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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 19.11.2007
Aktenzeichen: 3 B 665/05
Rechtsgebiete: GG, SächsPolG, SächsPresseG


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 2 S. 1
GG Art. 5 Abs. 1 S. 2
SächsPolG § 3
SächsPolG § 4 Abs. 1
SächsPolG § 27 Abs. 1 Nr. 1
SächsPolG § 32
SächsPresseG § 1 Abs. 2
SächsPresseG § 6 S. 1
1. Die Prognose der Polizei, es liege eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung vor, ist gerichtlich uneingeschränkt dahin zu überprüfen, ob nach den Erkenntnismöglichkeiten der Polizei im Zeitpunkt ihrer Entscheidung (ex ante) hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vorlagen, die den Eintritt eines Schadens objektiv wahrscheinlich machten.

2. Der Fotoapparat eines Pressefotografen und die zugehörigen Speicherkarten mit bereits gefertigten Fotos unterliegen keinem Beschlagnahmeverbot nach § 1 Abs. 2 SächsPresseG. Deren Beschlagnahme gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 SächsPolG kann verhältnismäßig sein, wenn die Pressefreiheit im Einzelfall hinter andere gefährdete Rechtsgüter zurücktritt.

3. Wird eine Beschlagnahme auf zwei Gründe gestützt, von denen nur einer die Beschlagnahme rechtfertigt, so genügt es, wenn die Polizei diesen Grund als selbstständig tragend angesehen und insoweit ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 3 B 665/05

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Feststellung der Rechtswidrigkeit von polizeilichen Maßnahmen

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Ullrich, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und den Richter am Sozialgericht Tischer

am 19. November 2007

beschlossen:

Tenor:

Die Anträge der Kläger, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 22. Juni 2005 - 14 K 1751/04 - zuzulassen, werden abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens je zur Hälfte.

Der Streitwert für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Aus dem Vorbringen der Kläger, auf dessen Prüfung der Senat im Zulassungsverfahren gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 VwGO beschränkt ist, folgt nicht, dass die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (1.) noch bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (2.). Dies gilt jedenfalls insoweit, als die Fortsetzungsfeststellungsklage vom Verwaltungsgericht abgewiesen wurde und dies nunmehr im Zulassungsverfahren von den Klägern angegriffen wird. Denn die unter Anwendung unmittelbaren körperlichen Zwangs vollzogene Beschlagnahme des digitalen Fotoapparates nebst zweier Speicherkarten des Klägers zu 1, der als Pressefotograf im Dienst der Klägerin zu 2 einen Polizeieinsatz fotografiert hatte, war zumindest für die Dauer des Polizeieinsatzes bis zu dessen Abschluss rechtmäßig. Soweit der Klage stattgegeben und festgestellt wurde, dass die Beschlagnahme der beiden Speicherkarten einen Tag über den Abschluss der Polizeiaktion hinaus rechtswidrig war (die Kamera selbst wurde bereits nach Abschluss des Polizeieinsatzes zurückgegeben), ist das angefochtene Urteil hingegen rechtskräftig geworden.

1. Die Rechtssache hat zunächst keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Dies ist nur der Fall, wenn im Hinblick auf die Rechtslage oder Tatsachenfeststellungen eine konkrete, nicht unmittelbar aus dem Gesetz zu beantwortende und höchst- oder obergerichtlich noch nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die im erstrebten Berufungsverfahren zu entscheiden wäre und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 124 RdNr. 10). Eine solche Frage werfen die Kläger hier jedoch nicht auf, wenn sie geklärt wissen wollen, in welchem Umfang die Verwaltungsgerichte die Einschätzung einer (polizeirechtlichen) Gefahrenlage durch die Behörde zu überprüfen haben, ob der Behörde hierbei ein besonderer Beurteilungsspielraum zukommt und welche Anforderungen die Verwaltungsgerichte an die Tatsachengrundlage für die Einschätzung einer Gefahrenlage stellen müssen.

Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung, ob der Kläger zu 1 durch sein Verhalten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung verursacht hat, zutreffend auf den klassischen polizeirechtlichen Gefahrbegriff abgestellt. Dieser, der polizei- und ordnungsrechtlichen Generalermächtigung (im Freistaat Sachsen § 3 Abs. 1 SächsPolG) zugrunde liegende Gefahrbegriff, der im Rahmen der vorliegend streitigen Beschlagnahme gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 SächsPolG lediglich in einer qualifizierten Form (unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung) Anwendung findet, ist in jahrzehntelanger Entwicklung durch Rechtsprechung und Lehre nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend präzisiert, in seiner Bedeutung geklärt und im juristischen Sprachgebrauch verfestigt (so zuletzt etwa: BVerwG, Urt. v. 25.7.2007 - 6 C 39/06 - zitiert nach Juris). Er bedarf mithin als solcher keiner Überprüfung in einem Berufungsverfahren. Mit diesem polizeirechtlichen Gefahrbegriff lassen sich die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zudem ohne weiteres beantworten.

Danach liegt eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinn vor, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit Wahrscheinlichkeit ein polizeilich geschütztes Rechtsgut schädigen wird (BVerwG, Urt. v. 26.2.1974, DÖV 1974, 637 ff.). Die somit erforderliche Feststellung, ob ein Schadenseintritt wahrscheinlich ist, erfordert eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose, d.h. hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen, auch wenn die erwarteten Schäden im Ergebnis ausbleiben können (BVerwG, Urt. v. 28.6.2004 - 6 C 21/03 - zitiert nach Juris). Ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum steht der Polizei- und Ordnungsbehörde bei dieser Prognoseentscheidung nicht zu (BVerwG, Urt. v. 25.7.2007 und 28.6.2004, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 19.12.1985, NVwZ 1986, 208 ff.; jeweils in Abgrenzung zu Maßnahmen der bloßen Schadensvorsorge), auch wenn, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, dieser Prognose zumindest insofern eine subjektive Einschätzung des Geschehensablaufs zugrunde liegt, als sie auf den im Zeitpunkt der polizeilichen Entscheidung zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten basiert. Daraus folgt jedoch nur, wovon das Verwaltungsgericht ebenfalls ausgegangen ist, dass die Prognose bezogen auf den Wissensstand zu diesem Zeitpunkt (ex ante) zu überprüfen ist, ansonsten aber ein objektiver Maßstab, d.h. eine pflichtgemäße, verständige und besonnene Lagebeurteilung, zugrunde zu legen ist (vgl. Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl. 2001, Abschnitt E RdNr. 36/37 [S. 217/218] m.w.N.; VGH BW, Beschl. v. 15.6.2005, NJW 2006, 635 f.).

Angesichts dessen bedarf es mithin keines Berufungsverfahrens, um zu klären, dass die Verwaltungsgerichte die Einschätzung einer (polizeirechtlichen) Gefahrenlage durch die Behörde - auf der Tatbestandsseite einer polizeilichen Eingriffsermächtigung, wie hier gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 SächsPolG - in vollem Umfang zu überprüfen haben, ohne dass der Behörde dabei ein besonderer, gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommt, und dass Tatsachengrundlage für die Einschätzung einer solchen Gefahrenlage nur hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte sein können, die nach den im Zeitpunkt der polizeilichen Entscheidung zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten (ex ante) den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen.

2. Diese Grundsätze hat das Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei angewandt, so dass entgegen der Auffassung der Kläger auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestehen.

Die Darlegung ernstlicher Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfordert, dass der Antragsteller einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens zumindest als ungewiss erscheint. Der Antragsteller muss sich mit den Argumenten, die das Verwaltungsgericht für die angegriffene Rechtsauffassung oder Sachverhaltsfeststellung und -würdigung angeführt hat, inhaltlich auseinander setzen und aufzeigen, warum sie aus seiner Sicht nicht tragfähig sind (st. Rspr., u.a. SächsOVG, Beschl. v. 26.11.2004 - 3 B 79/03 - und v. 20.7.2006 - 3 B 785/04 -). Daran fehlt es hier, weil der Vortrag der Kläger die Feststellung des Verwaltungsgerichts nicht zu erschüttern vermag, dass die Voraussetzungen einer Beschlagnahme gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 SächsPolG vorlagen, d.h. eine Gefahr im Sinne einer unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit bestand [a)], der Kläger zu 1 insoweit zumindest auch Störer war [b)], die Beschlagnahme für die Dauer des Polizeieinsatzes verhältnismäßig [c)] und auch sonst ermessensfehlerfrei war [d)] sowie der Vollzug der Beschlagnahme gemäß § 32 SächsPolG durch Anwendung unmittelbaren Zwangs ebenfalls nicht zu beanstanden ist [e)].

a) Aus den Ausführungen unter 1. folgt zunächst, dass das Verwaltungsgericht den polizeirechtlichen Gefahrbegriff nicht verkannt, sondern entsprechend der dortigen Definition zugrunde gelegt hat, ohne einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum des Beklagten anzunehmen. Entgegen dem klägerischen Vorbringen hat das Verwaltungsgericht auf dieser Grundlage auch zu Recht die von § 27 Abs. 1 Nr. 1 SächsPolG vorausgesetzte unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bejaht, d.h. angenommen, dass hier ex ante der Eintritt eines Schadens (Störung der öffentlichen Sicherheit) mit hoher Wahrscheinlichkeit sofort oder in allernächster Zeit zu erwarten war, falls nicht eingeschritten wird (vgl. Belz, SächsPolG, 3. Aufl. 1999, § 27 RdNr. 3 i.V.m. § 22 RdNr. 10; VGH BW, Beschl. v. 15.6.2005, NJW 2006, 635 f.).

Hierbei stellen die Kläger nicht in Frage, dass eine Störung der öffentlichen Sicherheit dann vorgelegen hätte, wenn der seit Jahren international wegen Mordes gesuchte Straftäter auf den vom Kläger zu 1 fotografierten Polizeieinsatz aufmerksam geworden wäre und deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit versucht hätte, sich dem geplanten Zugriff des Mobilen Einsatzkommandos der Polizei (MEK), das zu diesem Zweck vor Ort war, zu entziehen, möglicherweise sogar unter Waffeneinsatz. Insoweit wäre zumindest die ungestörte Amtsführung der Polizei bei der Festnahme des gesuchten Straftäters und damit die Funktionsfähigkeit einer staatlichen Einrichtung als Teil der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigt worden (vgl. dazu auch Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl. 2001, Abschnitt E RdNr. 6 ff. [S. 205 ff.], insbes. RdNr. 15 [S. 207]).

Zu Unrecht behaupten die Kläger jedoch, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht die Gefahr bestanden habe, dass der gesuchte Straftäter auf den Polizeieinsatz aufmerksam werde, weil es keine Anhaltspunkte gegeben habe, dass der Straftäter die Szene beobachte oder beobachten könne, und dazu vom Beklagten auch nichts vorgetragen worden sei. Vielmehr hat sich nach Aussage des vom Verwaltungsgericht als Zeugen vernommenen Einsatzleiters des MEK der gesuchte Straftäter in einem vom MEK observierten Gebäude befunden, vor dem auch das Fahrzeug des Straftäters geparkt war. Nur 200 m - in Sichtlinie - davon entfernt hat der Kläger zu 1 danach den Polizeieinsatz fotografiert, der dadurch ausgelöst worden war, dass eine dem gesuchten Straftäter ähnlich sehende, zuvor aus dem observierten Gebäude kommende Person mit ihrem Fahrzeug an der nächsten Straßeneinmündung von mehreren Seiten durch Einsatzwagen des MEK gestoppt und festgenommen worden war. Dieses, mit einer Kollision der beteiligten Fahrzeuge verbundene, in Sichtlinie nur etwa 200 m entfernt vom observierten Gebäude und Fahrzeug der eigentlich gesuchten Person stattfindende Unfallgeschehen, das zudem eine größere Gruppe von Zuschauern aus einem benachbarten Lokal sowie nachfolgend noch den Kläger zu 1 und einen weiteren Kameramann als Pressefotografen angezogen hatte, war deshalb nicht nur geeignet, die Aufmerksamkeit des gesuchten Straftäters auf sich zu ziehen, sondern ließ dies wegen des beschriebenen Ausnahmecharakters des Unfallgeschehens und der geringen Entfernung zum Zielobjekt auch mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest in allernächster Zeit erwarten, falls nicht eingeschritten wird.

b) Soweit die Kläger für den Fall, dass überhaupt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestanden habe, geltend machen, dass dann jedenfalls der Kläger zu 1 diese Gefahr nicht durch sein Verhalten verursacht habe, weil - wie das Verwaltungsgericht ebenfalls festgestellt habe - das ohne ihn schon erregte Aufsehen kaum noch zu steigern gewesen sei, so ist auch dem nicht zu folgen. Denn der Kläger zu 1 war ungeachtet dieser prinzipiell zutreffenden Feststellung Störer im Sinne des § 4 Abs. 1 SächsPolG, weil er zum einen als ein mit professionellen Apparaten tätiger Fotograf im besonderen Maße das Misstrauen eines flüchtigen Straftäters erregen konnte, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat. Diese Erwägung ist nicht zu bestanden, da ein als solcher erkennbarer Pressefotograf ein Unfallgeschehen nochmals von sonst alltäglichen Unfällen abhebt. Dabei greift auch der Einwand der Kläger nicht, Verhalten und Ausstattung des Klägers zu 1 seien unauffällig gewesen wie die eines Hobbyfotografen. Denn dem steht entgegen, dass der als Zeuge vernommene Einsatzleiter des MEK ausgesagt hat, dass er den Kläger zu 1 auf der (vom observierten Gebäude aus einsehbaren) Straßenmitte zwecks Unterbindung des Fotografierens angesprochen habe, als dieser sich bereits auf die am gegenüberliegenden Straßenrand befindliche, irrtümlich festgenommene Person zu bewegt und Fotos gefertigt habe. Zudem hat der ebenfalls als Zeuge vernommene, den Einsatzleiter des MEK bei der Beschlagnahme unterstützende Streifenbeamte ausgesagt, dass er den Kläger zu 1 als Pressefotografen sofort erkannt habe, weil er über professionelle Arbeitsmittel verfügt habe.

Zum anderen ergibt sich - was die Kläger offenbar missverstanden haben, aber vom Verwaltungsgericht richtig ausgeführt wurde - die Störereigenschaft des Klägers zu 1 gemäß § 4 Abs. 1 SächsPolG nicht in erster Linie daraus, dass er das bereits erregte Aufsehen selbst gesteigert hat, sondern vor allem daraus, dass die vorhandene, aufsehenerregende Situation so schnell wie möglich bereinigt werden musste, um wieder einen alltäglichen Eindruck erwecken zu können. Insoweit war der Kläger zu 1 als erkennbar für die Presse tätiger Fotograf Teil dieser Situation und als solcher Störer, weil nur durch ein Beenden - auch - seiner Tätigkeit wieder der gewollte alltägliche Eindruck des Geschehens hergestellt werden konnte. Insoweit ist anders als die Kläger meinen ohne Belang, dass der Einsatzleiter des MEK nicht sofort auf den Kläger zu 1 aufmerksam geworden ist und zunächst weitere Maßahmen (z.B. das Abschleppen der kollidierten Fahrzeuge) angeordnet hat, bevor er sich dem Kläger zu 1 zugewandt hat. Denn als verantwortlicher Einsatzleiter musste er zur Bereinigung der Situation in kürzester Zeit eine Vielzahl von Entscheidungen treffen, von denen das Unterbinden des Fotografierens durch den Kläger zu 1 nur eine war.

c) Stand mithin in der gegebenen Situation eine Störung der öffentlichen Sicherheit (Beeinträchtigung der Festnahme eines international gesuchten Straftäters) unmittelbar bevor und ist der Kläger zu 1 - neben anderen - ebenfalls als Störer anzusehen, weil auch seine Fotografiertätigkeit Teil der die erfolgreiche Festnahme des gesuchten und als gefährlich eingestuften Straftäters bedrohenden Situation war, so ist die Beschlagnahme des digitalen Fotoapparates nebst der beiden Speicherkarten des Klägers zu 1 zumindest für die Dauer des Polizeieinsatzes gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 SächsPolG auch erforderlich, d.h. eine geeignete [aa)], erforderliche [bb)] und angemessene [cc)], mithin verhältnismäßige Maßnahme gewesen (vgl. § 3 Abs. 2 und 3 SächsPolG).

aa) Anknüpfend an die Ausführungen zur Störereigenschaft des Klägers zu 1 macht entgegen dem klägerischen Vortrag die Tatsache, dass allein die Beschlagnahme der Fotoausrüstung die störende Situation nicht beseitigen konnte, deren Durchführung selbst nicht ungeeignet, die drohende Störung zu vermeiden. Denn das Unterbinden des auffälligen Fotografierens ist neben den anderen, vom Einsatzleiter des MEK angeordneten Maßnahmen, etwa zur Beseitigung der kollidierten Fahrzeuge und zum Entfernen der irrtümlich festgenommenen Person aus dem Sichtbereich des observierten Gebäudes, eine weitere notwendige und damit ebenfalls geeignete Maßnahme, um die Gefahrensituation zu bereinigen.

Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der zweite, kurz nach dem Kläger zu 1 eingetroffene Pressefotograf ebenfalls und angeblich in noch auffälligerer Weise Fotos gefertigt habe, ohne daran gehindert worden zu sein. Zum einen ändert dies nichts daran, dass ungeachtet dessen auch der Kläger zu 1 Störer blieb und deshalb an seinem auffälligen Verhalten gehindert werden musste. Zum anderen bedurfte es nach den vom Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen eines Vorgehens gegen den weiteren Pressefotografen deshalb nicht (mehr), weil er sich - noch bevor die Situation mit dem Kläger zu 1 bereinigt war - wieder unauffällig am Straßenrand aufgehalten hatte, mithin nicht mehr an seinem auffälligen Verhalten gehindert werden musste, was auch das Verwaltungsgericht festgestellt hat.

bb) Die Beschlagnahme und damit das Unterbinden des weiteren auffälligen Fotografierens durch den Kläger zu 1 war zudem nicht nur geeignet, die drohende Störung der Festnahme zu vermeiden, sondern auch erforderlich, da sich dem Einsatzleiter des MEK bei der gebotenen Betrachtung ex ante nach den im Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Erkenntnismöglichkeiten keine andere, insbesondere keine für den Kläger zu 1 weniger einschneidende Maßnahme anbot, als die Beschlagnahme der Fotoausrüstung.

Soweit die Kläger geltend machen, dass es ausreichend gewesen wäre, den Kläger zu 1 zum Fotografieren auf einen Standort außerhalb des vom observierten Gebäude einsehbaren Bereichs zu verweisen bzw. zumindest auf ein vergleichbar unauffälliges Verhalten, wie dies der andere Pressefotograf in der Folge gezeigt habe, stellten sich diese Optionen für den Einsatzleiter des MEK in der gegebenen Situation nicht. Denn wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, hat der Kläger zu 1 sowohl durch ausdrückliche Erklärung als auch durch sein Verhalten deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er nur durch Wegnahme seines Arbeitsmittels an seiner Tätigkeit zu hindern war. Nach Aussage des ebenfalls als Zeugen vernommenen, die Beschlagnahme unterstützenden Streifenbeamten hat der Kläger zu 1 dementsprechend erklärt, er könne fotografieren, was er wolle, und wenn er am Fotografieren gehindert werden solle, müsse man ihm die Kamera schon wegnehmen. Der Einsatzleiter des MEK musste mithin annehmen, dass der Kläger zu 1 seinen Anordnungen nicht Folge leisten wird. Zumindest konnte er aber angesichts der drängenden Situation, in der die Festnahme des gesuchten Straftäters jederzeit zu scheitern drohte, es darauf nicht ankommen lassen. Bei der gebotenen Betrachtung ex ante waren andere Maßnahmen als die Beschlagnahme der Fotoausrüstung deshalb nicht in gleicher Weise geeignet, um die Situation in der erforderlichen Schnelligkeit zu bereinigen.

Hinzu kommt, dass der Einsatzleiter des MEK nach seiner Aussage auch deshalb das Fotografieren möglichst schnell unterbinden wollte, um zu erreichen, dass sich die auf der Straße versammelten Schaulustigen, insbesondere die größtenteils alkoholisierten Gäste des Ecklokals an der betroffenen Straßeneinmündung, schnellstmöglich wieder entfernen, was durch auffällig handelnde Pressefotografen vor Ort zumindest erschwert wird. Angesichts dessen wäre es in der Situation des Einsatzleiters des MEK entgegen dem weiteren Vorbringen der Kläger auch ungeeignet gewesen, zu warten, bis die Unfallstelle beräumt ist, in der Hoffnung, dann werde der Kläger zu 1 von selbst mit dem Fotografieren aufhören. Denn das auffällige Fotografieren durch einen Pressfotografen war nicht nur geeignet, das Unfallgeschehen aus Sicht des gesuchten Straftäters von alltäglichen Unfällen abzuheben und musste deshalb schnellstmöglich noch vor Beräumung der Unfallstelle beendet werden, um zumindest wieder den Eindruck eines eher alltäglichen Unfalls zu vermitteln. Vielmehr war es auch verstärkt geeignet, Schaulustige anzuziehen und an das Geschehen zu binden, so dass es auch aus diesem Grund nicht ausgereicht hätte, den Kläger zu 1 bis zur endgültigen Beräumung der Unfallstelle gewähren zu lassen. Da der Kläger zu 1 aber nur bereit war, sein Handeln zu beenden, wenn ihm der Fotoapparat weggenommen wird, gab es für den Einsatzleiter des MEK keine andere Möglichkeit, als die Beschlagnahme durchzuführen.

cc) Schließlich erweist sich die Beschlagnahme des Fotoapparates und der Speicherkarten für die Dauer des Polizeieinsatzes auch als angemessen. Denn bei wertender Abwägung steht der beabsichtigte Erfolg (keine Beeinträchtigung der Festnahme des gesuchten Straftäters) nicht erkennbar außer Verhältnis zu den durch die Beschlagnahme verursachten Nachteilen (vgl. § 3 Abs. 3 SächsPolG sowie Belz, SächsPolG, 3. Aufl. 1999, § 3 RdNr. 28).

Die Kläger wenden in diesem Zusammenhang zwar ein, dass die Beschlagnahme in unverhältnismäßiger Weise in die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierte Pressefreiheit eingreife, weil die Gefahr keinesfalls so wahrscheinlich gewesen sei, dass angesichts der besonderen Bedeutung der Pressefreiheit ein solch drastischer Eingriff gerechtfertigt gewesen sei. Auch hat das Verwaltungsgericht insoweit allenfalls angedeutet, dass in Anbetracht des Ziels, einen international gesuchten und gefährlichen Straftäter festzunehmen, der mit der Beschlagnahme verbundene Eingriff in die Rechte der Kläger nicht unverhältnismäßig sei. Jedoch begründet der insoweit ebenfalls pauschale Vortrag der Kläger zumindest im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der diesbezüglichen Annahme des Verwaltungsgerichts.

Dabei hat das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt, dass über die im Interesse der öffentlichen Sicherheit hier abzusichernde Festnahme hinaus die besondere Gefährlichkeit des international gesuchten Straftäters berücksichtigt werden muss, welche die Gefahr einschloss, dass dieser sich im Falle der Entdeckung des geplanten Zugriffs mit Waffengewalt zur Wehr setzen wird. Deshalb war hier nicht nur die Funktionsfähigkeit einer staatlichen Einrichtung als Teil der öffentlichen Sicherheit bedroht, sondern auch die durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Rechtsgüter Leben und Gesundheit der handelnden Beamten des MEK sowie gegebenenfalls unbeteiligter Dritter.

Dem steht auf der anderen Seite zwar die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Pressefreiheit gegenüber, die jedoch durch die Beschlagnahme des Fotoapparates hier nur kurzzeitig beeinträchtigt wurde. Denn nach der ab etwa 19:35 Uhr beginnenden, verbalen Auseinandersetzung des Klägers zu 1 mit den beiden Zeugen wurde der Fotoapparat erst etwa um 19:50 Uhr vom Einsatzleiter des MEK in Besitz genommen und bereits um kurz nach 20:15 Uhr wieder zurückgegeben, nachdem der gesuchte Straftäter gegen 20:05 Uhr im observierten Gebäude tatsächlich festgenommen werden konnte. Insoweit bedarf es jedenfalls für diesen kurzen Zeitraum auch keiner gesonderten Betrachtung der ebenfalls beschlagnahmten Speicherkarten, die dem Kläger zu 1 in dieser Zeit ohne seine Kamera ohnehin nichts nutzen konnten.

Vor diesem Hintergrund wiegt der nur kurzzeitige Eingriff in die ihrerseits nicht schrankenlos gewährleistete Pressefreiheit gegenüber der dargestellten, unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit, die auch eine Gefährdung der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Rechtsgüter Leben und Gesundheit einschloss, weniger schwer. Denn auch die Pressefreiheit hat die Rechtsgüter anderer, die der Pressefreiheit im Rang mindestens gleichkommen, zu achten, was in der Verweisung auf die allgemeine Rechtsordnung in Art. 5 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommt (vgl. BVerfG, Urt. v. 5.8.1966, BVerfGE 20, 162 [176] m.w.N.) und auch die Vorschriften über die Gefahrenabwehr nach dem allgemeinen Polizeirecht einschließt (vgl. OVG Saarland, Urt. v. 11.4.2002 - 9 R 3/01 - zitiert nach Juris; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 30.4.1997, DÖV 1997, 1011 f.). Insoweit ist es der Presse zumutbar, bei der trotz der Beschlagnahme weiterhin zumindest verbal möglichen Berichterstattung auf deren Unterlegung mit Bildern zu verzichten, wenn durch die Fertigung der Bilder - wie hier - so wichtige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit anderer gefährdet werden.

Auch wenn dies von den Klägern nicht gerügt wird, ist abschließend noch darauf hinzuweisen, dass Fotoapparat und Speicherkarten nicht schon deshalb vor dem Zugriff gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 SächsPolG geschützt waren, weil gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 des Sächsischen Gesetzes über die Presse (SächsPresseG) i.d.F. vom 26.3.2003 (SächsGVBl. S. 38) Sondermaßnahmen jeder Art, die die Pressefreiheit beeinträchtigen, unzulässig sind und unter anderem § 27 SächsPolG gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 SächsPresseG keine Anwendung findet. Denn diese Regelungen betreffen nur Presseerzeugnisse (Belz, SächsPolG, 3. Aufl. 1999, § 27 RdNr. 1), mithin gemäß § 6 Satz 1 SächsPresseG nur mittels eines zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahren hergestellte und zur Verbreitung bestimmte Schriften, besprochene Tonträger, bildliche Darstellungen mit oder ohne Schrift und Musikalien mit Text oder Erläuterungen (Druckwerke). Um solche handelt es sich hier aber nicht, weil selbst die auf den Speicherkarten in digitaler Form befindlichen Bilder ebenso wie unbelichtete Negative auf einem herkömmlichen Film - noch - nicht zur Verbreitung bestimmt sind (ebenso für unbelichtete Negative: OVG Saarland, Urt. v. 11.4.2002 - 9 R 3/01 - zitiert nach Juris; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 30.4.1997, DÖV 1997, 1011 f.).

d) Soweit die Kläger darüber hinaus die Beschlagnahme deshalb für ermessenfehlerhaft halten, weil diese neben der hier dargestellten Gefahr für die öffentliche Sicherheit nach den Zeugenaussagen auch darauf gestützt wurde, dass die auf Anonymität angewiesenen Beamten des MEK nicht fotografiert werden sollten, um diese im Nachgang des Polizeieinsatzes nicht durch eine Veröffentlichung der Bilder zu gefährden, hat das Verwaltungsgericht dies zu Recht im vorliegenden Zusammenhang für bedeutungslos gehalten und nur insoweit geprüft und für rechtswidrig befunden, als mit dem Schutz der Anonymität der MEK-Beamten die hier nicht mehr streitige Aufrechterhaltung der Beschlagnahme der Speicherkarten für einen weiteren Tag gerechtfertigt worden war.

Denn da allein die vom Einsatzleiter des MEK zur Vermeidung einer Entdeckung des Polizeieinsatzes angestellten Erwägungen die Beschlagnahme zumindest für die Dauer des Polizeieinsatzes rechtfertigen, kommt es nicht darauf an, dass der Einsatzleiter die Beschlagnahme auch aus einem anderen Grund für erforderlich gehalten hat. Es ist entgegen der Behauptung der Kläger auch nichts dafür ersichtlich, dass der Einsatzleiter die Beschlagnahme allein auf den Schutz der Anonymität seiner Beamten stützen wollte. Er hat vielmehr stets betont, dass er beide Zwecke verfolgt hat. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Einsatzleiter die Entdeckungsgefahr der Polizeiaktion nicht als allein tragend für seine Entscheidung angesehen, sondern kumulativ dazu auch den Anonymitätsschutz als Begründung für nötig gehalten hat, um die Beschlagnahme durchführen zu können. Vielmehr sprechen seine Ausführungen dafür, dass er die Beschlagnahme alternativ auf beide Gründe gestützt hat, so dass es genügt und nicht ermessensfehlerhaft ist, wenn einer der Gründe, die Gefahr der Entdeckung des Polizeieinsatzes durch den gesuchten Straftäter, die Beschlagnahme rechtfertigt.

e) Aufgrund dessen wenden sich die Kläger im Zulassungsverfahren schließlich erfolglos gegen die Anwendung unmittelbaren körperlichen Zwangs zur Durchsetzung der Beschlagnahme. Denn sie tragen hierzu lediglich vor, dass dies rechtswidrig gewesen sei, weil schon die Voraussetzungen der Beschlagnahme der Fotoausrüstung nicht gegeben gewesen seien. Da dies aber, wie ausgeführt, nicht der Fall ist, legen sie keine Gründe dar, weshalb insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestehen sollen. Es ist mithin nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die Anwendung unmittelbaren körperlichen Zwangs zur Durchsetzung der Beschlagnahme gemäß § 32 SächsPolG als gerechtfertigt angesehen hat, weil der Kläger zu 1 der mündlichen Beschlagnahmeanordnung keine Folge geleistet hat und deshalb nach erfolgter Androhung die gewaltsame Wegnahme der Fotoausrüstung geeignet, erforderlich und angemessen gewesen ist, um die rechtzeitige Beschlagnahme zu sichern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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