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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.03.2005
Aktenzeichen: 4 B 710/04
Rechtsgebiete: BÄO


Vorschriften:

BÄO § 3 Abs. 1 Satz 1
BÄO § 5 Abs. 2
BÄO § 8 Abs. 1
Ein Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit kommt auch dann in Betracht, wenn ein Arzt über mehrere Jahre hinweg Patienten unter Ausnutzung des ihm im Arzt-Patienten-Verhältnis entgegengebrachten Vertrauens betrogen hat.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 4 B 710/04

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Widerrufs der Approbation

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schaffarzik

am 30. März 2005

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 27. April 2004 - 4 K 571/02 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

Die innerhalb der Antragsbegründungsfrist vorgebrachten - den Prüfungsumfang des Senats begrenzenden (§ 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) - Darlegungen der Klägerin lassen das Vorliegen der von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und des Vorliegens eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), nicht erkennen.

Soweit die Klägerin nach Ablauf der Antragsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 5.11.2004 erstmals Ausführungen zu dem für die Beurteilung des angegriffenen Verwaltungsakts maßgeblichen Zeitpunkt gemacht hat, ist dem Senat eine Berücksichtigung dieses Vorbringens verwehrt.

1. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Widerruf der Approbation als Ärztin (§ 5 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Bundesärzteordnung - BÄO -) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtmäßig. Die Klägerin sei im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Widerspruchsbescheid vom 6.3.2002) unwürdig zur Ausübung des Arztberufs gewesen. Im Hinblick auf ihre am 8.2.2001 erfolgte Verurteilung durch das Landgericht Z. wegen gemeinschaftlichen Betrugs in 142 Fällen sowie eines versuchten Betruges habe die Klägerin nicht mehr über das erforderliche Ansehen und Vertrauen verfügt. Die Tathandlungen hätten sich über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren erstreckt, wobei die Klägerin einen Schaden in Höhe von mehr als 2.700.000 DM verursacht habe. Bei der weit überwiegenden Zahl der Geschädigten - die Anklageschrift benenne insgesamt 87 Personen - habe es sich um Patienten der Klägerin gehandelt. Die Klägerin habe das ihr als Ärztin entgegengebrachte Vertrauen verletzt, indem sie ihre Patienten mit falschen bzw. unvollständigen Angaben zur Gewährung von privaten Darlehen veranlasst habe. Nach Lage der Akten - insbesondere der beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Z. - sei die Klägerin dazu in zahlreichen Fällen anlässlich von Hausbesuchen oder im Rahmen von "Praxisterminen" an ihre Patienten herangetreten. Einer weiteren Sachaufklärung (etwa Zeugenvernehmung) des Verwaltungsgerichts habe es insoweit nicht bedurft. Die Klägerin habe nicht etwa dargelegt, dass die in der Ermittlungsakte enthaltenen Aussagen der Geschädigten falsche, missverständliche oder unvollständige Angaben enthielten. Dass es sich bei den meisten Geschädigten um Patienten der Klägerin gehandelt habe, stehe zwischen den Verfahrensbeteiligten außer Streit. Ob die Patienten zugleich Bekannte der Klägerin gewesen seien, wie diese geltend mache, sei selbst dann rechtlich unerheblich, wenn man die geschädigten Verwandten und Freunde der Klägerin außer Betracht lasse (Urteilsabdruck S. 13). Angesichts des großen materiellen Schadens und dem erheblichen Vertrauensbruch gegenüber den eigenen Patienten sei ein Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit auch dann gerechtfertigt, wenn die Klägerin seinerzeit einem Heiratsschwindler zum Opfer gefallen und ihre Tätigkeit als Ärztin Anfang 2004 erfolgreich wieder aufgenommen habe; ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liege nicht vor. Da die Klägerin als unwürdig i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO anzusehen sei, könne offen bleiben, ob auch eine Unzuverlässigkeit der Klägerin im Sinne der genannten Vorschrift vorliege.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieses Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel sind nach der Rechtsprechung des Senats nur dann veranlasst, wenn der jeweilige Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens zumindest als ungewiss anzusehen ist (vgl. Senatsbeschl. v. 11.9.2001, SächsVBl. 2002, 59). Dies ist hier nicht der Fall.

2.1. Die Klägerin macht insoweit geltend, das Verwaltungsgericht habe den Begriff der Unwürdigkeit i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BAÖ verkannt. Ein Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit setze ein schwerwiegendes Fehlverhalten voraus, das die weitere Berufsausübung als untragbar erscheinen lasse. Dies komme auch bei Straftaten in Betracht, wenn diese in engem Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit stünden. Einen solchen Zusammenhang habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht bejaht. Die strafrechtlich relevanten Handlungen der Klägerin hätten keinen beruflichen, sondern einen rein privaten Hintergrund gehabt. Die Klägerin habe die Darlehen nicht als Ärztin, sondern ausschließlich aufgrund ihrer guten persönlichen Beziehungen von Freunden und Bekannten erhalten, die zugleich ihre Patienten gewesen seien. Ein Missbrauch der ärztlichen Stellung durch Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen sei nicht erfolgt. Die Klägerin habe die Darlehensgeber sowohl in den Praxisräumen als auch bei Hausbesuchen angesprochen. Davon, dass es sich bei letzteren stets um "medizinische Hausbesuche" gehandelt habe, könne keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht habe sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf das Strafurteil gestützt und darüber hinaus auch verkannt, dass den Verfehlungen der Klägerin in "berufsethischer Hinsicht" kein besonderes Gewicht zukomme. Das Landgericht habe die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren im Hinblick auf die günstige Sozialprognose zur Bewährung ausgesetzt. Die Klägerin genieße aufgrund ihrer nachgewiesenen ärztlichen Fähigkeiten weiterhin das Vertrauen ihrer Patienten, so dass ein Widerruf der Approbation schon nach dem Normzweck des § 5 Abs. 2 BÄO - dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung - nicht zu rechtfertigen sei. Soweit das Verwaltungsgericht eine Beeinträchtigung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Ärzteschaft angenommen habe, habe es verkannt, dass die Klägerin seinerzeit einem Heiratsschwindler zum Opfer gefallen sei. Die damit verbundenen - nunmehr überwundenen - privaten Schwierigkeiten der Klägerin führten nicht etwa zu einem Vertrauensverlust gegenüber der gesamten Ärzteschaft. Der Widerruf der Approbation stelle als unzulässige Doppelbestrafung einen verfassungswidrigen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit dar. Die Sächsische Landesärztekammer habe mit Blick auf das Strafverfahren und den Widerruf der Approbation durch das Regierungspräsidium Chemnitz bereits im Jahr 2003 von berufsrechtlichen Maßnahmen gegenüber der Klägerin abgesehen. Dies habe das Verwaltungsgericht ebenso verkannt wie den Umstand, dass die Klägerin ihrer Bewährungsauflage zur Schadenswiedergutmachung nur durch ihre Tätigkeit als Ärztin nachkommen könne.

2.2. Dieses Vorbringen zieht das angegriffene Urteil nicht ernstlich in Zweifel. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO ist die Approbation zu widerrufen, wenn ein Arzt sich nachträglich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt. Eine Unwürdigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn ein Arzt durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufes unabdingbar nötig ist (BVerwG, Beschl. v. 9.1.1991, NJW 1991, 1557; Beschl. v. 14.4.1998, NJW 1999, 3425). Erforderlich ist ein schwerwiegendes Fehlverhalten eines Arztes, das bei Würdigung aller Umstände seine weitere Berufsausübung zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung als untragbar erscheinen lässt; einer Prognoseentscheidung in Bezug auf die künftige ordnungsgemäße Erfüllung der Berufspflichten bedarf es - anders als bei der Unzuverlässigkeit - nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.11.1992, NJW 1993, 806; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.7.2003, NJW 2003, 3647 f.).

Ein schwerwiegendes Fehlverhalten der Klägerin, das einen Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit rechtfertigt, hat das Verwaltungsgericht zu Recht bejaht. Da den Angehörigen der Heilberufe heute nicht mehr in jeder Beziehung eine integere Lebensführung als Berufspflicht auferlegt ist (vgl. VGH Bad.-Württ, aaO; Braun/Gründel, MedR 2001, 396 [338 f.] m.w.N.), reicht allerdings nicht jede Begehung eines Vermögensdelikts aus, um die Unwürdigkeit eines Arztes anzunehmen. Bei solchen Delikten ist eine Unwürdigkeit vielmehr nur dann zu bejahen, wenn der Arzt vorsätzlich eine schwere, von der Allgemeinheit besonders missbilligte oder ehrenrührige Straftat begangen hat, die ein die Durchschnittsstraftat übersteigendes Unwerturteil rechtfertigt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.7.2003, aaO; Braun/Gründel, aaO). Dabei muss die Tat nicht unmittelbar im Verhältnis Arzt-Patient angesiedelt sein; erfasst werden vielmehr alle berufsbezogenen Straftaten. Dies betrifft nicht nur Taten, die mit der eigentlichen ärztlichen Tätigkeit in engem Zusammenhang stehen, sondern - abhängig von der Schwere des Delikts - auch Handlungen außerhalb des beruflichen Wirkungskreises (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.7.2003 aaO).

Nach den Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts Z. vom 8.2.2001, die das Verwaltungsgericht zur Grundlage seiner Entscheidung machen konnte, nachdem gewichtige Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit (zu diesem Maßstab vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.7.2003, aaO) auch in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts nicht dargelegt worden waren - die Klägerin begehrte ausweislich der Niederschrift vom 27.4.2004 insoweit lediglich Feststellungen zu ihrer "Persönlichkeit" bzw. zu ihren privaten Beziehungen zu den geschädigten Patienten - hat die Klägerin während eines Zeitraums von zweieinhalb Jahren durch die Aufnahme zahlreicher privater Darlehen einen Schaden von über 2.700.000,00 DM verursacht, wobei sie - so das Strafurteil - "zumindest teilweise das ihr aus dem Arzt-Patienten-Verhältnis entgegengebrachte Vertrauen ausnutzte" (S. 19 des Abdrucks). Die Klägerin suchte Bekannte und Patienten als potenzielle Darlehensgeber auf, um bei diesen den Eindruck zu erwecken, dass sie ihr aus einer kurzfristigen finanziellen Notlage im Zusammenhang mit Zahlungsverpflichtungen gegenüber ihrem damaligen Ehemann heraushelfen könnten. Nach den erfolgreich umgesetzten Tatplanungen, wie sie das Landgericht Z. insbesondere aufgrund des Geständnisses der Klägerin festgestellt hat, machte sich die Klägerin bei der Begehung der Taten den Umstand zu Nutze, "dass bei den vorwiegend betagten Patienten der Wunsch bestand, ihrer Ärztin zu helfen und aufgrund ihrer Reputation keine Zweifel an ihrer Kreditwürdigkeit aufkamen" (S. 8 des Abdrucks).

Aufgrund dieser - von der Klägerin nicht substanziiert angegriffenen - Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil des Landgerichts Z. und den ohne weiteres verwertbaren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.4.1998, Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 101) Protokollen der polizeilichen Zeugenvernehmungen im Ermittlungsverfahren, von denen das Verwaltungsgericht ausweislich Seite 4 der Niederschrift vom 27.4.2004 einige in der mündlichen Verhandlung verlesen hat, liegt ein Berufsbezug der in Rede stehenden Straftaten vor. Die gegenüber den Patienten begangenen Betrugshandlungen weisen auch dann einen engen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin auf, wenn ein Teil der Darlehensverträge außerhalb der Praxisräume und unabhängig von medizinisch veranlassten Hausbesuchen abgeschlossen wurde, weil die Klägerin das ihr als Ärztin entgegengebrachte Vertrauen der Patienten über mehrere Jahre hinweg missbraucht hat. Dass es sich bei den finanziell z.T. erheblich geschädigten Patienten auch um Freunde und gute Bekannte der Klägerin gehandelt haben mag, entlastet sie nicht; dies hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt.

Ein solch gravierender Vertrauensbruch gegenüber den eigenen Patienten führt nicht nur zu einem Ansehens- und Vertrauensverlust innerhalb der Ärzteschaft, sondern hat auch eine Außenwirkung gegenüber der Öffentlichkeit, die die Klägerin im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung für den ärztlichen Beruf als untragbar erscheinen ließ. Dies gilt auch dann, wenn die Betrugshandlungen der Klägerin ihre Ursache im persönlichen Umfeld hatte und einige der geschädigten Patienten die Dienste der Klägerin nach der Wiedereröffnung der Praxis weiter in Anspruch nehmen. Entgegen dem Vorbringen im Zulassungsverfahren verlangt die Öffentlichkeit von einem Arzt nicht nur die fachlich beanstandungsfreie Behandlung seiner Patienten, sondern auch die Einhaltung sonstiger ärztlichen Berufspflichten (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.7.2003, aaO, m.w.N.). Diese Erwartung und das darin zum Ausdruck kommende Vertrauen der Allgemeinheit - nicht nur des eigenen Patientenkreises bzw. der eigenen Freunde und Verwandten - in die Seriosität der Ärzteschaft wäre in hohem Maß beeinträchtigt, wenn ein Angehöriger dieser Berufsgruppe trotz der angeführten schwerwiegenden berufsbezogenen Verfehlungen und einer Verurteilung zu einer hohen Freiheitsstrafe - mag die Vollstreckung auch zur Bewährung ausgesetzt worden sein - weiter als Arzt tätig sein könnte. Von einem Arzt darf erwartet werden, dass er andere Personen, insbesondere aber seine eigenen Patienten, nicht über Jahre hinweg in erheblicher Weise vorsätzlich schädigt.

Der mit dem Widerruf der Approbation verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin ist durch die überragende Bedeutung des Schutzes des Ansehens der Ärzteschaft im Interesse eines funktionierenden Arzt-Patienten-Verhältnisses gerechtfertigt. Weniger einschneidende Maßnahmen sind vorliegend nicht ersichtlich, zumal die Approbation als solche von Gesetzes wegen nicht teilbar oder einschränkbar ist. Eine verfassungswidrige Doppelbestrafung, wie sie die Klägerin rügt, liegt hier nicht vor, weil die Entziehung der Approbation keine strafrechtliche Sanktion darstellt. Dass die Sächsische Landesärztekammer von berufsrechtlichen Maßnahmen abgesehen hat - nach dem Vorbringen der Klägerin offenbar auch wegen des bereits erfolgten Widerrufs der Approbation -, ist für die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids ohne Belang. Im Übrigen trägt § 8 Abs. 1 BÄO den Anforderungen des von der Klägerin herangezogenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dadurch hinreichend Rechnung, dass die Klägerin einen Antrag auf Wiedererteilung der Approbation stellen und ihr gegebenenfalls eine Erlaubnis zu erteilen ist, wie es der Beklagte bereits in Aussicht gestellt hat. Soweit die Klägerin geltend macht, dass der Widerruf ihrer Approbation der Bewährungsauflage des Landgerichts Z. zur Wiedergutmachung des entstandenen Schadens zuwiderlaufe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Das Landgericht Z. hat der Klägerin durch Beschluss vom 9.2.2001 - - zur Auflage gemacht, den verursachten Schaden "nach Kräften" wiedergutzumachen. Dies ist auch außerhalb einer freiberuflichen Tätigkeit als Ärztin möglich.

3. Die Darlegungen der Klägerin lassen auch das Vorliegen des Zulassungsgrunds nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht erkennen. Grundsätzliche Bedeutung i.S. der genannten Regelung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher bundes- oder obergerichtlich nicht geklärte Frage aufwirft, auf deren Beantwortung es für die Entscheidung des Falles ankommt, die über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich ist und dieser Klärung auch bedarf.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Eine klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage ist in der Antragsbegründung schon nicht formuliert. Die - sinngemäß - aufgeworfene Frage, ob Vermögensdelikte eines Arztes, die nicht im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes stehen, einen Widerruf der Approbation rechtfertigen, würde sich in einem zugelassenen Berufungsverfahren nicht in entscheidungserheblicher Weise stellen, weil die Straftaten der Klägerin aus den unter 2.2. bereits dargelegten Gründen einen Berufsbezug aufweisen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf "Besonderheiten" ihres Falles verweist, lässt dies einen grundsätzlichen Klärungsbedarf für eine Vielzahl vergleichbarer Verfahren nicht erkennen.

4. Die Berufung ist schließlich auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen. Die in der Antragsschrift geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Ein Verstoß gegen Vorschriften, die das verwaltungsgerichtliche Verfahren regeln, ist weder darin zu sehen, dass das Verwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag der Klägerin auf Vernehmung von 33 namentlich benannten Zeugen abgelehnt hat, noch darin, dass es von einer weiteren Aufklärung der persönlichen Beziehungen der Klägerin zu den von ihr geschädigten Patienten abgesehen hat.

Das Verwaltungsgericht hat den zu Protokoll erklärten Antrag der Klägerin, 33 Zeugen "insbesondere zu der Frage zu vernehmen, ob die Gewährung der Darlehen ausschließlich auf dem Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin als Ärztin und den Zeugen als Patienten beruhte oder auf sonstigen bekanntschaftlichen oder freundschaftlichen bzw. verwandtschaftlichen Beziehungen" (S. 4 der Niederschrift vom 27.4.2004) ohne Rechtsverstoß mit der Begründung abgelehnt, dass die Klägerin keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des im rechtskräftigen Strafurteil des Landgerichts Z. festgestellten Sachverhalts dargelegt hat. Ein ordnungsgemäßer Beweisantrag der Klägerin lag insoweit nicht vor. Bei dieser Beurteilung geht der Senat mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 29.6.2001, NVwZ-RR 2002, 311 f. m.w.N.) davon aus, dass es für die gebotene Substanziierung eines Zeugenbeweisantrags nicht nur erforderlich ist, eine bestimmte Beweistatsache zu benennen, sondern auch darzulegen, welche Bekundungen der benannte Zeuge machen wird (vgl. auch Kuntze, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v. Albedyll, VwGO, 2. Aufl., § 86 RdNr. 32). Jedenfalls die letztgenannte Voraussetzung war hier nicht erfüllt. Ein ordnungsgemäßer Beweisantrag scheidet auch deshalb aus, weil die Klägerin nicht eine, sondern mehrere Fragen in Form eines sog. Beweisermittlungsantrags formuliert hat. Das Verwaltungsgericht war nach dem Verlauf der mehrstündigen mündlichen Verhandlung, wie sie sich aus der Niederschrift ergibt, insoweit auch nicht gehalten, auf eine Nachbesserung des Antrags der anwaltlich vertretenen Klägerin hinzuwirken. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch eine fehlerhafte Ablehnung des zu Protokoll genommenen Antrags scheidet danach aus (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.3.2000, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308 m.w.N.).

Eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegt ebensowenig vor. Insbesondere brauchte das Verwaltungsgericht den abgelehnten "Beweisantrag" der Klägerin nicht zum Anlass zu nehmen, von Amts wegen Nachforschungen zu den persönlichen Beziehungen zwischen der Klägerin und den von ihr geschädigten Patienten anzustellen, weil sich solche Ermittlungen nicht aufdrängen mussten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, ist die Frage, ob sich weitere Nachforschungen aufdrängen mussten, vom materiellrechtlichen Standpunkt des jeweiligen Tatsachengerichts zu beurteilen, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.7.1998, NVwZ 1999, 654 [655] m.w.N). Auf dieser Grundlage hat das Verwaltungsgericht seiner Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung genügt, weil es das Vorliegen verwandschaftlicher, freundschaftlicher und bekanntschaftlicher Beziehungen zwischen der Klägerin und den von ihr geschädigten Patienten als insgesamt rechtlich unerheblich angesehen hat. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass der Widerruf der Approbation selbst dann gerechtfertigt sei, wenn man "Verwandte und Freunde" aus dem Kreis der Darlehensgeber "ausklammere" (Urteilsabdruck S. 13); eine Unterscheidung "zwischen Bekannten und (langjährigen) Patienten" der Klägerin sei weder möglich noch rechtlich geboten, zumal den Bekannten kein geringerer Schutz vor ärztlichen Berufsverfehlungen zukommen dürfe (Urteilsabdruck S. 13 f.).

Nach alledem ist der Zulassungsantrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Bei der Streitwertfestsetzung gemäß § 47, § 52 Abs. 1 GKG folgt der Senat der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, das sich an dem in Nr. II.13.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von 1996 vorgesehenen Mindestbetrags von 40.000,00 DM orientiert hat. Von einer Anwendung des Streitwertkatalogs in der Fassung von 2004 (abgedruckt u.a. in NVwZ 2004, 1327), der für Klagen um Approbationen einen Streitwert von mindestens 30.000,00 € vorschlägt, sieht der Senat ab, weil diese Fassung des Streitwertkatalogs erst nach Anhängigkeit des Zulassungsantrags veröffentlicht wurde.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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