Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 10.12.2007
Aktenzeichen: 4 B 160/04
Rechtsgebiete: VwGO, SGB X


Vorschriften:

VwGO § 188 S. 2
VwGO § 194 Abs. 5
SGB X § 2 Abs. 3 S. 2
SGB X § 111
SGB X § 113 Abs. 1 S. 1
SGB X § 120 Abs. 2
SBG X aF § 113 Abs. 1
Erstattungsansprüche nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X verjähren unabhängig davon, ob im jeweiligen Einzelfall nach § 120 Abs. 2 SGB X von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X oder von § 113 Abs. 1 SGB X a. F. auszugehen ist, in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 4 B 160/04

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Erstattung von Sozialhilfekosten

hier: Berufung

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein ohne mündliche Verhandlung

am 10. Dezember 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 28. Januar 2004 - 2 K 2498/01 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Erstattung von Aufwendungen, die ihm vom 23.5.1995 bis 16.8.1996 für die Gewährung von Hilfe zur Pflege für einen Hilfeempfänger entstanden sind.

Der am in L. geborene und schwer behinderte Hilfeempfänger G. befand sich vom 19.9.1944 bis zu seinem Tod am 16.8.1996 in dem im Zuständigkeitsbereich des Klägers gelegenen J. heim B. ; vor Aufnahme in das Heim hatte der Hilfeempfänger seinen Wohnort in L. . Seit dem 1.9.1945 hatte der Kläger für den Hilfeempfänger Fürsorge- bzw. Sozialhilfeleistungen erbracht.

Mit Schreiben vom 23.5.1996 beanspruchte der Kläger von dem Beklagten eine Kostenerstattung zunächst nach § 103 BSHG für die ab dem 24.5.1996 geleisteten Aufwendungen; mit weiterem Schreiben vom 6.8.1996 machte er eine Kostenerstattung für die Zeit ab dem 27.6.1993 nach § 2 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB X geltend. Der Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 22.11.1996 ab: Abgesehen davon, dass er erstmals durch das bei ihm am 28.5.1996 eingegangene Schreiben des Klägers vom 23.5.1996 von dem Hilfefall Kenntnis erhalten habe und eine Erstattungspflicht schon deshalb frühestens ab dem 28.5.1996 begründet sein könne, sei er in "Altfällen" wie hier nicht zu einer Kostenerstattung verpflichtet. In Erwartung weiterer Entscheidungen in vergleichbaren Fällen verzichte er auf die Einrede der Verjährung gem. § 113 SGB X.

Mit Schreiben vom 14.2.2001 forderte der Kläger den Beklagten unter Hinweis auf zwischenzeitlich ergangene Entscheidungen des BVerwG zu den sog. "Altfällen" erneut auf, den Erstattungsanspruch anzuerkennen. Der Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 5.3.2001 ab und teilte dem Kläger mit, dass ein weiterer Verzicht auf die Einrede der Verjährung nicht erfolge.

Die am 21.12.2001 auf die Verurteilung des Beklagten zu einer Erstattung der von 23.5.1995 bis 16.8.1996 entstandenen Kosten gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 28.1.2004 abgewiesen: Zwar lägen die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X vor, der Anspruch sei jedoch nach der - auch insoweit anwendbaren - Regelung in § 113 SGB X verjährt. Allerdings stelle diese Regelung auf die Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht ab. Wörtlich angewendet, würde danach in Fällen wie hier keine Verjährung eintreten: Eine Entscheidung des in Anspruch genommenen erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht gegenüber dem Hilfeempfänger werde nicht getroffen, weil der erstattungsberechtigte Leistungsträger bereits gegenüber dem Hilfeempfänger entschieden habe. Da keine Anhaltspunkte für die Annahme sprächen, dass der Gesetzgeber in weiten Teilen des Kostenerstattungsrechts die Verjährungsfrist außer Kraft habe setzen wollen, müsse es bei den allgemeinen Grundsätzen des Verjährungsbeginns, wie sie in § 113 Abs. 1 SGB X a. F. bestimmt gewesen seien, verbleiben und auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Hilfeleistung abgehoben werden. Die vierjährige Verjährungsfrist beginne daher hier spätestens mit Ablauf des Kalenderjahres am 31.12.1996 und ende am 31.12.2000. Dass der Beklagte zunächst auf die Einrede der Verjährung verzichtet habe ändere daran nichts. Der Verzicht, der nach § 225 BGB a. F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB unwirksam sei, begründe zwar einen Vertrauensschutz des Gläubigers. Der Vertrauensschutz sei jedoch nur so lange gerechtfertigt, wie die den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begründenden Umstände andauerten. Erkläre ein Schuldner - wie hier - sich an den Verzicht nicht mehr zu halten, müsse der Gläubiger innerhalb einer angemessenen Frist - die durchschnittlich einen Monat betrage - den Anspruch gerichtlich geltend machen. Eine Klageerhebung nach neun Monaten sei verspätet.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zur grundsätzlichen Klärung der Fragen der Anwendbarkeit von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X und des Beginns der Verjährung nach dieser Regelung zugelassen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 16.2.2004 zugestellte Urteil zunächst mit Schriftsatz an das Oberverwaltungsgericht vom 18.2.2004 am 25.2.2004 und sodann mit Schriftsatz an das Verwaltungsgericht vom 2.3.2004 am 10.3.2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass unter Berücksichtigung insbesondere der Übergangsregelung des § 120 Abs. 2 SGB X sowie der Regelung in § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X die abschließende Entscheidung des Beklagten vom 5.3.2001 maßgeblich sei, weshalb die vierjährige Verjährungsfrist erst am 31.12.2005 abgelaufen wäre. Davon abgesehen, sei die gerichtliche Geltendmachung nach neun Monaten angemessen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 28.1.2004 - 2 K 2498/01 - zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 56.617,41 € nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Er bekräftigt die Gründe des angefochtenen Urteils und macht weiter geltend, dass das Ablehnungsschreiben vom 5.3.2001 kein Bezugspunkt für den Fristablauf der Verjährung sein könne; § 120 SGB X treffe insoweit keine Aussage.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten des Klägers und Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten über die Berufung ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).

Die mit Einreichung des zweiten Berufungsschriftsatzes vom 2.3.2004 beim Verwaltungsgericht Leipzig zulässig gewordene Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihm aufgrund seiner Hilfeleistung für den Hilfeempfänger G. im Zeitraum vom 23.5.1995 bis 16.8.1996 entstanden sind. Der - dem Grunde nach zwischen den Beteiligten unstreitige - Anspruch auf Kostenerstattung nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X ist verjährt, wobei offen bleiben kann, ob insoweit auf § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X oder auf § 113 Abs. 1 SGB X in der bis zum 31.12.2000 gültigen Fassung (SGB X a. F.) abzuheben ist (siehe 1.); etwas anderes folgt nicht wegen des von dem Beklagten zunächst erklärten Verzichts auf die Einrede der Verjährung (siehe 2.).

1. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X, der von der Verjährungsregelung in § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X bzw. derjenigen in § 113 Abs. 1 SGB X a. F. erfasst wird (siehe 1.1.), ist verjährt; in Fällen wie hier ist der in § 113 Abs. 1 SGB X a. F. angesprochene Zeitpunkt des Entstehens des Erstattungsanspruchs maßgeblich. Die vierjährige Verjährungsfrist begann daher - spätestens - mit Ablauf des 31.12.1996 und endete mit Ablauf des 31.12.2000 (siehe 1.2.)

1.1. Dass die Verjährungsregelung in § 113 SGB X bzw. § 113 SGB X a. F. den Erstattungsanspruch nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X erfasst, folgt aus ihrem Wortlaut. Danach verjähren Erstattungsansprüche in vier Jahren. Eine Beschränkung auf bestimmte Erstattungsverfahren enthält der Wortlaut nicht.

Etwas anderes ergibt sich nicht wegen der systematischen Stellung der angesprochenen Regelung. Dass die Verjährungsregelung in § 113 SGB X / SGB X a. F. im Dritten Kapitel Zweiter Abschnitt angesprochen ist, bedeutet nicht, dass sie sich nur auf die dort geregelten Erstattungsfälle nach den §§ 102 bis 106 SGB X bezieht. Nach der gesetzgeberischen Zielsetzung sollte mit dem Zweiten Abschnitt eine umfassende - auch verfahrensrechtliche - Regelung zu den Ausgleichsbeziehungen zwischen den Leistungsträgern der Sozialgesetzbuches erfolgen (siehe dazu: Klattendorf in: Hauck/Noftz, SGB X, K §§ 102-114 Rn. 4 m.w.N.). Hinsichtlich der in den §§ 102 bis 106 SGB X geregelten Erstattungsansprüche wurde diese Zielsetzung zwar nicht erreicht; nach wie vor bestehen daneben weitere spezielle Erstattungsregelungen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die in dem Zweiten Abschnitt in den §§ 106 bis 114 SGB X angesprochenen verfahrensrechtlichen Bestimmungen als umfassendes Verfahrensrecht alle Erstattungsansprüche erfassen sollen, soweit nicht spezielle Verfahrensbestimmungen gegeben sind (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 2.12.2003, 3 L 290/02, zitiert nach juris; ThürOVG, Urt. v. 26.5.2004, ThürVBl. 2004, 284; OVG Berlin, Urt. v. 10.2.2005, FEVS 57, 537). 1.2. Der Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen im Zeitraum vom 23.5.1995 bis 16.8.1996 ist - spätestens - seit Ablauf des 31.12.2000 verjährt, wobei offen bleiben kann, ob für den Beginn der vierjährigen Verjährungsfrist nach der Übergangsregelung in § 120 Abs. 2 SGB X auf § 113 Abs. 1 Satz 1 Satz SGB X oder auf § 113 Abs. 1 SGB X a. F. abzuheben wäre (siehe 1.2.1.) In jedem Fall maßgeblich ist für den Beginn der Verjährung jedenfalls der in § 113 Abs. 1 SGB X a. F. angesprochene Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist (siehe 1.2.2.)

1.2.1. Nach § 120 Abs. 2 SGB X ist u.a. § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X in der vom 1.1.2001 an geltenden Fassung auf die Erstattungsverfahren anzuwenden, die am 1.6.2000 noch nicht abschließend entschieden waren. Die Übergangsregelung bezweckt eine verfahrensökonomische Abwicklung noch anhängiger Erstattungsverfahren. Dagegen bezweckt die Norm nicht etwa das Wiederaufleben von vor dem 1.1.2001 bereits erloschener Erstattungsansprüche (BVerwG, Urt. v. 10.4.2003, FEVS 54, 495).

Da der Erstattungsanspruch spätestens mit Ablauf des 31.12.2000, somit vor dem 1.1.2001 verjährt war (siehe dazu: 1.2.2.), könnte daher möglicherweise in Betracht kommen, dass nicht § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X, sondern § 113 Abs. 1 SGB X a. F. maßgeblich sein könnte. Ob dagegen einzuwenden wäre, dass die Verjährung - anders als die Ausschlussfrist in § 111 SGB X - den Erstattungsanspruch nicht ausschließt, weil sie als Einrede lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht ist, bedarf keiner weiteren Vertiefung. Erstattungsansprüche nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X verjähren unabhängig davon, ob im jeweiligen Einzelfall nach § 120 Abs. 2 SGB X von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X oder von § 113 Abs. 1 SGB X a. F. auszugehen ist, in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind.

1.2.2. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X verjähren Erstattungsansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Der Wortlaut der Regelung entspricht demjenigen in § 111 Satz 2 SGB X, wonach die Ausschlussfrist für die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs von zwölf Monaten frühestens mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungsberechtigten Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Aus der Gesetzesbegründung zu § 111 SGB X (BT-Drs. S. 60) wird deutlich, dass damit die Fallkonstellation angesprochen wird, bei der verschiedene Leistungsträger zu unterschiedlichen Zeitpunkten Entscheidungen über ihre Leistungspflicht gegenüber dem Leistungsberechtigten treffen. Da nach dem Gesetzentwurf (BT-Drs.14/4375 S. 60) mit der sprachlichen Anknüpfung in § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X die Verjährungsregelung mit der Regelung zur Ausschlussfrist in § 111 SGB X kompatibel gemacht werden sollte, erfasst auch diese Regelung nur die angesprochene Fallkonstellation. Nicht erfasst wird daher durch beide Regelungen ein Erstattungsstreit zwischen verschiedenen Leistungsträgern, bei denen der erstattungspflichtige Leistungsträger eine Entscheidung über die eigene Leistungsverpflichtung gegenüber dem Hilfeempfänger nicht getroffen hat. Dass deshalb in solchen Fällen Erstattungsansprüche mangels Anwendbarkeit von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X keiner Verjährung unterliegen, kann nicht angenommen werden; aus § 113 Abs. 1 SGB wird umgekehrt deutlich, dass der Gesetzgeber an der vierjährigen Verjährungsfrist festhalten und lediglich den Beginn der Verjährung neu regeln wollte.

Die Verjährungsregelung in § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X enthält damit für Fälle wie hier eine planwidrige Regelungslücke, die durch eine Analogie zu schließen ist. Da § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X gegenüber der Regelung in § 113 Abs. 1 SGB X a. F. nur hinsichtlich des Beginns der vierjährigen Verjährungsfrist für die Fälle der Entscheidung gegenüber dem Leistungsberechtigten eine geänderte Regelung enthält, ist § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Fällen, in denen eine solche Entscheidung nicht zu treffen ist, dahin gehend auszulegen, dass Beginn der vierjährigen Verjährungsfrist entsprechend der bisherigen Regelung in § 113 Abs. 1 SGB X das Entstehen des Erstattungsanspruchs ist (OVG Rh.-Pf., Urt. v. 15.1.2004, FEVS 55, 424; NdsOVG, Urt. v. 10.4.2002, FEVS 54, 64; Klattenhoff, a.a.O., K § 113, Rn. 13).

Ist daher für den Beginn der Verjährungsfrist ungeachtet der Frage, ob § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X oder § 113 Abs. 1 SGB X a. F. einschlägig wäre, auf das Entstehen des Erstattungsanspruchs abzuheben, dann bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob der Anspruch "ganzheitlich für einen bestimmten Bewilligungszeitraum" oder - näherliegend - zeitabschnittsbezogen entstanden ist (siehe dazu: BVerwG, Urt. v. 10.4.2003, FEVS 54, 495). Da der Kläger bis zum 16.8.1996 Hilfe bewilligt hat, begann die Verjährungsfrist - spätestens - am 31.12.1996 und endete - spätestens - mit Ablauf des 31.12.2000.

3. Dagegen spricht nicht, dass der Beklagte zunächst auf die Einrede der Verjährung verzichtete. Der nicht wirksame Verzicht begründet zwar einen Vertrauensschutz des Klägers; jedenfalls im Zeitpunkt der Klageerhebung war dieser Vertrauensschutz nicht mehr gegeben.

Der zunächst erklärte Verzicht auf die Einrede der Verjährung war nicht wirksam, da nach § 225 Satz 1 BGB in der bis zum 31.1.2001 geltenden und hier nach Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB maßgeblichen Fassung, die Verjährung durch Rechtsgeschäft weder ausgeschlossen noch erschwert werden konnte. Der Verzicht begründet allerdings einen Vertrauensschutz für den Gläubiger: Solange der Schuldner den Eindruck bei dem Gläubiger aufrecht erhält, er werde sich nicht auf die Verjährung berufen, ist die von ihm gleichwohl erhobene Einrede der Verjährung treuwidrig. Der Vertrauensschutz entfällt, wenn sich aus dem Verhalten des Schuldners ergibt, er werde den Verzicht nicht länger beachten. In diesem Fall muss der Gläubiger innerhalb einer angemessenen Frist den Anspruch gerichtlich geltend machen (siehe dazu etwa: Heinrichs in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 60. Aufl., § 225 Rn. 1). Ob in Fällen wie hier auf die Rechtsprechung der Zivilgerichte, wonach in der Mehrzahl der Fälle eine Frist von vier Wochen angemessen ist (etwa: BGH, Urt. v. 6.12.1990, NJW 1991, 974), abgehoben werden könnte, bedarf keiner weiteren Vertiefung. Zwar mag in Betracht kommen, dass im Hinblick auf die Vielzahl der zwischen den Beteiligten hier streitigen entsprechenden Kostenerstattungsverfahren eine deutlich längere Frist zugestanden werden könnte (dazu etwa: VG Meiningen, Urt. v. 22.2.2002, 8 K 171/03.Me, zitiert nach juris: sieben Wochen). Dies bedarf jedoch keiner weiteren Vertiefung. Der Kläger hat, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 5.3.2001 mitgeteilt hat, er werde den erklärten Verzicht nicht weiter aufrecht erhalten, am 21.12.2001 und somit nach über neun Monaten Klage erhoben. Es ist offensichtlich, dass eine solche Frist im Hinblick auf den Zweck der Verjährung (dazu: Heinrich, a.a.O., Überbl. v. § 194, Rn. 4) unangemessen war.

Da die Klage daher mit dem angefochtenen Urteil zu Recht abgewiesen wurde, ist die Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 5.5.2004, KSt 1/04, zitiert nach juris), der sich der Senat angeschlossen hat, ist das Berufungsverfahren nach § 188 Satz 2, § 194 Abs. 5 VwGO nicht mehr gerichtskostenfrei.

Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 72 Nr. 1 GKG i.V.m. § 13 Abs. 2 GKG a. F. auf 56.617,41 € festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a. F.).

Ende der Entscheidung

Zurück