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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 27.07.2006
Aktenzeichen: 3 BS 151/06
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 123
Zu den Voraussetzungen einer Zwischenregelung im Konkurrentenstreitverfahren.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

Beschluss

Az.: 3 BS 151/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Stellenbesetzung; Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde gegen Zwischenreglung

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Ullrich, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und die Richterin am Verwaltungsgericht Gellner am 27. Juli 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 31. Mai 2006 - 3 K 636/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die durch den angefochtenen Beschluss getroffene Zwischenregelung bleibt ohne Erfolg. Sie ist zwar zulässig, insbesondere nicht gegen eine nach § 146 Abs. 2 VwGO unanfechtbare prozessleitende Verfügung gerichtet (vgl. Senatsbeschl. v. 17.12.2004 - 3 BS 399/03; Kopp/Schenke, VwGO; 14. Aufl. 2005, § 146 RdNr. 11 m.w.N.), aber unbegründet. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe ergeben nicht, dass das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner zu Unrecht untersagt hat, bis zum (erstinstanzlichen) Abschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die drei Beigeladenen zu Oberstaatsanwälten (R 2) bei der Staatsanwaltschaft Leipzig zu ernennen.

Grundsätzlich ist der Erlass einer Zwischenregelung im erstinstanzlichen Eilverfahren zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) geboten, wenn der Eilantrag nicht offensichtlich aussichtslos ist und Anlass zur Besorgnis besteht, dass bis zur gerichtlichen Entscheidung vollendete Tatsachen geschaffen werden (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 3.5.2006 - 3 E 60/06 - m.w.N. zum Streitstand). Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Denn der Antragsgegner hatte auf gerichtliche Anfrage am 31.5.2006 erklärt, dass er - abweichend von seiner bisherigen Praxis - beabsichtige, nur eine der drei streitbefangenen Stellen freizuhalten und zwei Stellen zum 1.7.2006 zu besetzen. Das Verwaltungsgericht konnte vor Eingang der Verwaltungsakten und der Antragserwiderung jedenfalls nicht davon ausgehen, dass der am 30.5.2006 gestellte Eilantrag offensichtlich aussichtslos war. Dem Schriftsatz vom 31.5.2006 ließ sich auch nicht entnehmen, dass der Antragsgegner mit der Aushändigung der Ernennungsurkunden mit Wirkung zum 1.7.2006 wenigstens solange zuwarten würde, bis das Gericht ausreichende Gelegenheit zur Prüfung der Sach- und Rechtslage erhalten haben würde. Die Ernennung von zwei der drei Beigeladenen mit Wirkung zu dem angekündigten Datum hätte die Schaffung vollendeter Tatsachen zur Folge gehabt, da mit der anderweitigen Besetzung der beiden Stellen das durch die Ausschreibung eingeleitete Stellenbesetzungsverfahren beendet und sich die die Bewerbung des Antragstellers ablehnende Entscheidung insoweit gesamt erledigt hätte. Damit bestand in diesem Verfahrensstadium die Notwendigkeit, umgehend mit der angegriffenen Zwischenregelung einem irreversiblen Verlust des Bewerberverfahrensanspruchs des Antragstellers vorzubeugen (vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 30.3.2006 - 1 W 19/06 - zitiert nach JURIS; OVG NW, Beschl. v. 24.8.2005 - 1 B 1402/05 - unveröffentlicht).

Aus den von dem Antragsgegner zitierten Senatsbeschlüssen vom 17.12.2004 (NVwZ 2004, 1134) und vom 9.5.2005 (3 E 79/05) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Der Senat hat es in diesen Beschlüssen unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.11.1993 (DVBl. 1994, 118) für ausreichend gehalten, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für den im Eilverfahren erfolgreichen Antragsteller nur eine von mehreren Beförderungsstellen freizuhalten, da die Blockierung mehrerer Planstellen für einen Bewerber in der Regel unverhältnismäßig sein dürfte. Die Frage, ob und unter welchen (besonderen) Umständen eine einstweilige Anordnung, die dem Antragsgegner bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss die Besetzung mehrerer Stellen untersagt, unter Zurückstellung der entgegengesetzten Interessen des Dienstherrn und der anderen Bewerber nicht zu einer Übersicherung des - selbst nur auf eine Stelle beförderbaren - Antragstellers führt, ist streitig (vgl. einerseits im Anschluss an die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts: VGH BW, Beschl. v. 20.3.1995, ESVGH 45, 251; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 123 RdNr. 5; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl. 1998, RdNr. 1153; Schnellenbach, ZBR 1997, 169; Wittkowski, NVwZ 1995, 345; a. A.: HessVGH, Beschl. v. 18.2.1991, NVwZ-RR 1992, 34; vgl. auch NdsOVG, Beschl. v. 21.1.1994, OVGE 44, 414). Sie stellt sich indes noch nicht in dem hier allein interessierenden Verfahrensstadium, in dem effektiver Rechtsschutz überhaupt nicht gewährleistet ist, bevor das Gericht die Sach- und Rechtslage beurteilen kann. Die Interessen der übrigen Beteiligten müssen hier schon wegen der geringen zeitlichen Auswirkungen der Zwischenregelung bis zur Entscheidung über die einstweilige Anordnung grundsätzlich zurücktreten. Dass der Antragsteller selbst im Erfolgsfalle durch eine einstweilige Anordnung im Unterschied zur Zwischenentscheidung regelmäßig nicht sämtliche Stellen dürfte blockieren können, ist dabei nicht widersprüchlich, sondern der nicht vergleichbaren Interessenlage geschuldet.

Die Aufrechterhaltung der erstinstanzlichen Zwischenregelung ist auch in dem für die Beurteilung durch den Senat maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung noch gerechtfertigt, da das Verwaltungsgericht während des anhängigen Beschwerdeverfahrens gehindert war, das Antragsverfahren voranzutreiben und die zwischenzeitlich eingegangenen Verwaltungsvorgänge zu prüfen. Ein Bedürfnis für die Aufrechterhaltung ist für den Zeitraum zu bejahen, der zur Auswertung des Akteninhalts und zu einer abschließenden Entscheidung im erstinstanzlichen Antragsverfahren benötigt wird (vgl. Senatsbeschl. v. 3.5.2006 - 3 E 60/06).

Eine Kostenentscheidung entfällt, da das Verfahren auf Erlass einer Zwischenentscheidung keine eigenständige Kostenfolge auslöst.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).



Ende der Entscheidung

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