen des Klägers zu seiner minderjährigen Tochter den vom Bundesverfassungsgericht zu Art. 6 GG entwickelten Grundsätzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2004 a. a. O.) gerecht wird.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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