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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 28.07.2005
Aktenzeichen: 3 B 549/04
Rechtsgebiete: SächsPersPassG, PAuswG


Vorschriften:

SächsPersPassG § 5
PAuswG § 1
Es ist ausreichend, die im Personalausweis nach § 5 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 SächsPersPassG zu leistende Unterschrift nur mit einem Teil des Doppelnamens zu erbringen, wenn der Ausweisbewerber im täglichen Leben ebenfalls nur mit diesem Teil des Doppelnamens unterschreibt
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 3 B 549/04

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Pass- und Ausweisrechts

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald, die Richterin am Verwaltungsgericht Gellner und den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng am 28. Juli 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 23. März 2004 - 3 K 1775/02 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Streitwert für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht wird auf 4.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Das Vorbringen der Beklagten ergibt nicht, dass die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeit nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO oder der grundsätzlichen Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gegeben sind.

1. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt vor, wenn der Antragsteller einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens zumindest als ungewiss zu beurteilen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.6.2000, DVBl. 2000, 1458).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, der Klägerin auf deren Antrag vom 16.5.2002 einen Personalausweis zu erteilen, da sie die erforderliche Unterschrift auch mit nur dem ersten Teil ihres Doppelnamens geleistet hat.

Mit ihrem Vortrag, dass nur eine mit dem Familiennamen übereinstimmende Unterschrift die problemlose Feststellung der Identität gewährleiste und daher zumindest erkennbar sein müsse, dass ein Doppelname geführt werde, hat die Beklagte die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts nicht derart in Frage gestellt, dass der Ausgang des Verfahrens offen wäre. Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 SächsPersPassG hat der Ausweisbewerber neben den Nachweisen zur Feststellung der Identität die erforderliche Unterschrift zu leisten. Hierbei dient die im Personalausweis zu leistende Unterschrift ebenso wie die anderen durch den Ausweisbewerber zu leistenden Angaben der Identitätsfeststellung und ist daher wie im täglichen Leben zu leisten (vgl. Medert/Süßmuth, Paß- und Personalausweisrecht, Band 1, 1988 C Rn. 29). Soweit die Beklagte vorträgt, dass im täglichen Leben so wie im Personalausweis zu unterschreiben sei, verdreht sie die Gegebenheiten. Vielmehr ist im Personalausweis wie im täglichen Leben zu unterschreiben. Ausschlaggebend ist daher, welche Form der Unterschrift im täglichen Leben und im allgemeinen Rechtsverkehr als ausreichend anzusehen ist.

Nach der allgemeinen Verkehrsauffassung in der Bundesrepublik wird zur Identitätsfeststellung allgemein der Familienname und nicht etwa der Vorname oder Vor- und Familienname verwendet, da im allgemeinen Rechtsverkehr in erster Linie mit dem Familiennamen gezeichnet wird. Die Unterschrift muss hierbei - zumindest in Ansätzen - dem Familiennamen zugeordnet werden können, jedoch ist eine Lesbarkeit der Unterschrift nicht erforderlich. Sie darf aber nicht nur aus einem Kürzel oder einem Handzeichen bestehen, da dies allgemein nicht hinreichend Gewähr dafür bietet, dass es sich nicht nur um einen abgezeichneten Entwurf oder ein anderes, im Internen verbleibendes Papier handelt, sondern um eine endgültig gezeichnete Fassung. Im Rechtsverkehr ist nach allgemeiner Auffassung zur Unterschriftsleistung erforderlich, aber auch genügend ein die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnender individueller Schriftzug, der einmalig ist, entsprechend charakteristische Merkmale aufweist und sich als Wiedergabe eines Namens darstellt (vgl. Förschler in: Münchner Kommentar, BGB, § 126 Rn. 27; Heinrichs in: Palandt, BGB § 126 Rn. 9 m.w.N.).

Die Wiedergabe des Namens in der Unterschrift muss nicht alle Teile des Familiennamens umfassen. So wird es zur Wahrung der Schriftform im Rechtsverkehr als ausreichend angesehen, wenn nur mit einem Teil des Doppelnamens unterschrieben wird (vgl. BGH, Urt. v. 18.1.1996, NJW 1996, 997; BFH, Urt. v. 20.9.1991, III R 115/89, BAG, , Urt. v. 15.12.1987, DB 1988, 920 jeweils zitiert nach juris; OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 20.7.1989, 3 Ws 575/89; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.12.1999, NJW-RR 2000, 948; a.A. für eine Notarin in Ausübung ihres Amtes KG Berlin, Beschl. v. 22.4.2002, NJW-RR 2002, 1648). Wesentlich ist, ob die Identität des Unterschreibenden festgestellt werden kann, also ob keine Zweifel daran bestehen, dass er die Unterschrift geleistet hat. Dies kann durchaus auch dann der Fall sein, wenn die Unterschrift erkennbar nicht den vollständigen Familiennamen wiedergibt. Eine starre Pflicht zur Führung des Doppelnamens besteht im Alltag ebensowenig wie eine Pflicht, mit dem vollständigen Namen zu unterschreiben, um seine Identität darzulegen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.3.1988, BVerfGE 78, 38 [51]). Zwar besteht nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 PAuswG die Pflicht, im Personalausweis den vollständigen Familiennamen zu führen. Aber zwischen der Führung des Namens und der Unterschriftsleistung ist zu unterscheiden. Allein aus der Verpflichtung, im Personalausweis den vollständigen Familiennamen zu führen, kann nicht geschlossen werden, dass auch eine Verpflichtung besteht, mit dem vollständigen Familiennamen zu unterschreiben. Einer derartigen Verpflichtung steht der Sinn und Zweck der Unterschriftsleistung im Personalausweis entgegen. Sinn und Zweck der Unterschriftsleistung ist allein die Identitätsfeststellung. Diese erfolgt im täglichen Leben durch einen Vergleich zwischen der aktuell geleisteten Unterschrift und der sich im Personalausweis befindlichen Unterschrift wie beispielsweise bei einem Einkauf mit einer ec-Karte. Aus diesem Grund ist im Personalausweis die Unterschrift wie im täglichen Leben zu leisten. Nur dann kann bei einem Vergleich zwischen beiden Unterschriften festgestellt werden, dass die Person mit dem Ausweisinhaber identisch ist, also die Identität festgestellt werden. Im Alltag besteht jedoch wie bereits ausgeführt keine Verpflichtung, mit beiden Teilen eines Doppelnamens zu unterschreiben, mithin mit dem vollständigen Familiennamen. Müsste im Personalausweis dennoch mit dem vollständigen Familiennamen gezeichnet werden, würden die im täglichen Leben geleistete Unterschrift und die im Personalausweis enthaltene Unterschrift auseinander fallen und eine Identitätsfeststellung wäre möglichweise nur mit Schwierigkeiten zu leisten, weswegen eine derartige Verpflichtung nicht mit dem Sinn und Zweck der Regelung in Einklang zu bringen ist.

Eine in diesem Sinne ausreichende Unterschrift hat die Klägerin bereits auf ihrem Antrag vom 16.5.2002 geleistet. Es handelt sich um einen individuellen Schriftzug, der einen Teil des Doppelnamens wiedergibt, wobei die Klägerin in ihrem Personalausweis unstreitig beabsichtigt, ihren Doppelnamen zu führen. Dieser ist unter der Rubrik Name angegeben.

2. Der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht vor, da die Rechtssache - wie die Ausführungen zu 1. zeigen - keine besonderen Schwierigkeiten aufweist. Allein daraus, dass die Sache nicht auf den Einzelrichter übertragen wurde, kann - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht geschlossen werden, dass die Rechtssache besondere Schwierigkeiten aufweist. Zwar ist der Begriff der besonderen Schwierigkeiten in § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und in § 6 VwGO identisch. Dennoch kann bei einer Kammerentscheidung nicht stets auf das Vorliegen besonderer Schwierigkeiten geschlossen werden, da die Einzelrichterübertragung nicht zwingend vorgeschrieben ist, sondern im Ermessen des Gerichts liegt. Auch ergeben sich besondere Schwierigkeiten nicht bereits daraus, dass das Verwaltungsgericht die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nach § 162 VwGO festgestellt hat. Im Rahmen der Prüfung nach § 162 VwGO ist ein anderer Maßstab als in § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO anzulegen, da § 162 VwGO auf den durchschnittlichen Bürger abstellt.

3. Eine Zulassung der Berufung unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt ebenfalls nicht in Betracht, da der Vortrag der Beklagten, dass Doppelnamen in der täglichen Praxis zunehmend vorkommen, nicht ergibt, aus welchen Gründen eine über den konkreten Fall hinausreichende Bedeutung und Tragweite der Rechtsfrage vorliegt. Der Vortrag genügt damit bereits nicht den Darlegungsanforderungen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.Die Streitwertfestsetzung beruht gemäß § 72 Nr. 1 GKG 2004 auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F..

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F. i.V. mit § 72 Nr. 1 GKG 2004).



Ende der Entscheidung

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