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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 05.10.2004
Aktenzeichen: 4 B 148/04
Rechtsgebiete: EinigVtr, BVFG, HRG


Vorschriften:

EinigVtr Art. 37 Abs. 1
EinigVtr Art. 45 Abs. 2
BVFG § 92
HRG § 18
Der beiderseitigen Interessenlage der Vertragsschließenden des Einigungsvertrages, durch die in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EinigVtr. geregelte gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen und Befähigungsnachweisen eine Zusammenführung in der gemeinsamen Bundesrepublik Deutschland zu erreichen, entspricht es, dass ein inhaltlich gleichwertiger Abschluss auch durch den im wiedervereinigten Deutschland gebräuchlichen akademischen Grad als gleichwertig dokumentiert wird.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 4 B 148/04

Verkündet am 5.10.2004

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Berechtigung zum Führen eines akademischen Grades

hier: Berufung

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Rottmann und den Richter am Verwaltungsgericht Wefer

am 5. Oktober 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 16. Januar 2002 - 5 K 2749/99 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt vom Beklagten, ihr die Berechtigung zur Führung des akademischen Grades "Diplom-Kauffrau" zuzuerkennen.

Der Klägerin wurde nach einem Studium in der Grundstudienrichtung Wirtschaftswissenschaften, Fachrichtung Ökonomie des Binnenhandels von der Handelshochschule Leipzig am 1987 ein Zeugnis über den Hochschulabschluss ausgestellt mit der damit verbundenen Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Hochschulökonom" zu führen. Im Zeugnis ist eine Abschlussarbeit zum Thema "Untersuchung zur wirksamen Anwendung der Bestandsrichtwerte in der Planung des betrieblichen Warenumschlags im Einzelhandel" ausgewiesen. Der Klägerin wurde am 1988 der akademische Grad "Diplomökonom (Dipl.Ök.)" verliehen.

Am 18.10.1992 beantragte die Klägerin beim Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst die "Nachdiplomierung/Bewertung meines Bildungsabschlusses". Der Antrag wurde mit Schreiben des Beklagten vom 18.8.1994 mit der Begründung abgelehnt, der Abschluss der Klägerin sei zwar mit einem Abschluss an einer westdeutschen Universität oder einer gleichgestellten Hochschule niveaugleich, die Ausbildung sei aber unmittelbar auf das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem der DDR ausgerichtet gewesen, so dass hinsichtlich der Studieninhalte erhebliche systembedingte Unterschiede bestünden.

Mit Schreiben vom 4.8.1999 beantragte die Klägerin beim Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst unter Bezugnahme auf ihren Antrag vom 18.10.1992 die "Anerkennung des Studienabschlusses". Der Beklagte stellte mit bestandskräftigem Bescheid vom 21.6.1999 gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 des Einigungsvertrages vom 31.8.1990 (BGBl. II S. 889 ff.) -EV- fest, dass der von der Klägerin an der Handelshochschule Leipzig in der Abschlussprüfung vom 1988 erreichte Abschluss einem Abschluss gleichwertig sei, der an einer Universität oder einer gleichgestellten Hochschule in dem Teil Deutschlands erworben worden wäre, in dem das Grundgesetz bereits vor dem 3.10.1990 gegolten habe.

Mit Schreiben vom 12.7.1999 erklärte die Klägerin, das eigentliche Ziel ihres Antrags sei "ein Abschluss als Diplom-Betriebswirt". Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 29.7.1999 ab. Akademische Grade würden gemäß § 39 des Sächsischen Hochschulgesetzes ausschließlich von den zuständigen Gremien der Hochschulen verliehen, so dass der Beklagte nicht befugt sei, in der DDR erworbene Diplomgrade in akademische Grade, die in den alten Ländern der Bundesrepublik Deutschland üblich gewesen seien, umzuwandeln. Die begehrte Umwandlung widerspräche dem Grundsatz, dass in der DDR erworbene Hochschuldiplomgrade als akademische Grade bundesweit anerkannt seien. Eine Nachdiplomierung zum Diplom-Betriebswirt (FH) scheitere daran, dass es sich bei dem Abschluss der Klägerin nicht um einen in der DDR erworbenen Fachschulabschluss handele.

Die Klägerin hat am 30.8.1999 Klage erhoben und im Klageverfahren zuletzt beantragt, ihr einen Bescheid auf Umwandlung ihres Hochschuldiplomgrades "Diplomökonom" in den akademischen Grad "Diplom-Kauffrau" zu erteilen. Zur Begründung trägt sie vor, Fachschulabschlüsse der DDR als "Ökonom" oder "Ingenieurökonom" seien zu Abschlüssen als "Diplombetriebswirt (FH)" oder "Diplom- Wirtschaftsingenieur (FH)" nachdiplomierbar, so dass dies erst recht für die Umwandlung universitärer Abschlüsse der DDR gelten müsse.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgebracht, dass er dem einschlägigen Beschluss der Kultusministerkonferenz zur Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen im Sinne des Art. 37 Abs. 1 EV vom 10./11.10. 1991 i.d.F. vom 18.4.1997 (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 24.4.1998 i.d.F. vom 30.6.2000) durch die Bescheinigung der Gleichwertigkeit Rechnung getragen habe. Die von der Klägerin begehrte 'Umdiplomierung' widerspreche dem Grundsatz, dass in der DDR erworbene Hochschulgrade bundesweit anerkannt seien. Der Wortlaut des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV, wonach gleichwertige Abschlüsse die gleichen Berechtigungen verleihen, sei im Sinne der Einräumung einer Chancengleichheit hinsichtlich des Berufszuganges zu verstehen. Der Klägerin werde bereits durch die Feststellung der Gleichwertigkeit ihres Abschlusses der Zugang zu all den Berufsfeldern eröffnet, die einen Abschluss auf universitärem Niveau voraussetzten. Dagegen könne aus Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV kein Anspruch auf Umwandlung eines in der DDR erworbenen Abschlusses in einen in den alten Bundesländern anerkannten Abschluss hergeleitet werden. Aufgrund des in Art. 37 Abs. 1 Satz 5 EV vorgesehenen Bestandschutzes für in der DDR erworbene Abschlüsse sähen auch die KMK-Beschlüsse entsprechende Umbenennungen nicht vor. Der Einwand, aus der Bezeichnung "Diplomökonom" könnten keine Rückschlüsse auf ein mögliches Arbeitsgebiet gezogen werden, greife deshalb nicht, weil dies für eine Vielzahl heutiger Studienabschlüsse gelte und ein entsprechendes 'Erklärungsdefizit' kein durch die Vereinigung der beiden deutschen Staaten bedingtes Problem sei. Der allein auf Fachhochschulabschlüsse bezogene Ausnahmefall des Art. 37 Abs. 1 EV, nach dem in den Fällen der sogenannten Nachdiplomierung erstmals von der Behörde ein Diplomgrad verliehen werde, liege hier nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat zu der Frage, ob der Hochschulabschluss "Hochschulökonom" und der akademische Grad "Diplomökonom" einem Abschluss als "Diplom-Kauffrau", "Diplom-Volkswirtin" oder einem sonstigen Hochschulabschluss fachlich am ehesten angenähert sei, eine Stellungnahme der Gutachtenstelle für Deutsches Schul- und Studienwesen in Berlin eingeholt. In deren Stellungnahme vom 18.10.2001 wird festgestellt, dass der von der Klägerin erworbene Abschluss dem Studiengang "Betriebswirtschaft" zugeordnet werden sollte.

Mit Urteil vom 16.1.2002 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 29.7.1999, der Klägerin die Berechtigung zur Führung der Bezeichnung "Diplom-Kauffrau" zuzuerkennen. Zur Begründung wird ausgeführt, der Klägerin stehe das Recht zur Führung der Berufsbezeichnung "Diplom-Kauffrau" zu, nachdem bestandskräftig festgestellt worden sei, dass der Hochschulabschluss der Klägerin mit einem in Westdeutschland erworbenen universitären Abschluss gleichwertig sei. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV sehe vor, dass einander gleichstehende Prüfungen und erworbene Befähigungsnachweise auch die gleiche Berechtigung verleihen, wenn sie gleichwertig seien. Dies entspreche der Zielsetzung des Einigungsvertrages, die Zusammenführung der Bevölkerung der alten Bundesländer und der Bevölkerung des Beitrittsgebietes in dem nunmehr gemeinsamen Staats- und Wirtschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland für die Zukunft anzubahnen und dafür Mittel und Wege bereitzustellen. Dagegen wäre es mit der Zielsetzung des Einigungsvertrages unvereinbar, die Inhaber von Berechtigungen, die durch erfolgreich abgelegte Prüfungen und erworbene Befähigungsnachweise vermittelt würden, darauf zu verweisen, weiterhin nur die in der ehemaligen DDR verliehenen akademischen Grade führen zu dürfen. Dies ergebe sich auch nicht aus Art. 37 Abs. 1 Satz 5 EV, der das Recht zur Führung in der DDR erworbener, staatlich anerkannter oder verliehener akademischer Berufsbezeichnungen, Grade und Titel garantiere. Die Vorschrift enthalte keine abschließende Regelung dahingehend, dass die genannten Berufsbezeichnungen, Grade und Titel nicht in einen entsprechenden akademischen Grad der westdeutschen Bundesländer umbenannt werden dürften, wenn der in der DDR erworbene universitäre Abschluss gleichwertig sei. Dagegen sei nicht entscheidend, dass auch an Universitäten in den alten Bundesländern der akademische Grad "Diplomökonom" verliehen worden sei bzw. werde, da eine solche Verleihung nur in Ausnahmefällen erfolge. Schließlich könnten dem geltend gemachten Anspruch gemäß Art. 31 GG auch keine Regelungen des Sächsischen Hochschulrechts entgegenstehen. Nach der eingeholten Stellungnahme der Gutachtenstelle für Deutsches Schul- und Studienwesen Berlin vom 18.10.2001 sei angesichts des Themas ihrer Abschlussarbeit das Studium der Klägerin der Betriebswirtschaftslehre zuzurechnen. Da in diesem Studiengang der akademische Grad "Diplom-Kauffrau" verliehen werde, habe die Klägerin einen Anspruch darauf, dass ihr die Berechtigung zur Führung dieses akademischen Grades zuerkannt werde.

Gegen das dem Beklagten am 9.4.2002 zugestellte Urteil hat dieser am 8.5.2002 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss des Senats vom 12.2.2004 (4 B 363/02) wurde die Berufung zugelassen. Zur Begründung der Berufung trägt der Beklagte im Wesentlichen vor: Die Verleihung von Hochschulgraden falle in den Kernbereich der Hochschulautonomie (§ 17 i.V.m. § 18 HRG, § 26 SächsHG). Daher bestehe für eine behördliche "Umschreibung" eines bereits verliehenen Hochschulgrades keine Rechtsgrundlage. Zudem handele es sich auch bei den DDR-Graden seit jeher um deutsche Hochschulgrade, für die eine Umwandlung nicht in Betracht komme. Art. 37 Abs. 1 EV regele nur die Fälle einer Nachdiplomierung, dagegen nicht - was die Klägerin hier beantrage - einer Umdiplomierung. Bei einer Umdiplomierung wäre die Regelung in Art 37. Abs. 1 Satz 5 EV überflüssig, wonach in der DDR bereits erworbene Titel und Grade unberührt blieben. Soweit anhand des akademischen Grads "Diplomökonom" nicht feststellbar sei, ob das Studium einen betriebswirtschaftlichen oder volkswirtschaftlichen Schwerpunkt gehabt habe, ergebe sich dies aus den jeweils ausgestellten Zeugnissen, die ein Arbeitgeber auf Grund seiner Sachkunde im Einzelfall würdigen könne.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 16.1.2002 - 5 K 2749/99 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Vertreterin des Beklagten u.a. vorgebracht, dass das Ministerium für Wissenschaft und Kunst des Freistaates Sachsen sich bei der erteilten Bescheinigung über die Gleichwertigkeit im Bescheid vom 21.6.1999 an der Beschlusslage der Kultusministerkonferenz orientiert habe, wonach in der früheren Handelshochschule Leipzig im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften ein gleichwertiges Hochschulstudium durchgeführt worden sei. Eine darüber hinausgehende fachliche Prüfung sei nicht erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten des Senats und des Verwaltungsgerichts, sowie auf die dem Senat vorliegende Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage der Klägerin zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV einen Anspruch darauf, dass ihr der Beklagte die Führung des akademischen Grades "Diplom-Kauffrau" gestattet (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Nach dieser Vorschrift stehen in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet oder in den anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) abgelegte Prüfungen oder erworbene Befähigungsnachweise einander gleich und verleihen die gleichen Berechtigungen, wenn sie gleichwertig sind. Mit Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV ist auf staatsvertraglicher und nicht abänderbarer Grundlage eine eigenständige und abschließende Anspruchsgrundlage geschaffen worden. Diese nach Art. 45 Abs. 2 EV als Bundesrecht geltende Bestimmung enthält eine nicht auf die Ergänzung oder Ausführung durch den Landesgesetzgeber angelegte Regelung der Gleichstellung von beruflichen Abschlüssen und Befähigungsnachweisen (vgl. BVerwG, Urt. vom 10.12.1997, DVBl. 1998, 961). Soweit mit der Feststellung der Gleichwertigkeit die tatbestandliche Voraussetzung der Vorschrift erfüllt ist, stehen zum einen die Prüfungen und Befähigungsnachweise einander rechtlich gleich und verleihen zudem unmittelbar die gleichen Berechtigungen.

a) Die Gleichwertigkeit wird gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 3 EV von der jeweils zuständigen Stelle festgestellt. Dies ist nach Artikel 1 Satz 1 des "Abkommens zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland zur Regelung der Zuständigkeit für die Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen mit Hochschulabschlüssen gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 3 des Einigungsvertrages" - Abkommen - (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 11.10.1991 in der von den Regierungschefs der Länder am 12.3.1992 unterzeichneten Fassung, Sammlung der Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, Nr. 1965.5) grundsätzlich der für das Hochschulwesen zuständige Minister/Senator des vertragsschließenden Landes, in dem die Einrichtung gelegen war, an der der Bildungsabschluss erworben wurde. In Umsetzung des Beschlusses der Konferenz der Kultusminister vom 10./11. Oktober 1991 zur Auslegung von Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV für den Freistaat Sachsen sieht die "Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst über die Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen" vom 30.1.1992, (SächsABl., Sonderdruck Nr. 1/1992, S. 2), deren Geltungsdauer zuletzt mit Verwaltungsvorschrift vom 2.11.2002 bis zum 31.12.2007 verlängert wurde (SächsABl., S. 1189), in § 2 Abs. 2 vor, dass die in der Anlage I aufgeführten Abschlüsse den Abschlüssen gleichstehen, die an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen in dem Teil Deutschlands erworben wurden, in dem das Grundgesetz bereits vor dem 3.10.1990 galt. In der Anlage I ist dabei für den Studiengang "Wirtschaftswissenschaften" der akademische Grad "Diplom-Ökonom" an der Handelshochschule Leipzig angesprochen.

b) Das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst hat mit bestandskräftigem Bescheid vom 21.6.1999 bescheinigt, dass die Klägerin am 1988 die Abschlussprüfung an der Handelshochschule Leipzig in der Fachrichtung "Ökonomie des Binnenhandels" mit Erfolg abgelegt hat und dieser Abschluss "im Sinne von Art. 37 Abs. 1 Satz 2 des Einigungsvertrages" mit einem Abschluss gleichwertig ist, der an einer Universität oder einer gleichgestellten Hochschule in dem Teil der Bundesrepublik Deutschland erworben wurde, in dem das Grundgesetz bereits vor dem 3.10.1990 galt. Wie die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat, erfolgte diese Feststellung auf der Grundlage des Beschlusses der Kultusministerkonferenz - siehe dazu die unter a) angesprochene Anlage I der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst -. Damit wurde gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 3 EV die Gleichwertigkeit des von der Klägerin im August 1987 erreichten Hochschulabschlusses und des gemäß § 2 der Anordnung über den Erwerb des Diploms durch Hochschulabsolventen (Diplomandenordnung) vom 15.7.1986 (GBl. I, S. 380 ff) für die Verleihung des akademischen Grades notwendigen und in einem gesonderten Diplomverfahren zu führenden Nachweises der erforderlichen wissenschaftlichen Kenntnisse und Fähigkeiten bindend festgestellt.

2. Auf dieser Grundlage folgt der Anspruch der Klägerin, ihr die Berechtigung zur Führung des Diplomgrades "Diplom-Kauffrau" zuzuerkennen, unmittelbar aus Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV, wonach die in den alten und die in den neuen Bundesländern abgelegten Prüfungen oder erworbenen Befähigungen einander gleichstehen und "die gleichen Berechtigungen (verleihen), wenn sie gleichwertig sind".

a) Nach dem Wortlaut des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV ist mit der Feststellung der Gleichwertigkeit der in der ehemaligen DDR abgelegten Hochschulprüfungen nicht nur die abstrakte und formale Anerkennung des als gleichwertig angesehenen Bildungsabschlusses verbunden. Vielmehr stehen die als gleichwertig anerkannten Abschlüsse einander nicht nur formal gleich, sondern vermitteln darüber hinaus ("und") unmittelbar die gleichen Rechte, die Absolventen aus entsprechenden Hochschulprüfungen herleiten können, die in den alten Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland abgelegt wurden.

Zu diesen "gleichen Berechtigungen" zählt auch das Recht zur Führung des akademischen Grades als nach außen gerichteter Nachweis, dass sein Träger einen berufsqualifizierenden Studiengang mit einer Abschlussprüfung erfolgreich durchlaufen hat. Die Zuerkennung des im wiedervereinigten Deutschland üblichen akademischen Grades ist eine beweiskräftige Dokumentation eines an einer Hochschule der ehemaligen DDR erreichten Leistungsstandards, der inhaltlich gleichwertig demjenigen war, wie er an Hochschulen in dem Teil Deutschlands erworben wurde, in dem das Grundgesetz bereits vor dem 3.10.1990 galt. Der beiderseitigen Interessenslage der Vertragsschließenden des Einigungsvertrages, durch die gegenseitige Anerkennung und Gleichstellung von Abschlüssen und Befähigungsnachweisen eine Zusammenführung in der gemeinsamen Bundesrepublik Deutschland zu erreichen, entspricht es damit, dass ein inhaltlich gleichwertiger Abschluss auch durch den im wiedervereinigten Deutschland gebräuchlichen akademischen Grad als gleichwertig dokumentiert wird. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 und 3 EV vermitteln nicht nur einen Anspruch auf Feststellung der Gleichwertigkeit im Sinne einer akademischen Anerkennung erworbener Studienabschlüsse (vgl. dazu Conrad, Anerkennungsprobleme bei Studienabschlüssen in der ehemaligen DDR, WissR 1991, 108 ff), mit der allein noch nicht die Berechtigung verbunden wäre, einen bestimmten Diplomgrad führen zu dürfen. Vielmehr soll nach dem Wortlaut der Vertragsregelung mit der Feststellung der Gleichwertigkeit unmittelbar eine umfassende - im Vertragstext nicht eingeschränkte - rechtliche Gleichstellung der Absolventen unabhängig davon erfolgen, in welchem Teil Deutschlands der Bildungsabschluss erreicht wurde.

Dass die Vertragsschließenden damit auch das Recht zum Führen des akademischen Grades, der im wiedervereinigten Deutschland als Nachweis eines berufsqualifizierenden Studienganges gebräuchlich ist, im Blick hatten, wird zunächst deutlich, wenn die beiderseitige Interessenlage und zudem in besonderem Maße die Ziele in den Blick genommen werden, die der Einigungsvertrag verfolgt.

Ausweislich der Denkschrift der Bundesregierung zum Einigungsvertrag (BTDrs 11/7760 S. 374) schafft Art. 37 EV die auf Grund der Vereinigung der beiden Staaten in Deutschland erforderlichen Regelungen, um "in ganz besonderem Maße die gegenseitige Anerkennung und Gleichstellung von Abschlüssen und Befähigungsnachweisen" zu erreichen. Damit soll die Freizügigkeit und Durchlässigkeit zwischen Bildungssystemen und Bildungsgängen ermöglicht werden, um die Mobilität der Absolventen in jeder Hinsicht zu fördern und die Gleichheit der Lebensverhältnisse auf lange Sicht zu garantieren. Wie die Betonung der Gegenseitigkeit und der Verweis auf das durch Art. 106 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 GG vorgegebene Ziel der Herstellung einer Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im nunmehr gemeinsamen Bundesgebiet verdeutlichen, soll Art. 37 EV die "Zusammenführung" der Bevölkerung der beiden deutschen Staaten in einer gemeinsamen Bundesrepublik Deutschland befördern. Im Bildungsbereich standen die Vertragschließenden vor der Aufgabe, mit den Regelungen des Einigungsvertrages die Zusammenführung der Bevölkerung der alten Bundesländer und der Bevölkerung des Beitrittsgebiets in dem nunmehr gemeinsamen Staats- und Wirtschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland für die Zukunft anzubahnen und dafür Mittel und Wege bereitzustellen. Gleichzeitig ging es bei den für diesen Bereich getroffenen Regelungen auch darum, negative wirtschaftliche und berufliche Folgen des Zusammenbruchs des Staats- und Wirtschaftssystems der ehemaligen DDR für die Berufstätigen - soweit notwendig und möglich - zu begrenzen. Für die Vertragschließenden war absehbar, dass der Beitritt zu einem marktwirtschaftlich orientierten Staatssystem für eine große Zahl von Menschen der ehemaligen DDR zwangsläufig und in vielfältiger Hinsicht berufliche Neuorientierungen erfordern würde. Dies mochte freiwillig geschehen, um neue, sich bietende Chancen zu ergreifen, dies konnte aber auch erzwungen sein, weil Arbeitsplätze einigungsbedingt verlorengingen. Jedenfalls betraf es Berufsanfänger ebenso wie Berufstätige mit jahre- oder gar jahrzehntelanger Berufserfahrung in ihrem Fach. Bei Abschluss des Einigungsvertrages war zudem absehbar, dass diese Vielschichtigkeit und die Dimension des Neuanfangs sich in einer hohen Zahl beruflich motivierter Abwanderungen aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer niederschlagen und außerdem die Gefahr einer hohen Arbeitslosenquote im Beitrittsgebiet mit sich bringen würden. Entsprechend vielgestaltig mussten die Wirkungen der in Art. 37 Abs. 1 Sätze 2 und 3 EV vorgesehenen Anerkennungsentscheidung sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.12.1997, aaO).

Nach diesen Grundsätzen wurde mit Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV ersichtlich auch die erforderliche Ermächtigung geschaffen, um Hochschulabsolventen, die vor der Wiedervereinigung in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet einen als gleichwertig festgestellten Bildungsabschluss erreicht haben, das Recht zuzuerkennen, den akademischen Grad führen zu dürfen, der in den anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) an Absolventen des entsprechenden Studiengangs verliehen wird. Wie im Fall der sog. "Nachdiplomierung" ist auch insoweit Anspruchsgrundlage unmittelbar die bundesrechtliche Regelung in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV. Durch die "Umdiplomierung" der in der ehemaligen DDR und Berlin (Ost) erworbenen Hochschuldiplome wird in besonderem Maße die gegenseitige Anerkennung und Gleichstellung von Abschlüssen und Befähigungsnachweisen erreicht. Die "Umdiplomierung" bestehender Hochschulgrade war bei Abschluss des Einigungsvertrages den Vertragsschließenden nicht unbekannt. So konnten gemäß Art. 133 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 8.12.1988 - zitiert nach JURIS) nach § 92 BVFG Berechtigte und deren Abkömmlinge, die auf Grund einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vor der Vertreibung, Aussiedlung oder Zuwanderung im Herkunftsland einen akademischen Grad erworben hatten, dessen materielle Gleichwertigkeit mit einem im Geltungsbereich des Grundgesetzes vorgesehenen akademischen Grades nachgewiesen war, auf Antrag die Genehmigung erhalten, ihren akademischen Grad in der Form des gleichwertigen akademischen Grades im Geltungsbereich des Grundgesetzes zu führen (vgl. zur im Wesentlichen unveränderten Rechtslage nunmehr Art. 133 Abs. 1 BayHSchG i. d. F. vom 2.10.1998, zuletzt geändert am 9.7.2003, GVBl. 2003, 427). Schon zuvor war anerkannt, dass bei sachgerechter Ausübung des Ermessens im Rahmen des § 2 des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 7.6.1939 (RGBl. I S 985), das nach der Kompetenzregelung des Grundgesetzes als Landesrecht fortgilt, Vertriebenen die Führung eines im Vertreibungsgebiet erworbenen ausländischen akademischen Grades in der Form des entsprechenden inländischen Grades ohne Verpflichtung zur Angabe der verleihenden Hochschule genehmigt werden kann, wenn die Gleichwertigkeit mit einem deutschen Universitätsabschluss im Sinne des § 92 BVFG zu bejahen ist (BayVGH, Urt. v. 1.3.1974, DÖV 1975, 541). Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Vertragsparteien des Einigungsvertrages hinter diesen Stand hätten zurückfallen sollen, zumal die in der ehemaligen DDR verliehenen Diplome nach dem Gesetz über die Führung akademischer Grade deutsche akademische Grade sind (vgl. Conrad, WissR 1991, 108 ff, 109). Vielmehr sprechen die mit dem Einigungsvertrag geregelte Interessenslage wie auch der Gegenseitigkeitsgedanke mit dem Ziel nicht nur einer "Eingliederung", sondern einer "Zusammenführung" in einer nunmehr gemeinsamen Bundesrepublik Deutschland für das Gegenteil (a.A. Kuhr, LKV 2000, 179 (181, Fn. 24().

Vor dem Hintergrund der bereits beim Abschluss des Einigungsvertrages vorhersehbaren Situation, dass auf dem enger werdenden gesamtdeutschen Arbeitsmarkt Absolventen der Hochschulen der ehemaligen DDR mit jüngeren, den Anforderungen des Marktes ausgebildeten Wettbewerbern konkurrieren, bezweckt die Gleichstellung gleichwertiger Bildungsabschlüsse die Zusammenführung der unterschiedlichen Bildungs- und Ausbildungssysteme der beiden deutschen Staaten. Insoweit begründet Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV für die Absolventen der DDR-Fachschulen einen Anspruch auf die (erstmalige) Zuerkennung eines akademischen Grades, wenn ihre Ausbildung als mit einem Fachhochschulstudium gleichwertig beurteilt wird. Nach der Intention des Einigungsvertrages muss daher auch die Feststellung der Gleichwertigkeit einer in der ehemaligen DDR bzw. Berlin (Ost) absolvierten Hochschulausbildung für den Absolventen zur Folge haben, die mit der Gleichwertigkeitsentscheidung bescheinigte berufliche Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt im wiedervereinten Deutschland dokumentieren zu können. Ohne diese Möglichkeit liefe die Anerkennungsentscheidung im Hinblick auf die Realisierung von Chancen der Absolventen aus der ehemaligen DDR faktisch ins Leere oder wäre entgegen dem Interesse der Vertragsschließenden jedenfalls wesentlich erschwert, weil sich der Arbeitsmarkt nunmehr nur noch an den überkommenden Standards der "alten" Bundesrepublik Deutschland orientiert. Das Recht zum Führen eines bekannten und "eingeführten" Diplomgrades beeinflusst in Deutschland auch bei Berufen, die in der freien Wirtschaft ausgeübt werden, unmittelbar die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Dagegen liefe es dem Zweck des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV entgegen, nach Feststellung der Gleichwertigkeit der Hochschulausbildung den Absolventen auf den in der ehemaligen DDR verliehenen akademischen Grad eines nicht mehr existenten Staates zu verweisen. Bei gegebener Gleichwertigkeit der Hochschulprüfung ist durch die "Umdiplomierung" auch eine Entwertung der heute in Deutschland von den Hochschulen vergebenen akademischen Grade für die Wissenschaft, für die zur Führung des Grades Berechtigten und für die beruflich durch den Inhaber des Grades betreute Bevölkerung nicht zu erwarten. Lässt die Gleichwertigkeit der Prüfung selbst die Zulassung zu Berufen zu, für deren Ausübung sonst die Ablegung einer Prüfung an einer Hochschule vorausgesetzt wird, so ist kein Grund mehr dafür ersichtlich, den Absolventen zur Führung des Grades in der Form zu zwingen, in der er ihm in der ehemaligen DDR verliehen wurde.

Zudem vermittelt die Graduierung dem Begünstigten nach bundesdeutschem Recht einen öffentlich-rechtlichen Status, eine öffentliche Würde eigener Art (vgl. Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2. Aufl., 1986, S. 386). Regelmäßig wird erst mit dem Diplomgrad die konkrete berufsbezogene Qualifikation des Absolventen nach außen ausgewiesen. Die allgemeine Achtung und Wertschätzung (vgl. Reich, HRG, 6. Aufl., 1999, § 18 RdNr. 1), die dem akademischen Grad entgegengebracht wird, beruht nicht zuletzt auf dem Umstand, dass Lehre und Studium auf ein berufliches Tätigkeitsfeld vorbereiten und den Studierenden die dafür erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden dem jeweiligen Studiengang entsprechend vermitteln sollen (§ 7 HRG). Studiengänge führen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 HRG in der Regel zu einem berufsqualifizierenden Abschluss, auf Grund dessen die Hochschule gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 HRG jeweils einen Diplomgrad mit Angabe der Fachrichtung verleihen kann. Den akademischen Graden - gleich ob Diplomgrad oder Doktorgrad - kommt daher im Berufsleben eine erhebliche Bedeutung zu. Der akademische Hochschulgrad bedeutet stets eine Auszeichnung. Sein Besitz kann das Ansehen einer Person besonders im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit begründen und fördern; er kann das Ansehen und die soziale Geltung nachhaltig beeinflussen. Insoweit hat der Arbeitnehmer aufgrund des verfassungsrechtlich geprägten allgemeinen Persönlichkeitsschutzes einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber den vom Arbeitnehmer erworbenen akademischen Grad im Geschäftsverkehr nach außen in seiner konkreten Ausgestaltung korrekt verwendet (vgl. BAG, Urt. vom 8.2.1984, BAGE 45, 111-121). Ebenso wie das Verbot, eine bestimmte Berufsbezeichnung führen zu dürfen, kann die Verweigerung des dem Berechtigten zustehenden akademischen Grades zu Nachteilen im Wettbewerb führen (vgl. zur Berufsbezeichnung "Stadtplaner" BVerfG, Beschl. v. 17.4.2000, NVwZ 2000, 1033-1035). Nach alledem kann der bloßen Feststellung der Gleichwertigkeit gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 3 EV am gesamtdeutschen Arbeitsmarkt nicht die Bedeutung zukommen, wie sie dem der Ausbildung entsprechenden akademischen Grad zuzuschreiben ist. Dies erhellt vorliegend auch der der Klägerin vom Beklagten ausgestellte Bescheid vom 21.6.1999, der keine Aussagen über ihre berufsbezogene Qualifikation trifft. Die mit Art. 37 Abs. 1 Satz 2 und 3 EV bezweckte Schaffung von Chancengleichheit kann daher nicht erreicht werden, solange den Absolventen aus der ehemaligen DDR auf dem durch westdeutsche Standards geprägten Arbeitsmarkt verwehrt wird, die dort bekannten akademischen Grade zu führen.

Daher folgt aus Art. 37 Abs. 1 Satz 2 und 3 EV auf Grund der festgestellten Gleichwertigkeit des Hochschulabschlusses ein Anspruch auf Zuerkennung des entsprechenden akademischen Grades. Dem steht nicht entgegen, dass - wie der Beklagte vorträgt - die Verleihung von Hochschulgraden in den Kernbereich der Hochschulautonomie fällt und die begehrte Umschreibung des der Klägerin in der ehemaligen DDR verliehenen akademischen Grades schon aus diesem Grunde ausscheidet. Zwar werden gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 HRG Hochschulgrade nur noch von Hochschulen und nicht mehr vom Staat verliehen (Karpen in Hailbronner/Geis, HRG, § 18 RdNr. 3). Doch wie im Fall der Nachdiplomierung (vgl. dazu Reich, aaO) geht es vorliegend nicht um die Verleihung eines akademischen Grades durch eine Hochschule im Sinne des § 18 HRG, sondern um die behördliche Zuerkennung, dass ein bereits von einer Hochschule verliehener akademischer Grad in der im wiedervereinigten Deutschland üblichen Form geführt werden darf. Der Diplomgrad wird in diesen Fällen nicht von einer Hochschule "verliehen", sondern vom Wissenschaftsminister des zuständigen Bundeslandes "zuerkannt". Daher spricht man von der Zuerkennung des Diplomgrads als staatliche Bezeichnung und nicht von der Verleihung eines Diplomgrads (vgl. Kuhr, DÖD 2000, 11).

b) Dieser Auslegung steht auch nicht entgegen, dass nach der Systematik der Vorschrift das Recht auf Führung akademischer Grade im hier interessierenden Zusammenhang in Art. 37 Abs. 1 Satz 5 EV speziell geregelt ist; daraus folgt nicht, dass der Anspruch auf Zuerkennung des akademischen Grades nicht aus der allgemeinen Regelung in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV hergeleitet werden kann.

Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 5 EV bleibt das Recht auf Führung akademischer Grade "auf jeden Fall", also grundsätzlich unabhängig davon unberührt, ob ein Antrag auf Feststellung der Gleichwertigkeit einer in der ehemaligen DDR abgelegten Prüfung oder eines Befähigungsnachweises erfolgreich war oder nicht. Die Vorschrift stellt sich - wie die Betonung "auf jeden Fall" erhellt - als besondere und abschließende Bestandsgarantie für die in der ehemaligen DDR verliehenen akademischen Grade dar. Die Regelung in Art. 37 Abs. 1 Satz 5 EV dient damit der ausdrücklichen (und insoweit abschließenden) Klarstellung, dass die Versagung der in Satz 2 und 3 der Vorschrift geregelten Anerkennungsentscheidung im Einzelfall ohne "negativen" Einfluss auf bereits verliehene akademische Grade und Titel bleibt und insbesondere nicht zu deren Verlust führen kann. Dagegen kann dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Art. 37 Abs. 1 Satz 5 EV nicht entnommen werden, dass mit dieser Vorschrift das Recht auf Führung erworbener akademischer Grade insgesamt abschließend geregelt wird und sich die mit der Feststellung der Gleichwertigkeit einer in der ehemaligen DDR abgelegten Prüfung zugleich verliehenen "gleichen Berechtigungen" nicht auch auf das Recht zur Führung akademischer Grade erstrecken können. Denn nach dem weiten Wortlaut und dem Zweck ist Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV, auf die Erweiterung bestehender Rechtspositionen ausgerichtet, nämlich auf die Anerkennung der im Beitrittsgebiet erworbenen Qualifikationen in den übrigen (alten) Bundesländern (und umgekehrt).

c) Dass die Vertragsschließenden auch eine auf das Recht zum Führen eines akademischen Grades gerichtete Regelung bezweckt haben, zeigt auch ein Vergleich des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV mit der Regelung zur Anerkennung von Bildungsabschlüssen von Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen in § 92 Abs. 1 BVFG, wie sie bei Abschluss des Einigungsvertrages bestand und den Vertragsschließenden offenbar bekannt war (vgl. die Fassung der Bekanntmachung vom 3.9.1971, BGBl. I S. 1565 und nunmehr § 10 Abs. 1 BVFG i.d.F. der Bekanntmachung vom 22.6.1993, BGBl. I S. 829). Die Vertragsschließenden haben mit Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV zwar ersichtlich an den auf die Integration von Vertriebenen abzielenden § 92 BVFG angeknüpft, jedoch die Regelung im Einigungsvertrag weiter gefasst. Denn gemäß § 92 Abs. 1 BVFG sind Prüfungen oder Befähigungsnachweise, die Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge bis zum 8. Mai 1945 im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstande vom 31. Dezember 1937 abgelegt oder erworben haben, im Geltungsbereich des Gesetzes anzuerkennen. Die "Anerkennung" des Ausbildungsabschlusses bezieht sich lediglich auf die in ihm zum Ausdruck kommende Berufsbefähigung, nämlich die abstrakte, im Sinne der - unmittelbaren - Befähigung zu verstehende Verwendbarkeit im Wirtschafts- und Berufsleben der Bundesrepublik Deutschland und regelt noch nicht, ob der Inhaber eines ausländischen beruflichen Befähigungsnachweises, der als gleichwertig mit einem in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen beruflichen Befähigungsnachweises anerkannt ist, einen Anspruch auf Führung eines akademischen Grades hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.8.1990, NJW 1991, 3107). Damit regeln beide Vorschriften zwar die Anerkennung von "Prüfungen oder Befähigungsnachweisen", soweit diese jedoch in der ehemaligen DDR bzw. in Berlin (Ost) erworben wurden, weitet Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV die Rechtsfolgen der festgestellten Gleichwertigkeit über die bloße "Anerkennung" (ausländischer) Bildungsabschlüsse hinaus auf eine nach Art und Umfang uneingeschränkte rechtliche Gleichstellung der Absolventen aus. Die ausdrückliche Gleichstellung der Absolventen aus Ost- und Westdeutschland begründet damit auch das Recht, den auf Grund des gleichwertigen Bildungsabschlusses verliehenen akademischen Grad in der Form führen zu dürfen, wie er heute in Deutschland an Absolventen eines entsprechenden Studiengangs üblicherweise vergeben wird.

d) Aus alledem folgt, dass die Klägerin einen sich aus Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV ergebenden Anspruch auf Zuerkennung der Berechtigung zur Führung des ihrer Ausbildung entsprechenden akademischen Grades hat, den sie führen dürfte, wenn sie ihren gleichwertigen Abschluss an einer Universität oder gleichgestellten Hochschule in dem Teil Deutschlands erworben hätte, in dem das Grundgesetz bereits vor dem 3.10.1990 galt. Ausweislich der vom Verwaltungsgericht eingeholten gutachterlichen Stellungnahme, gegen die der Beklagte auch in diesem Berufungsverfahren nichts vorgebracht hat, ist der von der Klägerin erworbene Abschluss dem Studiengang Betriebswirtschaftslehre zuzuordnen. Dass der dort verliehene akademische Grad in der Bundesrepublik Deutschland gemeinhin "Diplom-Kauffrau" lautet, hat der Beklagte in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht in Abrede gestellt. Soweit der Beklagte im Berufungsverfahren vorgetragen hat, der der Klägerin in der ehemaligen DDR verliehene akademische Grad "Diplomökonom" sei bereits vor 1990 auch in der früheren Bundesrepublik Deutschland vergeben worden und werde immer noch vergeben, ist zu bemerken, dass dieser akademische Grad nicht den von der Klägerin absolvierten Studiengang Betriebswirtschaftslehre betrifft. Ausweislich der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 24.7.2002 vorgelegten Unterlagen zu dem Studiengang "Wirtschaftswissenschaften/Ökonomie", der etwa an der Universität Gießen neben dem Studiengang Betriebswirtschaftslehre als eigenständiger Studiengang angeboten wird, ist damit ein Studiengang angesprochen, in dem versucht wird, "auf die methodische Ähnlichkeit" der Studiengänge Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre mehr Gewicht zu legen. Einen solchen Studiengang hat die Klägerin - wie sich auch aus der Stellungnahme der Gutachterstelle entnehmen lässt - nicht absolviert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision ist zuzulassen, da ein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gegeben ist. Der Rechtssache kommt im Hinblick auf einen Anspruch auf "Umdiplomierung" von in der ehemaligen DDR verliehenen akademischen Hochschulgraden grundsätzliche Bedeutung zu.

Ende der Entscheidung

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