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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 08.04.2008
Aktenzeichen: 4 B 403/07
Rechtsgebiete: AVBWasserV, SächsGemO


Vorschriften:

AVBWasserV § 3 Abs. 1
AVBWasserV § 35 Abs. 1
SächsGemO § 14
1. Der bundesrechtlich durch § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV vorgegebene Anspruch auf Befreiung von Benutzungszwang für die öffentliche Wasserversorgung ist von dem sog. allgemeinen Befreiungsanspruch strikt zu trennen.

2. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit einer Teilbefreiung sind nicht nur die Auswirkungen des konkret zu prüfenden Antrags, sondern auch diejenigen Auswirkungen anderer anhängiger Befreiungsanträge zu berücksichtigen.

3. Zur Nutzung von Brunnenwasser zum Wäschewaschen.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 4 B 403/07

In der Verwaltungsrechtssache

Wegen Teilbefreiung vom Benutzungszwang

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein aufgrund der mündlichen Verhandlung

am 8. April 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 5. Dezember 2005 - 4 K 1722/03 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren eine Teilbefreiung vom Benutzungszwang an der öffentlichen Trinkwasserversorgung des Beklagten für den Verbrauchszweck Wäschewaschen.

Die Kläger sind Eigentümer eines in im Verbandsgebiet des Beklagten gelegenen Hausgrundstücks, das an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen ist. Auf dem Grundstück befindet sich ein Hausbrunnen.

Nachdem der Rechtsvorgänger des Beklagten bei seiner Jahresablesung einen ungewöhnlich niedrigen Wasserverbrauch der Kläger festgestellt hatte, beantragte der Kläger zu 2. am 11.12.2000 bei der W. GmbH, derer sich der Beklagte wie sein Rechtsvorgänger zur Versorgung der Grundstücke im Verbandsgebiet bedient bzw. bediente, für sich und seine Ehefrau (Klägerin zu 1.) eine Teilbefreiung vom Benutzungszwang für die Verwendungszwecke Gartenbewässerung, Toilettenspülung und Wäschewaschen. Das Hausgrundstück verfüge über eine Eigenversorgungsanlage zur Toilettenspülung und zur Waschmaschine; die Leitungen habe ein Fachunternehmen im Jahr 1996 ordnungsgemäß verlegt.

Mit einem an den Kläger zu 2. adressierten Bescheid vom 11.9.2002 bewilligte der Rechtsvorgänger des Beklagten eine Teilbefreiung für den Benutzungszweck Toilettenspülung und lehnte den Antrag für den Benutzungszweck Wäschewaschen ab (Nr. 2 des Bescheids). Zur Begründung führte er aus, dass die satzungsmäßigen Befreiungsvoraussetzungen nur hinsichtlich des erstgenannten Verwendungszwecks erfüllt seien. Für Bewässerungszwecke sei die Nutzung von Brunnenwasser dagegen allgemein gestattet.

Den am 10.10.2002 gegen Nr. 2 des Bescheids eingelegten Widerspruch der Kläger wies der Rechtsvorgänger des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 11.2.2003 zurück. Zur Begründung verwies er auf die Verpflichtung der Gemeinden nach § 57 Abs. 1 des Sächsischen Wassergesetzes (SächsWG), die Bevölkerung ausreichend mit Trinkwasser zu versorgen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe ordne die auf der Grundlage von § 14 Abs. 1 der Sächsischen Gemeindeordnung (SächsGemO) erlassene Rumpfsatzung zum Schutz der Volksgesundheit wie aus Rentabilitätsgründen einen Anschluss- und Benutzungszwang an. Die Rumpfsatzung sehe lediglich eine Teilbefreiung vom Benutzungszwang für die Spülung von Toiletten vor, nicht jedoch für andere Verwendungszwecke im Haushalt. Dies ergebe sich auch aus der Trinkwasserverordnung 2001 vom 21.5.2001 (BGBl. I. S. 959 - TrinkwV 2001). Selbst eine gute Qualität des Brunnenwassers begründe keinen Anspruch auf eine weitergehende Teilbefreiung.

Mit ihrer am 6.3.2003 vor dem Verwaltungsgericht Dresden erhobenen Klage machten die Kläger im wesentlichen geltend, sie hätten das Wasser aus ihrem Hausbrunnen vor der Herstellung des Trinkwasseranschlusses jahrelang für alle Verwendungszwecke genutzt, ohne dass es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen gekommen sei. Zum Wäschewaschen sei Trinkwasserqualität weder aus rechtlichen noch aus hygienischen Gründen erforderlich. Die Nutzung des eigenen Brunnenwassers für das Waschen von Wäsche im Haushalt unterliege gemäß § 2 Abs. 2 TrinkwV 2001 nicht den Anforderungen der Trinkwasserverordnung. Eine Verunreinigung des öffentlichen Leitungsnetzes sei nicht zu besorgen, zumal keine Verbindung zwischen dem eigenen und dem öffentlichen Leitungsnetz bestehe. Für das Waschen von Wäsche benötigten die Kläger jährlich nur etwa 5 m³ Wasser; von einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit für den Zweckverband, auf die es nach der Rumpfsatzung ankomme, könne keine Rede sein.

Der Rechtsvorgänger des Beklagten trat der Klage entgegen. § 3 Nr. 1 TrinkwV 2001 schließe die Nutzung des Brunnenwassers zum Wäschewaschen aus. Bei Bewilligung der Teilbefreiung müsse aus Gleichheitsgründen auch anderen Anschlussnehmern Teilbefreiungen gewährt werden. Der Benutzungszwang würde dadurch unterlaufen, zumal etwa 10 % der Anschlussnehmer im ländlich strukturierten Verbandsgebiet über Eigenverbrauchsanlagen verfügten. Zudem bestehe die Gefahr, dass die Kläger ihr Brunnenwasser zusätzlich für andere Verwendungszwecke nutzten. Die gesundheitliche Unbedenklichkeit des Brunnenwassers sei nicht nachgewiesen; seine Entnahme aus dem natürlichen Wasserhaushalt trage auch nicht zum sparsamen Umgang mit Wasser bei.

Mit Urteil vom 5.12.2005 - 4 K 1722/03 - hat das Verwaltungsgericht Dresden den Rechtsvorgänger des Beklagten verpflichtet, den Klägern eine Befreiung vom Benutzungszwang für den Verbrauchszweck Wäschewaschen zu erteilen. Der Anspruch der Kläger ergebe sich aus § 7 Abs. 2 der Rumpfsatzung, die mit höherrangigem Recht - insbesondere mit § 3 Abs. 1 der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser i.d.F. vom 5.4.2002 (BGBl. I. S. 1250 - AVBWasserV) vereinbar sei. Die Satzungsregelung sehe eine Teilbefreiung ohne Beschränkung auf bestimmte Verbrauchszwecke vor. Eine Befreiung in dem hier angesprochenen Umfang (unter 10 m³/Jahr) sei dem Versorgungsträger wirtschaftlich selbst dann zumutbar, wenn 10% der Grundstückseigentümer über einen Hausbrunnen verfügen sollten. Konkrete Angaben zu den voraussichtlichen Mindereinnahmen habe der Rechtsvorgänger des Beklagten nicht vorgelegt. Weder die Trinkwasserverordnung 2001 noch die Richtlinie 98/83/EG des Rats vom 3.11.1998 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (ABl. L. 330 v. 5.12.1998, S. 32) stehe der Teilbefreiung entgegen. Die amtliche Begründung zur Trinkwasserverordnung (BR-Drs. 721/00, S. 52) stelle klar, dass die Qualitätsanforderungen für zusätzliche häusliche Wasserversorgungsanlagen im privaten Bereich nicht anwendbar seien. Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie lasse es zu, dass die Mitgliedsstaaten Ausnahmen von den Qualitätsvorschriften für Wasser zum menschlichen Gebrauch vorsähen, das aus einer individuellen Versorgungsanlage stamme, aus der durchschnittlich weniger als 10 m³ am Tag entnommen werde oder mit der weniger als 50 Personen versorgt würden, soweit die Wasserversorgung nicht im Rahmen einer gewerblichen oder öffentlichen Tätigkeit erfolge.

Zur Begründung der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung vertieft der Beklagte sein bisheriges Vorbringen. Ein Anspruch der Kläger auf Teilbefreiung bestehe nicht. Maßgeblich sei nunmehr § 7 der inhaltlich unverändert gebliebenen Rumpfsatzung des Beklagten vom 16.3.2006. § 7 Abs. 1 der Satzung stelle auf die Erfordernisse des Gemeinwohls ab. Dies betreffe nicht nur die vollständige Befreiung vom Benutzungszwang, sondern auch für die Teilbefreiung nach § 7 Abs. 2. Der Anschluss- und Benutzungszwang im Verbandsgebiet erstrecke sich auf die gesamte Wasserversorgung. Die Versorgung mit Trinkwasser liege im öffentlichen Interesse. Wasser zum Wäschewaschen müsse aus Gründen des vorbeugenden Gewässerschutzes und zur Vermeidung von Seuchen Trinkwasserqualität aufweisen. Auch diene es der Reinigung von Gegenständen, die nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Kontakt kämen. In der aktuellen Trinkwasserbroschüre des Sächsischen Staatsministerium für Soziales werde ausgeführt, dass die Verwendung von Brunnenwasser nur für die Toilettenspülung vertretbar sei, wenn das häusliche Brunnenwasser keine Trinkwasserqualität erreiche. Anders als bei öffentlichen Anlagen sei eine hinreichende Kontrolle bei privaten Anlagen nicht gewährleistet. Die amtliche Überwachung von Wasserversorgungsanlagen obliege den Gesundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte. Einem Zeitungsartikel vom 19.9.2007 sei zu entnehmen, dass das Wasser zahlreicher Hausbrunnen erhöhte Schadstoffwerte aufweise; das Gesundheitsamt rate allen Brunnenbesitzen dringend an, ihr Wasser analysieren zu lassen. Das OVG Brandenburg (Urt. v. 31.7.2003, LKV 2004, 277) habe zutreffend entschieden, dass eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nur bei nachgewiesener Trinkwasserqualität in Betracht komme. Dafür trügen die Kläger die Beweislast. Der Beklagte bestreite, dass die Kläger das zweite Leistungsnetz ordnungsgemäß verlegt und farblich gekennzeichnet hätten. Brunnenwasser lasse sich auch nicht mit Regenwasser gleichsetzen, wie es die Kläger meinten. Der satzungsmäßige Anschluss- und Benutzungszwang dürfe nicht ausgehöhlt werden. Eine Kontrolle der Verbrauchszwecke sei nicht möglich. Im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit sei auch der Bevölkerungsrückgang zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 5. Dezember 2005 - 4 K 1722/03 - aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Die Teilbefreiung richte sich nach § 7 Abs. 2 der Rumpfsatzung. Danach komme es ausschließlich auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für den Beklagten - nicht etwa auf die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen - an. Von der Möglichkeit, die Teilbefreiung von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen, habe der Satzungsgeber ersichtliche keinen Gebrauch gemacht. Substanziierte Darlegungen des Beklagten zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Befreiung lägen selbst im Berufungsverfahren nicht vor. Entgegen den Ausführungen des Beklagten berühre die Nutzung des eigenen Brunnenwassers zum häuslichen Wäschewaschen weder die Volksgesundheit noch andere Gemeinwohlbelange. Der geringe Umfang der beantragten Teilbefreiung (etwa 10 m³ pro Jahr) wirke sich weder auf die Versorgungssicherheit noch auf die Trinkwasserqualität im Versorgungsgebiet aus. Die Einhaltung der einschlägigen technischen Vorschriften für die Herstellung des zweiten Leitungsnetzes könne der Beklagte durch Auflagen zur Befreiung sicherstellen. Die Versorgungspflicht des Beklagten rechtfertigte eine Versagung der Teilbefreiung nicht. Für eine Gesundheitsgefährdung gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Vor dem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung hätten die Kläger ihr Brunnenwasser jahrelang für sämtliche Verbrauchszwecke verwendet. Die Verbreitung von Krankheitserregern werde durch ein ausgedehntes öffentliches Netz unter Umständen sogar begünstigt werden. Einem Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherung sei zu entnehmen, dass die Nutzung von Regenwasser zum Wäschewaschen in privaten Haushalten zulässig sei und insbesondere nicht gegen die Trinkwasserverordnung 2001 verstoße. Für eine abweichende Beurteilung der Brunnenwassernutzung gebe es keinen sachlichen Grund.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Rechtsvorgänger des Beklagten zu Recht zur Erteilung der von den Klägern beantragten Teilbefreiung vom Benutzungszwang für den Verwendungszweck Wäschewaschen verpflichtet.

1. Die zulässigen Verpflichtungsklagen sind begründet. Die Kläger haben einen Anspruch auf die von ihnen beantragte Teilbefreiung vom Benutzungszwang für den vorgenannten Verwendungszweck aus § 7 Abs. 2 der nunmehr geltenden Rumpfsatzung (RS) des Beklagten vom 16.3.2006.

Nach der genannten Vorschrift räumt der Zweckverband dem Grundstückseigentümer "im Rahmen des dem Zweckverband wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit ein, den Bezug (von Trinkwasser) auf einen von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken."

1.1. Zweifel an der Vereinbarkeit der für den Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Wasserversorgung maßgeblichen - und inzident zu prüfenden - Vorschriften der Rumpfsatzung sind weder vorgetragen oder sonst ersichtlich. Mit § 7 Abs. 2 hat der Satzungsgeber den auf der Grundlage von § 14 SächsGemO i.V.m. § 47 Abs. 2, § 6 Abs. 1 SächsKomZG angeordneten umfassenden Zwang zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen (§ 3 Abs. 1 RS) insbesondere in einer den bundesrechtlichen Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 der AVBWasserV entsprechenden Weise ausgestaltet. Gemäß § 3 Satz 1 AVBWasserV, der über § 35 Abs. 1 AVBWasserV auch für öffentlich-rechtliche Versorgungsverhältnisse Anwendung findet und das Satzungsermessen des zuständigen Versorgungsträgers (§ 57 Abs. 1 und 2 SächsWG) einschränkt, hat das Wasserversorgungsunternehmen dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Die Regelung bezweckt einen Ausgleich zwischen dem Interesse einzelner Verbraucher an der Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse und dem Interesse der Allgemeinheit an einer sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung (BVerfG, Beschl. v. 2.11.1981, DVBl. 1982, 27, 29; BVerwG, Urt. v. 11.4.1986, NVwZ 1986, 754, 755; BayVGH, Urt. v. 26.4.2007, BayVBl. 2008, 274). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV hängt der Befreiungsanspruch allein von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Versorgungsträger ab, wobei für Ermessenserwägungen kein Raum ist (BayVGH, Urt. v. 26.4.2007, BayVBl. 2008, 274). Der vom Bundesverordnungsgeber aus Gründen des allgemeinen Verbraucherschutzes (OVG Rh.-Pf., Urt. v. 30.5.1995, DVBl. 1996, 385, 386; Hermann/Recknagel, in: Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, § 3 Abs. 1 AVBWasserV Rn. 6) durch § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV vorgegebene Befreiungstatbestand ist von dem sog. allgemeinen Befreiungsanspruch strikt zu trennen, der allein an das Überschreiten der Opfer- bzw. Zumutbarkeitsgrenze für den Benutzungspflichtigen anknüpft (Quecke, in: Quecke/Schmid, SächsGemO, Stand: April 2008, Bd. 1, G § 14 Rn. 67), ohne die wirtschaftlichen Folgen für den öffentlichen Wasserversorgungsträger vorrangig in den Blick zu nehmen. Der allgemeine Befreiungsanspruch dient der Abmilderung besonderer Härten, die einzelnen Anschlussnehmern in besonders gelagerten Einzelfällen durch die abstrakt-generelle Satzungsregelung treffen. Indem § 7 Abs. 1 RS auf die Zumutbarkeit der Benutzung der Wasserversorgungseinrichtung für den anschlusspflichtigen Grundstückseigentümers aus besonderen Gründen des Einzelfalls abstellt, regelt die Satzungsbestimmung ersichtlich diesen allgemeinen Befreiungsanspruch.

Ausgehend von diesem Verständnis der in unterschiedlichen Absätzen geregelten und in ihren tatbestandlichen Voraussetzungen unterschiedlich ausgestalteten Befreiungsregelungen ist § 7 Abs. 1 und 2 RS inhaltlich mit höherrangigem Recht vereinbar. Soweit der Beklagte im Berufungsverfahren demgegenüber vorträgt, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 gälten auch für die Anwendung des Abs. 2, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Ein solches Normverständnis drängt sich weder nach dem Wortlaut noch nach der Systematik der Befreiungsregelungen auf und ließe die Vereinbarkeit von § 7 Abs. 2 RS mit § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV zweifelhaft erscheinen.

1.2. Dies vorausgesetzt, kommt es für die von den Klägern ordnungsgemäß beantragte Teilbefreiung nach § 7 Abs. 2 RS nur auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für den Beklagten an. Diese Zumutbarkeitsregelung unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Überprüfung, wobei für die Auslegung auf § 3 Abs. 1 AVBWasserV zurückzugreifen ist. Die Beschränkung der generellen Benutzungspflicht auf einen bestimmten Verbrauchszweck soll eine größere individuelle Dispositionsfreiheit der Anschlussnehmer ermöglichen (BVerfG, Beschl. v. 2.11.1981, DVBl. 1982, 27, 29), andererseits aber auch dem Interesse der Allgemeinheit an einer sicheren, kostengünstigen und zu im Wesentlichen gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung Rechnung tragen. Danach ist die Teilbefreiung für einen Versorgungsträger unzumutbar, wenn sie voraussichtlich zu einer Überforderung der finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers oder zu einem nicht mehr hinnehmbaren Anstieg der Versorgungsentgelte für die übrigen Benutzungspflichtigen führen würde (BVerwG, Urt. v. 11.4.1986, NVwZ 1986, 754, 755; BayVGH, Urt. v. 26.4.2007 - 4 NV 05.1037 -, juris; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 30.5.1995, DVBl. 1996, 385).

Eine solche Unzumutbarkeit lässt sich hinsichtlich der von den Klägern begehrten Teilbefreiung nicht feststellen. Das Verwaltungsgericht hat für den Verwendungszweck Wäschewaschen der beiden Kläger einen jährlichen Wasserbedarf von rund 10 m³ veranschlagt; dies wird im Berufungsverfahren nicht in Zweifel gezogen. Auch der Beklagte hält einen jährlichen Minderverbrauch in dem genannten Umfang für wirtschaftlich zumutbar. Er verweist in diesem Zusammenhang nur auf mögliche Befreiungsanträge anderer Anschlussnehmer, die ebenfalls über Hausbrunnen verfügten. Dies reicht für die Annahme einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der zur Entscheidung gestellten Teilbefreiung für die Kläger indessen nicht aus. Insoweit teilt der erkennende Senat die neuere Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Urt. v. 26.4.2007 - 4 BV 05.1037 -, juris) wonach bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nicht nur die Auswirkungen des konkret zu prüfenden Antrags in den Blick zu nehmen sind, sondern aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 18 Abs. 1 SächsVerf) darüber hinaus auch die übrigen anhängigen Beschränkungsanträge. Für den Ausschluss eines Befreiungsanspruchs wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit genügt es nicht, auf mögliche Folgeanträge zu verweisen, deren Eingang bislang ungewiss ist. Selbst wenn etwa 10 % der Grundstückseigentümer im ländlich strukturierten Verbandsgebiet über eigene Hausbrunnen verfügen, wie es der Beklagte vorträgt, rechtfertigt dies - schon mit Blick auf den nicht unerheblichen Aufwand für die Herstellung und Wartung eines häuslichen Zweitanschlusses - nicht ohne weiteres die Annahme, dass für diese Grundstücke in absehbarer Zeit auch gleichartige Befreiungsanträge gestellt werden. Im Übrigen ist es mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz durchaus vereinbar, beim Erreichen der Grenze der wirtschaftlichen Zumutbarkeit auf die zeitliche Reihenfolge des Befreiungsantrags abzustellen oder die Einschränkung der Benutzungspflicht mit Blick auf künftige Folgeanträge ggf. unter Widerrufsvorbehalt zu stellen (vgl. BayVGH, Urt. v. 26.4.2007, a.a.O.). Selbst wenn von einer größeren Zahl gleichgelagerter Befreiungsanträgen ausgegangen werden müsste, ließe sich eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit hier nicht feststellen. Welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen eine größere Anzahl von Teilbefreiungen auf den Beklagten hätte, ist seinem Vorbringen selbst im Berufungsverfahren nicht zu entnehmen. Auch unter der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes obliegt es zuvörderst dem Beklagten, die Umstände, aus denen er eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit herleitet, näher darzulegen, da diese ausschließlich in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Da eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Teilbefreiung für den Beklagten nach alledem nicht vorliegt lässt, sind die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 2 RS vollständig erfüllt.

1.3. Entgegen den Ausführungen des Beklagten kommt es für den zur Entscheidung gestellten Befreiungsanspruch nicht darauf an, ob das von den Klägern verlegte Leitungsnetz den technischen Anforderungen genügt; die ordnungsgemäße Installation der vorhandenen Wasserversorgungsanlage wird vielmehr nach Maßgabe der insoweit einschlägigen Vorschriften gesondert zu prüfen sein. Eine Beweiserhebung zur ordnungsgemäßen Verlegungen der Wasserleitungen, wie sie der Beklagte angeregt hat, war deshalb nicht geboten.

Ob die Trinkwasserverordnung 2001, die der Umsetzung der Richtlinie 98/83/EG dient, einer Verwendung von häuslichem Brunnenwasser für das Waschen der im eigenen Haushalt anfallenden Wäsche entgegensteht, hat der Senat nicht zu entscheiden, weil § 7 Abs. 2 Rumpfsatzung die Erteilung einer Befreiung nur von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit, nicht aber von der Einhaltung anderer Vorschriften abhängig macht. Ein darüber hinaus gehender Prüfungsumfang lässt sich hier weder aus anderen Vorschriften (etwa des SächsWG) noch aus der sog. Anstaltsgewalt (vgl. VGH BW, Beschl. v. 28.8.2006, VBlBW 2007, 106, 107) im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses ableiten. Der Befreiungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten ändert nichts an den allgemeinen gesetzlichen Zuständigkeiten und Befugnissen der Wasserbehörden und Gesundheitsämter.

Abschließend weist der Senat auf Folgendes hin: Die Teilbefreiung für den Verwendungszweck "Wäschewaschen" gestattet es den Klägern nicht, ihr Brunnenwasser in satzungswidriger Weise auch für Zwecke zu nutzen, für die keine Teilbefreiung vorliegt. Nach § 6 Satz 3 Rumpfsatzung ist die Verwendung von Wasser aus Eigenversorgungsanlagen für Bewässerungszwecke grundsätzlich gestattet. Für den Verwendungszweck "Toilettenspülung" wurde den Klägern eine Teilbefreiung erteilt. Die Nutzung des Brunnenwassers im gestatteten Umfang erfolgt stets auf eigene Gefahr.

2. Da das Verwaltungsgericht der Klage zu Recht stattgegeben hat, ist die Berufung der Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,00 € festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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